Ein Schlaganfall, auch Apoplex oder Hirnschlag genannt, ist eine akute Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu schwerwiegenden Folgen führen kann. Jährlich sind in Deutschland etwa 270.000 Menschen betroffen. Die Ursachen sind vielfältig, wobei zwischen beeinflussbaren und nicht beeinflussbaren Risikofaktoren unterschieden wird. Besonders relevant ist die genetische Prädisposition, die in Kombination mit anderen Risikofaktoren das Schlaganfallrisiko erheblich erhöhen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Rolle der erblichen Vorbelastung bei Schlaganfällen und zeigt auf, welche beeinflussbaren Risikofaktoren eine wichtige Rolle spielen und wie man diesen begegnen kann.
Schlaganfall: Ursachen und Formen
Ein Schlaganfall tritt auf, wenn die Blutzufuhr zum Gehirn plötzlich unterbrochen wird. Grundsätzlich werden zwei Hauptformen unterschieden:
- Ischämischer Schlaganfall: Auch Hirninfarkt genannt, entsteht durch eine Mangeldurchblutung in bestimmten Hirnregionen. Ursache ist meist Arteriosklerose (Gefäßverkalkung), bei der sich Ablagerungen aus Fett, Cholesterin und anderen Substanzen an den Gefäßwänden bilden und diese verengen. Ein Blutgerinnsel kann sich direkt in einem Hirngefäß bilden oder von außerhalb des Gehirns (z.B. Herz oder Halsschlagader) ins Gehirn gelangen und dort ein Gefäß verschließen.
- Hämorrhagischer Schlaganfall: Auch Hirnblutung genannt, entsteht, wenn in den tiefen Regionen des Gehirns eine Gefäßwand einreißt oder ein Gefäß platzt. Das austretende Blut drückt auf die Nervenzellen und klemmt andere Blutgefäße ab, was zum Absterben von Gehirngewebe führt.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
Einige Risikofaktoren für einen Schlaganfall lassen sich kaum oder gar nicht beeinflussen:
- Alter: Das Schlaganfallrisiko steigt mit zunehmendem Alter. Ab dem 55. Lebensjahr verdoppelt es sich mit jedem weiteren Jahrzehnt.
- Geschlecht: Frauen haben aufgrund spezifischer Faktoren wie Schwangerschaftskomplikationen oder der Einnahme von oralen Kontrazeptiva ein etwas höheres Schlaganfallrisiko.
- Genetische Faktoren: Eine familiäre Vorbelastung erhöht das persönliche Risiko, selbst einen Schlaganfall zu erleiden. Dies gilt besonders, wenn in der Familie vererbte Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen bekannt sind.
Beeinflussbare Risikofaktoren
Es gibt jedoch zahlreiche Risikofaktoren, die man aktiv beeinflussen kann, um das Schlaganfallrisiko zu senken:
- Bluthochdruck (Hypertonie): Ist der Hauptrisikofaktor für einen Schlaganfall. Je höher der Blutdruck und je länger er unbehandelt bleibt, desto größer ist das Risiko.
- Diabetes mellitus: Erhöhte Blutzuckerwerte schädigen langfristig die Blutgefäße und fördern die Gerinnselbildung.
- Herzklappenerkrankungen: Verlangsamen die Fließgeschwindigkeit des Blutes und begünstigen die Bildung von Blutgerinnseln.
- Vorhofflimmern: Eine Herzrhythmusstörung, bei der die Herzvorhöfe rasch und unregelmäßig zucken. Dies kann zur Bildung von Blutgerinnseln führen, die in die Gehirngefäße gelangen.
- Übergewicht und Bewegungsmangel: Können zu Bluthochdruck oder Diabetes führen und somit das Schlaganfallrisiko erhöhen. Ein Indikator für Übergewicht ist das Taille-Hüft-Verhältnis.
- Rauchen: Schädigt die Blutgefäße und senkt die Sauerstoffaufnahme im Blut, was zu erhöhtem Blutdruck, verengten Blutgefäßen und einer schlechteren Gewebedurchblutung führt.
- Fettstoffwechselstörungen: Können eine Atherosklerose begünstigen und somit das Schlaganfallrisiko erhöhen. Besonders das LDL-Cholesterin spielt hierbei eine Rolle.
- Psychosoziale Faktoren: Stress, Geldsorgen und Depressionen können ebenfalls Risikofaktoren sein. Chronischer Stress verdoppelt das Schlaganfallrisiko.
- Alkohol: Übermäßiger Alkoholkonsum sollte vermieden werden, geringe Mengen Rotwein können sogar vor atherosklerotischen Gefäßveränderungen schützen.
Genetische Grundlagen und erbliche Erkrankungen
Ein Schlaganfall ist keine direkt vererbte Erkrankung, aber genetische Faktoren können das Risiko beeinflussen. Neueste Forschungen haben 32 Bereiche im menschlichen Genom identifiziert, die mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko in Verbindung stehen. Es ist bekannt, dass ein gesunder Lebensstil die Risikofaktoren günstig beeinflussen kann.
