Europäischer Tag der Epilepsie: Informationen, Aufklärung und Perspektiven

Der Europäische Tag der Epilepsie, der jährlich am zweiten Montag im Februar stattfindet, rückt eine weit verbreitete neurologische Erkrankung in den Fokus: die Epilepsie. Ziel dieses Tages ist es, die Öffentlichkeit über Epilepsie zu informieren, Vorurteile abzubauen und die Lebenssituation von Menschen mit Epilepsie zu verbessern.

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Gehirns, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle sind Ausdruck einer vorübergehenden Funktionsstörung der Nervenzellen im Gehirn, bei der es zu einer übermäßigen und synchronen Entladung von Neuronen kommt. „Die Ursachen für eine Epilepsie sind sehr verschieden und vielfältig. Sie entstehen durch Hirnveränderungen, bei denen die elektrische Erregbarkeit erhöht ist“, erklärt Prof. Jörn Peter Sieb, Chefarzt der Neurologie am Hanseklinikum.

Vielfältige Ursachen und Erscheinungsformen

Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und reichen von genetischen Veranlagungen über Hirnschädigungen durch Unfälle, Entzündungen oder Tumoren bis hin zu Stoffwechselerkrankungen. In vielen Fällen bleibt die Ursache jedoch unklar.

Auch die Erscheinungsformen epileptischer Anfälle sind sehr unterschiedlich und hängen vom Ursprungsort der neuronalen Entladung im Gehirn ab. Sie können sich als kurze Bewusstseinsveränderungen, Zuckungen einzelner Muskeln oder ganzer Körperteile, Stürze oderGeneralisierte tonisch-klonische Anfälle äußern. Epileptische Anfälle können bei jedem Menschen anders aussehen und sind nicht immer mit Muskelzuckungen und -krämpfen verbunden. Eine Person kann z.B. nicht mehr ansprechbar sein, das Bewusstsein verlieren, umherwandern und verwirrt sein, komische Gefühle, Geschmäcke oder Gerüche empfinden.

Häufigkeit von Epilepsie

Epilepsie ist keine Seltenheit. "Jeder Zehnte erlebt bis zu seinem 80. Lebensjahr einmal einen epileptischen Anfall", sagt Prof. Sieb. Etwa ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland hat eine aktive Epilepsie. Sogenannte epileptische Anfälle treten bei rund 10 Prozent aller Menschen auf und bedeuten nicht gleichzeitig an Epilepsie erkrankt zu sein. Erst bei wiederholtem Auftreten der krampfartigen Zustände wird die Krankheit diagnostiziert. Das Risiko, an Epilepsie zu erkranken, liegt bei rund vier Prozent.

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Die Inzidenz von Epilepsien, also die jährliche Anzahl neuaufgetretener Fälle, liegt im Kindesalter etwa bei 60 von 100.000 Kindern. Im Erwachsenenalter sinkt diese leicht auf 30-50 auf 100.000 Einwohner, um dann im Alter über 60 Jahren auf rund 140 auf 100.000 anzusteigen. Bei Kindern sind generalisierte Anfallsereignisse häufiger, im höheren Alter fokale Krampfanfälle.

Diagnose von Epilepsie

Die Diagnose von Epilepsie basiert in erster Linie auf der Anamnese, also der Beschreibung der Anfälle durch den Betroffenen oder Zeugen. Ergänzend kommen neurologische Untersuchungen und technische Verfahren zum Einsatz.

Elektroenzephalographie (EEG)

Das EEG ist eine wichtige Methode zur Diagnose von Epilepsie. Mittels EEG sind die Mediziner in der Lage, die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen. Ein unauffälliges EEG schließe keineswegs epileptische Anfälle aus, macht der Chefarzt deutlich. Das Ergebnis der Messung sei aber immer nur eine Momentaufnahme. Mit einem EEG wird die diagnostische Trefferquote erhöht und kann während einer überwachten Nacht oder in einer Langzeitmessung über Tage stattfinden.

Bildgebung

Die Bildgebung vom Kopf mit dem MRT ist wichtig, um z. B. Einblutungen, Vernarbungen oder Entwicklungsstörungen zu sehen. Das hat einen bedeutenden Stellenwert erlangt.

Weitere Untersuchungen

Auch Laboruntersuchungen spielen eine große Rolle, z. B. die Suche nach Autoantikörpern oder Stoffwechselentgleisungen. In Zentren wie bei uns gibt es auch nuklearmedizinische Möglichkeiten.

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Behandlung von Epilepsie

Um die Anfälle bei Patient:innen zu verringern oder gänzlich einzuschränken, steht den Medizinern ein breites Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Lebensqualität eines Epileptikers hängt maßgeblich von seinen Anfällen ab.

