Psychische Erkrankungen und ihre Folgen in verschiedenen Lebensbereichen nehmen stetig zu. Die Nachfrage nach psychiatrischer Diagnostik, Therapie und Versorgung steigt. Eine fundierte psychiatrisch-psychotherapeutische Ausbildung, idealerweise bis zur Facharztqualifikation, bietet vielfältige berufliche Perspektiven im stationären und ambulanten Bereich. Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Ärzte mit entsprechender Qualifikation sind gefragte Mitarbeiter in Akutkliniken, Rehabilitationseinrichtungen, Praxen und medizinischen Versorgungszentren.
Die Bedeutung von Psychiatrie und Psychotherapie
Die Psychiatrie ist eines der vielfältigsten Fächer der Medizin. Ihre Aufgabe ist es, den Menschen an der Schnittstelle zwischen psychischen und somatischen Prozessen in seinen biologischen, psychischen und sozialen Dispositionen wahrzunehmen und zu behandeln. Die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Gleichzeitig entwickelte sich die Psychiatrie zu einer Wissenschaft, die auf biologischen Grundlagen fußend moderne Diagnostik und Behandlungswege beschreiten konnte. Psychotherapeutische Behandlungsmethoden wurden weiterentwickelt und sind mittlerweile integrale Bestandteile eines Gesamtbehandlungsplans für einen Menschen mit psychischer Erkrankung.
Das biopsychosoziale Krankheitsmodell
Die Arbeit in der Psychiatrie basiert auf dem international anerkannten biopsychosozialen Krankheitsmodell von Gesundheit und Krankheit. Dieses Modell gibt dem Behandlungsteam die Aufgabe, bei der Behandlung die unterschiedlichen Ebenen gleichzeitig im Fokus zu behalten und in der multimodalen Therapie zu adressieren. Das Klinikteam besteht in allen Bereichen aus multiprofessionellen Mitarbeitern, denen evidenzbasierte Therapien und moderne Konzepte zur Verfügung stehen.
Der erkrankte Mensch steht gemeinsam mit seinen Zugehörigen im Fokus der Therapie. Auf der Basis einer therapeutischen Beziehung arbeitet das multiprofessionelle Team Hand in Hand gemeinsam mit dem erkrankten Menschen. Um diese Beziehung zu entwickeln, braucht das Team neben fachlicher Kompetenz, Empathie und Verständnis auf einer Grundlage partizipativer Entscheidungsfindung zusätzlich auch eine Beziehungsgestaltung, die es möglich macht, Symptome der Erkrankung zu erkennen und zu verstehen (z.B. komplexe Wahngedanken, Suizidgedanken, traumatisierende Erlebnisse).
Anforderungen an Therapeuten
Für die Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung ist neben einer ausgezeichneten psychiatrischen und psychotherapeutischen Ausbildung auch eine kontinuierliche Supervision der eigenen Arbeit und der Teamarbeit notwendig. Das zentrale Prinzip der psychiatrischen Behandlung in Deutschland ist die Wohnortnähe, die das sektorübergreifende Behandlungsprinzip auch möglich macht.
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Die Facharztausbildung für Psychiatrie und Psychotherapie
Die Facharztausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie dauert insgesamt 60 Monate. Ein wichtiger Teil der Facharztweiterbildung ist die Selbsterfahrung: Vorgeschrieben sind 150 Stunden Einzel- oder Gruppenselbsterfahrung und 35 Doppelstunden Balintgruppenarbeit oder interaktionsbezogene Fallarbeit.
Die Weiterbildungsordnung für den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sieht (neben der Weiterbildung im speziellen Neurologie-Teil) eine strukturierte Weiterbildung zu sowohl allgemein psychiatrischen wie auch zu speziell psychotherapeutischen Inhalten vor.
