Fisher-Syndrom: Neurologie, Ursachen, Symptome, Diagnose und Therapie

Das Fisher-Syndrom (MFS) ist eine seltene neurologische Autoimmunerkrankung, die als eine Variante des Guillain-Barré-Syndroms (GBS) angesehen wird. Es ist gekennzeichnet durch eine Trias von Symptomen: Augenmuskellähmung (Ophthalmoplegie), Koordinationsstörung (Ataxie) und das Fehlen von Reflexen (Areflexie). Obwohl die Prognose in der Regel gut ist, ist es wichtig, die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten zu verstehen.

Fallbeispiel: Polyneuropathie

Um die Komplexität von Polyneuropathien zu veranschaulichen, betrachten wir den Fall von Frau Ambaur, einer 68-jährigen Frau. Seit einem halben Jahr bemerkte sie zunehmende Beschwerden beim Gehen, die sie als "wie ein Storch im Salat" beschrieb. Sie hatte das Gefühl, sich "wie auf rohen Eiern" fortzubewegen und musste sich besonders bei Abendspaziergängen auf ihren Ehemann stützen. Dieser rieb ihr abends die Beine ein, um schmerzhafte Missempfindungen zu lindern, die sie als "Tausende von Tieren, die an ihren Unterschenkeln entlang krabbeln" wahrnahm. Ihre Beine fühlten sich manchmal kalt und wie abgestorben an. In den letzten Wochen bemerkte sie auch Missempfindungen an ihren Händen.

Dieser Fall verdeutlicht die Vielfalt der Symptome, die bei Polyneuropathien auftreten können, und die Notwendigkeit einer umfassenden neurologischen Untersuchung.

Polyneuropathie: Eine Volkskrankheit

Die Polyneuropathie ist eine weit verbreitete Erkrankung, von der schätzungsweise fünf Millionen Deutsche betroffen sind. Der Begriff "Polyneuropathie" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Erkrankung vieler peripherer Nerven". Es handelt sich um eine allgemeine Beschreibung, die auf verschiedene zugrunde liegende Ursachen zurückzuführen sein kann. Die Polyneuropathie ist die Folge einer systemischen Erkrankung, die den gesamten Körper betrifft. Je nach Ursache können entweder die Nervenkabel selbst (Axone) oder deren Hüllschicht (Myelinschicht) geschädigt werden.

Polyneuropathien können akut (rasch fortschreitend innerhalb von Tagen), chronisch (langsam fortschreitend) oder schubförmig verlaufen, insbesondere wenn sie durch das Immunsystem vermittelt werden. In einigen Fällen können auch Hirnnerven betroffen sein, die direkt aus dem Gehirn abgehen und beispielsweise die Gesichtsmuskulatur oder Augenmuskelbewegungen steuern. Der Verlauf und die Schwere einer Polyneuropathie können von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein, selbst wenn die Schädigungsmuster ähnlich sind.

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Symptome der Polyneuropathie

Die Symptome einer Polyneuropathie können vielfältig sein und hängen von den betroffenen Nerven ab. Häufige Beschwerden sind:

  • Missempfindungen: Taubheit, Kribbeln, Brennen oder Temperaturmissempfindungen in Beinen oder Armen. Diese Gefühlsstörungen treten meist symmetrisch auf, beginnen an den Zehen und Füßen und breiten sich dann aufsteigend aus.
  • Verminderte Muskeleigenreflexe: Ausfall des Achillessehnenreflexes.
  • Lähmungen: Bei Fortschreiten der Erkrankung können Lähmungen der körperfernen Muskulatur auftreten, insbesondere eine Beeinträchtigung der Fußhebung.
  • Vegetativ-trophische Störungen: Störungen des autonomen Nervensystems, wie verminderte Schweißsekretion (trockene Füße), Temperaturregulierungsstörungen (warme oder kalte Beine) und Wundheilungsstörungen.

Selten verlaufen Polyneuropathien asymmetrisch oder betreffen die Hirnnerven.

Komplikationen der Polyneuropathie

Eine herabgesetzte Gefühlswahrnehmung durch eine Polyneuropathie kann unbemerkte Verletzungen und Wundheilungsstörungen mit Infektionen zur Folge haben. In schweren Fällen kann sich ein neuropathisches Ulkus bilden. Der "diabetische Fuß" ist neben der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) die häufigste Ursache für Amputationen.

Ursachen der Polyneuropathie

Die Ursachen für Polyneuropathien sind vielfältig und reichen von erworbenen (entzündlichen, Stoffwechsel-, toxischen) bis hin zu erblichen Faktoren und unklaren Ursachen. Die Abklärung der Ursache kann aufwendig sein und sich manchmal erst im Verlauf der Erkrankung klären.

