Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Bei Kindern kann sie sich auf vielfältige Weise äußern und in einigen Fällen mit Entwicklungsverzögerungen einhergehen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Epilepsie und Entwicklungsverzögerungen bei Kindern, die Diagnoseverfahren und verschiedene Therapieansätze.
Epilepsie im Kindesalter: Ein Überblick
Etwa 0,5 % aller Kinder und Jugendlichen haben eine Epilepsie. Viele Epilepsieformen beginnen bereits in der Kindheit und halten bis ins Erwachsenenalter an. Die Symptome sind zwar individuell unterschiedlich, hängen aber nicht vom Lebensalter ab. Es gibt jedoch spezielle Epilepsiearten, die im Kindes- und Jugendalter auftreten und danach nicht mehr.
Epileptische Anfälle können sich ganz unterschiedlich zeigen: Manche dauern nur Sekunden und machen sich kaum bemerkbar, andere lösen starke Krämpfe aus, zum Teil am ganzen Körper. Bei Kindern werden die Symptome anfangs oft falsch gedeutet: zum Beispiel eine kurze „Abwesenheit“ als Tagtraum oder leichte Zuckungen als Schluckauf. Bei Neugeborenen und Säuglingen sind Anfälle noch schwerer zu erkennen als bei älteren Kindern. Sie können sich durch Augenbewegungen, Schmatzen, Armrudern und Zuckungen äußern. Oft treten sie schon in den ersten Tagen nach der Geburt auf.
Häufige Epilepsieformen im Kindesalter:
- Fieberkrämpfe: Die häufigsten Anfälle im frühen Kindesalter sind Fieberkrämpfe. Die meisten der betroffenen Kinder haben aber keine Epilepsie, da sie nur bei Fieber einen Anfall haben. Etwa 3 % aller Kinder bekommen bis zum 7. Lebensjahr einen Fieberkrampf.
- Absence-Epilepsie: Dabei ist das Kind während eines Anfalls für wenige Sekunden abwesend. Es wird blass, hat einen starren Blick und reagiert nicht auf Ansprache. Zusätzlich kann es mit den Lidern zucken, die Augen verdrehen oder den Kopf nach hinten legen. Solche kurzen Abwesenheiten (Absencen) können bis zu hundert Mal am Tag auftreten.
- Rolando-Epilepsie: Während des Anfalls zuckt eine Gesichtshälfte, manchmal auch ein Arm oder ein Bein. Es kann auch zu Kribbeln, Taubheitsgefühlen, Sprech- und Schluckstörungen oder vermehrtem Speichelfluss kommen. Dabei ist das Kind in der Regel bei Bewusstsein. Die Anfälle treten meist beim Einschlafen oder Aufwachen auf.
- Juvenile myoklonische Epilepsie: Sie zeigt sich erstmals in der Pubertät. Zu den Anfällen mit Muskelzuckungen und mitunter ausfahrenden Arm- und Schulterbewegungen kommt es meist morgens nach dem Aufwachen. Manchmal knicken auch die Beine ein.
- West-Syndrom: Diese schwere Epilepsieform beginnt fast immer im Säuglingsalter. Während eines Anfalls beugt und streckt sich der ganze Körper des Kindes, die Nacken-, Hals- und Rumpfmuskulatur verkrampft ruckartig. Die Anfälle treten ebenfalls meist kurz nach dem Aufwachen oder beim Einschlafen auf.
Ursachen von Epilepsie und Entwicklungsverzögerung
Bei Kindern wie bei Erwachsenen gilt: Manche Epilepsien haben keine erkennbare Ursache, andere sind durch eine Hirnschädigung, Stoffwechselkrankheiten oder genetische Faktoren bedingt. Anfälle bei Säuglingen sind meist die Folge einer Erkrankung. Sie entstehen beispielsweise durch Sauerstoffmangel, Blutungen oder Durchblutungsstörungen im Gehirn.
