Finanzielle Hilfe bei Demenz in Deutschland: Ein umfassender Leitfaden

Nach der Diagnose einer Demenzerkrankung sehen sich Betroffene und ihre Familien mit einer Vielzahl von Fragen und Herausforderungen konfrontiert. Neben der Sicherstellung einer angemessenen Betreuung und Pflege stellt sich vor allem die Frage nach den finanziellen Hilfen, die in Anspruch genommen werden können. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen finanziellen Unterstützungsangebote in Deutschland und gibt praktische Hinweise zur Vorsorge und Planung.

Rechtzeitige Vorsorge treffen

Gerade zu Beginn einer Demenzerkrankung ist es wichtig, die Zukunft aktiv zu gestalten und wichtige Entscheidungen zu treffen, solange die Geschäftsfähigkeit noch gegeben ist. Betroffene sollten ihre Wünsche und Vorstellungen bezüglich der Vermögensverwaltung, der zukünftigen Pflege, Erbschaften und medizinischen Maßnahmen mit ihren Angehörigen und Vertrauenspersonen besprechen.

Diese Verfügungen können in einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung schriftlich festgehalten und gegebenenfalls notariell beurkundet werden. Eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigt eine Vertrauensperson, Entscheidungen im Namen des Vollmachtgebers zu treffen, wenn dieser krankheitsbedingt nicht mehr dazu in der Lage ist. Sie kann beispielsweise Entscheidungen im Rahmen von medizinischen Behandlungen treffen, die finanziellen Angelegenheiten regeln oder einen Platz in einem Pflegeheim suchen. Eine Betreuung durch das Betreuungsgericht wird nur dann notwendig, wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt oder diese nicht ausreichend ist.

In einer Patientenverfügung können im Vorfeld wichtige Dinge festgelegt werden, insbesondere im Hinblick auf lebenserhaltende Maßnahmen in einem lebensbedrohlichen Zustand. Fragen wie "Möchte ich künstlich ernährt oder beatmet werden?" können hier beantwortet werden.

Ein Testament regelt, was nach dem Tod mit dem Vermögen und Besitz geschehen soll. Es muss eigenhändig geschrieben, datiert und unterschrieben sein. Im Zweifelsfall kann ein Notar hinzugezogen werden.

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Berufstätigkeit und finanzielle Absicherung

An Demenz erkrankte Personen, die weiterhin ihrem Beruf nachgehen möchten, sollten das Gespräch mit ihren Vorgesetzten suchen. Möglicherweise können Aufgabenbereiche verändert oder die Wochenarbeitszeit reduziert werden, um den Anforderungen gerecht zu werden. Wenn eine Rückkehr in den Beruf nicht mehr möglich ist, besteht die Möglichkeit, sich krankschreiben zu lassen und Krankengeld für längstens 78 Wochen zu beziehen. Anschließend kann eine Erwerbsminderungsrente beantragt werden.

Mobilität und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben

Solange es die Erkrankung zulässt, sollten Menschen mit Demenz weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und ihre Mobilität aufrechterhalten. Bei beginnender Demenz können manche Betroffene noch sicher Auto fahren. Wenn die Erkrankung fortschreitet, ist dies jedoch nicht mehr der Fall und die Betroffenen gefährden sich und andere.

Das Wahlrecht ist ein elementares Bürgerrecht, das auch Menschen mit Demenz zusteht. Es ist erlaubt, jemanden beim Ausfüllen des Wahlscheins nach seinen Wünschen zu unterstützen.

Versicherungen anpassen

Für an Demenz erkrankte Personen ist es sinnvoll, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen oder die bestehende Versicherung über die Erkrankung zu informieren. Viele Versicherungen bieten die Mitversicherung von "nicht deliktfähigen" erwachsenen Personen an.

Schwerbehindertenausweis beantragen

Ein Schwerbehindertenausweis kann steuerliche und nicht-steuerliche Vorteile bringen, wie z.B. Ermäßigung der Kfz-Steuer, Anspruch auf einen Behindertenparkplatz, Freifahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Befreiung von der Rundfunkgebühr sowie Zuschüsse zur Wohnraumanpassung.

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Finanzielle Hilfen im Überblick

Pflegeleistungen der Pflegekasse

Um finanzielle Hilfen in Anspruch nehmen zu können, ist es entscheidend, dass der Demenzerkrankte einen Pflegegrad erhält. Dieser wird nach Antragstellung bei der Pflegekasse durch den Medizinischen Dienst (MD) oder eine vergleichbare Institution festgestellt. Die Pflegegrade reichen von 1 (geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit) bis 5 (schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung).

Je nach Pflegegrad stehen unterschiedliche Leistungen zur Verfügung:

  • Pflegegrad 1: Anspruch auf den monatlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 131 Euro sowie Leistungen zur Verbesserung des Wohnumfelds und Beratungsbesuche durch qualifizierte Pflegeberater.
  • Pflegegrad 2 bis 5: Anspruch auf Pflegegeld (bei Pflege durch Angehörige), Pflegesachleistungen (bei Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst), Tages- oder Nachtpflege, Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds und Kombinationsleistungen.

