Epileptische Anfälle: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch abnormale elektrische Entladungen von Nervenzellen im Gehirn. Die Ursachen für epileptische Anfälle sind vielfältig und können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden.

Ursachen epileptischer Anfälle

Eines haben alle Epilepsien gemeinsam: Sie haben ihren Ursprung im Gehirn. Als Auslöser kommen jedoch verschiedenste Ursachen infrage. Grundsätzlich gilt, dass jedes Ereignis, das einen Schaden im Gehirn verursacht, ein potenzieller Auslöser für ein epileptisches Anfallsleiden sein kann. Die Medizin unterscheidet hier zurzeit strukturelle, infektiöse, metabolische, genetische und immunologische Ursachen.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Begriff "Auslöser" einer Epilepsie oft mit Triggern einzelner Anfälle verwechselt wird. Viele Patienten und ihre Angehörigen verstehen unter Auslösern epileptischer Anfälle bestimmte Reize oder Situationen, die zu sogenannten Reflexanfällen führen können, zum Beispiel Flackerlicht, Alkohol, Drogen, Fernsehen, Stress, Schlafmangel oder extreme Witterungswechsel. Diese Reize sind jedoch keinesfalls Auslöser einer Epilepsie, sondern können maximal entsprechende Anfälle "triggern". Zudem reagieren lange nicht alle Menschen mit Epilepsie mit einem Krampfanfall auf diese Trigger. Mehr noch; die genannten Trigger können theoretisch bei allen Menschen zu sog. akut-symptomatischen Krampfanfällen oder Fieberkrämpfen führen, auch wenn diese nicht an Epilepsie leiden.

Das Krankheitsbild Epilepsie wird zudem gerade dadurch definiert, dass Krampfanfälle auch ohne erkennbare Auslöser, also als nicht-provozierte Anfälle, auftreten. Nur dann spricht man wirklich von einer Epilepsie. Treten Anfälle ausschließlich bei entsprechender Provokation oder unter bestimmten Umständen auf, so handelt es sich nicht um epileptische Anfälle. Die wirklichen Auslöser einer Epilepsie, die man viel mehr als Ursache der Erkrankung bezeichnen sollte, sind niemals äußere Reize, sondern im Gehirn und Stoffwechsel der Patientinnen und Patienten zu suchen.

Die häufigsten Ursachen sind genetische oder idiopathische Epilepsieursachen.

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Strukturelle Ursachen

Strukturelle Veränderungen am Gehirn entstehen beispielsweise durch Schlaganfälle oder Tumore. Strukturelle Ursachen von Epilepsie lassen sich meist mittels Magnetresonanztomographie (MRT) feststellen. Hier findet man eine Läsion, also eine Auffälligkeit der Hirnstruktur. So kann z. B. eine Narbe im Gehirn zu einer Übererregbarkeit mit fokalen Anfällen aus genau dieser Region führen. Häufige Ursachen für strukturelle Epilepsien sind Narben nach Geburtsschaden, Schlaganfall, Unfall oder Entzündung. Die strukturellen Veränderungen können mitunter zu einem erhöhten Hirndruck oder Durchblutungsstörungen führen, die dann epileptische Anfälle begünstigen.

Ein Teil dieser Fehlbildungen betrifft beide Hirnhälften und manchmal die gesamte Hirnrinde (Pachygyrie, Lissenzephalie, beidseitige Polymirkogyrie, Bandheterotopie). Die Betroffenen sind meist schwer behindert und haben schwierig zu behandelnde Epilepsien. Andere Fehlbildungen sind regional begrenzt und verursachen fokale Anfälle aus dieser Region (umschriebene Polymikrogyrie, noduläre Heterotopie). Eine besondere Rolle spielen die fokalen kortikalen Dysplasien (fokal= nicht überall, umschrieben; kortikal= die Hirnrinde betreffend; Dysplasie= Fehlanlage). Diese sind eine häufige Ursache schwer behandelbarer fokaler Epilepsien im Kindesalter und entgehen häufig einer Routine-MRT-Untersuchung, vor allem im Alter unter 2 Jahren. Bei Kindern mit entsprechend schwierigem Verlauf sollte unbedingt eine hochauflösende MRT mit gezielten Sequenzen zur Darstellung fokaler kortikaler Dysplasien durchgeführt und ggf. nach Abschluss der Hirnreifung wiederholt werden. Da das Gehirn nicht repariert werden kann und sich Nervenzellen nicht im Nachhinein umorganisieren können, ist eine Ausheilung der Epilepsie (also ein Leben ohne Anfälle und ohne Therapie) bei den Betroffenen unwahrscheinlich. Allerdings kann sich in einzelnen Fällen bei einem schweren Verlauf die Möglichkeit einer Epilepsiechirurgie mit Entfernung der anfallsauslösenden Läsion ergeben.

