Epilepsie-Warnpflichten bei Veranstaltungen: Eine umfassende Betrachtung

Die Frage, wie man der Informationspflicht bezüglich Epilepsie-Warnungen bei Veranstaltungen nachkommt, insbesondere in Umgebungen mit hoher Lautstärke und intensiven Lichteffekten, ist angesichts aktueller Normen und Richtlinien von großer Bedeutung. Dieser Artikel beleuchtet die praktischen Aspekte der Umsetzung solcher Warnpflichten, die rechtlichen Hintergründe, wissenschaftliche Erkenntnisse und gibt konkrete Empfehlungen für Veranstalter und Besucher.

Einführung

Die Sensibilisierung für potenzielle Gesundheitsrisiken bei Veranstaltungen, insbesondere im Zusammenhang mit Epilepsie, hat in den letzten Jahren zugenommen. Lichteffekte, insbesondere Stroboskopie, und hohe Lautstärkepegel können bei anfälligen Personen epileptische Anfälle auslösen. Daher ist es unerlässlich, dass Veranstalter ihre Informationspflicht ernst nehmen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um Besucher über diese Risiken aufzuklären.

Rechtliche Grundlagen und Normen

Die genauen rechtlichen Anforderungen an Epilepsie-Warnungen bei Veranstaltungen können je nach Land und Region variieren. Es gibt Länder, in denen die Warnmeldung verpflichtend ist. In Deutschland gibt es (noch) keine explizite Verpflichtung, aber aus Gründen der Minimierung von Haftungsrisiken setzen viele Veranstalter und Publisher diese Warnungen dennoch vor ihre Spiele oder Veranstaltungen. Die EU-Verordnung 2019/2020 zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen an Lichtquellen (mit Änderungsverordnung 2021/341/EU, Anhang IV) enthält erstmals Anforderungen, die Flimmern und Stroboskopeffekte bei LED-Lichtquellen, die direkt mit Strom aus dem öffentlichen Stromnetz betrieben werden können, begrenzen sollen. Die Anforderungen gelten seit dem 01.09.2021.

Es ist ratsam, sich über die spezifischen Gesetze und Vorschriften in der jeweiligen Region zu informieren und diese bei der Gestaltung von Warnhinweisen und Sicherheitsmaßnahmen zu berücksichtigen.

Praktische Umsetzung der Informationspflicht

Die Informationspflicht kann auf verschiedene Weisen erfüllt werden. Hier sind einige praktische Beispiele:

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  • Hinweis auf Flyern und Eintrittskarten: Ein kurzer, prägnanter Hinweis auf Flyern und Eintrittskarten kann Besucher frühzeitig über potenzielle Risiken informieren.
  • Aushang an der Eingangstür: Gut sichtbare Aushänge an der Eingangstür, die auf Stroboskoplicht und hohe Lautstärke hinweisen, sind eine effektive Methode, um Besucher direkt beim Betreten der Veranstaltung zu informieren.
  • Leuchttafeln mit LED-Schrift: Leuchttafeln mit LED-Schrift, die gut sichtbar positioniert sind, können verwendet werden, um auf die Risiken hinzuweisen und zum Tragen von Hörschutz aufzufordern, insbesondere wenn der Pegel sich der Höchstgrenze nähert.
  • Informationstafeln im Einlassbereich: Informationstafeln im Einlassbereich können detailliertere Informationen über Stroboskoplicht (Epilepsie) und die im Veranstaltungsraum vorherrschenden Pegel bieten.
  • Mitarbeiterschulung: Das Personal sollte geschult sein, um auf Fragen von Besuchern zu antworten und im Notfall angemessen reagieren zu können.

Formulierung von Warnhinweisen

Die Formulierung von Warnhinweisen sollte klar, verständlich und prägnant sein. Hier sind einige Beispiele:

  • "Achtung! Diese Veranstaltung verwendet Stroboskoplicht, das bei photosensitiven Personen epileptische Anfälle auslösen kann."
  • "Die Konzerte finden in erheblicher Lautstärke statt. Daher sind Gehörschäden in Folge des Konzertbesuches nicht ausgeschlossen. Im Informationsbereich stehen für Konzertbesucher Hörschutz-Möglichkeiten bereit. Die Lichteffekte können außerdem bei empfindlichen Menschen (Epileptiker) epileptische Anfälle auslösen."
  • "Achtung vor Szenen mit explizierter Nacktheit und grellem Licht!"
  • "Warnung vor Triggern, also bestimmten Reizen wie Geräusche, Gerüche und Bilder, die bei Menschen mit einer traumatischen Vorerfahrung das ursprüngliche Trauma wieder auslösen können."

