Fehlbildungen des Gehirns: Ursachen, Arten und Behandlungsmöglichkeiten

Einführung

Fehlbildungen des Gehirns sind eine komplexe Gruppe von Erkrankungen, die während der pränatalen Entwicklung entstehen und zu einer Vielzahl von neurologischen Beeinträchtigungen führen können. Schätzungen zufolge gibt es weltweit rund 8.000 seltene Erkrankungen, von denen einige das Gehirn betreffen und zu Fehlbildungen führen können. Diese Anomalien entstehen im Rahmen der kortikalen Entwicklung durch Störungen bei der Bildung, Migration und der Verknüpfung von Neuronen.

Ursachen von Fehlbildungen des Gehirns

Die Ursachen für Fehlbildungen des Gehirns können vielfältig sein und umfassen genetische Faktoren, Infektionen während der Schwangerschaft, den Einfluss von Medikamenten, Alkohol oder Drogen sowie traumatische Ereignisse. In einigen Fällen kann jedoch keine eindeutige Ursache festgestellt werden.

Genetische Faktoren

Genmutationen spielen eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Fehlbildungen des Gehirns. Einige genetische Erkrankungen, die mit Hirnfehlbildungen in Verbindung gebracht werden, sind:

  • Roberts-Syndrom: Eine sehr seltene genetische Erkrankung, die durch Mutationen im ESCO2-Gen verursacht wird. Sie führt zu schweren Wachstumsstörungen, Fehlbildungen der Gliedmaßen, Gesichtsauffälligkeiten und teilweise inneren Organanomalien.
  • Treacher-Collins-Syndrom: Eine seltene genetische Erkrankung, die das Gesicht und den Schädelknochen betrifft und zu charakteristischen Gesichtszügen führt.
  • Van-der-Woude-Syndrom: Eine seltene genetische Störung, die Fehlbildungen im Gesicht verursacht.
  • MEN (Multiple Endokrine Neoplasie): Eine seltene, erblich bedingte Erkrankung, bei der es durch Genveränderungen zur Bildung mehrerer Tumoren in hormonbildenden Drüsen kommt.

Infektionen während der Schwangerschaft

Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft können das sich entwickelnde Gehirn des Fötus schädigen und zu Fehlbildungen führen. Zu den Infektionen, die mit Hirnfehlbildungen in Verbindung gebracht werden, gehören:

  • Röteln
  • Windpocken
  • Toxoplasmose
  • Zytomegalievirus
  • Zika-Virusinfektion

Einfluss von Medikamenten, Alkohol und Drogen

Der Konsum von bestimmten Medikamenten, Alkohol oder Drogen während der Schwangerschaft kann das Risiko für Hirnfehlbildungen beim Fötus erhöhen.

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Traumatische Ereignisse

Schütteltraumata und schwere Kopfverletzungen nach der Geburt können ebenfalls zu einer Schädigung des Gehirns führen und Fehlbildungen verursachen.

Arten von Fehlbildungen des Gehirns

Es gibt verschiedene Arten von Fehlbildungen des Gehirns, die sich in ihrer Ausprägung und den betroffenen Hirnarealen unterscheiden. Zu den häufigsten Arten gehören:

Infantile Zerebralparese (ICP)

Die infantile Zerebralparese (ICD Code: G80.-) beschreibt eine Schädigung des Gehirns im Mutterleib oder bis zum Säuglingsalter (< 2 Jahre), die mit bleibenden Einschränkungen einhergeht. Sie bezeichnet also eine nicht-fortschreitende Entwicklungsstörung im unreifen, sich entwickelnden Gehirn und ist die Hauptursache für Behinderungen im Kindesalter. Die ICP betrifft ca. 2 von 1000 Neugeborenen. Frühgeborene Kinder und jene mit einem niedrigen Geburtsgewicht sind dabei häufiger betroffen.

Je nachdem, welche Gehirnareale betroffen sind, kann dies die Bewegungs- und Sprachfähigkeit sowie das Gehör, das Sehen und das Denken beeinflussen. Die Zerebralparese besteht ein Leben lang, verschlimmert sich jedoch nicht mit der Zeit.

