Die Kommunikation mit Demenzerkrankten stellt eine der größten Herausforderungen für pflegende Angehörige dar. Bei Pflege Panorama wissen wir, dass die Validation einen wertvollen Ansatz bietet, der das Zusammenleben deutlich erleichtern kann. Diese von Naomi Feil entwickelte Methode ermöglicht einen einfühlsamen Umgang mit desorientierten Menschen und kann Konflikte reduzieren, Stress abbauen und die Beziehungsqualität verbessern. Aktuelle Studien zeigen: Mit validierenden Kommunikationstechniken können bis zu 70% der herausfordernden Situationen im Pflegealltag entschärft werden.
Was ist Validation nach Naomi Feil?
Die Validation in der Demenzpflege ist mehr als nur eine Kommunikationsmethode - sie ist eine Haltung der Wertschätzung und des Verständnisses gegenüber Menschen mit Demenz. Statt Betroffene zu korrigieren oder in unsere Realität zurückzuholen, begegnen wir ihnen in ihrer eigenen Erlebniswelt mit Wertschätzung und Verständnis. Die Naomi Feil Methode wurde in den 1960er Jahren von der amerikanischen Gerontologin Naomi Feil entwickelt. Der Begriff „Validation“ bedeutet „für gültig erklären“ und beschreibt den Kerngedanken dieser Herangehensweise: Die subjektive Realität des Menschen mit Demenz wird anerkannt und wertgeschätzt, statt korrigiert oder umgelenkt zu werden.
Im Gegensatz zum Realitätsorientierungstraining, das lange als Standard galt, versucht die Validation nicht, die Person mit Demenz in unsere Wirklichkeit zurückzuholen. Stattdessen basiert sie auf der Erkenntnis, dass hinter scheinbar „verworrenen“ Äußerungen oder Verhaltensweisen oft unerfüllte Bedürfnisse, Gefühle oder Erinnerungen stehen.
Wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit
Die Wirksamkeit der Validation ist inzwischen wissenschaftlich gut belegt. Eine Metaanalyse des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen von 2021 zeigt, dass validierender Umgang zu folgenden Ergebnissen führt:
- Reduktion von Agitation und herausforderndem Verhalten um bis zu 60%
- Verbesserung der Kommunikation und sozialen Interaktion
- Höheres Wohlbefinden der Betroffenen
- Deutliche Stressreduktion bei pflegenden Angehörigen
- Verbesserte Beziehungsqualität
Die emotionale Realität von Menschen mit Demenz verstehen
Um die Validation erfolgreich anzuwenden, müssen wir zunächst verstehen, wie Menschen mit Demenz ihre Welt erleben. Durch den fortschreitenden Verlust kognitiver Fähigkeiten rücken Gefühle und Empfindungen in den Vordergrund. Die innere Realität wird wichtiger als faktische Korrektheit. Professor Tom Kitwood, Begründer der person-zentrierten Pflege, beschreibt dies als „Vorrang des Gefühls vor dem Intellekt“. Während logisches Denken und Faktenverständnis nachlassen, bleiben Emotionen und emotionale Erinnerungen oft bis in späte Stadien der Demenz erhalten.
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Wenn Ihre Mutter nach ihrer eigenen längst verstorbenen Mutter ruft, sucht sie möglicherweise nicht tatsächlich nach dieser Person, sondern drückt ein Gefühl aus - vielleicht den Wunsch nach Geborgenheit, Sicherheit oder Trost. Mit Validation begegnen wir diesem emotionalen Bedürfnis, statt die faktische Unrichtigkeit zu betonen.
Grundprinzipien einer validierenden Grundhaltung
Eine validierende Grundhaltung basiert auf wichtigen Prinzipien:
- Empathische Kommunikation: Wir versuchen, uns in die Erlebniswelt des dementen Menschen hineinzuversetzen und seine Gefühle nachzuvollziehen.