Farbampel und Messung der Lautstärke

Die Verwendung einer Farbampel zur Visualisierung der Lautstärkepegel kann eine hilfreiche Ergänzung sein. Allerdings ist es wichtig, dass die Messung der Lautstärke normgerecht erfolgt. Das Soundear ist ja wohl eher nicht normgerecht - oder misst das im Halbstundentakt den LEQ im maßgeblichen Immissionsbereich? Messen ist Pflicht! Zumindest wenn ich laut aufspiele.

Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Stroboskoplicht und Epilepsie

Zahlreiche Musikkonzerte, insbesondere solche des Genres „Electronic Dance Music“ nutzen zur Unterhaltung Lichteffekte einschl. der Stroboskopie. In einer Kohortenstudie untersuchte jetzt ein niederländisches Team, ob bzw. in welchem Umfang bei Menschen mit photosensitiven Epilepsien dadurch epileptische Anfälle ausgelöst werden.

Unter 400.343 Besuchern von 28 in den Niederlanden durchgeführten EDM-Konzerten waren 241.543 (entsprechend 2.222.196 Personenstunden) bei Dunkelheit stroboskopischen Lichteffekten ausgesetzt. Es traten insgesamt 39 epileptische Anfälle auf: 30 in der exponierten und neun in der Kontrollgruppe. Das Verhältnis der Inzidenzdichte (für 10.000 Personen bei standardisierten 9 h Exposition) epileptischer Anfälle gegenüber den nicht-exponierten Personen betrug mit 1,20 vs. 0,35 das Dreieinhalbfache (3,5; 95 %-KI: 1,7 - 7,8) und war damit signifikant erhöht (p < 0,0005). Dabei trat weniger als ein Drittel der Fälle unter dem Einfluss von (anfallsförderndem) Ecstasy oder ähnlichen Stimulanzien auf: acht von 30 (27 %) in der exponierten bzw.

Die Autoren berichten außerdem von einem jungen Mann, der während eines nächtlichen EDM-Konzerts in Amsterdam eine Aura entwickelte und einen tonisch-klonischen Anfall erlitt. Im späteren Provokationstest kam es bei Ansehen des Videomaterials desselben Konzerts erneut zu einem Krampfanfall.

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Die Ärzte um Salet differenzierten zwischen Konzerten am Tag und in der Nacht oder in dunklen Räumen. Insgesamt fielen 39 Personen während der Konzerte durch epileptische Anfälle auf, 9 davon wurden in der nicht exponierten, 30 in der exponierten Gruppe registriert.

Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Warnhinweisen und präventiven Maßnahmen bei Veranstaltungen mit intensiven Lichteffekten.

Temporal Light Artefacts (TLA)

Als "Temporal Light Artefacts" (TLA) bezeichnet man Wahrnehmungen, die auf zeitlichen Schwankungen der Helligkeit (der Leuchtdichte) oder der spektralen Verteilung von Licht beruhen. Wahrnehmung von Schwankungen der Helligkeit des Lichts für einen Beobachter in einer statischen Umgebung. Kommt zu den Schwankungen der Leuchtdichte oder der spektralen Verteilung einer Lichtquelle noch schnelle Bewegung hinzu, können spezielle visuelle Phänomene auftreten. So können beispielsweise rotierende Maschinenteile fälschlich als stillstehend wahrgenommen werden („Wagenradeffekt“) oder Lichtquellen wie z.B. LED-Autorückleuchten erscheinen scheinbar vervielfältigt mehrfach hintereinander („Perlschnureffekt“).

