Fokale Epilepsie: Behandlungsmöglichkeiten im Überblick

Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen und kann in vielen Fällen mit Medikamenten gut behandelt werden. Eine besondere Herausforderung stellen jedoch die fokalen Epilepsien dar, bei denen die Anfälle von einem begrenzten Bereich im Gehirn ausgehen. Da Medikamente bei dieser Form oft nicht die gewünschte Wirkung erzielen, sind alternative Behandlungsansätze gefragt.

Was ist fokale Epilepsie?

Epilepsie (ICD-10 G40) ist der Oberbegriff für zerebrale Funktionsausfälle aufgrund einer neuronalen Netzstörung. Leitsymptom sind wiederholte Anfälle. Definiert ist ein epileptischer Anfall als ein vorübergehendes Auftreten von subjektiven Zeichen und/oder objektivierbaren Symptomen aufgrund einer pathologisch exzessiven und/oder synchronisierten neuronalen Aktivität im Gehirn. Abhängig von Ort und Ausprägung der Anfälle variiert die Phänomenologie beträchtlich. So gibt es nur wenige Sekunden dauernde motorische und sensible Episoden, Absencen, Abläufe mit Zuckungen einer Extremität, komplexe Bewegungs- und Bewusstseinsphänomene sowie die klassischen tonisch-klonischen Anfälle.

Fokale Epilepsien, bei denen der Ursprung der Anfälle in einem kleinen Teil des Gehirns liegt, machen etwa ein Drittel aller Epilepsieerkrankungen aus. Im Gegensatz zu generalisierten Epilepsien, bei denen das gesamte Gehirn betroffen ist, sind bei fokalen Anfällen nur bestimmte Hirnareale betroffen. Die Symptome können je nach betroffenem Gebiet variieren, von einfachen Muskelzuckungen bis hin zu komplexen Anfällen mit Bewusstseinsverlust.

Klassifikation fokaler Anfälle

Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) unterscheidet grundsätzlich zwischen Anfällen mit fokaler, generalisierter oder unbekannter Ausbreitung. Darüber hinaus werden diese in Formen mit motorischen und nicht-motorischen Bewegungsstörungen eingeteilt. Bei fokal beginnenden Anfällen wird zusätzlich unterschieden, ob der Patient bei Bewusstsein ist oder nicht. Fokale und generalisierte Anfälle können einzeln (inklusive mehrerer fokaler oder generalisierter Ereignisse) oder zusammen auftreten.

Anfälle mit fokalem Beginn haben ihren Ursprung in einem begrenzten Neuronensystem innerhalb einer Hemisphäre. Sie werden entsprechend der motorischen Initialsymptomatik klassifiziert und in Anfälle mit und ohne Bewusstseinsstörung eingeordnet.

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Fokal beginnende Anfälle mit motorischer Initialsymptomatik können sich äußern durch:

  • Automatismen (zum Beispiel unwillkürliches Lecken der Lippen, Schmatzen, Gestikulieren und Wortwiederholungen)
  • atonische Anfälle (Reduktion oder Verlust des Muskeltonus)
  • klonische Anfälle (unwillkürliche rhythmische Muskelzuckungen)
  • epileptische Spasmen (rasche blitzartige Muskelanspannungen)
  • hyperkinetische Anfälle (agitierte Motorik)
  • myoklonische Anfälle (unwillkürliche kurze, nicht-rhythmische Muskelzuckungen)
  • tonische Anfälle (Muskelanspannung bzw. Versteifung einzelner Muskelgruppen)

Fokale Anfälle ohne initial-motorische Störungen können folgenden Charakter haben:

  • autonom (zum Beispiel epigastrales Wärmegefühl, Schwitzen, Hautblässe, Inkontinenz oder Piloerektion)
  • mit Arrest-Symptomatik (Innehalten mit völligem Bewegungsverlust)
  • kognitiv (zum Beispiel Träumen oder verzerrte Zeitwahrnehmung)
  • emotional (zum Beispiel Wut-, Angst- oder Glücksgefühle)
  • sensorisch (vor allem visuelle, auditive, gustatorische, olfaktorische, vertiginöse und sensible Veränderungen)

Fokal beginnende Anfälle ohne Bewusstseinseinschränkung entsprechen den bisher als „einfach-fokal“ bezeichneten Anfällen. Die Anfälle weisen häufig auf eine intrazerebrale Läsion hin. Sie können im Verlauf zu einer Bewusstseinsstörung führen oder in generalisierte Anfälle übergehen.

