Epilepsie und Schwimmen: Sicherheitshinweise und Empfehlungen

Epilepsien gehören zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Weltweit erleiden fünf Prozent aller Menschen einmal im Leben einen epileptischen Anfall. Dieser Artikel informiert über Sicherheitsaspekte beim Schwimmen für Menschen mit Epilepsie und gibt Empfehlungen für Betroffene, Angehörige und Fachleute.

Epilepsie: Eine Einführung

Die Diagnose Epilepsie kommt meist schnell und unerwartet. Am bekanntesten sind die sogenannten "Grand Mal"-Anfälle, bei denen Betroffene umfallen und deren Arme und Beine krampfartig zucken. Es ist wichtig zu betonen, dass die Krankheit bei jedem Betroffenen anders verläuft. Bei manchen Menschen mit Epilepsie tritt kurz vor dem Anfall ein Vorgefühl, eine sogenannte "Aura" auf.

Erste Hilfe bei einem Anfall

Bei einem "Grand Mal"-Anfall ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. Der Kopf des Betroffenen sollte z. B. durch ein Kissen vor Verletzungen geschützt werden. Sobald wie möglich sollte die betroffene Person in die stabile Seitenlage gebracht werden. In der Regel hören diese Anfälle nach drei bis fünf Minuten von alleine auf.

Beratung und Unterstützung

Es gibt zahlreiche Anlaufstellen, die Menschen mit Epilepsie und deren Angehörige unterstützen. Diese bieten persönliche und telefonische Beratung sowie Videoberatung an. Die Beratung umfasst Informationen zu verschiedenen Aspekten der Erkrankung, wie z. B. Berufsausübung, Führerschein und Umgang mit der Erkrankung im Alltag.

Sicherheit beim Schwimmen: Allgemeine Hinweise

Grundsätzlich ist Sport für alle Menschen gesund - auch für Epilepsie-Patienten. Allerdings gibt es beim Schwimmen besondere Sicherheitsaspekte zu beachten.

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Allgemeine Vorsichtsmaßnahmen

  • Gehen Sie niemals alleine schwimmen, tauchen oder baden - die Ertrinkungsgefahr ist sehr groß!
  • Auch von Risikosportarten und Tätigkeiten über einem Meter Absturzhöhe ist abzuraten.
  • Je nach Anfallsform und -häufigkeit sollten individuell nur so wenige Einschränkungen wie erforderlich überlegt werden.
  • Aktivitäten zu risikoreichen Tageszeiten nach Möglichkeit meiden.
  • Besondere Vorsicht ist bei Medikamentenumstellung oder Absetzen der Medikamente geboten.

Das Ertrinkungsrisiko bei Epilepsie

Eine australische Auswertung bestätigt, dass Kinder, die unter Epilepsie leiden, nur unter Aufsicht schwimmen sollten, da sie ein erhöhtes Ertrinkungsrisiko haben. Ein epileptischer Anfall im Wasser kann tödlich enden. Eltern sollten mit dem Kinder- und Jugendarzt besprechen, ob das Risiko zu ertrinken bei ihrem Kind evtl. zu hoch ist, um schwimmen zu dürfen. Sind Kinder mindestens sechs bis zwölf Monate anfallsfrei, können sie i.d.R. schwimmen, wenn ein Erwachsener in der Nähe ist.

Zusätzliche Hinweise für Eltern und Betreuer

  • Kleine Kinder sollten sich beim Planschen immer in Reichweite eines Erwachsenen befinden.
  • Auch ältere Kinder sollten immer mit einem Partner schwimmen.

Spezielle Aspekte und Empfehlungen

Anfallsfreiheit und Schwimmen

Bei seit längerer Zeit bestehender Anfallsfreiheit gibt es immer weniger Gründe, überhaupt irgendwelche Einschränkungen aufrechtzuerhalten. Eine generelle Sportbefreiung sollte soweit wie möglich vermieden werden.

Aufsichtsperson beim Schwimmunterricht

Wenn es die Erkrankung und die Umstände erlauben, sollten die betroffenen Kinder nicht vom Schwimmunterricht ausgeschlossen werden. Notwendig ist eine eigene Aufsichtsperson beim Schwimmunterricht. Die Aufsichtsperson, die nur für das epilepsiekranke Kind zuständig ist, soll gewährleisten, dass das Kind bei einem plötzlichen Anfall sofort aus dem Wasser geholt wird. Sollte die Schule aus personellen Gründen die Einzelbetreuung nicht gewährleisten können, besteht die Möglichkeit, im Rahmen der Eingliederungshilfe (§ 27 Sozialgesetzbuch 8) einen Antrag beim zuständigen Sozialamt für diese Person zu stellen.

