Epilepsie-Notfallmaßnahmen: Was zu tun ist, wenn ein Anfall auftritt

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle können in ihrer Erscheinung sehr unterschiedlich sein, von kurzen Bewusstseinspausen bis hin zu schweren Krampfanfällen. Obwohl die meisten epileptischen Anfälle nicht lebensbedrohlich sind, ist es wichtig zu wissen, wie man in einem Notfall reagiert, um die betroffene Person vor Verletzungen zu schützen und gegebenenfalls professionelle Hilfe zu holen.

Was ist Epilepsie?

Das Wort Epilepsie kommt aus dem Griechischen und bedeutet "packen, jemand heftig ergreifen". Gemeinsames Merkmal ist das wiederholte Auftreten epileptischer Anfälle. Etwa 0,6 Prozent der Menschen haben Epilepsie. Das Erscheinungsbild der Anfälle ist vielfältig und reicht von äußerlich nicht oder kaum wahrnehmbaren subjektiven Sinnesempfindungen oder geringfügigen Muskelzuckungen über kurze Bewusstseinspausen bis zu Stürzen mit Bewusstseinsverlust und Zuckungen am ganzen Körper oder auffälligen automatischen Handlungen. Epilepsien können in jedem Lebensalter auftreten, am häufigsten in den ersten beiden Lebensjahrzehnten und im höheren Lebensalter (nach dem 65.).

Das menschliche Gehirn besteht aus vielen Millionen miteinander verbundener Nervenzellen, die untereinander nach einem fein ausbalancierten System funktionieren. Jede Nervenzelle erzeugt kurze Spannungsimpulse, um "Informationen" zwischen Zellen weiterzugeben. Lange Spannungsimpulse sind ein Zeichen epileptischer Aktivität.

Fokale und generalisierte Anfälle

Epileptische Anfälle können verschieden aussehen. Die verschiedenen Formen von epileptischen Anfällen kann man grob unterteilen in sogenannte fokale Anfälle, die nur Teile des Gehirns betreffen, und generalisierte Anfälle, die das gesamte Gehirn betreffen.

Entsteht ein Anfall in einem umschriebenen Ort im Gehirn, wird dies als "fokaler" Anfall bezeichnet. Umfasst die epileptische Aktivität von Anfang an beide Gehirnhälften, so spricht man von einem "generalisierten" Anfall.

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Die Symptome bei einem fokalen Anfall hängen davon ab, in welchem Teil des Gehirns die Nervenzellen übermäßig stark feuern. Das, was du als Außenstehender beobachten kannst, sind Zuckungen, Verkrampfungen oder Versteifungen bestimmter Körperteile. Manchmal lässt die Muskelanspannung in einem Körperteil abrupt nach. Einige Betroffene spüren nur ein Kribbeln, plötzliche Wärme oder Kälte und einige haben sogar Halluzinationen. Dann riechen, schmecken, hören oder sehen sie etwas, das gar nicht da ist. In anderen Fällen ist das Bewusstsein der Betroffenen gestört. Sie wirken benommen, verwirrt oder abwesend. Hier spricht man von einem komplexen fokalen Anfall. Häufig kannst du auch Automatismen beobachten wie Kauen und Schmatzen, Scharren mit den Füßen oder Nesteln an der Kleidung. Die Betroffen können sich hinterher nicht daran erinnern. Ein fokaler Anfall kann sich zu einem generalisierten epileptischen Anfall ausweiten, wenn die Nervenzellen im gesamten Gehirn überreagieren. Es kommt zu Muskelzuckungen oder -krämpfen im ganzen Körper, häufig mit Bewusstseinsstörungen.