Genetische Ursachen
Eine aktuelle Studie zeigt, welche Genveränderungen Entwicklungsstörungen und Epilepsie bedingen. Die Ergebnisse können heute übliche Gentests deutlich verbessern. In der Meta-Studie hatten Wissenschaftler die Daten von 6.753 Trios analysiert: Kinder mit unterschiedlichen neurologischen Entwicklungsstörungen sowie deren gesunde Mütter und Väter. Mehr als 1940 dieser Kinder hatten zusätzlich eine Epilepsiediagnose. Bei diesen Eltern-Kind-Trios wurde das beinahe vollständige Genom untersucht, circa 22.000 Gene. Die Forscher suchten darin nach Veränderungen im Erbgut, die mit dem gleichzeitigen Auftreten von Entwicklungsstörungen und Epilepsie verbunden sind. Wichtigstes Ergebnis der Untersuchung ist eine Liste mit 33 Genen, die mit der Entwicklung von Epilepsie-Symptomen verbunden sind. Ein großer Teil dieser Gene war in diesem Zusammenhang bisher unbekannt.
Lesen Sie auch: Kann ein Anfall tödlich sein?
Mit Hilfe der Liste kann die Gendiagnostik bei Kindern mit Entwicklungsstörungen und Epilepsie grundlegend verbessert werden. Die Liste ist ein erster Schritt hin zu der Empfehlung, welche Gene für Epilepsie-Gentests künftig ausgewählt werden sollten. Insbesondere bei einer zusätzlichen Entwicklungsstörung lägen oft genetische Ursachen zugrunde. Aber momentan wählt jeder Test-Anbieter noch nach eigenen Kriterien aus, welche Gene dabei untersucht werden. Die Tests sind also nicht standardisiert. Die jetzt gefundenen Gene sollten bei entsprechenden Gen-Panel-Untersuchungen nicht fehlen. Über kurz oder lang sollten Trio-Exom-Untersuchungen diagnostisch breiter und früher angewandt werden. Mit dieser Methode lassen sich gerade im frühen Erkrankungsalter und bei Kombinationen von Epilepsie mit Entwicklungsstörung ein bedeutender Anteil der Epilepsien klären.
Wenn eine genetische Ursache für die Entwicklungsstörung mit Epilepsie gefunden wurde, kann jedem vierten Kind eine bessere individuelle Therapieempfehlung gemacht werden. So beträfen viele der durch die Studie identifizierten Gene Ionenkanäle im Hirn. Wenn der Kinderarzt durch einen Test von einer derartigen Ionenkanalerkrankung erfährt, kann er gezielt Medikamente verabreichen, um den Ionenfluss in den Nervenzellen zu verbessern.
Entwicklungsverzögerung und Epilepsie
Die Meilensteine der Entwicklung sind generell verspätet. Das erste freie Laufen kommt um das 3. Lebensjahr, kann aber auch variieren. Der Gang / der Laufstil des Kindes kann oft breitbeinig und unsicher bleiben (engl. wide-based, stepping and unsteady). Eltern bemerken, dass ihr Kind sich langsamer entwickelt als andere gleichaltrige Kinder. Natürlich sollte man nicht vergleichen, aber wir tun es ja doch. Im Rahmen der U-Untersuchungen (Gelbes Heft) fällt dann irgendwann (meist vor dem 1. Geburtstag) auch den Kinderärzten auf, dass etwas nicht stimmt.
In dieser Situation reagieren Mediziner unterschiedlich. Die Einen nehmen die Lage ernst und schicken die Eltern ins SPZ (Sozial Pädiatrische Zentrum) und zu ersten Therapien (meist Krankengymnastik). Somit kann den Kindern schneller geholfen werden. Die Anderen Kinderärzte raten den Eltern Ruhe zu bewahren und abzuwarten. Es fallen Begriffe wie Spätentwickler und late talker (Spätsprecher). Sie sollen doch abwarten wie sich das Kind im Kindergarten entwickelt.
So vergehen mitunter Monate und einige Jahre bevor ein Kind offizielle Diagnosen bekommt wie Entwicklungsstörung, Intelligenzminderung oder Autismus. Dies hängt häufig sehr davon ab wo ein Kind ärztlich betreut wird und wer die Diagnostik dieser Entwicklungsstörungen macht. So werden z.B. Intelligenztests erst ab einem Alter von 5 Jahren gemacht und für repräsentativ erachtet. Und auch mit einer Früherkennung von Autismus tut man sich insbesonderen Deutschland noch schwer. Dieser wird oft erst im Schulalter entdeckt oder schlimmer noch gänzlich ausgeschlossen weil das Kind doch "Blickkontakt hält".
