Jährlich erleiden in Deutschland etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Dieser plötzliche Vorfall kann gravierende Folgen haben, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen grundlegend verändern. Neben motorischen Einschränkungen wie Lähmungen kann ein Schlaganfall auch zu Sprachstörungen, sogenannten Aphasien, führen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Therapieansätze und Rehabilitationsmaßnahmen, die Betroffenen helfen können, ihr Leben nach einem Schlaganfall wiederzugewinnen.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall entsteht durch eine Durchblutungsstörung im Gehirn. In etwa 80 Prozent der Fälle ist eine verstopfte Arterie, meist durch ein Blutgerinnsel, die Ursache. Seltener ist eine Hirnblutung der Auslöser. In beiden Fällen erhalten die Nervenzellen im betroffenen Hirnbereich nicht mehr ausreichend Sauerstoff und beginnen abzusterben. Je schneller die Behandlung erfolgt, desto geringer sind die potenziellen Schäden.
Die Akutversorgung: Zeit ist Hirn
Bei Verdacht auf einen Schlaganfall zählt jede Minute. Ein schneller Transport in eine spezialisierte "Stroke-Unit" ist entscheidend. Diese Schlaganfall-Behandlungseinheiten sind mit Neurologen und speziell geschultem Personal besetzt und verfügen über die notwendige Ausstattung zur Überwachung und Akutbehandlung von Schlaganfallpatienten.
In der Stroke-Unit erfolgt zunächst eine umfassende Diagnostik, um die Ursache des Schlaganfalls zu identifizieren. Bildgebende Verfahren wie die Computertomographie (CT) spielen dabei eine wichtige Rolle. Ist ein Blutgerinnsel die Ursache, kann eine Thrombolyse, die medikamentöse Auflösung des Gerinnsels, eingeleitet werden. In manchen Fällen ist ein neuroradiologisches Katheterverfahren notwendig, bei dem das Gerinnsel mechanisch entfernt wird.
Rehabilitation: Zurück ins Leben finden
Nach der Akutversorgung beginnt die Phase der Rehabilitation. Ziel ist es, die verlorengegangenen Fähigkeiten wiederzuerlangen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Rehabilitation umfasst verschiedene Therapiebereiche:
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- Physiotherapie: Sie dient dazu, motorische Fähigkeiten wie Gehen, Stehen und Greifen wiederherzustellen oder zu verbessern.
- Ergotherapie: Im Fokus stehen die Verbesserung der Handlungsfähigkeit im Alltag, beispielsweise beim Essen, Anziehen oder Kochen.
- Logopädie: Diese Therapieform behandelt Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen (Aphasie).
- Neuropsychologie: Sie unterstützt bei kognitiven Beeinträchtigungen wie Gedächtnis- oder Aufmerksamkeitsstörungen.
Die Rehabilitation kann stationär in einer Rehaklinik oder ambulant erfolgen. Wichtig ist, dass die Therapie individuell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Patienten abgestimmt ist.
Aphasie: Wenn die Sprache verloren geht
Eine häufige Folge eines Schlaganfalls ist die Aphasie, eine Sprachstörung, die das Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben beeinträchtigen kann. Die Aphasie hat viele Gesichter und kann sich bei jedem Betroffenen anders auswirken.
- Globale Aphasie: Betroffene können oft nur noch einzelne Worte sprechen.
- Wernicke-Aphasie: Die Patienten sprechen flüssig, verwenden aber häufig falsche Worte oder Laute.
- Broca-Aphasie: Es können nur kurze Sätze mit den notwendigsten Worten formuliert werden.
- Amnestische Aphasie: Das gesuchte Wort fällt nicht ein, stattdessen werden Umschreibungen oder Floskeln verwendet.
Die logopädische Therapie spielt bei der Behandlung von Aphasie eine zentrale Rolle. Durch gezielte Übungen können Betroffene ihre sprachlichen Fähigkeiten verbessern und alternative Kommunikationsstrategien erlernen. Wichtig ist eine ruhige und entspannte Atmosphäre während der Gespräche sowie Geduld und Unterstützung durch die Angehörigen.