Eine eher milde Form sind die sogenannten Absencen, eine kurze geistige Abwesenheit. Die Betroffenen wirken für einige Sekunden abwesend und blicken ins Leere. Manchmal ist es, als würden sie bei ihren Tätigkeiten einfrieren. Sie stoppen, was sie tun, für ein paar Sekunden. Wenn sie weitermachen, erinnern sie sich nicht daran. Die häufigste Form des generalisierten epileptischen Anfalls ist der sogenannte große Krampfanfall, auch „Grand Mal“ genannt. Der verläuft in zwei Phasen: Zuerst versteift sich der ganze Körper, die Betroffenen verlieren das Bewusstsein und atmen nur noch sehr flach. In Kombination mit der hohen Muskelanspannung kann das zu Sauerstoffmangel führen. Das erkennst du daran, dass sich die Haut oder die Lippen blau färben. Nach zehn bis 30 Sekunden setzt die zweite Phase mit unkontrollierten Zuckungen ein. Diese Phase dauert in der Regel nur ein bis zwei Minuten.

Ursachen von Epilepsie

Die Ursachen für eine Epilepsie können vielfaltig sein:

  • Hirnverletzung durch Unfälle oder Tumore
  • Schädigungen durch Alkohol
  • Hirnentzündungen
  • Hirnblutungen
  • Sauerstoffmangel während der Geburt
  • Fehlbildungen in der Hirnentwicklung
  • Durchblutungsstörungen

Diagnose von Epilepsie

Zur Diagnose von Epilepsie werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt:

  • Die Erfassung des Anfallserlebens des Betroffenen, insbesondere ob dem Anfall ein bestimmtes Gefühl bzw. eine möglichst detaillierte Beschreibung des Anfallablaufes vorausgeht.
  • Ein EEG (Elektroenzephalogramm) misst die elektrische Aktivität des Gehirns. Dabei versucht man, „epilepsietypische Potenziale“ zu finden.
  • Das MRT (Magnetresonanztomogramm) erstellt Schichtbilder vom Gehirn. Man sucht nach Veränderungen der Struktur, z.B. Narben. Ein normales EEG oder MRT schließt eine Epilepsie nicht aus.
  • Vermutet man als Ursache epileptischer Anfälle eine Entzündung des Gehirns, wird eine Lumbalpunktion durchgeführt, bei der eine kleine Menge Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit entnommen wird.

Therapie von Epilepsie

Die wichtigste und häufigste Therapie ist die Behandlung mit Medikamenten, die das Gehirn vor epileptischer Aktivität abschirmen („anfallssuppressive Medikation“). Ziel ist ein vollständiges Ausbleiben der Anfälle, ohne dass nennenswerte Beeinträchtigungen durch Nebenwirkungen auftreten. Man weiß, welche Medikamente bei welcher Epilepsieform am besten wirken. Dennoch kann die Wirkung beim einzelnen Menschen mit Epilepsie nicht genau abgeschätzt werden. Die Behandlung erfolgt über Jahre, manchmal lebenslang. Es gibt im Kindesalter Epilepsieformen, die von selbst aufhören.

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Eine operative Epilepsiebehandlung wird empfohlen, wenn verschiedene Medikamente keine Besserung bringen, wenn der Anfallsursprung eine umschriebene Veränderung im Gehirn ist und wenn die Entfernung dieses "Anfallherds" ohne größere Verletzung anderer wichtiger Hirnfunktionen möglich ist.

Nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren können in Einzelfällen ergänzend eingesetzt werden, z.B. Anpassung von Tagesstruktur und Schlaf-Rhythmus Vermeidung spezieller Auslösefaktoren wie Flackerlicht. Manche Menschen können lernen, ihre Anfälle mittels verhaltenstherapeutischer Verfahren zu unterbrechen.Bei der "Ketogenen Diät" (meist bei jüngeren Kindern eingesetzt) wird die Nahrung auf einen sehr hohen Fettanteil ausgerichtet.

Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall

Im Grunde genommen ist ein epileptischer Anfall kein Notfall, denn meistens hört er von selbst wieder auf und ist für sich genommen auch nicht gefährlich. Das Gehirn wird dabei auch nicht geschädigt. Die Gefahr liegt vor allem darin, dass die Betroffen stürzen oder einen Kreislaufkollaps bekommen. Als Ersthelferin oder Ersthelfer ist es deine Aufgabe, die Betroffenen vor Verletzungen zu schützen und zu erkennen, wann du unbedingt den Notarzt rufen solltest.