Inhalte der Weiterbildung
Die für die Facharztreife geforderten Kenntnisse und Fertigkeiten aus dem allgemeinen Psychiatrieteil der Weiterbildungsordnung werden an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Marburg einerseits im Rahmen der klinisch-praktischen Tätigkeit unter engmaschiger Supervision und Anleitung des jeweiligen Oberarztes, wie auch psychologischen Supervisoren sowie andererseits im Rahmen regelmäßig stattfindender theoretischer Seminare und Unterrichtsveranstaltungen vermittelt. Ein besonderes Augenmerk im Rahmen der kliniksinternen Facharztweiterbildung liegt auf der Vermittlung umfangreicher, praktischer Kenntnisse der Psychotherapie, sowie der klassischen Psychopathologie sowie der psychiatrischen Differentialdiagnostik und -therapie. Diese stellen das wichtigste Handwerkszeug des praktisch tätigen Psychiaters dar, neben der Pharmakologie.
Die Gestaltung der weiteren curriculären Fortbildungsveranstaltungen beinhaltet während des Semesters Vorträge im Rahmen des regelmäßig stattfindenden psychiatrisch-psychotherapeutischen Kolloquiums, in welchem Experten aus unterschiedlichsten klinisch-wissenschaftlichen Bereichen als externe Referenten zu Gast sind. Während der Semesterferien werden speziell die Themengebiete der psychiatrischen Pharmakotherapie, Psychotherapie, der psychiatrischen Diagnostik und der Sozialpsychiatrie in wöchentlichen Veranstaltungen vertieft. Hierbei finden sowohl Seminarveranstaltungen durch Dozenten aus unterschiedlichen Bereichen, wie auch Exkursionen zu regionalen sozialpsychiatrischen Einrichtungen (z. B. Sucht-und Drogenberatungsstellen, Wohnheime und Werkstätten für psychisch Kranke etc.) statt.
Die Weiterbildungsordnung sieht außerdem eine strukturierte Weiterbildung im speziellen Psychotherapieteil vor. Die fundierte theoretische und praktische Ausbildung in der ärztlichen Psychotherapie ist daher ein weiterer wesentlicher Schwerpunkt der Facharztweiterbildung an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Marburg. Diese Ausbildung wird in der Hauptsache durch die enge Kooperation der Klinik mit dem "Institut für Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin" e.V. (IVV; www.uni-marburg.de/ivv) an der Philipps-Universität Marburg gewährleistet. Das IVV ist ein staatlich anerkanntes Ausbildungsinstitut für Psychotherapie, anerkannt vom Hessischen Landesprüfungsamt für Heilberufe, von der Landesärztekammer Hessen und von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen.
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Die Weiterbildungsangebote für Ärzte umfassen dabei einerseits regelmäßig stattfindende Theoriekurse mit dem Schwerpunkt der Verhaltenstherapie. Zum anderen erfolgt auch die praktische Durchführung der für den Erwerb der Facharztbezeichnung erforderlichen Psychotherapiestunden in Form von ambulanten Ausbildungstherapien unter kontinuierlicher Supervision. Die Weiterbildungskandidaten führen die ambulanten Therapien nach entsprechendem Antragsverfahren bei den jeweiligen Krankenkassen durch und werden so direkt in die Gegebenheiten der ambulant-psychotherapeutischen Tätigkeit eingeführt. Der IVV-Weiterbildungsgang steht allen Assistenzärzten der Klinik offen und wird darüber hinaus auch von externen Weiterbildungskandidaten genutzt. Neben den allgemein verhaltenstherapeutischen Weiterbildungsangeboten finden in Kooperation mit dem IVV außerdem regelmäßige Sondercurricula statt, die der vertiefenden Weiterbildung in spezielleren Bereichen dienen. Der Transfer der so erworbenen Kenntnisse in die klinisch-praktische Tätigkeit wird außerdem durch Rotationen auf die verschiedenen Spezialstationen der Klinik gewährleistet.
Zusätzliche Qualifikationen
Neben dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie kann kliniksintern die Zusatzbezeichnung „Geriatrie“ erworben werden (24-monatige Weiterbildungsbefugnis).