Therapie und Rehabilitation nutzen zu jeder Zeit
Sprachtherapie macht zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung Sinn. Es gibt keinen Zeitpunkt, wo Sie sagen könnten, Logopädie sei nicht nützlich, würde nichts bringen. Die Sprachtherapie sollte früh einsetzen, am besten schon im Akutkrankenhaus, in der stationären Reha, aber dann auch in den ambulanten Praxen vor Ort. Je mehr Therapie ein Patient pro Woche bekommt, desto mehr sind auch Fortschritte zu erwarten. Der Erfolg der Therapie hängt immer auch davon ab, wie schwer das Sprachzentrum betroffen ist und ob und wie schwer zusätzlich noch andere Bereiche des Gehirns geschädigt sind.
Leben nach dem Schlaganfall: Herausforderungen und Chancen
Ein Schlaganfall verändert das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen oft grundlegend. Neben den körperlichen und sprachlichen Einschränkungen können auch psychische Probleme wie Depressionen oder Angstzustände auftreten. Es ist wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen und Strategien zur Bewältigung der neuen Situation zu entwickeln.
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Trotz der Herausforderungen bietet das Leben nach einem Schlaganfall auch Chancen. Viele Betroffene engagieren sich in Selbsthilfegruppen, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Einige finden neue Hobbys oder entdecken verborgene Talente.
Autofahren nach Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall darf man nicht sofort wieder Autofahren. Es braucht Zeit, dass das Gehirn sich entsprechend regeneriert. Eine Aphasie ist nicht von vornherein ein Ausschlusskriterium für die Fahreignung. Aber wichtig ist, dass bestimmte Voraussetzungen für die Fahreignung, wie auch bei anderen Patienten nach einem Schlaganfall, gegeben sind. Ganz wichtig sind eine ausreichende Konzentration, eine entsprechend rasche Reaktion, eine gute Auffassung von Verkehrssituationen. Das Sehen muss intakt sein, es darf kein Gesichtsfeldausfall vorliegen. Und natürlich geht es auch um die körperlichen Voraussetzungen. Bei sehr schweren Aphasien ist die Fahreignung kritisch, problematisch und vermutlich häufig nicht mehr gegeben, weil darüber hinaus dann auch bei der Auffassung Schwierigkeiten auftreten können, dass zum Beispiel Verkehrszeichen nicht mehr in ihre Bedeutung sicher erkannt werden.
Beispiele für erfolgreiche Rehabilitation
- Andrea Eißer: Sie erlitt vor 22 Jahren einen Schlaganfall und geht seitdem zur Physio- und Ergotherapie. Heute sind Schulter und Mundwinkel gerade, ihren alten Beruf als Bürokauffrau musste sie aufgeben. Heute bekommt sie eine Erwerbsminderungsrente. Mehrmals die Woche arbeitet sie in einer Schule, leitet eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Schlaganfall und arbeitet als Schlaganfallhelferin in den Sana Kliniken in Lübeck.
- Monica Lierhaus: Die ehemalige Sportmoderatorin erlitt bei einer Hirn-OP schwere Komplikationen und lag monatelang im Koma. Durch intensive Therapie kämpfte sie sich zurück ins Leben und konnte sogar wieder für den Fernsehsender Sky arbeiten.
- Anja Baumer: Sie erlitt mit zwölf Jahren eine schwere Gehirnblutung und war seither halbseitig gelähmt. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten absolvierte sie eine Berufsausbildung und arbeitet heute im Service.
- Markus Schedelbauer: Er erlitt mit Anfang vierzig einen Schlaganfall und kämpft seitdem mit einer Aphasie. Durch Logopädie und viel Eigeninitiative konnte er seine sprachlichen Fähigkeiten verbessern.
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