Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, die sich durch Muskelschwäche aufgrund einer Störung der neuromuskulären Erregungsfortleitung äußert. Für Menschen mit myasthenen Syndromen (Myasthenia gravis, Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom, kongenitale myasthene Syndrome) kann es eine wertvolle Unterstützung sein, sich über die Möglichkeit eines Schwerbehindertenausweises zu informieren. Im Folgenden werden die Aspekte der Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) bei Myasthenia gravis beleuchtet, um Betroffenen eine erste Orientierung zu geben.
Was ist ein Schwerbehindertenausweis?
Der Schwerbehindertenausweis dient zum Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft und des Grades der Behinderung gegenüber verschiedenen Institutionen wie Arbeitgebern, Arbeitsämtern, Integrationsämtern oder Finanzämtern. Schwerbehindert sind Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50. Der Ausweis ermöglicht es, zustehende Rechte nach dem SGB IX (Sozialgesetzbuch, neuntes Buch) geltend zu machen.
Vorteile und Nachteilsausgleiche durch den Schwerbehindertenausweis
Der Schwerbehindertenausweis gewährt verschiedene Vergünstigungen und Vorteile, die den Alltag erleichtern können. Je nach Grad der Behinderung und eingetragenen Merkzeichen (MZ) gewährt der Gesetzgeber finanzielle und steuerliche Vorteile, die die behinderungsbedingte Benachteiligung und Zusatzbelastung ausgleichen sollen. Dazu gehören:
- Steuerliche Freibeträge
- Ermäßigung oder Übernahme von KFZ-Steuern oder Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel
- Ermäßigter oder kostenloser Eintritt für kulturelle Veranstaltungen
Antragstellung und Verfahren
Der Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung ist beim zuständigen Versorgungsamt mit dem dafür vorgesehenen Formblatt zu stellen. Sie können den Antrag beim zuständigen Amt anfordern oder online über die Internetseite des entsprechenden Versorgungsamtes herunterladen. Kliniken und Hausarztpraxen haben häufig Exemplare vorrätig. Nicht die Diagnose ist ausschlaggebend für die Anerkennung des Grades der Behinderung, vielmehr werden die tatsächlichen Einschränkungen berücksichtigt, die aus der Erkrankung resultieren. Diese können Sie in Ihrem Antrag beschreiben. Sollte der Platz im Antragsformular begrenzt sein, können Sie zusätzliche Blätter beilegen. Teilen Sie besondere Umstände (z. B. eine Kündigung), die nach der Antragstellung eintreten, unverzüglich mit. Die Entscheidung wird unter Einbezug der Arztbefunde aufgrund der Aktenlage getroffen. Sprechen Sie die Antragstellung mit dem behandelnden Arzt ab, damit aus dem ärztlichen Attest hervorgeht, dass die Voraussetzungen für evtl. angestrebte Merkzeichen erfüllt sind.
Grad der Behinderung bei Myasthenia Gravis
Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung werden in Zehnerschritten bewertet. Der Grad der Behinderung (GdB) ist unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen. Er erlaubt keine Rückschlüsse in Bezug auf die berufliche Leistungsfähigkeit oder die ggf. vorliegende Pflegebedürftigkeit. Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, wird der Gesamt-GdB nach den wechselseitigen Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit bewertet. Einzelne GdB- Werte dürfen nicht addiert werden. Eine Feststellung durch das Versorgungsamt wird nur dann getroffen, wenn insgesamt ein GdB von wenigstens 20 vorliegt. Ein Ausweis wird ab einem GdB von 50 ausgestellt. Ab einem GdB von 30 können Sie bei der Arbeitsagentur eine Gleichstellung beantragen.
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Relevante Informationen für den Antrag
Bei der Beantragung des GdB ist es entscheidend, alle relevanten Informationen zu Ihrer Symptomatik und deren Auswirkungen auf Ihren Alltag zu liefern. Der Gutachter, der Ihre Diagnose kennt, wird jedoch nicht in der Lage sein, genau zu erfassen, inwieweit Sie durch Ihre Myasthenie im täglichen Leben beeinträchtigt sind. Denken Sie daran, sämtliche Symptome, die Ihnen das Leben erschweren, zu dokumentieren und zu erläutern. Auch Symptome, die auf den ersten Blick nicht direkt mit Ihren myasthenen Syndrom in Verbindung stehen, können für den Gutachter von Bedeutung sein.