Häufige Ursachen:

  • Erworben:
    • Diabetes mellitus
    • Alkoholmissbrauch
    • Weitere Stoffwechselstörungen (Leber- oder Nierenerkrankung, Schilddrüsenunterfunktion, Porphyrie, Amyloidose)
    • Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen, z.B. Lupus erythematodes)
    • Gefahrenstoffe (Alkohol, Gifte, Medikamente, insbesondere Chemotherapien)
    • Vitaminmangel (z.B. Vitamin B12)
    • Infektionskrankheiten (z.B. Borreliose, Lues, AIDS, Mononukleose, Diphtherie)
    • Paraproteinämien oder Krebserkrankungen als paraneoplastisches Syndrom
    • Autoimmunologisch bedingt (z.B. Guillain-Barré-Syndrom, Miller-Fisher-Syndrom, chronisch inflammatorisch demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (CIDP), Churg-Strauss-Syndrom)
  • Erblich:
    • Vererbbare (hereditäre) Polyneuropathien, z.B. Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung
  • Unklar:
    • Idiopathische Polyneuropathien

Diagnostik der Polyneuropathie

Die Diagnostik einer Polyneuropathie kann sehr umfangreich sein und erfordert eine sorgfältige Anamnese, klinisch-neurologische Untersuchung und verschiedene technische Untersuchungen.

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  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, um Informationen über Verteilung, Art und Dynamik der Schädigung zu erhalten. Es werden mögliche Ursachen wie erbliche Vorbelastung, Stoffwechselerkrankungen, Vitaminmangel, Medikamenteneinnahme, Ernährungs- und Lebensweise sowie Kontakt mit Gefahrenstoffen (Toxinen) im Berufsleben erfragt.
  • Klinisch-neurologische Untersuchung: Feststellung des Schädigungsmusters, um Rückschlüsse auf die Ursache zu ziehen.
  • Blutabnahme: Bestimmung verschiedener Werte, einschließlich Blutzucker (mit HbA1C), Differentialblutbild, Nieren- und Leberwerte, Elektrolyte, Schilddrüsenwerte, differenzierte Eiweißbestimmung (Eiweißelektrophorese), Vitamine, Folsäure und ggf. Rheumafaktoren und Antikörper.
  • Nervenwasseruntersuchung (Liquor): Indiziert bei Verdacht auf eine entzündliche Ursache, z.B. bei Neuroborreliose oder Vaskulitis.
  • Haut-Nerven-Muskelbiopsie: Nur in seltenen Fällen erforderlich, z.B. bei Verdacht auf eine (autoimmun vermittelte) entzündliche Erkrankung, eine Erkrankung der kleinsten Nervenendigungen (Small-Fiber-Polyneuropathie) oder eine bestimmte Stoffwechselerkrankung (Amyloidose).
  • Elektromyographie und Elektroneurographie: Die wesentliche Änderung besteht in einer Störung der Impulsleitung. Daher gehören pathologische Verlängerungen der distalen Latenzzeiten und Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeiten zu den empfindlichsten Laborparametern beim GBS. Sie treten im Verlauf oft früher als die Eiweißerhöhung im Liquor auf.

Therapie der Polyneuropathie

Die Therapie der Polyneuropathie zielt in erster Linie auf die Behandlung der Grunderkrankung ab. Dies kann die Behebung eines Vitaminmangels, die Therapieoptimierung einer Stoffwechselerkrankung (z.B. Diabetes mellitus) oder der Verzicht auf Alkohol umfassen. Bei immunvermittelten Ursachen (z.B. Guillain-Barré-Syndrom) kommen immunmodulierende Therapien wie Immunglobuline oder Plasmaaustausch zum Einsatz.

Zusätzlich zur Behandlung der Ursache werden symptomatische Therapien eingesetzt, um die Beschwerden zu lindern. Hierzu gehören Schmerzmittel, insbesondere Medikamente gegen neuropathische Schmerzen, sowie Physiotherapie und Gangtraining, um Stürzen vorzubeugen. Hautschädigungen und Wundheilungsstörungen müssen vermieden werden.

Miller-Fisher-Syndrom (MFS): Ursachen, Symptome, Diagnose und Therapie im Detail

Das Miller-Fisher-Syndrom (MFS) ist eine seltene Variante des Guillain-Barré-Syndroms (GBS) und gehört zu den entzündlichen Autoimmunerkrankungen des peripheren Nervensystems.

Ursachen des Miller-Fisher-Syndroms

Die genauen Ursachen des MFS sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass eine fehlgeleitete Immunreaktion eine zentrale Rolle spielt. Häufig tritt das MFS nach einer vorangegangenen Infektion auf, insbesondere nach Atemwegs- oder Magen-Darm-Infektionen.