Diese Form der Lichtmodulation ist vor allem darin begründet, dass Lichtquellen mit Wechselstrom und nicht mit Gleichstrom betrieben werden. Ändert der Strom seine Stärke, wie es bei Wechselstrom mit einer Frequenz von 50 Hz der Fall ist, ändert sich die Helligkeit (als lichttechnische Größe ausgedrückt: die Leuchtdichte) 100 mal pro Sekunde (= Flimmerfrequenz 100 Hz). Das ist prinzipiell auch bei der Glühlampe der Fall. Sowohl Leuchtstofflampen als auch LEDs reagieren hingegen schnell auf Strom- oder Spannungsschwankungen. Um bei LEDs Flimmern zu vermeiden, muss die Lichtquelle über einen kurzen Zeitraum weiterhin konstant mit Strom versorgt werden, auch wenn die Eingangsspannung abfällt. Ob das gelingt, hängt von der Güte des Vorschaltgerätes ab, ist also letztlich eine Qualitätsfrage. Auch beim Dimmen von LEDs kann Flimmern entstehen. Zur Regulierung der Helligkeit wird häufig das vergleichsweise kostengünstige Verfahren der Pulsweitenmodulation (PWM) eingesetzt. Dabei wird die Helligkeit der LED dadurch verändert, dass sie - vereinfacht ausgedrückt - schnell an- und ausgeschaltet wird. Je schneller das geschieht, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Flimmern wahrgenommen wird. Leider gibt es keine belastbare Methode, um vor dem Kauf einer Lichtquelle festzustellen, ob sie unter den Bedingungen, unter denen sie letztlich verwendet wird, flimmert.

Das menschliche Auge kann, wenn die Frequenz niedrig genug und die Veränderung groß genug ist, Schwankungen der Lichtintensität visuell als Flimmern bewusst wahrnehmen. Erhöht sich die Flimmer-Frequenz, kann das Auge diese Veränderungen nicht mehr auflösen und nimmt die Strahlung als kontinuierlich wahr. Allerdings hängt diese sogenannte "Flimmerverschmelzungsfrequenz" (FVF) von verschiedenen Faktoren ab, so dass keine für alle Lichtquellen und alle Personengruppen einheitliche FVF definiert werden kann: Bei niedriger Lichtintensität, wenn als Sehrezeptoren nur die Stäbchen angeregt werden, liegt die FVF in der Regel bei nur etwa 25 Hz, bei höheren Lichtintensitäten, wenn auch die Zapfen beteiligt sind, bei bis zu 100 Hz (nach anderen Angaben bis zu 90-95 Hz). Auch die Stärke der Helligkeitsschwankungen sowie die Flächenverteilung des Lichts auf der Netzhaut spielen dabei eine Rolle. Da der Anteil der sichtbaren Strahlung, der die Netzhaut erreicht, von der Durchlässigkeit der vorderen Augenmedien, insbesondere der Linse abhängt, wird die Empfindlichkeit auch von Faktoren wie dem Alter des Betrachters beeinflusst. Generell können jüngere Menschen höhere Flimmer-Frequenzen auflösen - d.h. visuell als "Flimmern" der Lichtquelle wahrnehmen - als ältere.

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Bei visuell wahrgenommenem Flimmern, aber auch oberhalb der Flimmerverschmelzungsfrequenz, werden Beschwerden wie Kopf- und Augenschmerzen oder verminderte visuelle Leistungsfähigkeit berichtet. Bis zu welcher Frequenz solche Wirkungen auftreten können und wie häufig sie sind, ist nicht abschließend geklärt.

Betrachtet man die Schwere gesundheitsrelevanter Auswirkungen von "Lichtflimmern" oder Stroboskopeffekten, muss das Risiko für Anfälle bei Menschen mit speziellen Formen der Epilepsie bedacht werden, bei denen Lichtreize als Auslöser wirken können (photosensitive Epilepsie). Am ehesten scheinen derartige Anfälle von Frequenzen um 15-25 Hz ausgelöst werden zu können, d.h. weit unterhalb der bei Lampen auftretenden Flimmerfrequenzen. Von dieser Form der Epilepsie sind nur wenige Menschen betroffen, die zudem in der Regel um ihr Risiko wissen.

Abgesehen von zwei Normen zur Vermeidung von Stroboskopeffekten bei der Beleuchtung von Arbeitsplätzen existieren derzeit keine harmonisierten Normen zur Vermeidung oder Minimierung von TLA. Das Thema wird allerdings sowohl von Leuchtmittelherstellern als auch von nationalen und internationalen Gremien diskutiert, die sich mit der Qualität von Allgemeinbeleuchtung befassen.