Die Facharztausbildung für Neurologie
Wer eine Facharztausbildung Neurologie macht, befasst sich ausführlich mit den Erkrankungen des Nervensystems und der Muskulatur. Die Weiterbildungszeit in der Neurologie beträgt insgesamt 60 Monate, was einem Zeitraum von 5 Jahren entspricht. Diese wird bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs.
Inhalte der Weiterbildung
Folgende Inhalte sind in der Weiterbildung zum/-r Facharzt/-ärztin für Neurologie zu durchlaufen:
- Durchführung und Befunderstellung von neurootologischen Untersuchungen, z. B.
- Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung der Selbständigkeit und Minderung der Pflegebedürftigkeit sowie zur Sicherung von Geschäftsfähigkeit bzw.
- Grundlagen der Antikörperdiagnostik und Therapie anderer Autoimmunerkrankungen des Zentralnervensystems einschließlich ZNS-Manifestationen von systemischen Autoimmunerkrankungen, paraneoplastischer und autoimmuner Erkrankungen, z. B.
- Diagnostik und konservative Therapie traumatisch verursachter Nerven- und Nervenwurzelkompressionen bzw.
- Qualifizierte Entzugsbehandlung aller stoffgebundenen Süchte, z. B.
Das Ausbildungslogbuch
Das Ausbildungslogbuch ist ein verpflichtender Bestandteil im Rahmen der Facharztausbildung Neurologie. Das Logbuch enthält den strukturierten Weiterbildungsgang Neurologie und dient der Dokumentation der Inhalte und erworbenen Kenntnisse, die im Rahmen der Facharztausbildung vermittelt wurden. Seit 01.11.2020 haben die Landesärztekammern sukzessiv für alle neuen Ärzte/-innen eine digitale Version des Logbuchs eingeführt. Auch dieses eLogbuch ist verpflichtend. Ein Antrag auf Zulassung zur Facharztprüfung ohne ausgefülltes eLogbuch wird abgelehnt. Es erleichtert u.a.
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Berufliche Perspektiven
Fachärzte/-innen für Neurologie sind meist in Facharztpraxen oder in Kliniken tätig. Für das medizinische Fachgebiet Neurologie sind jederzeit zahlreiche Neurologie Stellenangebote zu finden, insbesondere zahlreiche Assistenzarzt Neurologie Stellenangebote.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Neurologie und Psychiatrie
Traditionell ist die Neurologie eng mit der Fachrichtung Psychiatrie und Psychotherapie verbunden - beide sind ursprünglich aus dem "Nervenarzt" hervorgegangen, seit 1950 sind beide Fächer aber voneinander getrennt. Übertragen auf IT-Systeme lässt sich das Zusammenspiel der beiden Disziplinen leicht erklären: Geht es bei der Neurologie eher um die "Hardware", steht bei der Psychiatrie die "Software" im Fokus. Heißt konkret: Während Neurologen sich um organische Störungen des Nervensystems kümmern, sind ihre Kollegen aus der Psychiatrie für die seelischen Vorgänge und Erkrankungen zuständig.
Berufliche Möglichkeiten nach der Facharztausbildung
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Facharztausbildung kann man sich entweder niederlassen oder angestellt in einem Klinikum arbeiten. Die klinische Tätigkeit ist in dieser Facharztgruppe beliebter.
Verdienstmöglichkeiten
Der Verdienst von angestellten Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie ist tariflich geregelt. Er beläuft sich, je nach Haus und Position, zwischen monatlich rund 4.500 Euro/brutto (erstes Jahr Assistenzarzt) und 10.000 Euro/brutto (Chefarzt mit einigen Jahren Berufserfahrung). Als niedergelassener Psychiater mit einer Einzelpraxis verdient man im Durchschnitt etwas mehr.
Niederlassung
Wer die Gründung einer psychiatrischen Praxis plant, muss erst prüfen, ob dies in der Zielregion überhaupt möglich ist. Nur wenn die Versorgungsquote unter 110 Prozent liegt (in der Karte grau gefärbte Bereiche) kann eine neue Praxis aufgemacht werden. In den dunkelgrün gefärbten Kreisregionen ist nur die Übernahme einer bereits bestehenden Praxis möglich.
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