Fahrerlaubnis bei Epilepsie: Bestimmungen und Beurteilung der Fahrtauglichkeit

Die Frage der Fahrtauglichkeit bei Epilepsie stellt Ärzte verschiedener Fachrichtungen vor komplexe Herausforderungen. Die Entscheidung, ob ein Patient mit Epilepsie ein Kraftfahrzeug führen darf, erfordert eine sorgfältige Abwägung verschiedener Faktoren, um die Sicherheit des Betroffenen und anderer Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.

Epidemiologie und Hintergrund

Die Prävalenz einer manifesten Epilepsie liegt laut dem Informationszentrum der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie bei 0,5 bis 1 % der Bevölkerung. Geschätzt wird, dass etwa 5 % der Bevölkerung mindestens einmal im Leben einen epileptischen Anfall erleiden, ohne jedoch eine Epilepsie zu entwickeln. In etwa 50 % der Fälle beginnt die Epilepsie vor dem 10. und in zwei Dritteln der Fälle vor dem 20. Lebensjahr. Ein weiterer Erkrankungsgipfel wird bei älteren Menschen über 75 Jahren beobachtet. Bei optimaler Therapie kann in bis zu 70 % der Fälle eine Remission erreicht werden, wobei die kognitive Entwicklung meist normal verläuft.

Rechtliche Grundlagen und Richtlinien

Empfehlungen und Regelungen für den Einsatz von Epilepsiekranken im Straßenverkehr und im Erwerbsleben finden sich in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV), die Teil des Verkehrsrechts und somit rechtsverbindlich ist. Zusätzlich geben die berufsgenossenschaftlichen Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen eine Anleitung zur Feststellung der Eignung zum beruflichen Führen eines Kraftfahrzeugs. Diese Grundsätze repräsentieren den aktuellen Stand der arbeitsmedizinischen Erkenntnisse und sollen die Vorgehensweise bei der Untersuchung vereinheitlichen.

Seit dem Inkrafttreten der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge am 24. Dezember 2008 zählt die Untersuchung nach G25 (Fahr-, Steuer-, Überwachungstätigkeiten) nicht mehr zur arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung, sondern wird als Tauglichkeits- bzw. Eignungstest betrachtet. Die Examination für eine innerbetriebliche Fahrtätigkeit kann rechtlich verbindlich durch die Betriebssicherheitsverordnung werden. Bei einer möglichen Gefährdung Dritter empfiehlt es sich aus Sicht des Arbeitgebers, eine regelmäßige Eignungsprüfung als Voraussetzung der Tätigkeit arbeitsvertraglich festzulegen.

Ärztliche Beurteilung und Schweigepflicht

Die im berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G25 genannten Gesundheitsstörungen sind meist nicht mit der sicheren Durchführung dieser Tätigkeiten zu vereinbaren und begründen in der Regel gesundheitliche Bedenken. Da diese Gesundheitsstörungen bei einer orientierenden körperlichen Untersuchung zum Teil leicht übersehen werden können, muss im Rahmen der Untersuchung nach G25 gezielt und sorgfältig danach gefahndet werden.

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Grundsätzlich kann eine Epilepsie die Tauglichkeit eines Arbeitnehmers für bestimmte Tätigkeiten in Frage stellen. Das Verschweigen einer solchen Erkrankung kann zur Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung und in der Folge zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages führen, wenn durch wiederholte Anfälle eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit attestiert würde, die gleichzeitig auch eine Untauglichkeit für die beabsichtigte Tätigkeit begründet.

Im speziellen Fall einer Fahr-, Steuer- oder Überwachungstätigkeit steht neben der Gefährdung der eigenen Person die Störung der Betriebssicherheit, insbesondere die Gefährdung Dritter, im Vordergrund. Der behandelnde Arzt befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen ärztlicher Schweigepflicht und Abwägung der Rechtsgüter. Hierbei obliegt ihm zunächst die Entscheidung, welches Rechtsgut höher einzustufen ist. Erst danach kann eine Aussage über die Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht oder die Notwendigkeit, diese zu brechen, getroffen werden.

Falldarstellung und Problematik

Ein Fallbeispiel verdeutlicht die Problematik: Ein 50-jähriger Baggerfahrer mit seit dem 2. Lebensjahr bestehender symptomatischer Epilepsie erlitt trotz medikamentöser Therapie (Carbamazepin) weiterhin komplex-fokale Anfälle, teilweise mit Bewusstseinsverlust. Die zuvor vorhandenen Auren, die ihm ermöglichten, den Bagger rechtzeitig zu stoppen, traten immer seltener auf, was zu einem Unfall ohne Personenschaden führte.