Allgemeine Verhaltensregeln

Viele Menschen sind unsicher, wie sie reagieren sollen, wenn jemand einen epileptischen Anfall hat. Dabei ist das richtige Verhalten gar nicht so kompliziert. Einige wenige Regeln können helfen. Es gibt verschiedene Anfallsformen. Zudem hängt es von der Stärke des Anfalls und der Situation ab, wie man sich am besten verhält. Grundsätzlich ist es am wichtigsten, ruhig zu bleiben und Betroffene vor Verletzungen zu schützen. Die meisten Anfälle sind nicht gefährlich und nach wenigen Minuten vorbei.

  • Ruhig bleiben: Ein epileptischer Anfall sieht für jeden Menschen beunruhigend aus, ist aber meist harmlos und nach wenigen Sekunden, aber meist nach höchstens zwei Minuten wieder vorbei. Es drohen dabei keine langfristigen Hirnschäden und es sterben keine Nervenzellen ab. Nur dann, wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert, müssen Sie aktiv werden, eventuell ein Notfellmedikament verabreichen (meist über den Mund oder als Zäpfchen) und einen Notarzt rufen.
  • Auf die Uhr schauen: Beginn des Anfalls merken, ebenso wie das Ende. Beobachten und möglichst Notizen oder ein Handyvideo machen, denn sorgfältige Angaben über das Bild und die Dauer des Anfalls sind später für Ärztinnen und Ärzte von großer Wichtigkeit.
  • Verletzungen verhindern: Wichtig ist vor allem, auf den Kopf zu achten. Man kann zum Beispiel eine Jacke oder ein Kissen unter den Kopf legen, die Brille abnehmen und gefährliche Gegenstände außer Reichweite bringen. Entfernen Sie Gegenstände, an denen sich der Betroffene verletzen könnte aus seinem Umfeld. Auf keinen Fall sollte die oder der Betroffene während des Anfalls festgehalten oder zu Boden gedrückt werden. Die krampfenden Arme und Beine nicht festhalten. Dem Anfall sollte man soweit es geht seinen Lauf lassen. Kommt es bei fokalen Anfällen zu Automatismen, so kann es sinnvoll sein, gefährliche Gegenstände aus der Hand der Betroffenen zu entfernen und sie aus Gefahrenzonen fernzuhalten. Auch dabei sollte man aber keinesfalls grob oder hektisch vorgehen.
  • Atemwege freihalten: Sitzt die Kleidung am Hals eng, sollte man sie lockern. Falls starke Speichelabsonderung auftritt, sollte man den Kopf auf eine Seite drehen, damit sich der/die Patient*in nicht verschluckt. Gelegentlich kommt es während eines Anfalls oder unmittelbar danach zum Erbrechen. Nach dem „Anfall" bei andauernder Bewusstlosigkeit und vorhandener Atmung lagern Sie ihn in der stabilen Seitenlage. Es kann passieren, dass sich der Betroffene auf die Zunge beißt. Dennoch sollte man während des Anfalls nicht den Mund öffnen oder einen Gegenstand zwischen die Zähne schieben. Niemals etwas zwischen die Zähne schieben, um das Beißen auf die Zunge zu verhindern. Nach dem Anfall ist es wichtig zu kontrollieren, ob die Atemwege frei sind.
  • Da bleiben: Den Betroffenen nicht allein lassen; auch nicht, um Hilfe zu holen - außer es wird unbedingt nötig, weil der Anfall nicht aufhört. Betroffene nicht allein lassen, bis die Verwirrtheit nachgelassen hat und sie sich wieder orientieren können.
  • Nach dem Anfall helfen: Eine Person, die einen Anfall hinter sich hat, kann einige Zeit benötigen, um wieder zu sich zu kommen. Bieten Sie Ihre Hilfe fortlaufend an, bis die Betroffenen sich erholt haben, aber drängen Sie nicht. Bieten Sie zum Beispiel Begleitung, Sitzmöglichkeiten oder den Anruf eines Arztes oder eines Notfallkontaktes der Patientinnen und Patienten an. Oft kommt es nach Anfällen zur Amnesie für die Dauer des Anfalls. Gerade bei kurzen Anfällen wie Absencen, die nur wenige Sekunden anhalten, ist es wichtig, dass Sie die Betroffenen danach über ihren Anfall informieren, damit sie diesen in einem Anfallskalender festhalten und Angehörige oder Ärztinnen und Ärzte darüber informieren können. Auch Sprachstörungen sind ganz normale Nebenwirkungen. Bleiben die Patientinnen und Patienten auch nach dem Anfall zunächst bewusstlos, dann Atemwege auf Erbrochenes und Speichel prüfen und davon befreien und Person spätestens jetzt in die stabile Seitenlage bringen. Vielleicht hat sie einen Wunsch oder braucht Orientierung. Manche Menschen sind sehr müde und möchten sofort schlafen. Sie werden am besten in die stabile Seitenlage gebracht. Wichtig ist außerdem, Schamgefühle zu beachten und zu vermeiden, dass sich etwa bei einem Anfall in der Öffentlichkeit viele Menschen ansammeln. Es kann auch passieren, dass während eines Anfalls ungewollt Urin abgeht.

