Fibromyalgie und Trigeminusneuralgie: Ein möglicher Zusammenhang und Behandlungsansätze

Schmerzen im Mund- und Gesichtsbereich können vielfältige Ursachen haben und sowohl als Dauerschmerz als auch in Form von Attacken auftreten. Eine sorgfältige Diagnostik, idealerweise unter Beteiligung verschiedener Fachgebiete wie Neurologie, Zahnheilkunde, Augenheilkunde und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, ist entscheidend für eine erfolgreiche Therapie. Als Mitglied der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. profitieren Sie von zahlreichen Vorteilen und einem umfassenden Netzwerk für den Austausch zu aktuellen Erkenntnissen und Behandlungsmethoden.

Schmerzen im Mundbereich: Ursachen und Differenzierung

Schmerzen im Mundbereich können vielfältige Ursachen haben. Akute Schmerzen werden häufig durch Schleimhautentzündungen hervorgerufen, die durch oberflächliche oder tiefe Zahnfleischentzündungen, Entzündungen beim Durchbruch von Weisheitszähnen oder bakterielle bzw. virale Erkrankungen des Zahnfleischs entstehen können. Auch Zahnschmerzen sind ein häufiges Problem, insbesondere bei freiliegenden Zahnhälsen oder kariösen Defekten, die das Dentin (Zahnbein) freilegen. Diese Bereiche reagieren empfindlich auf Temperatur- oder chemische Reize, da Fortsätze von Dentin-bildenden Zellen in Verbindung mit Nervenfasern stehen, die Schmerzreize weiterleiten.

Um die Ursachen seltener auftretender Schmerzen im Mundbereich besser zu verstehen, ist es wichtig, die häufigsten Schmerzursachen zu betrachten:

  • Zahnmarkentzündung (Pulpitis): Eine Entzündung des Nerven- und Gefäßgeflechts im Zahnmark (Pulpa) ist oft die Ursache intensiver, ausstrahlender Schmerzen, die als Drücken, Klopfen und Pulsieren wahrgenommen werden und auch nachts auftreten können. Häufige Auslöser sind Karies, die bis nahe an das Zahnmark reicht, oder das Beschleifen eines Zahns bei Füllungen oder Kronenpräparationen. In einigen Fällen kann auch eine Stauchung des Zahns durch zu hohe Füllungen oder Zähneknirschen eine Pulpitis verursachen.
  • Entzündung an der Wurzelspitze (apikale Parodontitis): Wenn eine Pulpitis nicht behandelt wird oder der Nerv abstirbt, kann sich ein Entzündungsherd im Knochen an der Wurzelspitze bilden. Die Behandlung besteht in einer Wurzelkanalbehandlung, bei der der Kanal eröffnet, desinfiziert, erweitert und mit einer Füllung versehen wird, um das Eindringen von Bakterien zu verhindern.
  • Ungewöhnlicher Zahnschmerz (atypische Odontalgie, persistierender dentoalveolärer Schmerz): Diese seltene Form von Nervenschmerz kann ähnliche Beschwerden wie eine Pulpitis oder apikale Parodontitis verursachen, obwohl der Zahnarzt keine erkennbare Ursache findet. Der Schmerz wird oft an einem Zahn oder in einem Gebiet empfunden, wo ein Zahn gezogen wurde. Eine Schädigung von Nervenfasern im Zahn oder umgebenden Geweben wird als mögliche Ursache angenommen. Eine vorschnelle Wurzelbehandlung oder Zahnextraktion ist in diesem Fall kontraproduktiv und kann die Beschwerden sogar verschlimmern.
  • Syndrom der brennenden Zunge/des brennenden Mundes (Burning-Mouth-Syndrom): Überwiegend Frauen im höheren Lebensalter leiden unter diesem Syndrom, das durch brennende Schmerzen im Mund- und Zungenbereich gekennzeichnet ist. Die Ursache ist nicht vollständig geklärt, wird aber möglicherweise auf eine Schädigung dünner Nervenfasern zurückgeführt. Vitaminmangel und Schleimhautveränderungen sollten ausgeschlossen und behandelt werden.