Genetische Ursachen

Genetisch bedingt haben manche Menschen eine stärkere Veranlagung zu epileptischen Anfällen als andere. Die Forschung geht heute davon aus, dass bei diesen Patienten ein oder mehrere Gene defekt sind, die als Ursache der Epilepsie anzusehen sind. Häufig sind die betroffenen Gene nicht bekannt, und es müssen bestimmte Gen-Konstellationen vorliegen, damit es zu einer Epilepsie kommt. Daher sind diese Epilepsie-Ursachen meist nicht vererbbar, auch wenn sie neuerdings als genetische Epilepsien bezeichnet werden.

Die andere große Gruppe von Patienten hat die Epilepsie nicht als Folge einer zugrundeliegenden strukturellen Veränderung. Die Epilepsie selbst ist die Krankheit. Die Nervenzellen und/oder deren Netzwerk sind von Ihrem genetischen Programm her übererregbar. Betroffene tragen eine Veranlagung zur Epilepsie in sich, was „genetische Epilepsie“ genannt wird. Der Begriff „genetisch“ ist nicht mit „Erbkrankheit“ gleichzusetzen. Die wenigsten Epilepsien wurden als Gendefekt (also Mutation in einem für die Hirnfunktion wichtigen Gen mit der Folge einer Übererregung) ererbt. Mittels genetischer Diagnostik (in Blutzellen) können selten Abweichungen der Chromosomenzahl (z. B. Trisomie 21) festgestellt werden. Größere Verluste von genetischem Material oder ein abnormer Zugewinn (copy number variations) können mit der sogenannten Array-CGH festgestellt werden. Meist sind dann mehrere bis viele verschiedene Gene betroffen. In aller Regel sind diese Veränderungen schicksalhaft spontan entstanden und nicht ererbt. Eine Untersuchung der Eltern kann sinnvoll sein um zu prüfen, ob bei ihnen dieselbe Veränderung vorliegt. Solche copy number variations können, da sie sich in allen Körperzellen finden, vom Betroffenen weitervererbt werden.

Von den etwa 20.000 Genen, die wir in jeder Körperzelle in uns tragen, haben tausende mit der Gehirnfunktion und -entwicklung zu tun. Wenn ein Gen, dass für die Hirnfunktion sehr wichtig ist und etwas mit der Erregung der Nervenzellen zu tun hat, krankhaft verändert ist, dann kann das zur Epilepsie führen (monogenetische Epilepsie). Es sind über 500 Gene, deren Mutation zur Epilepsie führen kann, bekannt. Diese Gene können im Labor einzeln oder im Rahmen der modernen Abklärung alle gleichzeitig untersucht werden (next generation sequencing, NGS). Es ist sogar möglich, alle Gene des Menschen in einer einzigen Untersuchung auf Mutationen hin abzuklären, wobei man sich darüber klar sein muss, dass es auch Zufallsbefunde mit und ohne Relevanz geben kann. Nach dem Gendiagnostikgesetz muss vor einer genetischen Diagnostik eine umfassende Aufklärung über den Sinn und Zweck, die Methodik und den Umgang mit Zusatzbefunden erfolgen und eine Einwilligung der Betroffenen, bzw. Sorgeberechtigten eingeholt werden.