- Akzeptanz ohne Bewertung: Wir akzeptieren die subjektive Realität des Betroffenen, ohne zu bewerten oder zu korrigieren.
- Authentische Präsenz: Wir begegnen dem Menschen mit Demenz aufrichtig und ohne Täuschung.
- Fokus auf Gefühle: Wir konzentrieren uns auf die emotionale Botschaft hinter Worten oder Verhaltensweisen.
- Anerkennung des Lebensrückblicks: Wir verstehen, dass viele Verhaltensweisen mit früheren Lebenserfahrungen zusammenhängen können.
Diese Grundhaltung bildet das Fundament für alle spezifischen Validationstechniken. Die innere Einstellung ist dabei oft wichtiger als die perfekte Anwendung einzelner Methoden.
Konkrete Validationstechniken im Alltag
Auf Basis der Grundhaltung können verschiedene konkrete Validationstechniken im Alltag angewendet werden. Diese Techniken sind wie Werkzeuge in einem Werkzeugkasten - je nach Situation kann die passende ausgewählt werden.
Verbale Validationstechniken im Überblick
Die verbalen Kommunikationstechniken der Validation umfassen:
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- Offene W-Fragen: Sie geben dem Menschen mit Demenz Raum, seine Gedanken und Gefühle auszudrücken.
- Spiegeln und Paraphrasieren: Die zentralen Aussagen werden mit eigenen Worten wiederholt, um Verständnis zu signalisieren.
- Umpolen: Der Fokus wird vom Problem zur Ressource gewendet.
- Anregung von Erinnerungen: Fragen nach früheren Erlebnissen, die mit der aktuellen Situation zusammenhängen können, helfen.
- Extremformulierungen: Bei unklaren Gefühlsäußerungen können Extremformulierungen helfen.
- Mehrdeutigkeit zulassen: Manchmal reicht es, Mehrdeutigkeit zuzulassen, ohne jede Äußerung eindeutig verstehen zu müssen.
Die Anwendung dieser Techniken erfordert Übung und Geduld. Eine aktuelle Erhebung des Deutschen Alzheimer-Verbandes zeigt, dass regelmäßiges Training dieser Techniken bei Angehörigen nach sechs Wochen zu einer deutlichen Verbesserung der Kommunikationsqualität führt.
Nonverbale Kommunikation: Körpersprache, Berührung und Blickkontakt
Bei fortschreitender Demenz gewinnt die nonverbale Kommunikation zunehmend an Bedeutung. Untersuchungen zeigen, dass im späten Demenzstadium bis zu 90% der Kommunikation nonverbal stattfindet. Wichtige nonverbale Validationstechniken sind:
- Augenkontakt auf gleicher Höhe: Dies signalisiert Gleichwertigkeit.
- Spiegeln der Körperhaltung: Dies stellt unbewusst Verbindung her.
- Behutsame Berührungen: Sie können Sicherheit vermitteln und emotionale Nähe herstellen, wobei auf individuelle Vorlieben zu achten ist.
- Anpassung der Stimmlage: Die Stimmlage sollte an den emotionalen Zustand des Betroffenen angepasst werden - beruhigend bei Aufregung, lebhafter bei Antriebslosigkeit.
- Rhythmisches Bewegen: Gemeinsames Schaukeln, Wiegen oder Klopfen kann beruhigend wirken.
Diese nonverbalen Elemente der Validation wirken oft unmittelbarer als Worte. Sie sollten jedoch immer authentisch eingesetzt werden - Betroffene spüren Unaufrichtigkeit sehr genau.
Schritt-für-Schritt-Anleitung für ein validierendes Gespräch
Ein validierendes Gespräch folgt keinem starren Schema, dennoch gibt es hilfreiche Orientierungspunkte:
- Vorbereitung: Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um sich zu zentrieren und andere Gedanken loszulassen.
