Pflegegrade bei fortgeschrittener Demenz: Voraussetzungen und Leistungen

Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, die mit dem Verlust kognitiver Fähigkeiten einhergeht und oft zu einem erhöhten Bedarf an Unterstützung im Alltag führt. Um diesen Bedarf zu decken, gibt es in Deutschland das System der Pflegegrade, das finanzielle und pflegerische Leistungen für Betroffene und ihre Angehörigen bereitstellt. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen für die Erlangung eines Pflegegrades bei fortgeschrittener Demenz und welche Leistungen damit verbunden sind.

Pflegegrade statt Pflegestufen

Bis 2016 gab es die sogenannten Pflegestufen. Seit 2017 wurden diese jedoch durch die Pflegegrade 1 bis 5 ersetzt. Diese Reform berücksichtigt insbesondere die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz und psychischen Beeinträchtigungen stärker als zuvor. Die Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt nicht mehr primär nach dem zeitlichen Aufwand für die Pflege, sondern nach dem Grad der Selbstständigkeit des Betroffenen.

Die Pflegegrade sind wie folgt definiert:

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

Voraussetzungen für einen Pflegegrad bei Demenz

Es gibt keine spezifischen Pflegegrade, die ausschließlich Menschen mit Demenz vorbehalten sind. Die Einstufung erfolgt nach dem individuellen Grad der Beeinträchtigung, unabhängig von der Ursache. Allerdings werden kognitive und psychische Beeinträchtigungen seit der Pflegereform von 2017 stärker berücksichtigt.

Bei fortgeschrittener Demenz ist in der Regel von einer schweren oder schwersten Beeinträchtigung der Selbstständigkeit auszugehen, was einem Pflegegrad 4 oder 5 entsprechen kann. Typische Krankheitsbilder von Menschen mit Pflegegrad 4 sind fortgeschrittene Demenz, Multiple Sklerose und starke körperliche Einschränkungen in Verbindung mit einer leichten geistigen Einschränkung. Personen mit diesem Grad der Pflegebedürftigkeit benötigen rund um die Uhr Unterstützung. Pflegegrad 5 erhalten Personen mit schwerster Beeinträchtigung der Selbstständigkeit und besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung. Hierzu gehören zum Beispiel Personen, die bettlägerig sind und zusätzlich medizinische Versorgung benötigen. Sie können sich nicht mehr selbst waschen oder selbstständig essen.

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Um einen Pflegegrad zu erhalten, ist eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) erforderlich. Dieser prüft anhand eines standardisierten Verfahrens, wie selbstständig die Person noch ist. Dabei werden verschiedene Bereiche des täglichen Lebens berücksichtigt, wie beispielsweise:

  • Mobilität
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  • Selbstversorgung
  • Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen
  • Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte

Der Begutachtungsprozess durch den Medizinischen Dienst (MD)

Um einen Pflegegrad zu beantragen, muss ein formloser Antrag bei der zuständigen Pflegekasse gestellt werden. Daraufhin wird der Medizinische Dienst (MD) beauftragt, die Pflegebedürftigkeit des Antragstellers zu begutachten. Der MD-Gutachter vereinbart einen Termin für einen Hausbesuch, um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu machen.

Vorbereitung auf den Begutachtungstermin

Eine gute Vorbereitung auf den Begutachtungstermin ist entscheidend, um den tatsächlichen Pflegebedarf realistisch darzustellen. Folgende Unterlagen sollten bereitgehalten werden:

  • Ärztliche Gutachten und Berichte
  • Medikamentenpläne
  • Dokumentationen des ambulanten Pflegedienstes (falls vorhanden)
  • Schwerbehindertenausweis (falls vorhanden)
  • Pflegetagebuch (falls vorhanden)

Es ist ratsam, ein Pflegetagebuch über einen Zeitraum von etwa zwei Wochen vor dem Termin zu führen, um den täglichen Pflegeaufwand zu dokumentieren. Angehörige sollten während des Gutachtens anwesend sein, um die pflegebedürftige Person zu unterstützen und auf wichtige Aspekte hinzuweisen, die möglicherweise nicht beachtet werden.

Das Begutachtungsverfahren

Der Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) beurteilt im Termin die sechs Module des NBA und vergibt auf dieser Grundlage Punkte. Für Pflegegrad 3 sind zwischen 47,5 und unter 70 Punkte notwendig. Das Ergebnis wird anschließend schriftlich mitgeteilt.

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Leistungen bei Pflegegrad 4 und 5

Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher sind die Leistungen der Pflegeversicherung. Menschen mit Pflegegrad 4 oder 5 haben Anspruch auf folgende Leistungen:

  • Pflegegeld: Eine monatliche Geldleistung, die zur freien Verfügung steht (Pflegegrad 4: 728 €, Pflegegrad 5: 901 €).
  • Pflegesachleistungen: Leistungen für die Inanspruchnahme eines ambulanten Pflegedienstes (Pflegegrad 4: 1.693 €, Pflegegrad 5: 2.095 €).
  • Tages- und Nachtpflege: Zuschüsse für die teilstationäre Betreuung in einer Tages- oder Nachtpflegeeinrichtung (Pflegegrad 4: 1.612 €, Pflegegrad 5: 1.995 €).
  • Vollstationäre Pflege: Zuschüsse für die vollstationäre Betreuung in einem Pflegeheim (Pflegegrad 4: 1.775 €, Pflegegrad 5: 2.005 €).
  • Kurzzeitpflege: Leistungen für eine vorübergehende vollstationäre Pflege, beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt (bis zu 1.774 € jährlich).
  • Verhinderungspflege: Leistungen für eine Ersatzpflege, wenn die pflegende Person ausfällt (bis zu 1.612 € jährlich).
  • Pflegehilfsmittel: Zuschüsse für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel wie Desinfektionsmittel und Einweghandschuhe (40 € monatlich).
  • Wohnraumanpassung: Zuschüsse für Umbaumaßnahmen, die die Wohnsituation an die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen anpassen (bis zu 4.000 € einmalig).
  • Betreuungs- und Entlastungsleistungen: Leistungen zur Unterstützung im Alltag, beispielsweise durch eine Haushaltshilfe oder einen Alltagsbegleiter (125 € monatlich).

Zudem besteht Anspruch auf eine kostenlose Pflegeberatung, um sich über die verschiedenen Möglichkeiten der Unterstützung zu informieren.

Zusätzliche Unterstützung durch 24-Stunden-Betreuung

Eine weitere Option für Menschen mit fortgeschrittener Demenz ist die 24-Stunden-Betreuung. Hierbei leben Betreuungskräfte aus dem Ausland im Haushalt des Pflegebedürftigen und unterstützen ihn rund um die Uhr im Alltag. Diese Betreuungskräfte übernehmen Aufgaben wie die Körperpflege, die Zubereitung von Mahlzeiten, die Begleitung bei Arztbesuchen und die soziale Betreuung.

Es ist wichtig zu beachten, dass es sich bei diesen Betreuungskräften in der Regel nicht um examinierte Pflegekräfte handelt. Medizinische Versorgung muss weiterhin von einem Pflegedienst übernommen werden.

Widerspruch bei Ablehnung oder zu niedrigem Pflegegrad

Wird der Antrag auf einen Pflegegrad abgelehnt oder ein zu niedriger Pflegegrad bewilligt, besteht die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen. Es ist ratsam, sich in diesem Fall von einer Pflegeberatungsstelle oder einem Anwalt beraten zu lassen.

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