Der Patient hatte seine Erkrankung bei Einstellungsuntersuchungen und arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen verschwiegen, um seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Auch der behandelnde Hausarzt hatte ihn nicht auf die bestehende Fahruntauglichkeit hingewiesen. Der Patient befand sich aufgrund der progredienten Symptomatik und der Angst vor Arbeitsplatzverlust in einer suizidalen Krise.

Untersuchungsergebnisse und Diagnose

Die neurologische Untersuchung ergab im Magnetresonanztomogramm des Schädels einen Marklagerdefekt links temporal mit geringer perifokaler Gliose, was dem bildmorphologischen Korrelat eines Defektes nach stattgehabter Blutung entsprechen könnte. Zudem fanden sich zwei kleine Gliosezonen in unmittelbarer Nähe zur Inselrinde links, die als epileptogene Herde zu diskutieren sind.

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Im Elektroenzephalogramm (EEG) zeigten sich unter Provokation mittels Hyperventilation hochgespannte und steile Wellen mit einer Frequenz von 4 bis 7 Hz sowie Spike-Wave-Komplexe links temporal, die eindeutig epileptisch zu werten sind. Während der Ableitung wurde ein epileptischer Anfall mit Bewusstseinsverlust beobachtet.

Gesetzliche Grundlagen und Richtlinien im Detail

Um einen Überblick über die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die bestehenden Richtlinien zu erhalten, ist es wichtig, die Fahrerlaubnisklassen und die Einteilung der Epilepsieformen bzw. deren symptomatische Ausprägung und Häufigkeit zu kennen.

Für die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung werden die Fahrerlaubnisklassen entsprechend des Anhangs III der EG-Richtlinie und der Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) in zwei Gruppen eingeteilt:

  • Gruppe 1: Führer von Fahrzeugen der Klassen A, A1, B, BE, M, L und T (PKW-, Motorrad-, Sonderklassen)
  • Gruppe 2: Führer von Fahrzeugen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (LKW- und Busklassen)

Baumaschinen, wie z. B. ein Bagger, die bauartbedingt mehr als 25 km/h bzw. 40 km/h schnell fahren können, gehören zur Fahrerlaubnisklasse L bzw. T und somit zur Gruppe 1.

In den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung heißt es: "Wer epileptische Anfälle oder andere anfallsartige Bewusstseinsstörungen hat, ist in der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden, solange ein wesentliches Risiko für Anfallsrezidive besteht." Der Begriff des "wesentlichen Risikos" wird dabei nicht näher definiert, sondern unter anderem auf das anfallsfreie Intervall bezogen.

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Allgemein gilt:

  • Eine Fahreignung kann attestiert werden, wenn Anfallsfreiheit besteht für die Fahrzeugklassen der Gruppe 1 nach 12 bis 24 Monaten ohne Rezidiv auch unter entsprechender medikamentöser Therapie.
  • Für die Fahrzeugklassen der Gruppe 2 bleibt die Eignung ausgeschlossen. Als Ausnahme gilt ein anfallsfreies Intervall von fünf Jahren ohne medikamentöse Therapie.

Spezifische Regelungen und Anfallsfreiheit

In der 6. Auflage (2000) der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung wird bezüglich der Anfallsfreiheit bzw. -häufigkeit unterschieden. Die Empfehlungen zur Annahme einer bestehenden Fahrtauglichkeit bzw. zur Festlegung einer anfallsfreien Frist, nach der wieder Fahrtauglichkeit angenommen werden kann, richten sich nach diesen Leitlinien.

Bei einmaligen Anfällen und Gelegenheitsanfällen ist von keinem wesentlichen Risiko eines Rezidivs auszugehen, wenn es keinen Anhalt für den Beginn einer idiopathischen oder symptomatischen Epilepsie in der weiteren Diagnostik gibt oder keine provozierenden Bedingungen wie Schlafmangel, Alkoholkonsum oder Stoffwechselstörungen mehr gegeben sind. Die Fahreignung wird in diesen Fällen nach einem anfallsfreien Intervall von 3 bis 6 Monaten angenommen. Wird eine antikonvulsive Medikation ausgeschlichen, muss man während der Phase des Absetzens sowie in den folgenden drei Monaten wegen erhöhter Rezidivgefahr vom Führen eines Kraftfahrzeugs abraten.

Neu ist in dieser Übersicht auch, dass ein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven dann nicht mehr als gegeben gilt, wenn ein medikamentös behandelter Betroffener ein Jahr anfallsfrei oder bei langjährigen therapieresistenten Epilepsien zwei Jahre anfallsfrei ist. Bis dato galt für diese Personengruppe stets eine Frist von zwei Jahren.

Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung

In der Anlage 4 (zu §§ 11, 13 und 14) der Fahrerlaubnisverordnung werden die Bewertungen der Eignung und bedingten Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bei einigen Erkrankungen dargestellt. Hier wird unter 6.6 bei einem Anfallsleiden eine Eignung/bedingte Eignung für die Fahrerlaubnis der Klassen L und T ausnahmsweise angenommen, wenn kein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven mehr besteht (zum Beispiel zwei Jahre anfallsfrei). Diese Bewertung gilt jedoch nur für die Fahrerlaubnis bestimmter Fahrzeugklassen (Gruppe 1), unter die auch in der Regel das Führen eines Baggers fällt. Die Eignung zum Führen eines LKW oder zur Fahrgastbeförderung (Gruppe 2) hingegen wird bei einem Anfallsleiden (mehr als ein Anfall) verneint. Sie kann ausnahmsweise dann angenommen werden, wenn eine Anfallsfreiheit ohne Therapie seit fünf Jahren besteht. Hier ist eine Zusatzbegutachtung durch einen „nach § 65 FeV verkehrsmedizinisch qualifizierten“ Arzt dringend empfehlenswert.

Die Unfallhäufigkeit Epilepsiekranker ist statistisch gesehen nicht höher als die der Durchschnittsbevölkerung.

Vorgehen im konkreten Fallbeispiel

Da bei dem Patienten trotz antikonvulsiver Therapie an mehreren Tagen im Monat epileptische Anfälle mit Bewusstseinsverlust auftraten, war hier von der Nicht-Eignung im Sinne der Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung auszugehen. Auch andere Kombinationstherapien waren bereits erfolglos geblieben und eine epilepsie-chirurgische Intervention war nicht möglich, sodass sich keine Therapieoptimierung ergab.

Eine Teilnahme des Patienten am Straßenverkehr war mit einer erheblichen Selbstgefährdung und einer Fremdgefährdung verbunden, daher musste dem Patienten die Fahrerlaubnis entzogen werden. Auch die Tatsache, dass der Patient seit Jahrzehnten unfallfrei am Straßenverkehr teilgenommen und auch den Bagger unfallfrei geführt hatte, entband den behandelnden Arzt nicht davon, die Rechtsgüter abzuwägen.

Aktuelle Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung (2022)

Die "Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung gültig für Epilepsie seit dem Jahre 2022" dienen als Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit von Menschen mit epileptischen Anfällen und Epilepsien. Es handelt sich um Empfehlungen, die in der Praxis jedoch einen nahezu verbindlichen Charakter haben.

Grundsätzliche Feststellung: Wer an epileptischen Anfällen leidet, ist nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden, solange ein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven besteht. Dies gilt auch für andere anfallsartig auftretende Störungen mit akuter Beeinträchtigung des Bewusstseins, der Motorik oder anderer handlungsrelevanter Funktionen, wie z.B. für Synkopen (Kreislaufkollaps) oder psychogene Anfälle. Assoziierte körperliche oder psychische Störungen müssen berücksichtigt werden. Besteht eine antiepileptische Medikation, so darf die Fahrtüchtigkeit hierdurch nicht herabgesetzt werden.

Bei Fahrerlaubnis Inhabern beider Gruppen (s.u.) sind fachneurologische Untersuchungen sowie fachneurologische Kontrolluntersuchungen in zunächst jährlichen Abständen erforderlich. Im Verlauf der Erkrankung (etwa bei einer langjährigen Anfallsfreiheit) kann das Intervall zwischen den Untersuchungen verlängert werden.

Führerscheingruppen und Regelungen

Es wird zwischen 2 Führerscheingruppen unterschieden:

  • Führerscheingruppe 1: Beinhaltet im Wesentlichen Motorräder und PKW (Klassen A und B).
  • Führerscheingruppe 2: Beinhaltet Lastkraftwagen und Fahrgastbeförderung (Klassen C und D) sowie die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung.

Regelungen in der Führerscheingruppe 1

  • Erstmaliger Anfall: Nach einem unprovozierten, erstmaligen Anfall kann die Kraftfahreignung nach einer anfallsfrei gebliebenen Beobachtungszeit von 6 Monaten wieder bejaht werden, wenn die fachneurologische Abklärung (inkl. EEG und Bildgebung) keine Hinweise auf ein grundsätzlich erhöhtes Anfallsrisiko im Sinne einer beginnenden Epilepsie ergeben hat.