Wesentliche Formen im klinischen Alltag sind:

  • Fokal beginnende Anfälle mit motorischen Symptomen und Ausbreitungstendenz (Jackson-Anfälle)
  • Fokal beginnende Anfälle mit motorischen Symptomen ohne Ausbreitungstendenz

Ursachen fokaler Epilepsie

Epilepsien und die damit verbundenen Anfälle sind auf eine Vielzahl von Ursachen zurückzuführen. Aktuell werden folgende Ätiologien unterschieden:

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  • Strukturelle Ursachen: Eine strukturelle Epilepsie ist mit umschriebenen pathologischen Hirnveränderungen assoziiert. Diese können erworben oder genetisch bedingt sein. Epileptogene Läsionen sind beispielsweise Hirntumore und Hirninfarkte, Kontusionsdefekte, vaskuläre Malformationen, Enzephalozelen, fokale kortikale Dysplasien, Polymikrogyrie der kortikalen Neurone, hypothalamische Hamartome oder eine Hippocampussklerose. Ebenso kann eine perinatale Hirnschädigung, oft infolge von Sauerstoffmangel während des Geburtsvorgangs, eine Epilepsie verursachen.
  • Genetische Ursachen: In den letzten Jahren wurden mehrere Hundert Gene und Gen-Veränderungen identifiziert, die vermutlich oder sicher eine Epilepsie (mit)verursachen. Ferner können nicht läsionelle fokale Epilepsien (non-acquired focal epilepsy, NAFE) in Teilen genetisch determiniert sein (speziell DEPDC5-Mutationen). So gibt es eine Reihe familiärer fokaler Epilepsiesyndrome, die klassischen Mendel’schen Erbgängen folgen - etwa die autosomal-dominante nächtliche Frontallappenepilepsie (ADNFLE) oder die autosomal-dominante laterale Temporallappenepilepsie (ADLTE).
  • Infektiöse Ursachen: Infektionen sind die weltweit häufigste Ursache von Epilepsie. Eine infektiöse Ätiologie bezieht sich auf Patienten mit Epilepsie und nicht auf Patienten, die Anfälle im Verlauf einer akuten Infektion erleiden. Infektiöse Ursachen können regional variieren; typische Beispiele sind Neurozystizerkose, Tuberkulose, HIV, zerebrale Malaria, subakute sklerosierende Panenzephalitis, zerebrale Toxoplasmose und kongenitale Infektionen - etwa durch das Zika- oder Zytomegalie-Virus. Zudem sind post-infektiöse Entwicklungen einer Epilepsie möglich, beispielsweise nach einer viralen Enzephalitis.
  • Metabolische Ursachen: Eine metabolisch verursachte Epilepsie ist direkte Folge einer Stoffwechselstörung, die epileptische Anfälle als Kernsymptomatik aufweist. Es wird angenommen, dass die meisten metabolisch bedingten Epilepsien einen genetischen Hintergrund haben und nur selten erworben sind.
  • Immunologische Ursachen: Eine immunologische Epilepsie ist auf eine autoimmun vermittelte Entzündung des ZNS zurückzuführen. Hierzu gehören vor allem die Kalium-Kanal-Antikörper (LGI1)-bedingte limbische Enzephalitis und die NMDA-Rezeptor-Antikörper assoziierte Enzephalitis (NMDA = N-Methyl-D-Aspartat).
  • Unbekannte Ursachen: Neben den zuverlässig differenzierbaren Epilepsien gibt es Formen, deren Ursache (noch) nicht bekannt ist. Eine spezifischere Diagnose als die elektro-klinische Einordnung, etwa als Frontallappenepilepsie, ist bei diesen Patienten nicht möglich.