Allerdings enthält die EU-Verordnung 2019/2020 zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen an Lichtquellen (mit Änderungsverordnung 2021/341/EU, Anhang IV) erstmals Anforderungen, die Flimmern und Stroboskopeffekte bei LED-Lichtquellen, die direkt mit Strom aus dem öffentlichen Stromnetz betrieben werden können, begrenzen sollen. Die Anforderungen gelten seit dem 01.09.2021. Leuchtmittelhersteller sind zudem verpflichtet, ihre auf dem Markt befindlichen Produkte in einer EU weiten Datenbank, der European Product Database for Energy Labelling (EPREL) zu registrieren. Über einen QR-Code auf der Verpackung können die Verbraucherinnen und Verbraucher künftig zusätzliche Produktinformationen, darunter die Werte zu Flimmern und Stroboskopeffekten, abrufen. Das BfS führte im März 2021 das Fachgespräch "Temporal Light Artefacts" durch. Unter anderem wurde über Messmethoden, Wirkungen, rechtliche Regelungen und Ansätze zur Minimierung diskutiert. Das Protokoll des Fachgesprächs steht zum Download zur Verfügung.

Epilepsie: Mehr als nur Anfälle

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und reichen von genetischen Faktoren über Hirnverletzungen bis hin zu Stoffwechselstörungen.

Anfallsdetektion und Wearables

Weder für Patienten noch für Ärzte ist die Auswahl eines geeigneten Anfallsdetektionsgeräts leicht. Im Internet werden zahlreiche Produkte beworben. Bei Sensoren, die nicht am Körper, sondern am Bett oder unter der Matratze positioniert werden, handelt es sich um piezoelektrische Systeme. Diese erzeugen elektrische Ladung durch physikalische Krafteinwirkung. Eine Anfallserkennung ist auch über Sensoren möglich, welche elektrische Spannungsänderungen messen. Solche Spannungsänderungen sind im Körper und an der Haut, wenn sich im Gehirn sowie der Skelett- und Herzmuskulatur Aktivitäten ändern. Mit Hautelektroden, die z. B. am Oberarm, auf dem Brustkorb, an der Kopfhaut oder im äußeren Gehörgang angebracht werden, können diese elektrischen Spannungsänderungen gemessen werden. Bspw. Technologien zur Erfassung der elektrischen Spannung sind EMG (Elektromyographie, Messung am Oberarm oder Brustkorb), EKG (Elektrokardiographie, Messung am Brustkorb), EEG (Elektroenzephalographie, an der Kopfhaut oder im äußeren Gehörgang) sowie EDA (elektrodermale Aktivität, Messung der Hautleitfähigkeit). Bei Wearables kommen v.a. EMG-Technologien zum Einsatz.

Selbstbestimmung und Risikomanagement

Als vollumfänglich informierter Patient oder Patientenangehöriger können Sie selbstbestimmte Abwägungen und Entscheidungen treffen. Dazu gehört es auch, zu überlegen, wie Sie Ihr Leben mit Epilepsie gestalten und welche Risiken Sie eingehen möchten - oder aber nicht. Hierzu gehört bspw. die Frage, ob Sie alleine Schwimmen möchten oder ob Sie ein Wearable tragen oder Ihren Schlaf durch ein Anfallsdetektionsgerät sichern. Sie können selbst entscheiden, welche Risiken Sie vermeiden möchten. Ziel sollte sein, eine gute Balance zu finden zwischen Selbstschutz und Freiheit, damit Sie für sich bzw.

Lebensstil und Notfallmaßnahmen

Die Behandlung von Epilepsie umfasst nicht nur medikamentöse Therapien, sondern auch wesentliche Anpassungen im Lebensstil, die helfen können, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren und somit auch die anfallsbedingten Risiken zu reduzieren. Vermeidung von bekannten Anfallsauslösern, ggf. Schlafentzug, Alkohol, u.a., gehört dazu. Ebenso kann geprüft werden, ob eine Umstellung der Ernährung unterstützend wirken kann.

Epileptische Notfälle können vielfältig sein. Es ist wichtig, zwischen verschiedenen Situationen wie dem Status epilepticus, einem drohenden SUDEP (Sudden Death in Epilepsy), akuten Anfällen und Unfällen, die während der Behandlung auftreten können, zu unterscheiden. Für alle, die mit Epilepsie leben, sind Notfalltraining und Reanimationsschulungen essenziell. Spezielle Schulungen, die auf Epilepsie abgestimmt sind, bieten die notwendigen Fähigkeiten, um in kritischen Momenten richtig zu reagieren.

Diskussion und Kontroversen

Die Diskussion um Warnhinweise und Informationspflichten ist nicht immer einfach. Einige argumentieren, dass zu viele Warnungen zu einer Abstumpfung führen können und die eigentliche Botschaft verloren geht. Andere betonen die Notwendigkeit, Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, informierte Entscheidungen zu treffen.

Es ist wichtig, ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem Schutz gefährdeter Personen und der Vermeidung unnötiger Panikmache.

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