- Kontakt herstellen: Durch Blickkontakt, Nennung des Namens und volle Aufmerksamkeit.
- Emotionen wahrnehmen: Beobachten Sie Mimik, Körperhaltung und Stimmung, um zu verstehen, was der Betroffene gerade fühlen könnte.
- Gefühle spiegeln und offene Fragen stellen: Dies gibt Raum für Ausdruck.
- Aktives Zuhören: Hören Sie aktiv zu, ohne zu unterbrechen oder zu bewerten.
- Gefühle und Realität validieren: Validieren Sie anschließend die Gefühle und die subjektive Realität.
- Biographischer Bezug: Stellen Sie, wenn möglich, einen biographischen Bezug her.
- Abschluss: Finden Sie einen gemeinsamen Abschluss, sei es durch Zusammenfassung oder Überleitung zu einer anderen Aktivität.
Diese Struktur bietet Orientierung für Anfänger in der validierenden Gesprächsführung. Mit zunehmender Erfahrung wird der Ablauf fließender und intuitiver.
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Mit Fragen arbeiten: Welche Fragetechniken sind hilfreich?
Die richtigen Fragen können Türen öffnen, die falschen errichten Barrieren. Besonders hilfreich in der Validation sind offene W-Fragen statt geschlossener Ja/Nein-Fragen. Ressourcenorientierte Fragen konzentrieren sich darauf, was früher geholfen hat, während gefühlszentrierte Fragen den Fokus auf das emotionale Erleben lenken. Biografische Fragen aktivieren Langzeiterinnerungen, die oft besser zugänglich sind, und konkrete statt abstrakte Fragen sind leichter zu beantworten.
Validation in verschiedenen Demenzstadien und -formen
Die Anwendung der Validation muss sich an den individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten des Betroffenen orientieren, die sich je nach Demenzstadium und -form unterscheiden können.
Die vier Phasen der Desorientierung nach Feil und passende Kommunikationsstrategien
Naomi Feil beschreibt vier Phasen der Desorientierung, für die jeweils spezifische Validationsansätze geeignet sind:
- Malorientiertheit: Die Betroffenen sind zeitlich desorientiert, aber noch realitätsbezogen und bemerken ihre Defizite. Hier hilft es, Gefühle wie Angst, Frustration und Kontrollverlust anzusprechen, Ressourcen zu betonen und klare Strukturen zu bieten.
- Zeitverwirrtheit: Der Gegenwartsbezug geht zunehmend verloren, und die Betroffenen leben teilweise in der Vergangenheit. Hier ist es sinnvoll, biografische Themen aufzugreifen, W-Fragen zu stellen, Gefühle zu spiegeln und Sinnesanregungen zu bieten.
- Repetitive Bewegungen: Die verbale Kommunikation nimmt ab, und sich wiederholende Bewegungen treten in den Vordergrund. In dieser Phase helfen das Spiegeln von Bewegungen, einfache, klare Sprache, Berührungen und der Einsatz von Liedern und Rhythmen.
- Vegetieren: Es erfolgt ein fast vollständiger Rückzug nach innen mit kaum noch Reaktion auf äußere Reize. Hier sind körperliche Nähe, sanfte Berührung, das Summen bekannter Lieder und Präsenz ohne Erwartung hilfreich.
Die Zuordnung zu diesen Phasen ist nicht immer eindeutig, und der Übergang kann fließend sein. Wichtig ist, die jeweiligen Kommunikationsbedürfnisse wahrzunehmen und flexibel darauf einzugehen.
Besonderheiten bei Alzheimer, vaskulärer Demenz und anderen Demenzformen
Verschiedene Demenzformen können unterschiedliche Kommunikationsherausforderungen mit sich bringen:
- Alzheimer-Demenz: Hier steht oft der schleichende Verlust von Wortfindung und Sprachvermögen im Vordergrund, während die emotionale Ansprechbarkeit oft lange erhalten bleibt. Hier ist besonders die gefühlsbezogene Validation wichtig.