Während einer Infektion bildet das Immunsystem Antikörper, um die Krankheitserreger zu bekämpfen. In einigen Fällen können diese Antikörper jedoch fälschlicherweise auch Nervenzellen angreifen, da sie ähnliche Strukturen aufweisen. Diese Autoimmunreaktion führt zu einer Entzündung der Nerven, die die charakteristischen Symptome des MFS verursacht.

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Es wird vermutet, dass ein Zusammenspiel aus Umweltfaktoren und genetischer Veranlagung die Entstehung des MFS begünstigt.

Symptome des Miller-Fisher-Syndroms

Das MFS äußert sich durch eine charakteristische Trias von Symptomen:

  • Ophthalmoplegie: Lähmung der Augenmuskeln, die zu Schwierigkeiten bei der Augenbewegung und Doppeltsehen (Diplopie) führen kann.
  • Ataxie: Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen, die sich in einem unsicheren Gang und Problemen bei alltäglichen Bewegungen äußern.
  • Areflexie: Verlust oder deutliche Abschwächung der Reflexe, insbesondere der Muskeleigenreflexe.

Zusätzlich zu diesen Hauptsymptomen können weitere Beschwerden auftreten, wie z.B. Gesichtslähmungen, Schluckbeschwerden, Muskelschwäche oder ausgeprägte Müdigkeit.

Diagnose des Miller-Fisher-Syndroms

Die Diagnose des MFS basiert auf der klinischen Untersuchung und dem Vorliegen der typischen Symptomtrias. Ergänzende Untersuchungen können helfen, die Diagnose zu bestätigen und andere Erkrankungen auszuschließen.

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere nach vorangegangenen Infektionen.
  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Augenbewegungen, Koordination, Reflexe und Muskelkraft.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen (ENG/EMG): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um Nervenschäden festzustellen.
  • Liquoranalyse: Untersuchung des Nervenwassers auf Entzündungszeichen und Antikörper.
  • Blutuntersuchung: Nachweis von Autoantikörpern, insbesondere Anti-GQ1b-Antikörpern, die bei einem Großteil der MFS-Patienten vorhanden sind.

Therapie des Miller-Fisher-Syndroms

Es gibt keine spezifische Heilung für das MFS. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und den Genesungsprozess zu unterstützen.

  • Medikamentöse Therapie:
    • Intravenöse Immunglobuline (IVIG): Verabreichung von Antikörpern aus dem Blut gesunder Spender, um die schädlichen Autoantikörper zu neutralisieren.
    • Plasmapherese: Austausch des Blutplasmas, um die Autoantikörper zu entfernen.
  • Physiotherapie und Ergotherapie: Unterstützung bei der Wiederherstellung von Kraft, Beweglichkeit und Koordination.
  • Unterstützende Maßnahmen: Behandlung von Begleitsymptomen wie Schmerzen, Übelkeit oder Schluckbeschwerden.

Verlauf und Prognose des Miller-Fisher-Syndroms

Die Dauer des MFS kann von Patient zu Patient variieren. In den meisten Fällen entwickeln sich die Symptome innerhalb von Tagen bis Wochen nach einer Infektion. Die akute Phase der Erkrankung kann einige Wochen bis mehrere Monate dauern. Danach beginnt oft die Erholungsphase, die sich über Monate oder sogar Jahre erstrecken kann.

Die Prognose des MFS ist in der Regel gut. Die meisten Patienten erholen sich innerhalb von Wochen bis Monaten vollständig oder nahezu vollständig von den Symptomen. Einige Betroffene können jedoch Spätfolgen wie anhaltende Schwäche, Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen oder dauerhaftes Doppeltsehen entwickeln.

Eine frühzeitige Diagnose und eine angemessene medizinische Betreuung sind entscheidend für eine gute Prognose. Mit der richtigen Behandlung und konsequenter Rehabilitation haben die meisten Patienten eine sehr gute Chance auf eine weitgehende Genesung.

Leben mit dem Miller-Fisher-Syndrom

Das MFS kann das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen, insbesondere während der akuten Phase. Es ist wichtig, sich professionelle Unterstützung zu suchen und Strategien zu entwickeln, um mit den körperlichen und psychischen Belastungen der Erkrankung umzugehen.

  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann das Immunsystem stärken und den Heilungsprozess unterstützen.
  • Bewegung: Regelmäßige, leichte Bewegung kann die Muskelkraft und Koordination verbessern.
  • Stressmanagement: Stress kann die Symptome verschlimmern. Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen.
  • Soziale Kontakte: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann wertvolle Unterstützung bieten.
  • Psychologische Unterstützung: Eine professionelle psychologische Betreuung kann helfen, mit Ängsten, Depressionen und anderen psychischen Belastungen umzugehen.

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