  • Provozierter Anfall: Sofern der Anfall an eine plausible anfallsauslösende Bedingung, wie z.B. ausgeprägter Schlafentzug oder akute Erkrankungen geknüpft war und wenn diese Bedingungen nicht mehr gegeben sind, kann die Kraftfahreignung nach einer anfallsfrei gebliebenen Beobachtungszeit von 3 Monaten wieder bejaht werden. Die minimal 3-monatige Anfallsfreiheit gilt auch bei epileptischen Anfällen, die in der 1. Woche nach einem Schädelhirntrauma oder einem neurochirurgischen Eingriff - jeweils ohne Hinweis auf eine strukturelle Hirnschädigung - aufgetreten waren. Bei provozierten Anfällen im Rahmen eines schädlichen Gebrauchs oder eine Abhängigkeit von psychotropen Substanzen ist eine zusätzliche Begutachtung durch die Psychiatrie erforderlich.

  • Epilepsien: Wird die Diagnose einer Epilepsie gestellt (d.h. nach wiederholten Anfällen) ist eine mindestens 1-jährige Anfallsfreiheit die Voraussetzung für das Erlangen der Kraftfahreignung. Das EEG muss dabei nicht zwangsläufig frei von Epilepsie-typischen Potenzialen sein. Bei einjähriger Anfallsfreiheit nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff sind darüber hinaus mögliche operationsbedingte, fahrrelevante Funktionsstörungen zu beachten.

  • Anfälle ausschließlich an den Schlaf gebunden: Eine Fahreignung ist gegeben, wenn ausschließlich an den Schlaf gebundene Anfälle auftreten. Hierfür ist eine mindestens 3-jährige Beobachtungszeit erforderlich.

  • Einfach-fokale Anfälle ohne Bewusstseinsstörung: Die Fahreignung ist auch gegeben, wenn ausschließlich einfach-fokale Anfälle auftreten, die ohne Bewusstseinsstörung und nicht mit motorischer, sensorischer oder kognitiver Behinderung für das Führen eines Kraftfahrzeug einhergehen. Hierzu ist eine mindestens einjährige Beobachtungszeit notwendig. Die Angaben müssen durch Fremdbeobachtung gesichert sein und dürfen sich nicht allein auf die Angaben des Patienten stützen.

  • Anfallswiederkehr bei bestehender Fahreignung: Kommt es nach langjähriger Anfallsfreiheit zu einem "sporadischen" Anfall (oder mehreren Anfällen innerhalb von 24 h) so kann die Kraftfahreignung schon nach einer Fahrpause von 6 Monaten wieder bejaht werden. Hierzu muss eine fachneurologische Abklärung erfolgen, die keine Aspekte ergibt, die ein erhöhtes Rezidivrisiko bedingen würden. Lassen sich in dieser Situation relevante Provokationsfaktoren eruieren, die in Zukunft vermieden werden können, so kann die Fahrpause auf 3 Monate verkürzt werden.

  • Beendigung der antiepileptischen Therapie: Bei schrittweiser Beendigung einer antiepileptischen Therapie bei Menschen, die fahrgeeignet sind, ist die Fahreignung für die Dauer der Reduzierung des letzten Medikamentes sowie für die ersten 3 Monate ohne medikamentöse Therapie nicht gegeben. Ausnahmen sind in gut begründeten Fällen möglich (z.B. insgesamt weniger Anfälle, Epilepsie-Syndrom mit niedrigem Rezidivrisiko, erfolgreiche epilepsiechirurgische Behandlung).

Regelungen in der Führerscheingruppe 2

Für eine Fahrerlaubnis der Gruppe 2 bestehen strengere Bestimmungen als für Fahrerlaubnis der Führerscheingruppe 1. Dies wird mit dem höheren Risiko anfallsbedingter Unfälle (längere Lenkzeiten) sowie der möglichen grösseren Unfallschwere (beispielsweise nach einem Lastwagen- oder Busunfall) begründet. Generell gilt, dass die Fahreignung für die Gruppe 2 nur dann erteilt werden darf, wenn der Betroffene keine Antiepileptika einnimmt.

  • Erstmaliger Anfall: Nach einem unprovozierten erstmaligen Anfall kann die Fahreignung nach einer anfallsfrei gebliebenen Beobachtungszeit von 2 Jahren wieder bejaht werden, wenn die fachneurologische Abklärung (inkl. EEG und Bildgebung) keine Hinweise auf ein grundsätzlich erhöhtes Anfallsrisiko im Sinne einer beginnenden Epilepsie ergeben hat.