Lesen Sie auch: Cortison-Therapie bei Epilepsie im Detail
Auch Eltern tun sich häufig schwer mit dem Wort Behinderung was oft die Folge einer schweren Entwicklungsstörung ist. Sie geben die Hoffnung nicht auf, dass ihre Kinder diese Rückstände der Entwicklungsverzögerung aufholen können. Sie wünschen sich, dass ihre Kinder irgendwann mit Gleichaltrigen mithalten können. Doch leider ist das nicht immer der Fall.
Die Rolle der Genetik bei Entwicklungsverzögerungen und Epilepsie
Was bedeutet das also für Kinder, bei denen vielleicht eine SYNGAP1 Mutation (oder auch ein anderer Gendefekt) vorliegt, die bisher noch nicht entdeckt wurde? Warum ist eine frühe Diagnose so wichtig?
Der überwiegende Teil der SYNGAP Kinder hat epileptische Anfälle. Diese werden jedoch häufig von Eltern und Ärzten übersehen. Sie sehen oft nur ein Kind mit ungeklärter Entwicklungsverzögerung oder Entwicklungsstörung, dass kaum ein Wort spricht. Um der Ursache auf den Grund zu gehen muss bei SYNGAP Kindern die Genetik untersucht werden. Anders kann man diese Krankheit nicht nachweisen. Jedoch wissen viele Eltern nicht welche diagnostischen Möglichkeiten es in der Genetik gibt weil nicht alle Ärzte sie darauf hinweisen.
Wenn dann eine humangenetische Untersuchung ins Gespräch kommt, werden dort in der Regel erstmal die einfacheren Gentests gemacht mit denen häufig vorkommende Gendefekte nachgewiesen oder ausgeschlossen werden. Nach diesen Untersuchungen hören Eltern oft genug: "Wir haben nichts gefunden" und denken somit wäre es auch nichts Genetisches. Doch weit gefehlt! Viele Entwicklungsverzögerungen und Entwicklungsstörungen werden erst bei umfassenderen genaueren Gentests gefunden. Dies haben auch Menschen in Großbritannien erkannt. Dort wird seit Jahren in großen Studien nach den Ursachen von Entwicklungsverzögerungen / Entwicklungsstörungen gesucht. Dazu verwenden die Genetiker Exom-Analysen und Genom-Analysen, welche die Chancen einen Gendefekt zu finden erheblich verbessern.
In Deutschland dagegen wir den wenigsten Eltern eine erweiterte Gendiagnostik angeboten bzw wird diese von den Krankenkassen nur auf Antrag genehmigt. Je nach dem welches Labor dann mit den Untersuchungen beauftragt wird, stehen unterschiedliche Genpanels zur Verfügung. Genpanels sind Gruppen von Genen, die zu einem bestimmten klinischen Krankheitsbild gehören. In den seltensten Fällen sind jedoch überhaupt spezielle Genpanels für Entwicklungsverzögerungen oder Entwicklungsstörungen vorhanden. Wie sollen also Kinder bei denen bisher nicht an eine Intelligenzminderung oder Epilepsie bzw Epileptische Enzephalopathie gedacht wurde erfolgreich diagnostiziert werden?
Lesen Sie auch: Ein umfassender Leitfaden zur idiopathischen generalisierten Epilepsie
Dies kann nur verbessert werden, wenn zuweisende Ärzte neben einer Entwicklungsstörung auch an eine Intelligenzminderung oder Epilepsie denken und die untersuchenden Labore Genpanels zu Entwicklungsstörungen anbieten, die Gendefekte wie SYNGAP1 beinhalten.
Diagnose von Epilepsie bei Kindern
Epilepsien werden bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen auch ähnlich diagnostiziert und behandelt. Wenn ein Kind zum ersten Mal einen Anfall hat, werden oft noch keine Medikamente verschrieben, weil es häufig bei einem oder wenigen Anfällen bleibt. Erst wenn sich Anfälle häufen, sind Medikamente sinnvoll.