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Einige seltene, aber relevante erbliche Erkrankungen, die das Schlaganfallrisiko erhöhen, sind:
- Morbus Fabry: Eine lysosomale Speicherkrankheit, bei der sich bestimmte Fettstoffe in der Innenwand von Blutgefäßen ablagern, was zu frühen Schlaganfällen, Niereninsuffizienz und Herzrhythmusstörungen führen kann.
- Sichelzellanämie: Eine erbliche Erkrankung der roten Blutkörperchen, die zu Anämie und der Bildung von Blutgerinnseln führen kann.
- Moyamoya Erkrankung: Eine seltene Erkrankung, bei der sich große, hirnversorgende Arterien verschließen und zur Kompensation ein Netz von feinsten Gefäßen im Gehirn gebildet wird.
- Vererbbare Thrombophilien: (z.B. Faktor V Leiden Mutation) erhöhen das Risiko für ischämische Schlaganfälle.
Auch genetische Veranlagungen für die Entwicklung von Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen (Hypercholesterinämie) können eine Rolle spielen.
Genetische Aspekte von Vorhofflimmern und Diabetes
Es sind Genabschnitte (PITX2 und ZFHX3) bekannt, welche mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern einhergehen und somit auch das Risiko für einen Schlaganfall beeinflussen. Die Diabetes-Erkrankungen haben ebenfalls eine genetische Komponente. Man unterscheidet den Typ I von dem Typ II Diabetes, wobei der Typ II Diabetes vor allem durch einen ungesunden Lebensstil beeinflusst wird.
Familiäre Hypercholesterinämie
Die familiäre Hypercholesterinämie ist eine monogenetische autosomal dominante Erkrankung, bei der seit Geburt das LDL-Cholesterin erhöht ist. Ab einem LDL-Wert von über 190 mg/dl sollte über eine familiäre Form der Hypercholesterinämie nachgedacht werden. In 50 Prozent der Fälle wird diese Form an die Nachkommen vererbt.
Prävention: Die drei Säulen der Schlaganfallvorbeugung
Die Vorbeugung eines Schlaganfalls basiert auf drei Säulen:
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- Änderung des Lebensstils: Ein gesunder Lebensstil kann viele Schlaganfälle und Herzerkrankungen vermeiden. Dazu gehören regelmäßige körperliche Aktivität (bereits drei Trainingseinheiten pro Woche für jeweils 20 Minuten reichen aus), eine ausgewogene Ernährung, mäßiger Alkoholkonsum und der Verzicht auf Nikotin. Ausdauersport wie Walken, Joggen, Fahrradfahren und Schwimmen bringt unser Herz-Kreislauf-System in Schwung.
- Vorbeugung und frühzeitige Behandlung von Risikofaktoren: Regelmäßige ärztliche Vorsorgeuntersuchungen sind entscheidend, um Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Bei bereits diagnostizierten Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist eine zielgerichtete Behandlung von großer Bedeutung. Medikamentöse Therapien (z.B. mit blutverdünnenden, cholesterinsenkenden oder gerinnungshemmenden Medikamenten) können sinnvoll sein.
- Vorbeugung und Verhinderung eines erneuten Schlaganfalls (Sekundärprophylaxe): Für Personen, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben, sind eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Behandlung dringend geboten. Eine geeignete medikamentöse Therapie, die Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen sowie die Einhaltung eines gesunden Lebensstils tragen entscheidend dazu bei, das Risiko eines weiteren Schlaganfalls zu reduzieren.
Diagnostik und Therapie im Akutfall
Bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist schnelles Handeln entscheidend. Typische Symptome sind Lähmungserscheinungen, Verwirrtheit, Sehstörungen oder Schwierigkeiten beim Sprechen. In diesem Fall sollte sofort der Notruf 112 gewählt werden.
Ziel der Akuttherapie ist, die Versorgung betroffener Hirnregionen schnellstmöglich wiederherzustellen, um bleibende Schäden zu vermeiden. Bei einem ischämischen Schlaganfall kann eine Thrombolyse (medikamentöse Auflösung des Blutgerinnsels) oder eine Thrombektomie (mechanische Entfernung des Blutgerinnsels) durchgeführt werden. Bei einer Hirnblutung wird versucht, die Ausbreitung der Blutung zu bremsen und ggf. operiert.
Individuelle Risikobestimmung und genetische Beratung
Jeder Mensch hat ein individuelles Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Wenn Sie den Eindruck haben, dass einige der genannten Punkte auf Sie oder Ihre Familie zutreffen, können Sie nach Rücksprache mit Ihrem Arzt eventuelle genetische Ursachen bei einem Humangenetiker abklären lassen. Eine humangenetische Beratung kann Hinweise auf vererbbare Komponenten liefern und diagnostische Schritte in Erwägung ziehen.
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