  • Provozierter Anfall: Sofern der Anfall an eine plausible Anfalls-auslösende Bedingung, wie z.B. ausgeprägten Schlafentzug oder akute Erkrankungen geknüpft war und wenn diese Bedingungen nicht mehr gegeben sind, kann die Kraftfahreignung nach einer anfallsfrei gebliebenen Beobachtungszeit von 6 Monaten wieder bejaht werden. Die minimale 6-monatige Anfallsfreiheit gilt auch bei epileptischen Anfällen, die in der 1. Woche nach einem Schädelhirntrauma oder einem neurochirurgischen Eingriff - jeweils ohne Hinweise auf eine morphologische Hirnschädigung - aufgetreten sind. Bei provozierten Anfällen im Rahmen eines schädlichen Gebrauchs oder eine Abhängigkeit von psychotropen Substanzen ist eine zusätzliche Begutachtung durch die zuständigen Fachärzte (Psychologen und Psychiater) erforderlich.

  • Epilepsien: Wird die Diagnose einer Epilepsie gestellt (d.h. nach wiederholten Anfällen oder Hinweisen auf eine erhöhtes Wiederholungsrisiko nach einem 1. Anfall) bleibt die Kraftfahrereignung dauerhaft ausgeschlossen. Als Ausnahme gilt eine 5-jährige Anfallsfreiheit ohne antiepileptische Behandlung. Um dies zu beurteilen bedarf es einer fachneurologischen Untersuchung.

Eigenverantwortung und ärztliche Pflichten

Anonyme Befragungen haben gezeigt, dass bis zu 30% aller Epilepsie-Patienten ein Fahrzeug führen, obwohl sie auf die nicht vorhandene Fahrerlaubnis hingewiesen wurden. Ob Anfälle weiter auftreten und wenn ja in welcher Häufigkeit und Form ist durch den behandelnden Arzt nicht kontrollierbar. Er muss sich vollständig auf die Angaben des Patienten und seiner Angehörigen verlassen können. Verlässlichkeit und ein hohes Maß an Eigenverantwortung sind somit Voraussetzung für eine ärztliche Beratung.

Für den Arzt besteht ein Melderecht, aber keine Meldepflicht. Er versteht sich grundsätzlich als Anwalt der Interessen des Patienten. Lediglich für den Fall, dass ein höheres Rechtsgut bedroht wird, wird er Meldung über das Fahrverhalten machen müssen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn er erfährt, dass ein Busfahrer oder LKW-Fahrer trotz mehrerer Anfälle weiterhin seiner Arbeit nachgeht und einen Bus oder LKW fährt.

Der behandelnde Arzt sollte seine Patienten entsprechend der Begutachtungsleitlinien beraten und dies in der Akte dokumentieren. Ist die Fahrtauglichkeit nicht gegeben, so muss er dies dem Patienten in klarer und eindeutiger Weise gegenüber äußern. Eine Patientenunterschrift über die erfolgte Aufklärung ist nicht notwendig. Grundsätzlich besteht ärztliche Schweigepflicht. Wie oben erwähnt, besteht keine Meldepflicht gegenüber den Straßenverkehrsbehörden.

Neuerwerb des Führerscheins

Die Frage nach dem Vorliegen einer Epilepsie oder einer anders gearteten chronischen Krankheit auf dem Antragsformular der Straßenverkehrsbehörde sollte bejaht werden. Zu früheren Zeitpunkten stattgehabte provozierte Anfälle brauchen nicht angegeben werden. Möglicherweise genügt ein Attest des zuvor behandelnden Neurologen. Die Straßenverkehrsbehörde entscheidet darüber, ob ein Fahrtauglichkeitsgutachten notwendig ist.

Seit dem 01.01.1999 werden Fahrtauglichkeitsgutachten durch entsprechend vorgebildete Ärzte angefertigt. Hierfür zugelassen sind Ärzte mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (zumeist Neurologen oder Psychiater), Ärzte des Gesundheitsamtes, Ärzte der öffentlichen Verwaltung oder Ärzte mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“. Die Straßenverkehrsbehörden führen Listen mit Ärzten, die die Zusatzqualifikation Verkehrsmedizin erworben haben.

Verkehrssicherheit und Strafrechtliche Konsequenzen

Wer trotz fehlender Fahreignung ein Kraftfahrzeug führt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Kommt es zu einem Unfall, können strafrechtliche Konsequenzen drohen, beispielsweise wegen Gefährdung des Straßenverkehrs oder Körperverletzung. Das Führen eines Fahrzeugs unter dem bekannten Risiko eines epileptischen Anfalls gilt als grob fahrlässig und kann mit Freiheitsstrafen geahndet werden.

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