Folsäuremangel: Ursachen, neurologische Symptome und Behandlung

Folsäure, auch bekannt als Folat oder Vitamin B9, ist ein essenzielles wasserlösliches Vitamin aus dem B-Komplex. Der Körper kann Folsäure nicht selbst herstellen, daher muss sie über die tägliche Nahrung aufgenommen werden. Folsäure spielt eine zentrale Rolle bei der DNA-Synthese und Zellteilung. Ein Mangel kann schwerwiegende Folgen haben, insbesondere neurologische Symptome und Blutarmut. Alle Inhalte werden von medizinischen Fachjournalisten überprüft.

Was ist Folsäure und warum ist sie wichtig?

Folsäure ist wichtig für die Herstellung der Erbsubstanz und damit für das Wachstum und die Vermehrung von Zellen. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Produktion der roten und weißen Blutkörperchen (Erythrozyten, Leukozyten). Für den Embryo ist Folsäure von existenzieller Bedeutung, da sich das Nervengewebe nur bei ausreichender Folsäurekonzentration richtig entwickeln kann. Erwachsene benötigen pro Tag etwa 300 Mikrogramm Folat-Äquivalente, wobei Schwangere 550 µg/Tag und Stillende 450 µg/Tag benötigen.

Ursachen für einen Folsäuremangel

Ein Folsäuremangel ist selten, kann aber unter gewissen Umständen auftreten. Mehr als 80 % der Erwachsenen nehmen mit ihrer Nahrung weniger als die empfohlene Tagesmenge des Biofaktors zu sich. Die möglichen Ursachen für einen Mangel sind vielfältig:

  • Mangelernährung: Eine nicht ausreichende Zufuhr von Folsäure durch die tägliche Ernährung ist eine der Hauptursachen. Insbesondere ältere Menschen nehmen über die Nahrung zu wenig Folate auf.
  • Alkoholismus: Menschen mit schädlichem Alkoholgebrauch nehmen aufgrund der häufig beobachteten Fehlernährung ebenfalls zu wenig Folate auf. Zusätzlich kommt es zu alkoholbedingten Stoffwechselbeeinträchtigungen, die die Folsäureaufnahme negativ beeinflussen können.
  • Erhöhter Bedarf: In bestimmten Lebenssituationen steigt der Folsäurebedarf an. Schwangere und stillende Frauen sind aufgrund ihres erhöhten Folsäurebedarfs anfälliger für die Entwicklung eines Mangels. Bei chronischen Blutverlusten und chronischer Hämolyse (Auflösung von roten Blutkörperchen) kommt es zu einer gesteigerten Erythropoese (Neubildung der roten Blutkörperchen) und dadurch zu einem erhöhten Folsäurebedarf.
  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Bei Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Zöliakie sowie nach Dünndarmoperationen ist die Folsäure-Resorption beeinträchtigt. Malabsorption, beispielsweise aufgrund von Darmerkrankungen, kann den Körper in einen Mangelzustand geraten lassen.
  • Lang dauernde Antibiotikatherapie: Die langfristige Einnahme bestimmter Medikamente, die die Folsäureverarbeitung behindern, kann zu einem Mangelzustand führen.
  • Behandlung mit Methotrexat: Methotrexat ist ein Medikament, das in der Chemotherapie eingesetzt wird und die Folsäureaufnahme beeinträchtigen kann.
  • Tumoren: Tumoren können den Folsäurebedarf erhöhen.
  • Stress: Stress kann den Folsäurebedarf erhöhen.
  • Genetische Defekte: Seltene genetische Mutationen, wie jene, die zu einer hereditären Folat-Malabsorption führen, können die Aufnahme und Verwertung von Folat erheblich beeinträchtigen.