Medikamentöse Therapie

Einerseits gibt es gut wirksame und verträgliche Epilepsie-Medikamente. Die Auswahl erfolgt dabei individuell auf die Bedürfnisse und Nebenerkrankungen der Betroffenen angepasst. Die Diagnose Epilepsie ändert das Leben: Medikamente müssen regelmäßig eingenommen werden.

Epilepsiechirurgie

Darüber hinaus ist bei einigen Patientinnen oder Patienten die Epilepsie-Chirurgie eine aussichtsreiche Option. Bei Epilepsie-Patienten, denen Medikamente nicht helfen können, ist oft eine Operation die einzige Hoffnung, bei der Chirurgen das Gewebe entfernen, das die epileptischen Anfälle verursacht. Aber eine Operation kann zu riskant sein, wenn das Anfallszentrum zu nah an wichtigen Hirngebieten liegt.

Rehabilitation

Oft geht die Diagnose Epilepsie und deren Folgen mit einer Minderbelastbarkeit und einer deutlichen Erschöpfung einher. Auch gibt es manchmal Probleme mit der Krankheitsverarbeitung. In der Rehabilitation kann man durch gezieltes und wohl dosiertes Training wieder zu Kräften kommen, sich erholen, wieder zur gewohnten Belastbarkeit kommen. Gesundheitsbildungsmaßnahmen während der Rehabilitation helfen durch Kenntnis und Wissen der Erkrankung den Schrecken zu nehmen und sich entsprechend Verhalten zu können. Während einer Rehamaßnahme kann natürlich begleitend die medikamentöse Einstellung, manchmal ist auch eine Kombination von Medikamenten erforderlich, verbessert werden, Verträglichkeit und Nebenwirkungen beobachtet und beherrscht werden. Therapeutische und Psychologische Begleitung hilft bei der Krankheitsverarbeitung. Die rehabilitative Expertise ist gut geeignet im Sinne einer medizinisch beruflichen Orientierung abzuklären, ob die gewohnte Erwerbstätigkeit weiter möglich ist oder eine andere Tätigkeit angestrebt werden sollte und die entsprechenden Maßnahmen hierzu einzuleiten, seien es Bildungs-, Quali-fizierungsmaßnahmen oder sonstige Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder auch am privaten gesellschaftlichen Leben.

Was können Laien bei einem Anfall tun?

„So ein Anfall ist eindrucksvoll und sicher auch beängstigend. Wichtig ist, Ruhe zu bewahren und den Patienten in Sicherheit zu bringen, die Bewegungen nicht zu unterdrücken, wenn möglich versuchen, den Betroffenen in die stabile Seitenlage zu legen. Niemals darf während dieses Anfalls etwas in den Mund gesteckt werden, auch keine Beißschiene. In der Regel sind die Anfälle selbst limitierend, also hören von allein auf. Am besten ist es, einen Notarzt zu rufen, gerade auch, wenn der Anfall länger andauert. Den Patienten zu schützen, ist das Wichtigste. Bevor der Notarzt gerufen wird, sollte der Betroffene vor Verletzungen geschützt werden. Das bedeutet, dass der Patient aus dem Gefahrenbereich gebracht wird und besonders sein Kopf geschützt wird“, informiert der Neurologe zur Ersten Hilfe bei einem Anfall. Die Atemwege seien zudem unbedingt freizuhalten, wobei Beißkeile der Vergangenheit angehören. Für die Patienten ist es im Nachgang hilfreich, wenn der Hilfeleistende auf die Uhr geschaut hat und eventuell das Handy zum Filmen herbeigezogen hat. So lasse sich die Länge des Anfalls und wertvolle Rückschlüsse für den behandelnden Arzt dokumentieren.

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Umgang mit der Diagnose Epilepsie

Das hängt sehr von der Ursache also der zugrundeliegenden Erkrankung des Gehirns ab. Wichtig ist Einholung fachärztlicher Beratung und das Wissen um Risiken und Gefahren im Zusammenhang mit der genauen Epilepsiediagnose, denn die Erkrankung ist sehr vielgestaltig. Auch der Ablauf einzelner Anfälle kann sehr unterschiedlich sein, bis hin zu Anfallsabläufen, die nicht sofort von jedem Laien als epileptische Anfälle erkannt werden. Auch Fachleuten gelingt das nicht immer. Ein einzelner Anfall ist aber in der Regel auch keine Katastrophe, wenn Verletzungen im Anfall vermieden werden. Wichtig ist die medikamentöse Therapie und konsequente Einnahme der verordneten Medikamente mit dem Ziel einer Anfallsfreiheit oder wenigstens Reduktion der Anfallsfrequenz. Es gibt auch „Notfallmedikamente“, die von Angehörigen oder Begleitpersonen im Falle eines Anfalls problemlos appliziert werden können, z.B. Tabletten, die sich bereits im Mund auflösen und nicht geschluckt werden müssen oder rektal applizierbare Zäpfchen.