Wann muss der Notarzt gerufen werden?

Bei einem großen Anfall muss nicht immer der Rettungsdienst gerufen werden: Geht er schnell vorüber und kommt die Person schnell wieder zu sich, kann man besprechen, ob eine Notärztin oder ein Notarzt gerufen werden soll. In den folgenden Fällen sollte jedoch umgehend der Notruf (112) gewählt werden:

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  • Der Anfall dauert länger als fünf Minuten (Status epilepticus). In der Regel hört ein großer Anfall (Grand Mal, generalisiert tonisch-klonischer Anfall) nach ca. 2-4 Minuten von selbst auf; er ist trotz seines bedrohlichen Aussehens nicht lebensgefährlich. Dauert ein solcher Anfall aber länger als gewöhnlich (länger als 5 Minuten), so spricht man vom Status epilepticus. In diesem Fall müssen besondere Maßnahmen zur Unterbrechung des Anfallsgeschehens ergriffen und der Notruf gewählt werden. Das gilt nicht für Auren oder Absencen. Diese sind auch dann ungefährlich, wenn sie ein paar Minuten anhalten.
  • Es kommt zu mehreren Anfällen hintereinander. Wenn auf den ersten Anfall direkt ein zweiter Anfall folgt, ohne dass der/die Patient*in zwischendurch wieder zu Bewusstsein gelangt ist.
  • Es gibt Atemprobleme.
  • Es kam zu Verletzungen. Wenn es durch den Anfall zu Verletzungen gekommen ist, z. B.
  • Man weiß, dass es der erste Anfall war.
  • Die Person kommt nicht wieder zu sich. Bleiben Patientinnen und Patienten auch nach dem Anfall bewusstlos oder schlafen ein, ist das okay, solange die Atmung normal funktioniert.

Notfallmedikation

Manche Menschen mit Epilepsie tragen ständig ein Notfallmedikament bei sich, damit Personen, die einen Anfall miterleben, es einsetzen können. Einige Betroffene haben einen Epilepsie-Notfallausweis dabei, der Informationen über die Erkrankung, benötigte Medikamente und Kontaktpersonen enthält. Dauert ein Anfall länger an, kann das Medikament als Tablette in die Wangentasche gelegt oder als Creme über eine kleine Tube in den After gespritzt werden, um den Anfall zu beenden. Die Notärztin oder der Notarzt kann Medikamente in die Vene spritzen.

Möglicherweise hat der/die Arzt/Ärztin für einen akuten Anfall ein krampflösendes Mittel verordnet, das auch von einem Laien angewendet werden kann. Es handelt sich hierbei um Diazepam Rectiolen, die in den After eingeführt werden oder um bukkales Midazolam, das mit Hilfe einer vorbefüllten Spritze ohne Nadel zwischen Wange und Zahnfleisch gespritzt wird. Kleine Anfälle z. B. Absencen oder Auren bedürfen einer ruhigen und beschützenden Begleitung und einer guten Beobachtung. Eine Unterbrechung des Anfallsgeschehens (z. B. mit einer Rectiole oder bei Kindern mit bukkalem Midazolam) ist hier in aller Regel nicht erforderlich, auch wenn der Anfall über mehrere Minuten andauern sollte. In vielen Fällen wird diese Notfallmedikation nur von Notärztinnen und Notärzte oder Rettungsassistentinnen verabreicht. In Rücksprache mit dem/der Arzt/Ärztin erhalten aber auch Eltern von epilepsiekranken Kindern oder die Partnerinnen von Epilepsie-Patientinnen und Patienten entsprechende Benzodiazepine zur Verabreichung im Notfall.