Diagnostik der fokalen Epilepsie

Die Diagnose von Epilepsie und die Bestimmung der Anfallsform sind entscheidend für die Wahl der richtigen Behandlung. Die Epilepsiediagnostik ist ein Prozess, bei dem verschiedene Untersuchungen durchgeführt und deren Ergebnisse aufeinander bezogen werden müssen. Was spürt der/die Betreffende selbst vor, während und nach dem Anfall? Da häufig Teile des Anfalls oder der ganze Anfall nicht bewusst miterlebt werden, ist eine möglichst gute Fremdbeschreibung - z.B. durch Angehörige, Freunde, Arbeitskollegen - unverzichtbar. Hilfreich kann auch die Aufzeichnung einer kurzen Videosequenz mit dem Handy sein. Wenn nötig, kann die Anfallsbeschreibung auch durch eine Videobeobachtung in einer spezialisierten Klinik - z.B. einem Epilepsiezentrum - im Rahmen eines stationären Aufenthalts ergänzt werden. Eine kurze Beschreibung des ersten Anfalls. Welche Medikamente werden bzw. wurden bereits eingenommen. Bei welchem Medikament traten weniger Anfälle und/oder Nebenwirkungen auf? Gab es Medikamente, die den Ablauf der Anfälle günstig beeinflusst haben?

Zu den wichtigsten diagnostischen Verfahren gehören:

  • Elektroenzephalogramm (EEG): Das EEG misst die elektrische Aktivität des Gehirns und kann epilepsietypische Potenziale aufzeichnen. Statt des bislang üblichen EEG soll nun eine Kombination aus einem hochaufgelösten EEG und zwei weiteren Bildgebungsverfahren genauere Ergebnisse liefern.
  • Magnetoenzephalogramm (MEG): Das MEG erfasst die Magnetfelder, die durch die elektrische Aktivität im Gehirn entstehen. Durch die Kombination von Daten, die neben der elektrischen Aktivität auch die auftretenden Magnetfelder abbilden (Magnetoenzephalogramm, MEG), kann durch komplexe mathematisch-physikalische Berechnungen die Lokalisation der Anfallsursprungszone im Gehirn optimiert werden.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Mit Hilfe der MRT-Untersuchung (auch Kernspintomogramm genannt) können hirnorganische Veränderungen sichtbar gemacht werden. Diese können Hinweise auf die Ursache der Epilepsie bzw. der epileptischen Anfälle geben.
  • Langzeit-Video-EEG-Ableitung: Hierbei handelt es sich um eine videoüberwachte EEG-Überwachung, welche in speziell ausgerüsteten Patientenzimmern erfolgt. Die Dauer der Ableitung beträgt mind.
  • Neuronavigation einschließlich MEG und intraoperativem MRT: Zur Planung einer funktionserhaltenden Epilepsiechirurgie ist die Neuronavigation einschließlich MEG und intraoperativem MRT eingerichtet.

Ein aktuelles Forschungsprojekt namens PerEpi befasst sich ausschließlich mit nicht-invasiven Verfahren, um die Anfallsursprungszone im Gehirn genauer zu bestimmen. Durch die Kombination von hochauflösendem EEG und MEG sowie komplexen mathematisch-physikalischen Berechnungen soll die Lokalisation der Anfallsursprungszone optimiert werden. Im Rahmen des Projekts wurde eine Software entwickelt, die automatisch ein individuelles und genaues Kopfmodell auf Grundlage von MRT-Daten erstellt und mit EEG- und MEG-Daten verknüpft. Dabei kommen auch Methoden des maschinellen Lernens zum Einsatz.

Behandlungsmöglichkeiten der fokalen Epilepsie

Die Behandlung der fokalen Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Es ist wichtig, je nach Anfallsform, Ausprägung, Epilepsie-Syndrom und bisherigem Behandlungserfolg, verschiedene therapeutische Ansätze zu integrieren, von Medikamenten, über psychologische und soziale Maßnahmen, bis hin zu chirurgischen Eingriffen (sofern es sich um eine pharmakoresistente Epilepsie handelt). Eine solche Integration erfordert auch die Zusammenarbeit verschiedener Institutionen, der Angehörigen, Arbeitskolleg*innen bzw.

Die Therapiekonzepte sind individuell und multimodal. Die Behandlung der Epilepsie richtet sich nach dem individuellen Krankheitsbild, den Lebensumständen des betroffenen Menschen und seinen Bedürfnissen. Neben der Ursache der Epilepsie werden auch die Anfallsform, zusätzlich bestehende Krankheiten und weitere medizinische Befunde zur Diagnose und Auswahl der richtigen Medikamente bzw. Behandlungsmöglichkeit herangezogen. So wirken manche Medikamente zum Beispiel nur bei bestimmten Epilepsie-Syndromen, während die Epilepsiechirurgie häufig nur bei fokalen Epilepsien anwendbar ist. Auch das Alter des Betroffenen bei Krankheitsbeginn spielt eine sehr wichtige Rolle.