Neurologische Symptome eines Folsäuremangels

Ein Folsäuremangel kann eine Reihe von neurologischen Symptomen verursachen. Ausfälle am peripheren und zentralen Nervensystem werden in Verbindung mit einem Folsäuremangel gebracht. Dabei kann es zu Polyneuropathie-Symptomen sowie Läsionen der langen Rückenmarksbahnen und psychischen Beschwerden kommen. Beobachtet werden Kribbeln in Händen und Füßen und Gangunsicherheit. Diese Symptome sind mit den Beschwerden bei einem Vitamin B12-Mangel vergleichbar.

Weitere Symptome können sein:

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  • Müdigkeit, Schwäche, häufige Kopfschmerzen, Reizbarkeit
  • Depression und Reizbarkeit
  • Kognitive Beeinträchtigungen und möglicherweise ein erhöhtes Risiko für Demenz
  • Erhöhter Homocysteinwert, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Thrombosen, Schlaganfall, depressive Verstimmungen oder Alzheimer-Demenz erhöhen kann.

Es ist wichtig zu beachten, dass ein Folsäuremangel neurologische Symptome eines Vitamin B12-Mangels überdecken kann. Daher sollte vor der Behandlung eines Folsäuremangels stets ein Vitamin-B12-Mangel ausgeschlossen werden, da die unzureichende Behandlung eines Vitamin-B12-Mangels zu irreversiblen neurologischen Schäden führen könnte.

Weitere Symptome eines Folsäuremangels

Neben den neurologischen Symptomen kann ein Folsäuremangel auch andere Symptome verursachen:

  • Folsäuremangelanämie (megaloblastär-hyperchrome Anämie): Bei einem Folsäuremangel werden rote Blutkörperchen hergestellt, die in ihrer Funktion gestört sind. Es kommt zur Blutarmut. Die roten Blutkörperchen sind vergrößert (makrozytär) und weisen einen erhöhten Hämoglobingehalt auf (hyperchrom). Müdigkeit ist ein erster Hinweis auf eine Blutarmut durch Folsäuremangel. Weitere Symptome sind Blässe, Atemnot, besonders bei Belastung, Abgeschlagenheit mit Leistungsknick.
  • Entzündungen der Schleimhäute: Insbesondere der Darmschleimhaut, was zu Durchfall führen kann.
  • Kribbeln auf der Zunge, Zungenbrennen: Entzündlich gerötete, „glatte“ Zunge. Abflachungen des Zungenreliefs, Schleimhautveränderungen in der Mundhöhle, und Darm sowie Zellveränderungen an Vagina und Gebärmutterhals können ebenfalls Folge eines Folsäuremangels sein.
  • Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
  • Erhöhte Blutungsneigung
  • Haarausfall
  • Immunschwäche
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Zum Beispiel Herzrasen (Tachykardie).

Folsäuremangel in der Schwangerschaft

Für den Embryo ist Folsäure von existenzieller Bedeutung. Nur bei ausreichender Folsäurekonzentration kann sich zum Beispiel das Nervengewebe richtig entwickeln. Bei Ungeborenen, die über die Mutter nicht ausreichend mit Folsäure versorgt werden, besteht die Gefahr einer Entwicklungsstörung des Nervensystems. Bei der sogenannten Spina bifida bleibt eine Stelle im Bereich der Wirbelsäule unverschlossen und die Kinder sind körperlich stark beeinträchtigt.

Ein Folsäuremangel während der Schwangerschaft ist ein signifikanter Risikofaktor für Neuralrohrdefekte beim Fötus und kann zudem die Wahrscheinlichkeit von Frühgeburten und anderen Schwangerschaftskomplikationen erhöhen. Außerdem wird ein Folsäuremangel als eine Ursache für die Entwicklung angeborener Herzfehler sowie ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten und anderer Schwangerschaftskomplikationen diskutiert.