Für die Erstversorgung im Notfall durch Angehörige, Lehrer und Pflegepersonal werden andere Darreichungsformen angeboten. Clevere Lösungen sind hier wichtig, weil viele Epilepsie-Patientinnen und Patienten während eines Anfalls nicht einfach eine Tablette schlucken können: Für Kinder und Jugendliche wird häufig Midazolam in flüssiger Form eingesetzt, da es während eines Anfalls einfach mit vorgefüllten Applikationsspritzen in die Wangentasche gegeben werden kann. Der Wirkstoff wird dann über die Wangenschleimhaut aufgenommen, ohne dass der/die Betroffene diesen schlucken muss. Für Kinder und auch Erwachsene ist Diazepam in sogenannten Rektaltuben erhältlich und wird über den After angewendet, um gefährliche Anfälle schnell zu unterbrechen.

Notfallmedikamente für Laien

  • Diazepam als Rektiole: Dabei handelt es sich um ein Medikament, das in einer kleinen Tube ist und dem Patienten rektal, also in den Po gegeben wird. Dabei ist zu beachten, dass die Tube vollständig entleert und beim Rausziehen noch gedrückt wird, damit das Medikament nicht wieder in die Tube zurückgesaugt wird.
  • Chloralhydrat gibt es ebenfalls als Rektiole: Die Anwendung ist wie beim Diazepam.
  • Lorazepam (Tavor expidet): Tavor expidet sind kleine Plättchen, die man in den Mund gibt und die sich dort schnell auflösen. Der Wirkstoff wird über die Mundschleimhaut aufgenommen. Der Patient muss dabei nichts schlucken, kann sich also auch nicht verschlucken oder etwas davon einatmen. Anwendungstechnisch ist dies die einfachste Methode zur Notfallbehandlung durch Laien. Wenn der Patient vorher spürt, ob ein Anfall kommt, kann er vorsorglich natürlich auch Medikamente in Tropfenform nehmen.

Wann sollte man die Notfallmedikation verabreichen?

Die Medikamente sollten nach einer bestimmten Zeit, die mit dem behandelnden Arzt vereinbart wurde, gegeben werden. Dabei spielt nicht nur das individuelle Anfallsgeschehen eine Rolle, sondern auch die Verfassung der Beobachter bei einem Anfall. Manchmal kann man als Zuschauer das „Nichts-Tun-Können“ kaum aushalten. Gerade bei dramatisch aussehenden Grand-Mal-Anfällen sind Beobachter, die nicht sehr viel oder gar keine Erfahrung mit epileptischen Anfällen haben, oft geschockt und geben dann verständlicherweise das Medikament zu früh oder rufen unnötigerweise den Notarzt.

Was soll ich tun, wenn die Notfallmedikation nicht wirkt?

Sollte das Medikament nicht den gewünschten Erfolg haben, dann ist es ratsam den Notarzt zu rufen, denn weitergehende Behandlungen können nicht mehr von Laien durchgeführt werden.

Was muss ich beachten?

Bei den Möglichkeiten zur Notfallmedikation gilt genau wie bei der Dauerbehandlung einer Epilepsie: Probieren geht über Studieren. Jeder Patient muss sein individuell wirksames Notfallmedikament finden, genau wie die Dauertherapie auch maßgeschneidert werden sollte.

Akut symptomatische Anfälle

Akut symptomatische Anfälle sind einmalige Anfälle, die nicht direkt mit Epilepsie in Verbindung stehen, sondern den epileptischen Anfällen nur ähneln. Die Ursachen sind hier jedoch andere. Sie treten in direktem Zusammenhang mit anderen Erkrankungen, in akuten Krankheitssituationen auf, z. B. als Folge einer Unterzuckerung oder einer Hirnschädigung, sowie auch nach einem Schlaganfall und sind einmalige Ereignisse.