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Die wichtigsten Behandlungsoptionen sind:

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie ist die Basis der Epilepsiebehandlung. Zur Behandlung von Epilepsie werden sogenannte Antikonvulsiva eingesetzt. Das sind Medikamente, welche die Nervenzellen im Gehirn so stabilisieren, dass sie nicht zu schnell entladen - zu schnelle, unkontrollierte und synchronisierte Entladung im Gehirn führt zu einem epileptischen Anfall. Epilepsiemedikamente werden in der Regel zweimal täglich eingenommen. Es gibt wenige Medikamente, die nur einmal täglich eingenommen werden und auch wenige Medikamente, die öfter als zweimal eingenommen werden.

Die Therapie bzw. welches Antikonvulsivum gegen Anfälle das richtige ist, hängt von der Art der Epilepsie (fokal oder generalisiert) und der Art der Anfälle ab (fokal, generalisiert, Absencen, Myoklonie etc.). Ihr Neurologe wird wissen, welches das richtige Medikament ist - hier kann man auch ganz spezifisch aussuchen. Hinzu kommt, andere wichtige Faktoren abzuklären - beispielsweise wird bei Frauen im gebärfähigen Alter geschaut, ob eine Empfängnisverhütung betrieben wird und ob es da Interaktionen gibt. Gerade Menschen im höheren Lebensalter wird geschaut, ob es mit etwaigen anderen Medikamenten Interaktionen zwischen den Medikamenten gibt. Außerdem wird auf andere Komorbiditäten, also andere Erkrankungen geachtet, die vielleicht durch die Medikamente auch beeinträchtigt werden können. Häufig ist es so, dass der Neurologe bei der Auswahl einer Therapie zwei oder drei verschiedene Optionen und deren Vor- und Nachteile vorstellt und Sie mitentscheiden können, für welches Medikament Sie sich entscheiden.

Die verwendeten Anfallssuppressiva und Medikamente werden immer in enger Abstimmung mit Arzt oder Ärztin gewählt. Mittel wie Valproat werden jedoch häufiger als andere für die Behandlung idiopathischer generalisierter Epilepsiesyndrome verschrieben, während z. B. Ethosuximid vor allem bei Absencen im Schulkindalter verwendet wird, da es besser verträglich ist. Da es aber noch weitaus mehr Faktoren bei der Auswahl zu berücksichtigen gilt, ist das vertrauensvolle Verhältnis zwischen behandelndem Ärztinnen und Ärzte und Patient*in sehr wichtig.

Gemäß den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und zusätzlichen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie (DGfE) werden zwei Medikamente, Lamotrigin und Levetiracetam, für die Ersttherapie bei neu diagnostizierter fokaler Epilepsie empfohlen. Diese Empfehlungen basieren unter anderem auf der SANAD II Studie. Andere Medikamente haben individuelle Nachteile, etwa bestimmte Wechselwirkungen, Kontraindikationen oder vermehrte bzw. spezielle Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Schwindel, Sprachstörungen, Gewichtszunahme, Zittern oder Haarausfall, können aber in bestimmten Fällen als erste Wahl in Betracht gezogen werden. Das gilt zum Beispiel für Carbamazepin, Gabapentin, Oxcarbazepin, Topiramat, Valproat und Zonisamid.

Ein zentraler Aspekt ist, ob die Epilepsie mit einem oder mehreren Medikamenten behandelt werden sollte. In der Regel wird mit einer Monotherapie begonnen. Wenn diese nicht erfolgreich ist, kann eine zweite Monotherapie oder auch bereits eine Kombinationstherapie in Erwägung gezogen werden.

Die Monotherapie, bei der nur ein Antikonvulsivum eingesetzt wird, ist in der Regel der erste Schritt in der Behandlung von Epilepsie. Der Vorteil dieser Methode liegt in ihrer Einfachheit: Es gibt eine klare Übersicht über Wirksamkeit und Nebenwirkungen, und die Medikamenten-Compliance der Patientinnen und Patienten ist am höchsten. Bei Epilepsien fokalen Ursprungs sind beispielsweise Carbamazepin, Lamotrigin, Levetiracetam, Topiramat und Valproinsäure Mittel der ersten Wahl.