Daher empfiehlt die DGE gemäß einer entsprechenden Leitlinie der Weltgesundheitsorganisation WHO Frauen mit Kinderwunsch zusätzlich zu einer folatreichen Ernährung die tägliche Einnahme von 400 µg synthetischer Folsäure, um der Bildung von Neuralrohrdefekten vorzubeugen. Zudem ist der Zeitpunkt der Supplementierung entscheidend. Da sich das Neuralrohr bereits um den 28. Tag der Schwangerschaft schließt, ist ein Beginn der Supplementierung bei Bekanntwerden der Schwangerschaft nicht ausreichend. Die Folsäure-Supplementierung sollte spätestens vier Wochen vor Eintritt der Schwangerschaft beginnen und während des ersten Trimenons weiter geführt werden.

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Diagnostik eines Folsäuremangels

Einen Folsäuremangel diagnostiziert man in der Regel nicht über die Konzentration von Folsäure im Blut, da der Folsäurewert im Blut je nach Ernährung schwankt und das Ergebnis so verfälscht sein kann. Stattdessen untersucht man das Aussehen der roten Blutkörperchen. Bei einer Folsäuremangelanämie sind die roten Blutkörperchen vergrößert (makrozytär). Außerdem weisen sie dann einen erhöhten Hämoglobingehalt (roter Farbstoff) auf und sind verstärkt anfärbbar (hyperchrom). Diese beiden Auffälligkeiten lassen sich leicht nachweisen und sind der wichtigste Hinweis auf einen Folsäuremangel.

Vor der Behandlung eines Folsäuremangels sollte stets ein Vitamin-B12-Mangel ausgeschlossen werden, da ein solcher ebenfalls eine makrozytäre Anämie verursachen kann. Die unzureichende Behandlung eines Vitamin-B12-Mangels könnte zu irreversiblen neurologischen Schäden führen. Die Blutarmut lässt bei Menschen mit einem Vitamin-B12-Mangel durch die Einnahme von Folsäure zwar nach. Allerdings können eventuell mit dem B12-Mangel verbundene Nervenschäden durch die falsche Therapie verstärkt werden.

In der Regel sollten Folat und Vitamin B12 zusammen bestimmt werden, da eine Erhöhung des Homocysteinspiegels im Blut wegen der engen Stoffwechsel-Verbindung der beiden Vitamine auch durch einen Vitamin B12-Mangel bedingt sein kann.

Behandlung eines Folsäuremangels

Die Behandlung eines Mangels erfolgt meist durch die orale Gabe von Folsäurepräparaten. Zur Therapie eines Folsäuremangels wird die Verabreichung von ca. täglich (oral und/oder parenteral) empfohlen. Die Dosierung kann je nach Schwere des Mangels variieren. In manchen Situationen kann die tägliche Einnahme von 400 bis 1.000 Mikrogramm ausreichen. Es ist aber auch möglich, dass die Therapie des Mangels mit fünf Milligramm Folsäure pro Tag als Nahrungsergänzungsmittel erfolgt.

Neben der Behandlung des Mangels an sich kann es gegebenenfalls erforderlich sein, seine Ursache zu beheben. Welche Maßnahmen zu diesem Zweck ergriffen werden müssen, ist individuell verschieden und hängt vom genauen Auslöser ab.

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Es dauert eine Weile, bis die körpereigenen Folsäurespeicher wieder aufgefüllt sind. Je nach Schwere des Mangels und Dosierung des Folsäurepräparats können die Beschwerden bereits nach gut vier Wochen verschwinden. Es kann allerdings auch sein, dass die Behandlung für eine Dauer von vier Monaten notwendig ist. Grundsätzlich sollte das Folsäurepräparat so lange eingenommen werden, bis sich das Blutbild wieder normalisiert hat.

Nicht immer ist es möglich, die Ursache des Folsäuremangels zu beseitigen. Ebenso kann es sein, dass der Mangel sehr wahrscheinlich nach einiger Zeit erneut auftritt. In diesen Fällen ist es oftmals sinnvoll, dauerhaft ein Folsäurepräparat einzunehmen.