Anfallsauslöser und Vermeidung

Gute Planung eines Urlaubs bzw. einer Reise und eine gezielte Auswahl des Urlaubsorts und der Aktivitäten im Urlaub können bekannte Anfallsauslöser vermeiden. Schlafmangel sollte vermieden werden.

Medikamente und Reisen

Medikamente immer in der Originalverpackung mitnehmen, wegen Zollkontrollen und um ggf. Krankenversicherungsschutz im Ausland ist immer wichtig, bei Epilepsie aber besonders. Auskunft gibt die Krankenkasse bzw. private Krankenversicherung.

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Internationaler Epilepsie Notfallausweis (IENA)

Bei Epilepsie ist es gut, den Internationalen Epilepsie Notfallausweis (IENA) mitzunehmen. Informationen zum Internationalen Epilepsie-Notfallausweis (IENA), zum Anfallskalender und zur Notfallkarte finden Sie bei der Deutschen Epilepsievereinigung.

Sportliche Betätigung und Anfallsrisiko

Das Anfallsrisiko ist beim Sport und bei sportlich aktiven Menschen normalerweise nicht höher als sonst. Epileptische Anfälle können in vielen Situationen Unfälle verursachen, z.B. bei der Arbeit, im Haushalt, im Straßenverkehr und auch beim Sport.

Gefährliche Sportarten und Anfallsarten

Sportarten in großer Höhe mit Absturzgefahr oder Sportarten mit hohen Geschwindigkeiten sind zu vermeiden. Am gefährlichsten sind die früher als Grand-Mal bezeichneten Anfälle (Anfälle mit Sturz, Krämpfen, Zuckungen und Bewusstseinsverlust), die plötzlich und ohne Vorahnung oder Ankündigung kommen.

Schwimmhilfen

Die überwiegende Anzahl von Schwimmhilfen schränken die Bewegungsfähigkeit für Schwimmen meist zu stark ein. Rettung bei Krampfanfällen in offenen Gewässern ist meist unmöglich, trotz Begleitung durch eine im Rettungsschwimmen geschulte Person.

Tauchen

Beim Tauchen sind auch bewusst erlebte fokal beginnende Anfälle lebensgefährlich. Tauchen ist ggf. nicht zu empfehlen.

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Eigenverantwortung und Fremdgefährdung

Erwachsene mit Epilepsie können Risiken für sich selbst beim Sport eingehen, wenn Ihnen die eigene Lebensqualität wichtiger ist als ihre Sicherheit. Allerdings müssen sie Fremdgefährdung durch Anfälle während des Sports vermeiden.

Fallbeispiel: Jérôme Becher

Jérôme Becher ist ein Beispiel dafür, wie man mit Epilepsie ein aktives und sportliches Leben führen kann. Er hat trotz seiner Erkrankung Erfolge im Schwimmen und Triathlon erzielt und setzt sich als Botschafter für Menschen mit Epilepsie ein.

Sport als Schutzschild

Der Sport bringt ihm das Selbstbewusstsein, dass er sich selber sagen kann: ich bin genauso wie alle anderen. Und dieses Selbstbewusstsein fehlt vielen Leuten mit Epilepsie, weil es ist natürlich ein Makel, was man mit sich rumträgt, aber nicht offen. Und diese Angst bringt viele Leute dazu, sich ins Schneckenhaus zu bringen und nicht mehr rauszukommen.

Provokation und Anregung zum Nachdenken

Ohne Epilepsie wäre Jérôme Becher vermutlich nie so weit gegangen, mit seinen Leistungen will er auch provozieren und zum Nachdenken anregen.

Teilnahme am Schwimmunterricht in der Schule

Eine Epilepsie ist kein Hinderungsgrund, um sich sportlich zu betätigen. Im Gegenteil, Sport ist für alle Menschen und jede Altersgruppe wichtig und gesund. Wenn es die Erkrankung und die Umstände erlauben, sollten die betroffenen Kinder nicht vom Schwimmunterricht ausgeschlossen werden.

Ärztliche Beurteilung und Bescheinigung

Die Teilnahmemöglichkeit am Schwimmunterricht und anderen schulischen Schwimmveranstaltungen sollte für Kinder und Jugendliche mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung oder chronischen Erkrankungen in jedem Einzelfall ärztlich beurteilt und bescheinigt werden.

Unterstützung durch Integrationshilfe

Aus schulfachlicher Sicht ist der generelle Ausschluss vom Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf oder chronischer Erkrankung bei Unterstützung durch eine Integrationshilfe kritisch zu bewerten.

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