Pflegegeld und Pflegesachleistungen

Wird die Pflege durch Angehörige übernommen, wird Pflegegeld gezahlt. Wird ein ambulanter Pflegedienst beauftragt, übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten als Sachleistung. Auch eine Kombination beider Leistungen ist möglich. Die Höhe des Pflegegeldes und der Pflegesachleistungen richtet sich nach dem jeweiligen Pflegegrad. Ab dem 01.01.2025 bekommen pflegebedürftige Personen mit Pflegegrad 2 oder höher mehr Pflegegeld. Ab Januar 2025 wird eine Erhöhung der Leistungsbeträge (ambulant, teil-/vollstationär) um 4,5 Prozent umgesetzt.

Entlastungsbetrag

Pflegebedürftige Demenzkranke, die zu Hause gepflegt werden, bekommen bis zu 125 Euro monatlich für Betreuungs- und Entlastungsmaßnahmen. Sofern ein Pflegegrad vorliegt, können Sie zur Finanzierung der Haushaltshilfe den Entlastungsbetrag von 131 Euro monatlich verwenden, den es ab Pflegegrad 1 gibt. Sind die Kosten pro Monat höher, tragen Sie den Rest der Kosten selbst.

Verhinderungspflege

Wenn die pflegenden Angehörigen verhindert sind (z.B. durch Krankheit oder Urlaub), kann Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für eine Ersatzpflegekraft für maximal 28 Tage pro Jahr, bis zu einem Betrag von 1.612 Euro. Der Zeitraum kann auf 8 Wochen verlängert werden, wenn keine Verhinderungspflege in Anspruch genommen wurde.

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Kurzzeitpflege

Wenn eine vorübergehende stationäre Pflege notwendig ist, kann Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für maximal 28 Tage pro Jahr, bis zu einem Betrag von 1.612,00 €. Durch die Kombination mit den Leistungen der Urlaubs- bzw. Verhinderungspflege kann der Zeitraum der Kurzzeitpflege auf bis zu 56 Tage und die Gesamtsumme auf bis zu 3.224,00 € verdoppelt werden.

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen

Für bis zu 4.000 Euro kann die Wohnung von Demenzkranken, die zu Hause gepflegt werden, den Bedürfnissen angepasst werden.

Hilfe zur Pflege durch das Sozialamt

Wenn die Leistungen der Pflegekasse nicht ausreichen, um den tatsächlichen Hilfebedarf abzudecken, besteht Anspruch auf "Hilfe zur Pflege" durch das Sozialamt. Das eigene Einkommen und eventuell vorhandenes Vermögen muss allerdings zunächst eingesetzt werden. Ehepartner und Kinder sind bei ausreichend hohem Einkommen zum Unterhalt verpflichtet. Kinder werden bei dieser Form der Sozialhilfe aber erst ab einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro zur Unterstützung herangezogen.

Deutsche DemenzVersicherung

Die Deutsche DemenzVersicherung ist eine private Zusatzversicherung, die finanzielle Leistungen bei Demenz bietet. Sie zahlt ein monatliches Tagegeld, unabhängig davon, ob ein Pflegegrad erreicht ist. Der Abschluss ist bis zu einem Alter von 75 Jahren möglich, und es können bis zu 600 Euro monatlich abgeschlossen werden. Die Versicherung hat eine Wartezeit von 3 Jahren.

Deutsche PrivatPflege

Die Deutsche PrivatPflege ist eine private Pflege-Zusatzversicherung, die einen umfassenden Schutz bei Demenz und im Pflegefall bietet. Sie sichert die finanzielle Absicherung von Pflegeheim und häuslicher Pflege und leistet weltweit.

Weitere Unterstützungsangebote

Demenz-Beratungsstellen

Demenz-Beratungsstellen sind spezialisierte Einrichtungen, die Unterstützung und Beratung für Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen und andere Betroffene anbieten. Sie bieten persönliche Beratungsgespräche, Unterstützung bei der Vermittlung von Hilfsangeboten und Schulungen für Angehörige und Pflegekräfte. Demenz-Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie beispielsweise auf der Internetseite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

Demenz-Selbsthilfegruppen

In Demenz-Selbsthilfegruppen treffen sich Menschen, die ähnliche Erfahrungen teilen und sich in einer ähnlichen Situation befinden. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann unterstützend, entlastend und ermutigend sein. In einer Demenz-Selbsthilfegruppe erhalten Angehörige nicht nur emotionale Unterstützung, sondern auch wertvolle Informationen, Tipps und Ratschläge im Umgang mit der Demenzerkrankung. Das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft erteilt Ihnen Auskunft, wo sich eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe befindet.

Demenz-Hotlines

Demenz-Hotlines sind telefonische Beratungsstellen, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen ausgerichtet sind, die einen Demenzkranken betreuen oder unterstützen. Das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft ist ein kostenloses Demenz-Hilfe-Telefon.