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Die allermeisten monogenetischen Epilepsien sind nicht ererbt, sondern beruhen auf spontanen, also schicksalhaften Mutationen. Jedes Gen ist in der Zelle zweimal, also von Mutter und Vater stammend, vorhanden. Bei manchen Genen kann schon eine spontane Mutation einer Kopie des Gens zur Krankheit führen, was man „autosomal dominant“ nennt. Betroffene werden diese Mutation und die Krankheit statistisch an die Hälfte ihrer eigenen Kinder weitergeben. Da eine Mutation in Abhängigkeit von der 20 übrigen genetischen Ausstattung der Zellen nicht immer zum vollen Krankheitsbild führen muss, kann es selten sein, dass in einer Familie jemand, der dieselbe Mutation trägt, nur mild oder sogar gar nicht betroffen ist. Dann ist eine Vererbung möglich, obwohl ansonsten scheinbar niemand in der Familie betroffen ist. Epilepsien werden selten „autosomal rezessiv“ vererbt, so dass Vater und Mutter jeweils eine Mutation und eine normale Genkopie in sich tragen und gesund sind, dann aber mit einem Risiko von 25% beide mutierten Kopien an das Kind weitergegeben werden, welches dann erkrankt. Vor einem Gentest muss also auch darüber gesprochen werden, wie man mit einer möglichen Vererbung umgeht. Erfahrungsgemäß sind Eltern aber erleichtert, wenn bei ihrem Kind endlich eine Diagnose schwarz auf weiß gestellt wurde, da nicht selten vor allem die Mütter über Jahre Schuldgefühle in sich tragen („Was habe ich falsch gemacht, dass mein Kind krank ist?“).

Selten kann das Wissen um den Mechanismus, dessen Störung zur Epilepsie führt, einen personalisierten Therapieansatz ermöglichen („Präzisionsmedizin“). Wenn es sich bei dem betroffenen Gen um eines handelt, dass nur in einer bestimmten Phase der Hirnentwicklung wichtig ist, kann es sein, dass die Epilepsie nach dieser Zeit ausheilt. Andere Gene spielen lebenslang eine wichtige Rolle und eine Ausheilung der Epilepsie ist bei einer entsprechenden Mutation dann unwahrscheinlich. 21 Bei den meisten Menschen mit genetischer Epilepsie sind die Ergebnisse der Mutationssuche normal. Die exakte Ursache bleibt unklar. In den meisten dieser Fälle ist es so, dass gar nicht ein einziges, für das Gehirn wichtiges Gen krankhaft mutiert ist, sondern eine kritische Anzahl an Genen minimale Varianten ihrer Aktivität zeigen, die jede für sich eigentlich noch normal sind (Normvarianten). Dabei funktioniert das eine Gen vielleicht ein bisschen zu stark und ein anderes ein bisschen zu wenig. Erst die Kombination dieser Veränderungen führt dann zur Krankheit. Diese Veranlagung nennt man „polygenetisch“. Diese häufige Form genetischer Epilepsien lässt sich heutzutage noch nicht im Labor diagnostizieren, da ja kein Gen krankhaft verändert ist und die Varianten ja auch bei Gesunden vorkommen. Gerade bei polygenetischer Epilepsie ist die Hoffnung auf einen selbstlimitierten Verlauf mit spontaner Ausheilung („verwächst sich“) groß, da ein Teil der Gene möglicherweise im Laufe der Entwicklung weniger Bedeutung haben und andere, ähnliche Gene ihre Funktion übernehmen können. Auch kann das Gleichgewicht von Erregung und Hemmung wiederhergestellt werden, wenn weitere genetische Aktivitäten im Laufe der Zeit hinzukommen und kleine Funktionsstörungen ausgleichen. Im Grunde ist es so, dass die Langzeitprognose einer Epilepsie umso besser ist, je weniger in der diagnostischen Abklärung gefunden wird.

Infektiöse Ursachen

Infektionen des Gehirns können unter anderem durch Borreliose hervorgerufen werden.

Metabolische Ursachen

Metabolische Veränderungen, also solche, die den Stoffwechsel betreffen, stehen z. B. mit seltenen Stoffwechselerkrankungen, wie der Phenylketonurie in Verbindung.

Immunologische Ursachen

Bei den immunologischen Ursachen handelt es sich um Entzündungsvorgänge im Gehirn, z. B. wenn die eigene Körperabwehr (Immunsystem) das Hirngewebe angreift und es zu einer Hirnhautentzündung kommt.