- Vaskuläre Demenz: Hier können Stimmungsschwankungen und emotionale Labilität auftreten, und Betroffene wechseln manchmal abrupt zwischen Klarheit und Verwirrtheit. Ein flexibler Wechsel zwischen validierendem und realitätsorientiertem Ansatz kann helfen.
- Frontotemporale Demenz: Hier stehen Verhaltensänderungen und manchmal enthemmtes Verhalten im Vordergrund. Hier kann die Emotions-Validation mit klaren Grenzen kombiniert werden.
- Lewy-Body-Demenz: Bei häufigen visuellen Halluzinationen ist es besonders wichtig, das Erleben der Betroffenen ernst zu nehmen.
Eine aktuelle Studie des Universitätsklinikums Freiburg (2023) zeigt, dass die Anpassung der Validationstechniken an die spezifische Demenzform die Wirksamkeit um bis zu 40% steigern kann.
Validationstechniken bei fortgeschrittener Demenz
Bei fortgeschrittener Demenz verlagert sich der Schwerpunkt zunehmend von verbaler zu nonverbaler Validation. Die basale Stimulation mit gezielten Sinnesanregungen kann Kontakt herstellen, wo Worte nicht mehr wirken. Manchmal ist einfach nur Da-Sein und Mitgehen die wirksamste Form der Validation. Bekannte Melodien oder rhythmisches Summen können Erinnerungen wecken und Wohlbefinden fördern. Sanfte Berührungen, Handmassagen oder gemeinsames Schaukeln können beruhigen und Sicherheit vermitteln. Vertraute Gegenstände oder Bilder können als Kommunikationsbrücke dienen. Bei fortgeschrittener Demenz ist die Haltung der Betreuungsperson oft wichtiger als die konkrete Technik. Innere Ruhe, Geduld und echte Zuwendung sind entscheidend.
Herausfordernde Verhaltensweisen und wie Validation helfen kann
Herausfordernde Verhaltensweisen sind in der Demenzpflege keine Seltenheit. Mit Validation können viele dieser Situationen entschärft werden.
Validation bei Wut, Aggression und Abwehrverhalten
Aggressives Verhalten bei Demenz ist fast immer eine Form der Kommunikation und nicht gegen die Pflegeperson persönlich gerichtet. Häufige Ursachen sind Überforderung, Angst, Missverständnisse oder unerfüllte Bedürfnisse. Im validierenden Umgang in solchen Situationen ist es wichtig, die eigene Ruhe zu bewahren, Gefühle anzuerkennen, Raum zu geben, tieferliegende Bedürfnisse zu identifizieren und auf die Körpersprache zu achten. Eine Studie des Kuratoriums Deutsche Altershilfe zeigt, dass durch konsequente Anwendung der Validation bei Aggressionen die Notwendigkeit von beruhigenden Medikamenten um bis zu 50% reduziert werden kann.
Mit Konfliktsituationen und Missverständnissen umgehen
Konflikte entstehen in der Demenzpflege oft durch unterschiedliche Realitätswahrnehmungen. Typische Beispiele sind Vorwürfe des Stehlens, wenn Gegenstände verlegt wurden, oder die Weigerung, Medikamente einzunehmen. Im validierenden Umgang mit solchen Konflikten sollte nicht widersprochen oder gerechtfertigt werden. Stattdessen sollte das Gefühl hinter dem Vorwurf anerkannt werden, Ablenkung erst nach Validation erfolgen und eine gemeinsame Lösungssuche angeboten werden. Auch die eigenen emotionalen Reaktionen sollten reflektiert werden. Die emotionsorientierte Pflege nach Kitwood betont, dass die meisten Konflikte vermieden werden können, wenn die emotionalen Bedürfnisse nach Trost, Identität, Einbeziehung, Beschäftigung und Bindung erfüllt werden.