Schmerzen im Gesicht: Differenzierung zwischen typischen und atypischen Formen

Gesichtsschmerzen lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: den "typischen Gesichtsschmerz", der blitzartig und elektrisierend einschießt, und den "atypischen Gesichtsschmerz", der dumpf in der Tiefe wahrgenommen wird und dauerhaft vorhanden ist.

Trigeminusneuralgie: Der typische Gesichtsschmerz

Die Trigeminusneuralgie ist durch plötzlich einschießende, nur Sekunden andauernde, elektrisierende Schmerzen in einem oder zwei benachbarten Ästen des Nervus trigeminus (Gesichtsnerv) gekennzeichnet. Die Attacken können spontan auftreten oder durch Kauen, Sprechen, Zähneputzen oder sogar kalten Wind ausgelöst werden. Häufig lässt sich keine Ursache für die Erkrankung finden, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer.

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Eine mögliche Ursache ist eine neurovaskuläre Kompression, bei der ein im Bereich des Hirnstamms gelegenes Gefäß den Trigeminusnerv beim Austritt aus dem Hirnstamm reizt und schädigt. Es ist wichtig, andere Ursachen wie eine Entzündung des Nerven im Austrittsbereich aus dem Hirnstamm, wie sie bei Multipler Sklerose vorkommen kann, auszuschließen.

Die Behandlung der Trigeminusneuralgie erfolgt in erster Linie mit Medikamenten, sogenannten Antikonvulsiva, die die Nervenaktivität vermindern und den Schmerz "beruhigen". In einigen Fällen können auch operative Verfahren in Betracht gezogen werden:

  • Operation nach Jannetta: Ein Teflonpolster wird zwischen Gefäß und Nerv eingelegt, um den Nerven zu schützen.
  • Thermokoagulation oder Ballonkompression: Im Bereich des Nervenknotens (Ganglion trigeminale) werden Nervenfasern durch Erhitzung oder Druck zerstört.
  • Gammaknifebehandlung: Der Nerv wird bestrahlt, um die Reizweiterleitung zu unterbinden.

Alle Eingriffe haben gewisse Risiken, wie z.B. die Entstehung einer Taubheit im Gesicht, und die Erfolgsaussichten hängen von der Erfahrung des Operateurs ab.

Atypischer Gesichtsschmerz: Wenn die Ursache im Dunkeln liegt

Ein Gesichtsschmerz, der nicht dem Nervenschmerz (Neuralgie) zugeordnet werden kann, wird als "atypisch" bezeichnet. Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft verwendet dafür die Bezeichnung "idiopathischer anhaltender Gesichtsschmerz". Der atypische Gesichtsschmerz betrifft häufiger Frauen als Männer und tritt überwiegend im mittleren und höheren Lebensalter auf.

Die Schmerzen werden häufig im Gesicht im Bereich des Oberkiefers oder unterhalb des Auges empfunden und lassen sich oft nicht genau zuordnen oder die Zuordnung wechselt. Es handelt sich meist um einen dumpfen, drückenden und in der Tiefe nicht genau einzugrenzenden Schmerz. Das Berührungsempfinden im Gesicht ist in der Regel ungestört, gelegentlich besteht eine Überempfindlichkeit im betroffenen Schmerzbereich.

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Da der Schmerz in der Tiefe und dumpf lokalisiert ist, suchen die Betroffenen häufig Hals-Nasen-Ohren- und Zahnärzte auf. Nicht selten werden Zähne gezogen, zahnärztliche Restaurationsarbeiten oder HNO-ärztliche Eingriffe an den Nasennebenhöhlen durchgeführt, die jedoch in aller Regel keine Besserung bringen. Jeder weitere Eingriff kann zur Chronifizierung des Schmerzbildes und zur Ausbreitung der Beschwerden beitragen.

Die Behandlung des atypischen Gesichtsschmerzes umfasst in erster Linie die Aufklärung des Patienten über die Schmerzerkrankung und den Verzicht auf weitere operative Eingriffe. Zur Behandlung können niedrig dosierte trizyklische Antidepressiva eingesetzt werden. Unterstützend können Massage, Kälte- oder Wärmeanwendungen im Gesicht sowie andere manuelle Verfahren hilfreich sein. Eine zusätzlich bestehende Depression oder Angststörung sollte gezielt medikamentös oder psychotherapeutisch behandelt werden.

Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD): Schmerzen durch Kiefergelenksprobleme

Bei der craniomandibulären Dysfunktion (CMD) sind das Kiefergelenk oder die Kaumuskulatur betroffen. Veränderungen des Knorpelscheibchens im Kiefergelenk können zu Knackgeräuschen führen, die jedoch nicht immer schmerzhaft sind. Anhaltende Schmerzen können durch Verschleiß oder entzündliche Veränderungen des Kiefergelenks oder durch Verspannungen der Kaumuskulatur, z.B. durch Zähnepressen oder -knirschen, verursacht werden.

Die Therapie umfasst u.a. eine Aufbissschiene, Physiotherapie, Eigenmassage der Kaumuskulatur, Erlernen der progressiven Muskelentspannung nach Jacobson sowie einen gezielten Umgang mit Stress. Bei besonderen Belastungsfaktoren ist eine psychologische Beratung oder psychotherapeutische Betreuung sinnvoll.

Mund- und Gesichtsschmerz bei Kopfschmerzerkrankungen am Beispiel der Migräne

Bei einem Migräneanfall können die Schmerzen auch das Gesicht erfassen.

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Fibromyalgie: Eine mögliche Begleiterkrankung bei CMD und Gesichtsschmerzen

Die Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung, die sich durch diffuse Schmerzen unterschiedlicher Intensität in verschiedenen Körperregionen bemerkbar macht. Experten schätzen, dass in westlichen Industrienationen etwa zwei Prozent der Bevölkerung unter dem Syndrom leiden. Besonders häufig tritt es bei Frauen zwischen 40 und 60 Jahren auf.

Die Ursachen der Fibromyalgie sind noch nicht endgültig geklärt, es wird jedoch eine Kombination aus genetischer Veranlagung, psychologischen Faktoren (Stress, traumatische Erfahrungen), neurologischen Aspekten (gesteigerte Schmerzempfindlichkeit) und möglicherweise auch Infektionen oder Krankheiten diskutiert.

Die Diagnose des FMS ist häufig schwer und langwierig, da es viele andere körperliche Ursachen für die Schmerzen geben kann. Es gibt spezielle Schmerzpunkte, sogenannte „Tender Points", die bei der Diagnose hilfreich sein können.

Die Behandlung der Fibromyalgie ist aktuell noch nicht heilbar, zielt aber darauf ab, die Symptome zu lindern und das Auftreten weiterer Symptome zu verhindern. Dazu gehören:

  • Medikamentöse Therapie: Schmerzmittel, Antidepressiva, Muskelrelaxantien
  • Physikalische Therapie: Wärme-, Kälteanwendungen, Massagen
  • Bewegungstherapie: Ausdauersport, Wassergymnastik
  • Entspannungstechniken: Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, autogenes Training
  • Psychotherapie: Stressbewältigung, kognitive Verhaltenstherapie

Der Zusammenhang zwischen Fibromyalgie und Trigeminusneuralgie

Es gibt Hinweise darauf, dass zwischen Fibromyalgie und Trigeminusneuralgie ein Zusammenhang bestehen könnte. Studien haben gezeigt, dass Patienten mit Fibromyalgie häufiger auch an Trigeminusneuralgie leiden und umgekehrt. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass beide Erkrankungen mit einer Störung der Schmerzverarbeitung im zentralen Nervensystem einhergehen.

Darüber hinaus können auch psychologische Faktoren wie Stress und Depressionen, die bei beiden Erkrankungen häufig auftreten, eine Rolle spielen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass weitere Forschung erforderlich ist, um den genauen Zusammenhang zwischen Fibromyalgie und Trigeminusneuralgie zu verstehen.

Bedeutung einer interdisziplinären Behandlung

Aufgrund der Komplexität von Mund- und Gesichtsschmerzen, insbesondere bei Vorliegen von Erkrankungen wie Fibromyalgie oder Trigeminusneuralgie, ist eine interdisziplinäre Behandlung von großer Bedeutung. Die Zusammenarbeit von Ärzten verschiedener Fachrichtungen (Neurologen, Zahnärzte, HNO-Ärzte, Schmerztherapeuten, Psychologen) ermöglicht eine umfassende Diagnostik und die Entwicklung eines individuellen Behandlungsplans.

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