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Unbekannte Ursachen

Zusätzlich gibt es sogenannte kryptogene Epilepsien, die heute schlichtweg als Epilepsie mit unbekannter Ursache bezeichnet werden. Sie erfüllen also zum Beispiel die Kriterien wie Anfallshäufigkeit von nicht-provozierten Anfällen, nach denen eine Epilepsie laut Leitlinie definiert und von anderen Anfallsleiden abgrenzt wird. Jedoch ohne erkennbare strukturelle, immunologische, genetische, metabolische oder infektiöse Ursache. wenn, unter Berücksichtigung der ärztlichen Befunde, des EEG, der Symptomatik des Krampfanfalls und weiterer Aspekte durch die Ärztinnen und Ärzte ein spezifisches Epilepsie-Syndrom diagnostiziert wird.

Diagnose von Epilepsie

Die Diagnose von Epilepsie umfasst in der Regel eine umfassende Anamnese, eine neurologische Untersuchung und verschiedene diagnostische Tests.

Voraussetzung für eine sichere Diagnose ist eine möglichst genaue Beschreibung des Anfalls auch durch Augenzeugen. Epilepsietypische Auffälligkeiten können sich im Elektroenzephalogramm (EEG) oder Kernspintomogramm (MRT) bereits nach einem erstmalig auftretenden epileptischen Anfall zeigen.

  • Anamnese: Der Arzt wird Fragen zu den Anfällen stellen, einschließlich der Art der Anfälle, der Häufigkeit, der Dauer und der Begleitumstände. Wichtige Fragen dabei sind zum Beispiel: Was ging dem Anfall voraus? Wie sah der Sturz aus, wenn es einen gab? Waren die Augen geöffnet oder geschlossen? Auf welcher Körperseite begannen die Verkrampfungen? In welche Richtung war der Kopf gedreht?
  • Neurologische Untersuchung: Der Arzt wird eine körperliche und neurologische Untersuchung durchführen, um nach Anzeichen von neurologischen Problemen zu suchen.
  • EEG (Elektroenzephalogramm): Das EEG ist ein Test, der die elektrische Aktivität des Gehirns misst. Es kann helfen, abnormale Hirnaktivität zu erkennen, die auf Epilepsie hindeutet. Das Elektroenzephalogramm (EEG) misst die Hirnströme. Die Hirnstromkurve zeigt an, ob eine Neigung zu epileptischen Anfällen besteht.
  • MRT (Magnetresonanztomographie): Die MRT ist ein bildgebendes Verfahren, das detaillierte Bilder des Gehirns liefert. Sie kann helfen, strukturelle Ursachen von Epilepsie zu erkennen, wie z. B. Tumore, Schlaganfälle oder Fehlbildungen. Weitere neurologische Veränderungen im Gehirn lassen sich zum Beispiel mittels der Computertomografie (CT) oder der Magnetresonanztomografie (MRT) darstellen. Die Magnetresonanztomografie (MRT) liefert uns hochauflösende Bilder: Hier können selbst feinste Veränderungen im Gehirn sichtbar gemacht werden. Dank der funktionellen MRT können außerdem wichtige funktionstragende Areale lokalisiert werden. Zudem setzt unser ärztliches Personal das sogenannte Fibertracking-Verfahren ein. Dabei werden aus den MRT-Aufnahmen die Verläufe einzelner Nervenfasern im Gehirnre konstruiert. Kombiniert mit der Neuronavigation bietet Fibertracking einen bedeutenden Fortschritt für mikrochirurgische Therapie-Ansätze.
  • Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können helfen, metabolische oder infektiöse Ursachen von Epilepsie auszuschließen. Auch die Blutuntersuchung kann dabei helfen, mögliche Ursachen für einen Krampfanfall oder eine Epilepsieerkrankung aufzuspüren.
  • Genetische Tests: In einigen Fällen können genetische Tests durchgeführt werden, um genetische Ursachen von Epilepsie zu identifizieren. Manchmal wird eine genetische Testung veranlasst.

Behandlung von Epilepsie

Das Ziel der Epilepsie-Behandlung ist die Anfallsfreiheit. Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen Medikamente, Chirurgie und andere Therapien.

Zu den wichtigsten Therapiemöglichkeiten zählen bestimmte Medikamente: Täglich eingenommene Antiepileptika sorgen dafür, dass die Nervenzellen gehemmt und dadurch beruhigt werden. Bei knapp 70 Prozent der Patienten helfen solche Medikamente gut. Dabei reicht häufig bereits ein einzelnes Medikament aus, manchmal wirkt nur eine Kombination von zwei oder mehr Medikamenten. Mittlerweile gibt es rund 30 verschiedene Medikamente gegen Epilepsie. Moderne Wirkstoffe haben oft weniger Nebenwirkungen.