Der Status epilepticus

Von einem Notfall spricht man bei Anfällen erst dann, wenn ein Status epilepticus vorliegt. Der „Status epilepticus“ ist ein potentiell lebensbedrohlicher Notfall. Er beschreibt einen langanhaltenden epileptischen Anfall, der sich aus allen Anfallsformen heraus entwickeln kann.

Definitionen des Status epilepticus

  • Für Kinder (Stand 2001): Der Status epilepticus (SE )ist a) eine kontinuierliche klinische und/oder elektroenzephalographische Anfallsaktivität mit oder ohne Bewusstseinsverlust von mindestens 30 Minuten Dauer oder b) ein wiederholtes Auftreten von epileptischen Anfällen ohne zwischenzeitliche vollständige Wiedererlangung des Bewusstseins. Nach dreißig Minuten wird ein Status zum lebensbedrohlichen und hirnschädigenden Ereignis.
  • Für Erwachsene (Stand 2005): Ein Status epilepticus (SE) ist (a) ein epileptischer Anfall, dessen Dauer eine konventional festgelegte Grenze von 5 Minuten bei generalisierten tonisch-klonischen Anfällen und von 20-30 Minuten bei fokalen Anfällen oder Absencen überschreitet, oder (b) eine Sequenz mit gleicher Mindestdauer von einzelnen epileptischen Anfällen in kurzen Abständen, zwischen denen klinisch oder elektroenzephalographisch keine vollständige Restitution erfolgt.

Je nach Art der Anfälle wird ein Status epilepticus mit Begriffen wie „konvulsiv generalisiert“, „konvulsiv fokal“, „nicht konvulsiv“ oder „psychomotorisch“ näher beschrieben.

  • Konvulsiver Status epilepticus: Im klinischen Alltag wird ein konvulsiver Anfall (Krampfanfall, i.d.R. generalisiert-tonisch-klonischer Anfall), der länger als 5 Minuten anhält, als Status epilepticus bezeichnet. Ein Status epilepticus birgt die Gefahr, dass es während dieses lange andauernden Anfalls zu einer erheblichen Schädigung des Gehirns bzw.
  • Non-konvulsiver Status epilepticus: Der non-konvulsive Status epilepticus ist ein anhaltender fokaler Anfall ohne motorische Symptome, oder eine lang anhaltende Absence (Absence-Status). Ab einer Dauer von 15 bis 20 Minuten spricht man von einem non-konvulsiven Status epilepticus. Die Betroffenen sind in der Regel ansprechbar, jedoch ist das Bewusstsein gestört.

Behandlung des Status epilepticus

Die Leitlinien zur Behandlung des Status epilepticus bieten Ärzten einen roten Faden, wie der Patient behandelt werden soll. Laien, also Eltern, Angehörige, Freunde; Lehrer, Erzieher, Betreuer …, können nur erste Hilfe leisten. Vor allen anderen Maßnahmen sollte man dafür sorgen, dass sich der Patient nicht verletzen kann. Also, etwas Weiches unter den Kopf legen und alles aus dem Weg räumen, woran sich der Patient verletzen kann. Schauen Sie auf die Uhr, damit Sie wissen, wie lange der Anfall dauert und lassen Sie den Patienten nicht allein. Ein Status kann mit Notfallmedikamenten unterbrochen werden.

Soziale Folgen von Epilepsie

Epilepsien haben nicht nur medizinische, sondern auch soziale Folgen. Viele Betroffene müssen sich bei Auftreten einer Epilepsie unter Umständen beruflich neu orientieren oder die beruflichen Aufgaben müssen angepasst werden. In den letzten Jahren sind Beratungsstellen für Menschen mit Epilepsien entstanden. Für erwachsene Betroffene, für Kinder mit Epilepsie und für deren Eltern gibt es auch Schulungsprogramme zum Umgang mit Epilepsie, die darüber hinaus auch den Austausch fördern.

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