Die Kombinationstherapie kommt ins Spiel, wenn die Monotherapie nicht den gewünschten Erfolg bringt. Hier werden zwei oder mehr Antikonvulsiva kombiniert, um verschiedene, sich ergänzende Wirkmechanismen zu nutzen. Dies kann die Wirksamkeit der Behandlung erhöhen. Die Entscheidung zwischen Mono- und Kombinationstherapie sollte immer individuell getroffen werden, basierend auf dem klinischen Bild der Patientinnen und Patienten, den bisherigen Therapieerfahrungen und den potenziellen Nebenwirkungen der Medikamente.

Oberstes Ziel einer jeden antiepileptischen Therapie muss Anfallsfreiheit oder doch wenigstens Anfallskontrolle sein und zwar mit möglichst geringen Nebenwirkungen. Es gibt beträchtliche Unterschiede in Bezug auf das Risiko für Nebenwirkungen. So sind bei Phenobarbital oder Primidon sehr viel häufiger negative Auswirkungen zu erwarten als bei Carbamazepin oder Valproat. Einige Anfallssuppressiva, wie z. B. Lamotrigin und Levetiracetam, zeichnen sich durch deutlich seltener auftretende kognitive Nebenwirkungen aus. Das Risiko steigt auch mit der Anzahl der Medikamente, die eine Therapie …

Epilepsiechirurgie

Wenn Medikamente nicht ausreichen, kann oftmals ein operativer Eingriff zur Anfallsfreiheit oder zumindest zu deutlicher Reduktion der Anfälle führen. Die Entscheidung über die Anwendung epilepsiechirurgischer Therapieverfahren wird in der interdisziplinären Konferenz zwischen Neurologen, Neuropsychologen, Neurochirurgen, Nuklearmedizinern, Neuroradiologen und Neuropathologen sorgfältig abgewogen.

Eine Epilepsie-Chirurgie kommt aktuell nur bei 15 bis 20 Prozent der Betroffenen in Betracht - der Rest ist auf Medikamente angewiesen, die nicht oder nur eingeschränkt wirken. Dank der Hilfe einer Softwareentwicklung, um automatisch ein individuelles und genaues Kopfmodell auf Grundlage von MRT-Daten der Patientin oder des Patienten zu erstellen und zusammen mit EEG und MEG Daten zu verknüpfen. Dabei werden auch Methoden des maschinellen Lernens angewandt. Diese Methode bietet gleich mehrere Vorteile: Dank ihrer Hilfe kann nicht nur die Erfolgschance bei einer Operation erhöht werden, sondern auch die Anzahl der Betroffenen, bei denen ein chirurgischer Eingriff überhaupt möglich wird - denn dafür muss die Anfallsursprungszone bekannt sein.

Kommt es zu einer positiven OP-Entscheidung, wird jeder Eingriff mit Hilfe modernster Technologie gemeinsam geplant und durchgeführt. Die Epilepsiechirurgie umfaßt mehrere Methoden. Welche davon beim einzelnen Patienten zur Anwendung gelangt, muß in Abhängigkeit von den diagnostischen Befunden entschieden werden.

Resektionsverfahren: Bei diesem Verfahren wird epileptogenes Gewebe aus dem Hirn entfernt. Angestrebt wird dadurch eine gänzliche Anfallsfreiheit. Um eine epileptische Erkrankung mittels einer Resektion therapieren zu können, muß der epileptische Herd genau eingrenzbar sein. Es darf sich nur um einen einzigen Herd handeln (Unifokalität) und dieser darf nicht in funktionell bedeutsamen Hirnarealen (also in Bereichen, die z. B. für die Sprache oder die Motorik zuständig sind) liegen. Der Fokus muß für den Neurochirurgen erreichbar sein. Um bei möglichst geringen Gewebsentfernungen bestmöglichen therapeutischen Nutzen zu erreichen, hat man sog. Tailored Resections (maßgeschneiderte Resektionen) entwickelt. Bei dieser Operationstechnik wird während der Operation das Ausmaß der Gewebsentfernung durch EEG-Ableitungen am offenen Gehirn (Elektrocorticographie, ECOG) festgelegt.