Demenz-Kurse für Angehörige

Demenz-Kurse für Angehörige sind speziell entwickelte Schulungsprogramme, die darauf abzielen, Familienmitglieder und nahestehende Personen, die einen Demenzerkrankten betreuen, zu unterstützen und zu schulen. Sie werden von verschiedenen Organisationen, wie z.B. Pflegekassen, Gesellschaften oder Wohlfahrtsverbänden, angeboten.

Entlastungsangebote für pflegende Angehörige

Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz kann sehr belastend sein. Daher ist es wichtig, dass sich pflegende Angehörige rechtzeitig nach Entlastungsmöglichkeiten umschauen. Dazu gehören beispielsweise:

  • Ambulante Pflegedienste: Sie unterstützen bei der Grundpflege, Behandlungspflege und hauswirtschaftlichen Versorgung.
  • Tagespflege: Sie bietet eine Betreuung und Aktivierung der Demenzerkrankten tagsüber, während die Angehörigen ihren eigenen Verpflichtungen nachgehen können.
  • Verhinderungspflege: Sie ermöglicht eine Auszeit für die pflegenden Angehörigen, indem eine Ersatzpflegekraft die Betreuung übernimmt.
  • Selbsthilfegruppen: Sie bieten eine Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen und zur gegenseitigen Unterstützung.
  • Kuren: Sowohl Demenzerkrankte als auch ihre pflegenden Angehörigen können eine Kur in Anspruch nehmen, um sich zu erholen und neue Kraft zu schöpfen.

Umgang mit der Diagnose Demenz

Information und Beratung

Information und Beratung spielen eine wichtige Rolle als Hilfestellung bei Demenzerkrankungen. Lassen Sie sich umfassend über Demenz informieren und nutzen Sie eine individuelle Beratung. Es eignen sich dazu spezialisierte Demenz-Beratungsstellen wie beispielsweise Wegweiser Demenz (eine Initiative des Familienministeriums).

Frühzeitige Diagnose und Selbsttests

Um sich frühzeitig Gewissheit zu verschaffen und mögliche Anzeichen einer Demenz-Erkrankung besser einzuschätzen, stehen Ihnen unterschiedliche Demenz-Selbsttest zur Verfügung. Ein Beispiel hierfür sind Online-Selbsttests, die es Ihnen ermöglichen, eigenständig eine erste Einschätzung vorzunehmen. Bitte beachten Sie jedoch, dass ein solcher Selbsttest nicht die Diagnose eines Arztes ersetzen kann.

Die Rolle der Angehörigen

Menschen mit Demenz sind in hohem Maße auf die Fürsorge und Aufmerksamkeit der Umgebung angewiesen. Wird in Ihrem familiären Umfeld eine Demenz-Erkrankung diagnostiziert, fühlen Sie sich als Angehörige vielleicht schnell überfordert - vor allem dann, wenn Sie bisher keine Erfahrungswerte mit dieser Erkrankung sammeln konnten. Doch umso mehr man über Möglichkeiten der Unterstützung bei Demenz weiß, desto eher findet man einen Weg zu einem hilfreichen und einfühlsamen Umgang mit den Herausforderungen der Erkrankung. Gleich zu Beginn sollten Sie wissen: Sie sind nicht allein! Bereits nach kurzer Zeit wird vielen Angehörigen in der Regel bewusst, dass das Thema Demenz künftig viel Zeit beanspruchen wird.

Umgang mit den Herausforderungen im Alltag

Vergesslichkeit, Weglaufen oder Aggressionen bei Demenz - Angehörige haben mit vielen Herausforderungen im Alltag zu kämpfen. Für Pflegende von Demenzerkrankten ist es daher umso wichtiger, sich selbst besser kennenzulernen und geeignete Möglichkeiten zu finden, die der Entspannung dienen.

Psychische Entlastung

Pflegende Angehörige sollten sich bewusst machen, dass es normal ist, auch eigene Emotionen und Bedürfnisse zu haben. Es ist wichtig, sich regelmäßig Zeit für sich selbst zu nehmen, um Kraft zu tanken und sich zu erholen. Dies kann beispielsweise durch regelmäßige Pausen, das Ausüben von Hobbys oder den Austausch mit anderen Angehörigen in Selbsthilfe- oder oder Angehörigengruppen geschehen.

Körperliche Entlastung

Die körperliche Belastung bei der Pflege eines Demenzerkrankten sollte nicht unterschätzt werden. Es ist wichtig, auf die eigene Gesundheit zu achten und sich vor Überlastung zu schützen. Dies kann durch die Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen wie Verhinderungspflege, Tagespflege oder ambulanten Pflegediensten erreicht werden. Zusätzlich sollten Sie sich Informationen über vorhandene Unterstützungsangebote vor Ort einholen, die auf Ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Entspannungstechniken

Viele Krankenkassen bieten kostenlose Online-Kurse für Entspannungstechniken an.

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