Symptome der infantilen Zerebralparese

Die Symptome der infantilen Zerebralparese sind vielseitig und abhängig von Ort, Ausmaß und Ursache der Schädigung im Gehirn. Die Hauptsymptome sind eine spastische Lähmung (Parese), Athetose (übermäßige Bewegungen) und/oder Ataxie (Koordinationsstörung). Je nach Ort der Schädigung kommt es zu einer (spastischen) Parese der Arme, Beine, des Rumpfs oder des Gesichts.

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Charakteristisch für die infantile Zerebralparese sind folgende Symptome:

  • Spastische Lähmung (Parese): Spastik beschreibt einen pathologisch erhöhten Muskeltonus, meist gefolgt von Steifigkeit (Kontrakturen).
  • Athetose: Athetose bezeichnet eine Bewegungsstörung (Hyperkinesie/übermäßige Bewegungen), bei der langsame, unwillkürliche und wurmartige Bewegungen auftreten.
  • Ataxie: Ataxie beschreibt eine Störung der Koordination. Sind die Arme betroffen, zeigen sich fahrige, abgehackte Bewegungen und Zielunsicherheit.

Formen der infantilen Zerebralparese

Abhängig von den Symptomen kann man verschiedene Formen der ICP unterscheiden:

  • Spastisches Diparese-Syndrom
  • Spastisches Hemiparese-Syndrom
  • Tetraparese-Syndrom
  • Athetoide Zerebralparese (Hauptsymptom Athetose)
  • Ataktische Zerebralparese (kongenitales/angeborenes Ataxie-Syndrom)
  • Mischform der Zerebralparese

Die spastische Zerebralparese ist mit 70 % bis 80 % die häufigste Form. Die athetoide (8-20 %) und die ataktische (5 %) Form der ICP sind hingegen seltener.

Diagnose der infantilen Zerebralparese

Die Diagnosestellung erfolgt im ersten oder zweiten Lebensjahr anhand des klinischen Bildes, gegebenenfalls in Kombination mit bildgebenden Verfahren und anderen Zusatzuntersuchungen. Die ICP ist eine klinische Diagnose, d.h. sie wird anhand der Symptome gestellt. Auch wenn die Schädigung prä-, peri- oder neonatal auftritt, entwickelt sich das klinische Bild der ICP oft erst später. Zusätzlich wird eine diagnostische Bildgebung des Gehirns, meistens ein MRT (Magnetresonanztomographie), durchgeführt.

Therapie der infantilen Zerebralparese

Der Zerebralparese liegt eine einmalige, bereits geschehene Schädigung des Gehirns (z.B. Infarkt) zu Grunde. Dieser Schaden kann im Nachhinein nicht mehr behoben werden, was eine kausale (ursächliche) Therapie unmöglich macht. Die Therapie der ICP erfolgt ausschließlich symptomatisch. Im Vordergrund steht die Behandlung der Bewegungsstörungen. Medikamente dienen dazu, Symptome wie Koordinations- und Tonusstörungen zu verbessern. Je nach Ausprägung der Symptome kann eine spezielle Fördereinrichtung oder ambulante Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Elektrostimulation sinnvoll sein.

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Hydrozephalus (Wasserkopf)

Ein Hydrozephalus, oft auch als „Wasserkopf“ oder früher mit „Gehirnwassersucht” bezeichnet, ist eine Erkrankung, bei der sich übermäßig viel Liquor (Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit) im Schädelinneren ansammelt. Die Hauptursache eines Hydrocephalus ist eine Störung in der Zirkulation des Liquors im Gehirn. Diese Störung kann angeboren sein, wodurch Babys bereits mit dieser Erkrankung zur Welt kommen. Sie kann aber auch im Laufe des Lebens durch bestimmte Ereignisse erworben werden.