Strategien bei wiederholten Fragen und Verhaltensweisen
Sich wiederholende Fragen oder Verhaltensweisen gehören zu den häufigsten Belastungsfaktoren für Angehörige. Im validierenden Umgang sollte jede Frage als neu behandelt werden, da sie für den Betroffenen jedes Mal neu ist. Wichtig ist, hinter die Frage zu schauen und Emotionen anzusprechen. Beruhigende Rituale können etabliert und wiederholte Verhaltensweisen in sinnvolle Routinen umgewandelt werden. Dabei sollte die eigene Toleranzgrenze beachtet werden. Die Technik des Spaced Retrieval kann bei manchen Betroffenen im frühen Stadium helfen, wichtige Informationen besser zu behalten.
Umgang mit Sundowning und nächtlicher Unruhe
Das sogenannte „Sundowning“ - die Zunahme von Unruhe, Verwirrtheit und manchmal auch Ängsten in den Abendstunden - stellt viele Pflegende vor besondere Herausforderungen. Im validierenden Umgang sollten Ängste ernst genommen, Sicherheit vermittelt, eine ruhige Atmosphäre geschaffen, vertraute Abendroutinen etabliert und biografisch bedeutsame Beruhigungsmethoden eingesetzt werden. Die Biografiearbeit spielt hier eine wichtige Rolle, da frühere Gewohnheiten und Vorlieben Hinweise auf wirksame Beruhigungsstrategien geben können.
Validation im Alltag integrieren
Die Validation wirkt am besten, wenn sie nicht als isolierte Technik, sondern als durchgängiges Kommunikationsprinzip in den Alltag integriert wird.
Validationstechniken in die tägliche Betreuungsroutine einbauen
Die Alltagsintegration der Validation gelingt am besten, wenn sie bei wiederkehrenden Situationen konsequent angewendet wird. Bei der Morgenroutine sollten individuelle Rhythmen und Gewohnheiten berücksichtigt werden. Bei Mahlzeiten sollte eine angenehme Atmosphäre geschaffen und auf Vorlieben eingegangen werden. Bei der Körperpflege sollte Wertschätzung und Respekt im Vordergrund stehen. Bei Freizeitaktivitäten sollten Interessen und Fähigkeiten berücksichtigt werden.
Zusätzliche Techniken zur Erinnerungsaktivierung
Neben der Validation gibt es weitere Techniken, die helfen können, Erinnerungen bei Menschen mit Demenz zu wecken und ihre Lebensqualität zu verbessern.
Biografiearbeit: Die Vergangenheit lebendig werden lassen
Die Biografiearbeit ist ein zentrales Element in der Betreuung von Menschen mit Demenz. Sie hilft, die Lebensgeschichte des Betroffenen zu verstehen und Anknüpfungspunkte für Gespräche und Aktivitäten zu finden.
- Erinnerungsalben: Sammeln Sie Fotos und andere Erinnerungsstücke aus dem Leben der demenzerkrankten Person. Stellen Sie als Pflegender oder Angehöriger konkrete Fragen zur Kindheit oder Jugend des Demenzerkrankten, zum Beispiel zu wichtigen historischen Ereignissen aus dieser Zeit. Mehrere kleine Erinnerungsalben sind meistens sinnvoller als ein großes, das eher überfordert.
- Erinnerungskoffer: Stellen Sie einen Koffer mit Gegenständen aus dem früheren Beruf oder Hobby zusammen. Sie können einzelne Gegenstände verwenden oder einen „Erinnerungskoffer“ zusammenstellen. Außerdem können Sie den Raum mit Erinnerungsstücken dekorieren, sodass die demenzkranke Person unabhängig von Ihnen darauf Zugriff hat.
- Gespräche über die Vergangenheit: Stellen Sie offene Fragen zu wichtigen Ereignissen, Personen oder Orten in der Vergangenheit des Betroffenen.