Welche Behandlung sinnvoll ist, hängt von der Form der Epilepsie und dem Krankheitsverlauf ab. Meist wird eine Epilepsie mit Medikamenten behandelt, sogenannten Antiepileptika. Es stehen unterschiedliche Medikamente aus verschiedenen Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Wenn ein Medikament in einer niedrigen Dosierung nicht wirkt, kann zunächst die Dosis erhöht werden. Zeigt sich kein Erfolg, probiert man ein Medikament aus einer anderen Wirkstoffgruppe oder kombiniert mehrere Wirkstoffe.

Da es oft bei einem einzigen Anfall bleibt, kann man mit einer Behandlung meist erst einmal abwarten. Die Therapie beginnt in der Regel erst nach einem zweiten Anfall. Besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für erneute Anfälle, wie etwa bei einer Gehirnerkrankung, kann bereits nach dem ersten Krampfanfall eine Behandlung sinnvoll sein. Wichtig ist, die persönliche Situation ausführlich mit der Ärztin oder dem Arzt zu besprechen. Wer sich für eine Behandlung mit Medikamenten entscheidet, nimmt diese meist über mehrere Jahre ein. Wenn in dieser Zeit keine Anfälle aufgetreten sind, können manche Menschen versuchsweise auf Medikamente verzichten. Andere benötigen ihr Leben lang Medikamente. Antiepileptika können Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel haben. Manchmal bestehen spezielle Risiken, zum Beispiel während der Schwangerschaft für das ungeborene Kind. Eine ausführliche ärztliche Beratung ist dann besonders wichtig.

Für Patienten, bei denen die Antiepileptika nicht ausreichend wirken, kommen weitere Therapiemöglichkeiten in Betracht.

  • Medikamente (Antiepileptika): Antiepileptika sind die häufigste Behandlung für Epilepsie. Sie helfen, die Häufigkeit und Schwere der Anfälle zu reduzieren.
  • Chirurgie: Eine Operation kann eine Option für Menschen mit Epilepsie sein, die auf Medikamente nicht ansprechen. Bei einer Vagusnervstimulation wird ein Schrittmacher - ähnlich einem Herzschrittmacher - unter die Haut im Brustbereich implantiert. Das Gerät erzeugt elektrische Impulse, die vom Vagusnerv am Hals ins Gehirn geleitet werden. Ebenfalls auf Basis einer Elektrostimulation arbeitet ein neueres Verfahren, bei dem eine dünne Silikonscheibe mit Platinkontakten unter die Kopfhaut geschoben wird. Auch bei diesem Verfahren gehen die elektrischen Impulse von einem Schrittmacher aus, der im Brustbereich unter die Haut gesetzt wird. Durch diese Therapie soll eine tiefgehende und fokussierte Stimulierung des Gehirns möglich sein, ohne das Gehirn selbst zu berühren. Operative Verfahren kommen nur in Frage, wenn sicher festgestellt wird, von welcher Stelle im Gehirn die Anfälle genau ausgehen, also bei fokalen Epilepsien. Dann müssen weitere Untersuchungen in einem Neurochirurgischen Zentrum zeigen, ob die Entfernung des Focus ohne größere Gefahr möglich ist, oder ob der Eingriff zu Lähmungen, Sprachstörungen oder anderen Ausfällen führen würde. Das Ziel dabei ist meist die Anfallsfreiheit, manchmal auch eine Reduktion belastender Anfälle.
  • Vagusnervstimulation: Bei der Vagusnervstimulation wird ein Gerät unter die Haut im Brustbereich implantiert, das elektrische Impulse an den Vagusnerv sendet. Dies kann helfen, die Häufigkeit der Anfälle zu reduzieren.
  • Ketogene Diät: Die ketogene Diät ist eine fettreiche, kohlenhydratarme Diät, die bei einigen Menschen mit Epilepsie helfen kann, die Anfälle zu kontrollieren.
  • Tiefe Hirnstimulation: Bei der tiefen Hirnstimulation werden Elektroden in bestimmte Bereiche des Gehirns implantiert, um die Hirnaktivität zu regulieren und Anfälle zu reduzieren.