Ursachen des Hydrozephalus

Spezifische Gründe für Hydrocephalus können sein:

  • Infektionen wie Meningitis oder Enzephalitis
  • Blutungen im Hirn, besonders bei Frühgeborenen oder im Rahmen einer Subarachnoidalblutung
  • Tumore im Gehirn oder im Rückenmark, die die Liquorpassage behindern
  • Kopfverletzungen, die den normalen Fluss von Liquor stören
  • Angeborene Fehlbildungen, die den normalen Fluss von Liquor verhindern
  • Spinale Zysten oder andere Anomalien

Arten des Hydrozephalus

Dies sind die gängigsten Hydrocephalus-Arten:

  • Kommunizierender Hydrocephalus (Hydrocephalus communicans): Der Liquorfluss zwischen den Hirnkammern und dem Subarachnoidalraum ist nicht blockiert. Das Problem liegt meist in der unzureichenden Aufnahme des Liquors.
  • Normaldruckhydrocephalus (NPH, Normal Pressure Hydrocephalus; Sonderform des kommunizierenden Hydrocephalus): Wie der Name schon sagt, ist bei dieser Art der Druck im Schädelinneren normal.
  • Nichtkommunizierender Hydrocephalus (Hydrocephalus occlusus oder obstruktiver Hydrocephalus): Der Liquorfluss ist zwischen den Hirnkammern durch eine Blockade oder Verengung gestört.
  • Hydrocephalus e vacuo: Hierbei handelt es sich nicht um einen Hydrocephalus im eigentlichen Sinne, sondern um die Folgen einer Hirnatrophie, also der Abnahme des Hirnvolumens.

Diagnose des Hydrozephalus

Zum Erkennen eines Hydrocephalus (Gehirnwassersucht) sind eine sorgfältige medizinische Untersuchung und spezifische bildgebende Verfahren erforderlich. Die Diagnose basiert auf den Anzeichen der Betroffenen, der Anamnese und den Ergebnissen der bildgebenden Diagnostik. Ein Arzt/eine Ärztin wird zunächst die klinischen Symptome und die medizinische Vorgeschichte der Betroffenen bewerten.

  • Magnetresonanztomografie (MRT): Eine MRT bietet noch detailliertere Bilder.
  • Lumbalpunktion (LP): Bei dieser Prozedur wird eine kleine Menge Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit aus dem Wirbelsäulenkanal entnommen, um den Liquordruck zu messen und den Liquor auf Anomalien zu untersuchen.

Therapie des Hydrozephalus

Bei dem malresorptiven Hydrocephalus wird das überschüssige Hirnwasser aus den erweiterten Hirnkammern in eine andere Körperhöhle abgeleitet: es wird ein Shunt angelegt. Der Shunt besteht aus einem zentralen Katheter in den Ventrikeln, einem einstellbaren Shuntventil und einem peripheren Ableitkatheter. Als Standard wird die Ableitung in den Bauchraum vorgenommen, es wird ein sog. ventrikulo-peritonealer Shunt angelegt.

Beim Verschlusshydrozephalus kann das Hirnwasser, wegen eines Hindernis, das Ventrikelsystem nicht verlassen, die Zirkulation ist „mechanisch“ gestört. Wenn ein Verschlusshydrozephalus vorliegt, wird die Ursache behoben (z.B. ein Tumor entfernt) oder eine Umgehung für das Hirnwasser geschaffen. Dies geschieht durch einen minimalinvasiven endoskopischen Eingriff.

Hirnzysten

Hirnzysten sind gutartigen Veränderungen, die häufig als Zufallsbefund festgestellt werden. Sie können aber durch Druck auf das umliegende Hirngewebe eine Hirnwasser-Zirkulationsstörung, epileptische Anfälle oder neurologische Ausfälle verursachen.

Arachnoidalzysten

Arachnoidalzysten entstehen durch eine angeborene Duplikatur der weichen Hirnhäute. Diese gutartigen Hohlräume sind mit Hirnwasser (Liquor) gefüllt. Sie können überall im Schädelraum auftreten. Verursacht die Zyste Symptome (Kopfschmerzen, epileptische Anfälle u. Auf Grund der guten Weichteildarstellung ist die Kernspinntomographie (MRI) die Untersuchungsmethode der Wahl. Eine operative Indikation besteht nur bei symptomatischen Arachnoidalzysten. Ziel des operativen Eingriffes ist die „Fensterung“: Zwischen der Zyste und den Hirnwasserräumen wird eine Verbindung hergestellt und auf diese Weise die Hirnwasserzirkulation normalisiert.