Dokumentation
Führen Sie eine detaillierte Aufzeichnung über Ihre Symptome, deren Häufigkeit und den Grad der Einschränkung, den sie verursachen.
Ärztliche Unterlagen
Fügen Sie ärztliche Berichte und Gutachten bei, die Ihre Diagnose bestätigen und Ihre Symptomatik detailliert beschreiben.
Ehrlichkeit und Ausführlichkeit
Scheuen Sie sich nicht, alle Herausforderungen zu schildern, denen Sie gegenüberstehen.
Widerspruch und Verschlimmerungsantrag
Wenn der GdB zu niedrig eingestuft wurde oder ein Merkzeichen hätte zuerkannt werden müssen, können Sie innerhalb von einem Monat nach Erhalt des Bescheides Widerspruch einlegen. Bei Verschlimmerung der Erkrankung und Zunahme der Beeinträchtigungen können Sie jederzeit einen „Verschlimmerungsantrag“ oder auch „Neufeststellungsantrag“ stellen. Es gibt keine Frist bis zur nächsten Antragstellung.
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Weitere Aspekte im Zusammenhang mit Behinderung und Erkrankung
Berufliche Rehabilitation und Rente
Viele Arbeitnehmer, aber auch Arbeitgeber suchen zuerst nach Lösungen, wie der Arbeitsplatz möglichst lange erhalten werden kann. Möglich sind folgende Maßnahmen:
- Anpassung des Arbeitsplatzes an die Einschränkungen
- Verlagerung des Arbeitsplatzes ins Homeoffice
- Arbeitsplatzwechsel innerhalb des Betriebes
- Unterstützung durch Arbeitsassistenz
Zuständig ist hier sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer das Integrationsamt. Beratung und Unterstützung finden Sie bei den dort angegliederten Integrationsfachdiensten.
Krankengeld und Rehabilitation
Wenn Sie innerhalb eines Angestelltenverhältnisses krankgeschrieben sind, haben Sie zunächst Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung durch Ihren Arbeitgeber. Nach Ablauf dieser Zeit, erhalten Sie als gesetzlich Versicherter Krankengeld von Ihrer Krankenkasse. Privat Versicherte haben in der Regel eine Krankentagegeldversicherung. Im Laufe des Krankengeldbezuges kann es sein, dass die Krankenkasse Sie auffordert, eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation zu beantragen. Kostenträger ist die Rentenversicherung, solange Sie noch nicht berentet sind. In diesem Fall setzt die Kasse Ihnen eine Frist von 10 Wochen, innerhalb derer der Antrag gestellt werden muss. Die Krankenkasse darf so vorgehen, wenn ein ärztliches Gutachten vorliegt, aus welchem eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit hervorgeht. In der Regel handelt es sich um MdK-Gutachten. Die Rente wegen Erwerbsminderung wird in der Regel befristet genehmigt. Eine unbefristete Rente kommt in Betracht, wenn alle Behandlungsmethoden bereits ausgeschöpft sind und medizinisch keine Möglichkeit mehr besteht, das Leistungsvermögen wiederherzustellen.
Erwerbsminderung
Teilweise erwerbsgemindert sind Personen, die wegen Krankheit oder Behinderung für unbestimmte Zeit nicht in der Lage sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind Personen, die wegen Krankheit oder Behinderung für unbestimmte Zeit nicht in der Lage sind, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Nahtlosigkeitsregelung
Wird nicht innerhalb der 78 Wochen, in denen der Anspruch auf Krankengeld besteht über Ihren Rentenantrag entschieden, besteht eine Regelung zur finanziellen Überbrückung dieser Phase. Das gilt auch dann, wenn formal noch ein Arbeitsverhältnis besteht, eine Ausübung aber nicht mehr möglich ist. Bis die Zuständigkeit zwischen Rentenversicherung und Agentur für Arbeit geklärt ist, haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld I.
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Grundsicherung
Sollte die dauerhafte und volle Rente wegen Erwerbsminderung nicht ausreichen um den Grundbedarf Ihres Lebensunterhaltes weiterhin zu bestreiten, besteht die Möglichkeit zusätzlich zur Rente Leistungen der Grundsicherung zu beantragen. Diesen Antrag stellen Sie bei der Rentenversicherung unter Offenlegung Ihres Einkommens und Vermögens.
Kfz-Hilfe
Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII). Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz gilt als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 33 und 55 SGB IX.Sie wird in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kfz angewiesen ist.
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