Ernährung bei Folsäuremangel

Ein schwerer Mangel lässt sich in der Regel nur mit Folsäurepräparaten beheben. Dennoch kann eine folatreiche Ernährung natürlich zu einer bedarfsgerechten Versorgung mit dem lebenswichtigen Vitamin beitragen. Grundsätzlich sind Folate sowohl in Lebensmitteln pflanzlichen als auch tierischen Ursprungs enthalten. Gute Folatlieferanten sind vor allem dunkelgrünes Blattgemüse, alle Kohlsorten und Spargel sowie Hülsenfrüchte, Nüsse, Weizen- und Vollkornprodukte. Die höchsten Folatwerte pro 100g Lebensmittel enthalten Weizenkeime, Rosenkohl, Spinat und Feldsalat. Einige Obstsorten, vor allem Beeren, Kirschen, Weintrauben und Orangen versorgen den Körper ebenfalls mit Nahrungsfolaten. Unter den Lebensmitteln tierischen Ursprungs enthalten Rinderleber, Eier und Käsesorten wie Camembert nennenswerte Folatmengen. Zu den folatreichsten Lebensmitteln zählen:

  • Hülsenfrüchte
  • Grünes Blattgemüse
  • Weizenkeime
  • Speisekleie
  • Schweineleber
  • Eier
  • Angereichertes Speisesalz

Allerdings sind Nahrungsfolate äußerst hitze- und lichtempfindlich sowie wasserlöslich. Eine falsche Lagerung und Zubereitung der Lebensmittel kann zu großen Folatverlusten führen. Man sollte Lebensmittel daher möglichst kurz und dunkel lagern und schonend zubereiten (beispielsweise Gemüse dünsten statt kochen). Gemüse, Salate und Obst sollten möglichst nicht zerkleinert und nur kurz gewaschen werden, um die Nahrungsfolate nicht auszuwaschen.

Prävention eines Folsäuremangels

Eine ausgewogene Ernährung reicht bei gesunden Menschen prinzipiell aus, um ihren Folsäurebedarf zu decken und einen Mangel zu vermeiden. Da sich das Vitamin vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln findet, gilt das auch für Veganer. Dennoch kann es in bestimmten Fällen zur Vorbeugung sinnvoll sein, zusätzliche Folsäure einzunehmen. Das gilt insbesondere für Frauen mit Kinderwunsch, Menschen mit bestimmten Erkrankungen oder Essstörungen sowie Patienten, bei denen Medikamente die Aufnahme von Folsäure beeinträchtigen. Prinzipiell profitieren Personen mit einer unzureichenden Folataufnahme über die Nahrung von einer Supplementierung, wobei eine prophylaktische Einnahme insbesondere in Risikogruppen sinnvoll ist. Bei der allgemeinen Verwendung von Folsäure als Nahrungsergänzungsmittel wird eine Höchstmenge von 200 Mikrogramm pro Tagesdosis empfohlen. Die sichere Tageshöchstmenge (upper intake level; UL) für Folsäure beträgt nach Angabe der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bei langfristiger Einnahme 1.000µg. Bei Folsäurezufuhren oberhalb 1000µg könneen neurologische Symptome eines Vitamin B12-Mangels überdeckt werden. Höhere Folsäure-Supplementierungen sind jedoch möglich, um einen nachgewiesenen Folsäuremangel zu beheben.

Folsäure und Vitamin B12 - Was ist der Unterschied?

Vitamin B12 und Folsäure sind nicht das Gleiche. Beide Nährstoffe gehören zwar zur Gruppe der B-Vitamine und haben zumindest zum Teil auch ähnliche Funktionen im Körper. Folsäure wird jedoch als Vitamin B9 oder Folat bezeichnet. Eine andere Bezeichnung für B12 ist hingegen Cobalamin. Im Unterschied zu Folsäure ist Cobalamin außerdem überwiegend in tierischen Lebensmitteln enthalten. Veganer sind zur Vermeidung eines Mangels daher auf die dauerhafte Einnahme von B12 als Nahrungsergänzungsmittel angewiesen.

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