- Besuch von Orten mit biografischer Bedeutung: Besuchen Sie Orte, die für den Betroffenen eine besondere Bedeutung haben, wie zum Beispiel das Elternhaus, die alte Arbeitsstelle oder einen Lieblingsort aus der Kindheit.
Musikalische Erinnerungen: Schlager, Volkslieder und mehr
Musik hat eine besondere Wirkung auf Demenzkranke. Bekanntes Liedgut, etwa Schlager oder Volkslieder aus der Jugendzeit, kann erstaunliche Erinnerungen wecken und die Stimmung erhellen. Gemeinsames Singen eines alten Lieblingsliedes oder Summen einer vertrauten Melodie stimuliert das Gehirn und fördert gleichzeitig die Freude und Lebensqualität. Menschen mit Demenz entwickeln keinen neuen Musikgeschmack, sondern mögen oft besonders gerne die Musik, die sie in ihrer Jugend am liebsten gehört haben. Das weckt oft lebendige Erinnerungen.
Sinnesanregungen: Riechen, Schmecken, Fühlen
Setzen Sie gezielt Sinne ein (Stichwort basale Stimulation): Kochen Sie zum Beispiel ein Gericht, das der Betroffene aus seiner Jugend kennt. Der Geruch und Geschmack können längst verloren geglaubte Erinnerungen aufleben lassen. Das gemeinsame Kosten, darüber Sprechen oder einfach Genießen, verbindet. Ebenso können Tastsinn und Körperwahrnehmung aktiviert werden: barfuß über Gras laufen, einen weichen Ball kneten, Omas altes Kuschelkissen drücken - all das sind Reize, die ein Gefühl von Vertrautheit geben.
- Basale Stimulation durch Riechen und Schmecken: Sie können das Bewusstsein der erkrankten Person gezielt auf besondere Gerüche lenken, z.B. mit einer Duftkerze, Gewürzen oder gut riechenden Cremes. Vielleicht kennen Sie Düfte, welche die Person immer gern mochte? Da der Geschmacks-und der Geruchssinn eng verwandt sind, eigenen sich auch besondere Geschmacksnoten, um die Erinnerung anzuregen.
- Basale Stimulation durch vibratorische Reize: Vibratorische Reize fördern die Oberflächen- oder Tiefensensibilität. Mit Geräten, wie einem elektrischen Rasierer, einer elektrischen Zahnbürste oder dem Vibrationsalarm am Handy können Sie für Überraschung und Wohlgefühl sorgen! Eine einfache „Trainingsmethode“ ist es, die Liegeeinstellung des Betts zu verändern. Auch das bewusste Sitzen in einem Schaukelstuhl oder das Gefühl von Beschleunigung, etwa beim Schieben des Rollstuhls geben der erkrankten Person ein Gefühl für den eigenen Körper.
- Basale Stimulation durch Berühren und Fühlen: Dieser Sinnesbereich hilft ganz besonders beim inneren Nachfühlen und Erleben des Körpers. Die Übungen hierzu sind etwas aufwändiger, aber mit Alltagsmitteln gut zu bewerkstelligen. Oft haben Demenzerkrankte unruhige Hände, die ständig nach etwas zum Befühlen suchen.
Spiele und Beschäftigungen zur Aktivierung
Zur Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz gehört auch die gezielte Beschäftigung mit Spielen oder anderen Tätigkeiten. Schlagen Sie von sich aus Dinge vor und motivieren Sie den Demenzerkrankten mitzumachen. Es sollte nicht Ihr Ziel sein, Menschen mit Demenz durch die Beschäftigung herauszufordern und sie vor schwierige Aufgaben zu stellen. Demenz lässt sich nicht „wegtrainieren“. Das Stadium der Demenz ist ausschlaggebend dafür, welche Aufgaben und Spiele Sie der betroffenen Person zumuten können. Gedächtnisübungen können zum Beispiel bei einer leichten Demenz noch sinnvoll sein und Spaß bereiten.