Auswirkungen auf Alltag und Berufsleben

Es gibt wie schon gesagt, ein paar Risiken, die beachtet werden müssen, insbesondere bei Epilepsien, bei der Anfallsfreiheit medikamentös nicht erreicht werden konnte. Hier sollten bestimmte Verletzungsgefahren ausgeschlossen werden, also sollten Betroffene nicht an laufenden ungeschützten Maschinen oder auf Gerüsten, Dächer o.Ä. arbeiten. Ungünstig könnte sich auch Schichtarbeit auswirken, ein geregelter strukturierter möglichst gleichförmiger Tagesablauf mit geregeltem Nachschlaf kann sehr hilfreich sein.

Auch ist die Fahrtauglichkeit (also die Teilnahme am motorisierten Kraftverkehr) oft nicht gegeben. Es gelten hier anfallsfreie Zeiträume, bis unter Umständen die Fahrtauglichkeit auch trotz der Diagnose fachärztlich und verkehrsmedizinisch wieder attestiert werden kann. In jedem Fall ist eine solche fachliche Einschätzung oder verkehrsmedizinische Begutachtung notwendig.

Leben mit Epilepsie: Herausforderungen und Perspektiven

Die Diagnose Epilepsie kann das Leben der Betroffenen und ihrer Familien stark beeinflussen. Neben den medizinischen Aspekten spielen auch soziale und psychische Faktoren eine wichtige Rolle. Der VFK e.V. möchte diesen Gesundheitstag nutzen, um über die Erkrankung zu informieren und darauf aufmerksam zu machen, dass Kinder und Jugendliche mit Epilepsie häufig diskriminiert und in Schule und Ausbildung ungleich behandelt werden.

Soziale und rechtliche Fragen

Epilepsien werfen neben akuten medizinischen Fragen, aber auch soziale und rechtliche Fragen auf. Worauf muss ich bei der Ausbildung achten? Worauf muss ich im Berufsleben achten? Ist Bildschirmarbeit gefährlich? Was ist vor Flugreisen zu bedenken? Ist Alkohol grundsätzlich verboten? Deren Auswirkungen und Folgen wiegen teils schwerer als die Erkrankung selbst.

Forschung und Fortschritt

Es ist kein einzelnes Forschungsergebnis, welches mich zuletzt beeindruckt hat. Es ist die gesamte epileptologische Wissenschaft und Forschung, die mich immer wieder beeindruckt, denn immer wieder gibt es beispielsweise neue Medikamente, mit deren Hilfe manchmal auch langjährige Verläufe mit häufigen Anfällen, deutlich verbessert werden können oder gar Anfallsfreiheit erreicht werden kann. Daher sollte Patienten mit epileptischen Anfällen in regelmäßiger fachärztlicher Betreuung sein.

Der Tag der Epilepsie

Seit 1996 informieren wir mit diesem Aktionstag der Epilepsie-Selbsthilfe in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Öffentlichkeit über Epilepsie und setzen uns für unsere Interessen ein. Motto des Tages der Epilepsie 2025 ist: „Epilepsie - Heute“. Die bundesweite Zentralveranstaltung am 05. Oktober 2025 findet in Koblenz statt. Das Programm für die Zentralveranstaltung ist hier veröffentlicht. Die Vorbereitungen für den Tag der Epilepsie im Jahr 2026 laufen bereits. Dabei handelt es sich um das Jubiläum „30 Jahre Tag der Epilepsie“ und die Zentralveranstaltung soll in Berlin stattfinden. Bitte lassen Sie uns unbedingt wissen, wenn Sie eine Veranstaltung, einen Infostand oder ähnliches planen, damit wir dies in unserem Terminkalender und auf unseren Social-Media-Kanälen ankündigen können. Dankeschön! Wer eine Veranstaltung plant, kann von uns für das jeweilige Jahr ein kostenloses Aktionspaket mit Flyern, Plakaten sowie einem Entwurf für eine Presseerklärung erhalten. Wenden Sie sich dazu bitte an unsere Geschäftsstelle. Hier finden Journalistinnen und Journalisten Informationen zum Tag der Epilepsie.

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