Diskonnektionsverfahren: Die Unterbrechungsverfahren werden eingesetzt, wenn eine Resektion nicht möglich ist. Ihre Wirkung beruht darauf, daß die Ausbreitung der epileptischen Erregung im Gehirn durch eine gezielte Durchtrennung von Nervenbahnen unterbrochen wird. Bei der Multiplen Subpialen Transsektion (MST) durchtrennt man direkt unter der Hirnhaut liegende nervale Leitungsbahnen. Sie kommt z. B. bei Herden im Bereich funktionell wichtiger Hirnzentren zum Einsatz. Eine Callosotomie (Balkendurchtrennung) stellt eine tiefer im Hirn gelegene Durchtrennung von Nervenfasern dar.

Bestrahlungstherapie:

Neurostimulation

Bei der Neurostimulation werden Strukturen im Gehirn oder solche, die dort hinführen (wie der Vagus-Nerv), mit niedriger Stromstärke stimuliert. Im direkten Vergleich scheint die Tiefe Hirnstimulation - die allerdings nur unter bestimmten Bedingungen in Frage kommt - effektiver als die Vagus-Nerv-Stimulation zu sein. 20-30 Prozent aller Epilepsiepatienten sprechen nicht ausreichend auf eine medikamentöse Behandlung an und / oder können aus verschiedenen Gründen nicht operiert werden.

Vagusnervstimulation (VNS): Die VNS steht bereits seit Mitte der 90er Jahre als erfolgversprechende Behandlungsalternative zur Verfügung. Hierbei wird der 10. Dafür muss ein Pulsgenerator in eine Hauttasche unter dem linken Schlüsselbein eingesetzt und mittels eines Elektrodenkabels eine Verbindung zum 10. Hirnnerv im linken Halsbereich hergestellt werden. Dies erfolgt im Rahmen einer (minimalinvasiven) 1,5-stündigen OP unter Vollnarkose. In der Regel können die Patienten bereits am Folgetag nach Aktivierung des Systems entlassen werden.

Nicht-invasive Vagusnervstimulation (nVNS): Dies ist die Weiterentwicklung der VNS, bei der keine Operation und kein Klinikaufenthalt erforderlich sind. Allerdings liegt die Effektivität deutlich unter der der konventionellen Methode. Spezielle Nervenfasern werden hier über eine Ohrelektrode am Ohr durch sanfte elektrische Impulse aktiviert (Neurostimulation).

Transkranielle Magnetstimulation (TMS): Bei der Transkraniellen Magnetstimulation erfolgt die Stimulation durch die Schädeldecke und erreicht so die übererregten Hirnstrukturen.

Tiefe Hirnstimulation (DBS): Bei diesem Verfahren werden Elektroden in bestimmte Strukturen meist auf beiden Seiten des Gehirns implantiert. Die Tiefe Hirnstimulation ist bei Menschen mit Bewegungsstörungen etabliert und zur Therapie des M. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass die Tiefe Hirnstimulation zu einer Reduzierung der Anfallshäufigkeit führt, wenn eine bestimmte Hirnregion - der anteriore Thalamus - stimuliert wird; besonders profitiert haben Menschen mit komplex-fokalen (bzw. automotorischen) Anfällen und Menschen mit Temporallappenepilepsien.

Ketogene Diät

In bestimmten Fällen kann neben der medikamentösen Therapie auch eine Diät (z.B. die ketogene Diät) in Frage kommen. Durch Ernährungsumstellung epileptische Anfälle verringern? Dabei wird die Ernährung auf fettreichere, kohlenhydratreduzierte Produkte umgestellt. Wer jetzt an Currywurst, Braten und Burger denkt, liegt falsch. Die ketogene Diät ist das genaue Gegenteil. Es werden vorwiegend gesunde Fette verwendet. So kann nicht nur die Anzahl epileptischer Anfälle verringert, sondern auch Ihr Ernährungszustand verbessert werden.

Verhaltenstherapie und Anfallsselbstkontrolle

Parallel zur medikamentösen Epilepsietherapie kann auch der verhaltenstherapeutische Ansatz der Anfallsselbstkontrolle in die Behandlung integriert werden. Verhaltensorientierte Strategien werden meist ergänzend zu Ihrer medikamentösen Therapie eingesetzt und in der Regel von Ihrer Krankenkasse bezahlt. ​​​​​​​Nach und nach lernen Sie, Ihre Krankheit besser zu verarbeiten, zu akzeptieren und mit ihr umzugehen. Durch die psychische Entlastung kann es zu einer deutlichen Verbesserung der Anfallssituation kommen, besonders dadurch, dass die Angst vor der Krankheit gemildert wird.