Leben mit Epilepsie

Epilepsie kann erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben. Es ist wichtig, dass Menschen mit Epilepsie eine gute medizinische Versorgung erhalten und lernen, mit ihrer Erkrankung umzugehen.

Menschen mit Epilepsie können meist nicht vorhersagen, ob und wann sie einen epileptischen Anfall bekommen. Und genau das macht ihn gefährlich: Gerade bei einem großen Anfall - der Fachbegriff heißt "bilateral tonisch-klonischer" Anfall - kann es durch Bewusstlosigkeit zu Stürzen und damit verbunden zu Verletzungen kommen. Aber auch die häufigeren kleineren Anfälle können Betroffene körperlich und psychisch belasten. Hinzu kommen Vorurteile und Stigmata, die den Alltag für Menschen mit Epilepsie zusätzlich erschweren. So ist im Verlauf der Erkrankung das Risiko für eine Depression erhöht. Insgesamt haben Menschen mit Epilepsie ein erhöhtes Sterberisiko. Plötzliche unerwartete Todesfälle (SUDEP, engl. Sudden unexpected death in epilepsy) kommen auch in eigentlich weniger gefährlichen Situationen vor, zum Beispiel nachts im Bett.

Menschen mit Epilepsie dürfen nicht selbst Auto fahren, wenn sie in den vergangenen zwölf Monaten einen Anfall hatten. In diesem Fall sollte man zum Beispiel nicht alleine schwimmen gehen. Denn wenn ein epileptischer Anfall im Wasser auftritt und nicht sofort ein Rettungsschwimmer zur Stelle ist, kann das tödlich enden: So ist auch die Haupttodesursache von Menschen mit Epilepsie ein Tod durch Ertrinken. Ebenfalls vorsichtig sein sollten Betroffene beim Baden in einer Badewanne sein - auch hier kann es zum Ertrinken kommen.

Individuelle Aufklärung und Beratung von Betroffenen und ihren Angehörigen sind wichtig, um das Risiko für einen SUDEP zu verringern. Im Vordergrund steht, dass sich der Betroffene während eines Anfalls nicht verletzt. Wenn er oder sie bereits auf dem Boden liegt, zucken häufig Arme und Beine oder sie wirken versteift. Auch der Kopf kann zucken und dabei immer wieder auf den Boden aufschlagen. Manchmal kommt es zu einem Zungenbiss, dennoch sollte man niemals versuchen, während des Anfalls etwas in den Mund zu schieben. Der Blutverlust beim Zungenbiss ist sehr gering, durch die Verdünnung mit Speichel wirkt es mehr, als es ist. Daher gilt: Ruhe bewahren. Der Anfall selbst ist meist nach ungefähr einer Minute vorbei. Um die Zeit sicher zu messen, lohnt ein Blick auf die Uhr. Die Beobachtungen der Augenzeugen liefern später oft entscheidende Informationen bei der Diagnosefindung.

Nach einem großen Anfall kann es sein, dass die Person nicht direkt wieder orientiert oder kommunikationsfähig ist. Dafür braucht es meist 15 bis 30 Minuten, bei älteren Patienten kann es auch länger dauern. Manche Menschen mit bekannter Epilepsie können sich aber auch schnell erholen und ihrer Tätigkeit weiter nachgehen. Nach einem ersten Anfall ist aber immer zügig eine ärztliche Untersuchung notwendig.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Menschen mit Epilepsie zu unterstützen:

  • Medizinische Versorgung: Regelmäßige Besuche beim Arzt sind wichtig, um die Anfälle zu kontrollieren und Komplikationen zu vermeiden.
  • Selbsthilfegruppen: Selbsthilfegruppen bieten Menschen mit Epilepsie die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und Unterstützung zu erhalten.
  • Beratung: Eine Beratung kann Menschen mit Epilepsie helfen, mit den emotionalen und sozialen Herausforderungen der Erkrankung umzugehen.

Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall

Bei einem epileptischen Anfall ist es am wichtigsten, dass Helferinnen und Helfer Ruhe bewahren und Betroffene vor Verletzungen schützen. Dauert der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle kurz hintereinander auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden. Bei einem schweren Anfall kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein.

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