Kolloidzysten

Kolloidzysten treten typischerweise im vorderen oberen Bereich der dritten Hirnwasserkammer (Ventrikel) auf. Es handelt sich um gutartige zystische Strukturen, jedoch können sie durch die Blockade der Verbindung zwischen den Seitenventrikeln und dem 3. Die typischen Symptome, wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Gleichgewichtsstörungen oder Einschränkungen der Konzentration und des Gedächtnis, entstehen durch einen chronisch erhöhten Hirndruck auf Grund der gestörten Hirnwasserzirkulation.

Pinealiszysten

Pinealiszysten sind gutartige zystische Strukturen, die aus der Zirbeldrüse (Pinealis) entstehen. Ab einer bestimmten Grösse kommt es zur Einengung des benachbarten Aquäduktes (Verbindung zwischen der 3. und 4. Hirnwasserkammer) mit einer Störung der Hirnwasserzirkulation und Entstehung eine Verschluss-Hydrocephalus. Die ersten Symptome, wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Seh- oder Gleichgewichtsstörungen, zeigen sich meist im jungen Erwachsenenalter.

Diagnose von Fehlbildungen des Gehirns

Die Diagnose von Fehlbildungen des Gehirns erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus klinischer Untersuchung, neurologischer Beurteilung und bildgebenden Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT). In einigen Fällen können auch genetische Tests durchgeführt werden, um die Ursache der Fehlbildung zu identifizieren.

Behandlung von Fehlbildungen des Gehirns

Die Behandlung von Fehlbildungen des Gehirns hängt von der Art und Schwere der Fehlbildung sowie den individuellen Bedürfnissen des Patienten ab. Es gibt keine Heilung für die meisten Hirnfehlbildungen, aber verschiedene Therapieansätze können helfen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Medikamentöse Therapie

Medikamente können eingesetzt werden, um bestimmte Symptome wie Krampfanfälle, Spastik oder Schmerzen zu kontrollieren.

Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie

Diese Therapieformen können helfen, die motorischen Fähigkeiten, die Koordination, die Sprache und die kognitiven Funktionen zu verbessern.

Chirurgische Eingriffe

In einigen Fällen können chirurgische Eingriffe erforderlich sein, um bestimmte Fehlbildungen zu korrigieren oder Komplikationen zu behandeln.

Frühförderung

Besonders bei Kindern mit kognitiver Beeinträchtigung ist die Integration in speziellen Institutionen mit Frühförderungsprogrammen wichtig.

Psychologische Unterstützung

Psychologische Unterstützung kann sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Familien hilfreich sein, um mit den emotionalen und sozialen Herausforderungen umzugehen, die mit einer Hirnfehlbildung verbunden sind.

Seltene Erkrankungen im Zusammenhang mit Hirnfehlbildungen

Neben den bereits erwähnten Fehlbildungen des Gehirns gibt es eine Reihe von seltenen Erkrankungen, die mit Hirnfehlbildungen in Verbindung gebracht werden können. Dazu gehören:

  • Dunbar-Syndrom: Seltene chronische Durchblutungsstörung des Darms, die zu Übelkeit, Erbrechen, Krämpfen und Schmerzen im Oberbauch führt.
  • Phenylketonurie (PKU): Eine seltene, erbliche Stoffwechselerkrankung, bei der der Körper die Aminosäure Phenylalanin nicht richtig abbauen kann, was zu einer Anhäufung im Blut führt.
  • Tay-Sachs-Krankheit: Eine seltene genetische Stoffwechselerkrankung, bei der ein Enzymmangel dazu führt, dass eine Substanz in den Nervenzellen nicht abgebaut werden kann.
  • Turner-Syndrom: Eine seltene genetische Störung, die nur bei Frauen auftritt und durch das Fehlen oder teilweise Fehlen eines X-Chromosoms gekennzeichnet ist.
  • MOG-Antikörper-assoziierte Erkrankung: Die MOG-Antikörper-assoziierte Erkrankung ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Antikörper gegen das Myelinscheidenprotein Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG-AK) gebildet werden.

Forschung und zukünftige Perspektiven

Die Forschung im Bereich der Hirnfehlbildungen konzentriert sich auf das Verständnis der genetischen, molekularen und zellulären Mechanismen, die diesen Erkrankungen zugrunde liegen. Ziel ist es, neue therapeutische Strategien zu entwickeln, die auf die Ursachen der Fehlbildungen abzielen und die Entwicklung des Gehirns positiv beeinflussen können.

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