Bedeutung einer frühen Diagnose
Eine frühe Diagnose vor dem Kindergartenalter ist jedoch besonders für Kinder mit SYNGAP wichtig damit eine unentdeckte Epilepsie rechtzeitig behandelt werden kann um Schäden zu vermeiden.
Therapieansätze bei Epilepsie im Kindesalter
Die Prognose für die verschiedenen Epilepsieformen ist sehr unterschiedlich. 70% der Epilepsien können mit den heute zur Verfügung stehenden Medikamenten jedoch so behandelt werden, dass Anfallsfreiheit erreicht wird. Das Kind muss seine Medikamente allerdings regelmäßig einnehmen, oft nur für ein paar Jahre, manchmal aber auch ein Leben lang.
Medikamentöse Therapie
Manchmal müssen verschiedene Präparate ausprobiert werden, bis eins davon wirkt. Je mehr Medikamente ausprobiert werden müssen, desto geringer wird aber die Wahrscheinlichkeit, dass eine wirksame Behandlung möglich ist. Es können auch zwei oder mehr Medikamente kombiniert werden. Ob dies Vorteile hat, ist aber unklar.
Wenn ein Kind anfallsfrei ist, wartet man noch eine gewisse Zeit (zum Beispiel zwei Jahre), bis die Medikamente abgesetzt werden. Ob und wann sie abgesetzt werden können, hängt von der Ursache und der Epilepsieform ab.
Die meisten Epilepsiemedikamente für Erwachsene werden auch bei Kindern eingesetzt. Einige davon sind für Kinder zugelassen, andere nicht. Wird auf letztere zurückgegriffen, können sie nur im Rahmen eines Off-Label-Use verschrieben werden - das heißt, außerhalb der eigentlichen Zulassung.
Ketogene Diät
Bei schwer behandelbaren Epilepsien empfehlen Ärztinnen und Ärzte manchmal eine bestimmte Ernährungsform - die ketogene Diät. Dabei werden nur wenig Kohlenhydrate und stattdessen vor allem Fette aufgenommen.
Diese Diät hat zur Folge, dass sich der Stoffwechsel umstellt: Um Energie zu gewinnen, wird Fett statt Zucker abgebaut. Der erhöhte Gehalt an Fettsäuren im Blut soll wiederum die Signalübertragung der Nervenzellen im Gehirn beeinflussen und zu weniger Anfällen führen. Bei den meisten teilnehmenden Kindern traten deutlich weniger Anfälle auf als vorher.
Sie fühlten sich insgesamt aktiver und weniger ängstlich. Allerdings war die Qualität dieser Studien nicht sehr hoch. Mögliche Nebenwirkungen der ketogenen Diät sind Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung und Durchfall. Eine weitere Hürde: Vielen Kindern fällt es schwer, die Ernährungsumstellung durchzuhalten. Zu den langfristigen Auswirkungen der ketogenen Diät fehlen bislang Studien. Ärztinnen und Ärzte empfehlen, eine ketogene Diät nach etwa zwei Jahren zu beenden.
Operation
Eine Operation kommt infrage, wenn sich eine belastende Epilepsie nicht gut mit Medikamenten behandeln lässt. Sie ist nur möglich, wenn die Anfälle von einer ganz bestimmten Stelle im Gehirn ausgehen (fokale Epilepsie). Anfälle, die das gesamte Gehirn erfassen (generalisierte Epilepsie), können nicht operativ behandelt werden.
Um zu klären, ob ein Eingriff infrage kommt, sind umfangreiche Untersuchungen notwendig. Dazu gehören eine Magnetresonanztomografie (MRT), Videoaufzeichnungen mit Messungen der Hirnaktivität (EEG) und die Testung der emotionalen und geistigen Entwicklung (neuropsychologische Untersuchung). Die Untersuchungen dienen auch dazu, den Hirnbereich zu finden, von dem die Anfälle ausgehen.