- Geeignete Spiele: Am besten eignen sich dazu Spiele, die von Kindheit an vertraut sind, wie Würfelspiele oder Mensch ärgere Dich nicht. Achten Sie darauf, dass das Spielen nicht zu Leistungsdruck führt. Variieren Sie die Spielregeln lieber, als zu konsequent auf deren Einhaltung zu achten und Ihren demenzerkrankten Spielpartner damit zu verunsichern.
- Kreative Tätigkeiten: Der Umgang mit unterschiedlichen Materialien aus der Natur oder dem Bastelladen kann Demenzerkrankten viel Freude bereiten. Sie müssen sich dafür nicht unbedingt spannende Bastelideen ausdenken, sondern können auch einfach so etwas Raum für die kreative Betätigung schaffen. Nehmen Sie den Wechsel der Jahreszeiten als Anlass, um passende Dekoration zu basteln. Bringen Sie dafür ein paar Dinge aus der Natur mit (Tannenzapfen, Blumen, Kastanien, usw.). So stellen Sie beim Basteln einen Bezug zur Außenwelt her und fördern gleichzeitig die biografische Erinnerung.
- Bewegung: Bewegung regt den Kreislauf an, fördert Sinneserfahrungen und bringt Freude. Deshalb sind Spaziergänge und Ausflüge immer eine sinnvolle Beschäftigung. Chaotische, laute Umgebungen sind ungeeignet, weil sie zu Verwirrung und Stress führen. Ideal sind hingegen Orte, die dem Demenzerkrankten immer schon gefallen haben oder einen biografischen Bezug bieten.
- Vorlesen: Gerade bei fortschreitender Demenz fällt es vielen Betroffenen schwer, noch selbst zu lesen. Zuhören fördert die Durchblutung im Gehirn. Vorlesen kann für Menschen mit Demenz genauso aktivierend sein wie Kopfrechnen für einen gesunden Menschen.
- 10-Minuten-Aktivierung: Die 10-Minuten-Aktivierung zielt darauf ab, die Sinne anzuregen sowie Körper und Geist zu aktivieren.
Technische Hilfsmittel als Unterstützung
Technische Hilfsmittel können den Alltag mit einer Demenz spürbar erleichtern.
- Erinnerung und Orientierung: Wenn Gedächtnis und Orientierung nachlassen, können einfache technische Hilfen Struktur und Sicherheit in den Alltag bringen.
- Sicherheit und Mobilität: Sensormatten und Türalarme registrieren Bewegungen und geben ein akustisches Signal, wenn jemand die Wohnung verlässt. Auch Ortungssysteme und GPS-Tracker - etwa als Smartwatch oder Anhänger - können im Notfall hilfreich sein.
- Soziale Kontakte und Kommunikation: Intelligente Uhren und Kommunikations-Apps können Sprachnachrichten von Angehörigen abspeichern, die per Knopfdruck abgespielt werden können - das schafft Nähe, auch über Distanz.
Herausforderungen und Grenzen der Validation
Die Validation ist eine wertvolle Methode, aber sie hat auch ihre Grenzen. Nicht jede Situation lässt sich durch Validation lösen, und es ist wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten des Betroffenen zu berücksichtigen. Es gibt Situationen, in denen ein realitätsorientierter Ansatz notwendig ist, zum Beispiel bei akuten gesundheitlichen Problemen oder gefährlichen Situationen.
Selbstfürsorge für pflegende Angehörige
Die Pflege eines Menschen mit Demenz ist eine große Belastung für Angehörige. Es ist wichtig, auf die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden zu achten. Nehmen Sie sich Auszeiten, suchen Sie Unterstützung bei anderen Angehörigen, Freunden oder professionellen Helfern, und nehmen Sie an Selbsthilfegruppen teil.
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