Bei manchen Menschen führen bestimmte Auslöser, wie ein Schreck oder Flackerlicht, fast immer zu einem Anfall. Manche anfallsfördernde Faktoren erhöhen erst in Kombination die Wahrscheinlichkeit eines Anfalls: Hier führt dann ein Schreck zum Beispiel nur bei zusätzlicher Anspannung oder Müdigkeit zu einem Anfall. Um solche Zusammenhänge zuverlässig zu entdecken, ist eine genaue Beobachtung erforderlich, am besten in Form eines Tagebuchs. Hier halten Sie fest, welche Faktoren Ihre Anfälle fördern, wie diese aussehen und wie oft und in welchen Formen sie auftreten, aber auch, in welchen Situationen selten oder nie Anfälle auftreten. Diese „stabilen Lebenssituationen“ sind für die Behandlung sehr wichtig.

Wenn wir anfallsfördernde Faktoren ermittelt haben, erarbeiten wir gemeinsam mit Ihnen einen gesundheitsfördernden Umgang mit diesen Situationen. Anfallsauslöser wie Flackerlicht können Sie zum Beispiel durch das Tragen einer dunklen Brille vermeiden. Faktoren, wie Schreck oder Wetterwechsel, sind unvermeidlich. Wenn man allerdings herausgefunden hat, dass zusätzliche Risikofaktoren, wie Schlafmangel oder Stress, eine Rolle spielen, kann man versuchen, diese zu beeinflussen.

Wenn der Anfall mit einer Aura beginnt, gibt es eine weitere Möglichkeit der Anfallsabwehr: die Unterbrechung der Aura. Die Grundregel für ein wirksames „Gegenmittel“ lautet, dass das „Gegenteil“ der Anfallssymptome versucht werden sollte: Einem „epileptischen Kribbeln“ wird durch Reiben der betroffenen Körperstelle begegnet, ein komischer Geschmack im Mund kann durch Einnahme einer Prise Salz unterbrochen werden, bei plötzlicher und intensiver Wahrnehmung der Farbe Rot wird intensiv an die Farbe Grün gedacht. Das Gegenmittel aktiviert gezielt die Nervenzellen, die dem epileptischen Herd benachbart sind, und verhindert so die Ausbreitung der Anfallsaktivität im Gehirn. Die Entwicklung von Strategien der Anfalls-Unterbrechung kann durch EEG-Biofeedback-Verfahren unterstützt werden.

Leben mit fokaler Epilepsie

Die Behandlung von Epilepsie zielt nicht nur auf die Kontrolle epileptischer Anfälle ab, sondern berücksichtigt den gesamten Menschen in seiner individuellen Lebenssituation. Es geht darum, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern und ihnen trotz der Erkrankung ein erfülltes Leben zu ermöglichen. Dabei stehen nicht nur medizinische Aspekte im Vordergrund, sondern auch psychologische, soziale und emotionale Faktoren. Die Epilepsie wird als Systemerkrankung betrachtet, die nicht nur Anfälle verursacht, sondern auch andere Bereiche des Lebens beeinflussen kann. Daher ist ein ganzheitlicher, interdisziplinärer Ansatz in der Behandlung essentiell.

Die Beziehung zwischen Ärztinnen und Ärzte und Patientinnen und Patienten ist zentral. Es geht nicht nur darum, eine Krankheit zu behandeln, sondern einen Menschen in einer bestimmten Lebensphase mit all seinen Ängsten, Hoffnungen und Wünschen. Komplexität: Epilepsien sind nicht nur durch Anfälle gekennzeichnet. Das Hauptziel der Therapie ist es, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Anfallsfreiheit ist oft ein Schlüssel dazu, aber nicht das einzige Ziel. Angst: Anfälle können Angst und Unsicherheit verursachen. Die Wahl des richtigen Antikonvulsivums: Alter, Gewicht, Kontraindikationen, Allergien, Geschlecht, Ausprägung des Anfallsgeschehens und viele weitere Faktoren beeinflussen die Wahl des richtigen Medikaments. Zu Beginn der Therapie kann die Auswahl der richtigen Anfallssuppressiva, sowie die Entscheidung zwischen Mono- und Kombinationstherapie einige Zeit in Anspruch nehmen.

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