Es sind verschiedene Operationsverfahren möglich. Dabei wird häufig das Hirngewebe in dem Bereich entfernt, in dem der epileptische Anfall entsteht. Es ist auch möglich, diesen Bereich stillzulegen, indem Nervenfasern durchtrennt werden.
Studienergebnisse zeigen, dass nach einem Eingriff zwischen 30 und 80 von 100 Kindern anfallsfrei waren. Ein Teil der Kinder benötigt anschließend keine Medikamente mehr. Die Erfolgsaussichten einer Operation hängen von der Ursache der Epilepsie und von der betroffenen Hirnregion ab. Jeder Eingriff hat Risiken, da die Entfernung von Gehirngewebe auch unerwünschte Folgen haben kann.
Vagusnerv-Stimulation
Zudem gibt es die Vagusnerv-Stimulation. Dabei wird eine Elektrode links am Hals eingepflanzt und mit einem kleinen Gerät verbunden, das im Brustbereich unter der Haut eingesetzt wird. Das Gerät sendet über die Elektrode elektrische Impulse an den Vagusnerv und weiter ans Gehirn. Diese Impulse sollen bestimmte Gehirnaktivitäten hemmen und dadurch Anfällen vorbeugen. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien.
Schlaf und auditive Stimulation bei Rolando-Epilepsie
Eine bei Kindern häufige Form der Epilepsie ist die Rolando-Epilepsie, bei der die Anfälle vornehmlich im Schlaf auftreten. Durch im Schlaf vorgespielte kurze Laute können die für die Epilepsie charakteristischen, in der Hirnaktivität messbaren Ausschläge teilweise unterdrückt werden. Das hat ein Forschungsteam der Universität und des Universitätsklinikums Tübingen unter der Leitung von Dr. Hong-Viet Ngo und Professor Jan Born vom Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie festgestellt. Diese Erkenntnisse könnten die Grundlage für künftige Forschungen an Therapien für diese Epilepsieform bilden.
Zwar nimmt die Rolando-Epilepsie in der Regel einen milden Verlauf und bleibt oft unbehandelt. Doch ließen sich zum Teil mit der Erkrankung in Verbindung gebrachte Auffälligkeiten in der kognitiven Entwicklung durch eine solche Therapie möglicherweise beeinflussen. Die Rolando-Epilepsie tritt bei Kindern meist zwischen dem fünften und achten Lebensjahr erstmals auf und verschwindet um den Beginn der Pubertät.
Die Anfälle bei dieser Form der Epilepsie sind meist kurz, es kann zu Zuckungen im Bereich des Gesichtes und vorübergehenden Sprechstörungen im Rahmen der Anfälle kommen. Auch treten die Anfälle oft nur in sehr großen zeitlichen Abständen auf. Daher entscheiden sich viele Eltern und Kinder gegen die Einnahme von Tabletten. Problematisch ist jedoch, dass die Epilepsie die normale Hirnaktivität im Schlaf in einer wichtigen Entwicklungsphase der Kinder stören kann. Lern- und Sprachschwierigkeiten, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen würden mit der Rolando-Epilepsie in Verbindung gebracht.
Auswirkungen von Epilepsie auf die Entwicklung des Kindes
Meist haben epileptische Anfälle bzw. die Erkrankung an Epilepsie keine Auswirkungen auf die normale Entwicklung des Kindes. Auch bei wiederholten großen Anfällen kommt es in der Regel nicht zu einem geistigen Abbau. Bei komplizierten, lang andauernden Fieberkrämpfen sowie wiederholten Anfällen mit längerem Atemstillstand und erheblichem Sauerstoffmangel kann es jedoch zu Nervenschädigungen kommen, die auf Dauer bedeutsam sein können. Meist liegt in diesen Fällen allerdings eine Vorschädigung des Gehirns vor, die erst die Grundlage der Epilepsie bildet. Die Prognose kann ferner vom Therapieerfolg abhängen.
Viele Kinder haben eine leichtere Epilepsie, die nach einigen Jahren verschwindet. Diese Kinder entwickeln sich in der Regel normal und ohne Folgeschäden. Zu den leichteren (auch „gutartig“ genannten) Formen gehören die Rolando-Epilepsie und die Absence-Epilepsie. Bei der Rolando-Epilepsie kann sogar oft auf Medikamente verzichtet werden, da die Anfälle meist wenig belastend sind.
Bei anderen Kindern hält die Epilepsie dauerhaft an und ist mitunter sehr ausgeprägt. Manchmal lassen sich die Anfälle mit Medikamenten wirksam unterdrücken. Sie müssen jedoch meist ein Leben lang eingenommen werden. Sehr schwere Epilepsien wie das West-Syndrom können die Entwicklung beeinträchtigen. Es kann auch sein, dass Medikamente dann nicht oder kaum wirken.
Ärztinnen und Ärzte können oft schon innerhalb einiger Wochen oder Monate nach der Diagnose einschätzen, wie eine Epilepsie langfristig verlaufen wird. Etwa 70 % der Kinder mit Epilepsie sind geistig normal entwickelt und genauso intelligent wie Kinder ohne Epilepsie. Die Epilepsie schränkt ihren Alltag nur wenig ein. Die Medikamente wirken oft gut, manchmal sind auch gar keine notwendig.
Häufige Anfälle können dagegen körperlich und psychisch belasten. Die Kinder sind müde oder sehr unruhig, was ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigen kann. Viele Kinder schämen sich wegen ihrer Anfälle. Epileptische Anfälle können verunsichern, weil sie sich nicht kontrollieren lassen. Angst vor dem nächsten Anfall begleitet viele Kinder und ihre Eltern. Deshalb unternehmen sie weniger mit anderen und treiben seltener Sport - auch wenn das für viele von ihnen ohne wesentliche Einschränkungen möglich wäre. Hinzu kommt das Verletzungsrisiko, zum Beispiel durch einen anfallsbedingten Sturz. Eine verlässliche Unterstützung und ausreichende Behandlung können aber trotz Epilepsie eine gute Lebensqualität ermöglichen.
Bei Menschen mit einer Epilepsie sind Entwicklungsstörungen, Hirnschäden und geistige Behinderungen häufiger.
Schulische und soziale Integration
Die Diagnose einer chronischen Erkrankung bedeutet immer eine schwere Belastung des Patienten und seines Umfeldes. Sie wirft Kinder und Jugendliche nicht selten sozial, schulisch und später auch beruflich aus der Bahn. Die Krankheit Epilepsie ist zudem stark von negativen Vorurteilen geprägt.
Aus Angst vor Vorurteilen versuchen viele Eltern und Angehörige, mit allen Mitteln die Krankheit vor der Umwelt zu verheimlichen. Doch Verheimlichungen helfen dem epilepsiekranken Kind nicht, seine soziale Integration zu bewältigen. Aus Furcht vor Diskriminierung geben viele Eltern die Epilepsie ihres Kindes, gerade beim Besuch weiterführender Schulen nicht an.
Bis zu 80% der Kinder mit Epilepsie sind durchschnittlich intelligent und können daher die ihnen entsprechende Regelschule besuchen. Dennoch hat jedes 2. Kind Schul- und Lernschwierigkeiten. Ursachen können die Krankheit selbst oder Medikamente, aber auch familiäre oder psychosoziale Aspekte sein. Außerdem haben Lehrer Möglichkeiten, das Schicksal des epilepsiekranken Kindes zu erleichtern. Dies kann in Form von Stärkung der Persönlichkeit durch Verständnis und Anerkennung geschehen, durch Hilfe bei der Betonung der „Normalität“ der Erkrankung oder durch genaue Beobachtung von Anfällen während der Schulzeit, in der die Eltern nicht zugegen sind.
Die Teilnahme am Sport ist durchaus erwünscht. Allerdings müssen gewisse Vorsichtsmaßnahmen berücksichtigt werden. Schwimmen ist nur unter Einzelaufsicht gestattet und Sportarten mit Absturzgefahr (Klettern u.a.) oder Tauchen sollten möglichst vermieden werden. Beim Wintersport sollte die Gefahr im Sessellifts berücksichtigt werden. Beim Geräteturnen benötigen die betroffenen Kinder immer Hilfestellung und eine dicke Matte als Unterlage.
tags: #epilepsie #kind #entwicklungsverzögerung #ursachen