Ernährung, Demenz und Studien: Was wir wirklich wissen

Die Alzheimer-Krankheit ist eine der größten gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit. Die Ursachen sind komplex, aber die Forschung zeigt, dass wir das Risiko einer Erkrankung durch bestimmte Maßnahmen reduzieren können. Professor Frank Jessen, Leiter des Kölner Alzheimer Präventionszentrums, betont, dass Präventionsmaßnahmen unter Berücksichtigung von Risikofaktoren das Fortschreiten der Krankheit positiv beeinflussen und das individuelle Demenz-Risiko senken können.

Risikofaktoren für Alzheimer

Eine internationale Forschergruppe ("The Lancet Commission on Dementia and Prevention") hat im Jahr 2020 zwölf Risikofaktoren identifiziert, die das Alzheimer-Risiko erhöhen. Diese Faktoren umfassen:

  • Im frühen Lebensalter: Schlechte Bildung
  • Im mittleren Alter: Hörverlust, Bluthochdruck, Schädel-Hirn-Verletzungen, schädlicher Alkoholkonsum und Übergewicht.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Liste auf epidemiologischen Daten basiert und nicht alle Faktoren beeinflussbar sind. Präventionsforscher Professor Jochen René Thyrian vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Greifswald weist darauf hin, dass ein Unfall mit Kopfverletzung sich nachträglich nicht korrigieren lässt.

Beeinflussbare Risikofaktoren

Thyrian betont, dass es Faktoren gibt, die klar und eindeutig belegt sind und beeinflusst werden können. Dazu gehören:

  • Gesunde Ernährung
  • Bewegung
  • Kein Übergewicht
  • Nichtrauchen
  • Kognitive Stimulierung
  • Soziale Aktivität

Der Kölner Experte Jessen hebt hervor, dass gutes Hören und guter Schlaf besonders wichtig sind. Das Gehirn braucht Input, und wer schlecht hört, bekommt weniger Input und hat ein höheres Alzheimer-Risiko. Chronische Schlafstörungen erhöhen ebenfalls das Demenz-Risiko, da im Schlaf Reinigungsprozesse im Gehirn ablaufen.

Lesen Sie auch: Frank Elstner und Parkinson: Therapien im Überblick

Die Rolle der Ernährung

Die Forschung deutet darauf hin, dass eine mediterrane Ernährung das Gehirn vor den Krankheitsauslösern der Alzheimer-Krankheit schützen kann. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DZNE um Prof. Michael Wagner haben in einer Studie herausgefunden, dass ein eher mediterranes Ernährungsmuster, mit relativ höherem Verzehr von Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst, Getreide, Fisch und einfach ungesättigten Fettsäuren wie Olivenöl, möglicherweise vor Eiweißablagerungen im Gehirn und Gehirnatrophie schützen kann.

Die klassische mediterrane Ernährung ist gekennzeichnet durch einen Verzehr von viel Obst und Gemüse, Olivenöl und Nüssen, dafür von wenig rotem Fleisch und viel Fisch. Hier sei besonders fetter Seefisch wie Lachs, Kabeljau oder Makrele zu empfehlen, da diese Fische viele langkettige Omega-3-Fettsäuren enthalten.

Studien zur Prävention

Die sogenannte Finger-Studie aus Finnland zeigte, dass eine Gruppe alter Menschen, die zwei Jahre lang Ernährungs- und Gesundheitsberatung sowie körperliches und geistiges Training erhielt, positive Effekte erzielte. Zehn Jahre nach der Finger-Studie will die Agewell-Studie die Ergebnisse in Deutschland prüfen.

Die neue S3-Leitlinie Demenzen

Die neue S3-Leitlinie Demenzen fasst die Empfehlungen für eine optimale Versorgung zusammen. Sie wurde unter gemeinsamer Federführung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) erarbeitet. Die wichtigste Neuerung der Leitlinie ist Frank Jessen zufolge die Möglichkeit, die Diagnose bereits in einem früheren Stadium der Erkrankung zu vergeben.

Einschränkungen und Herausforderungen

Thyrian betont, dass das Vermeiden von Risikofaktoren zwar vor Demenz schützen kann, es sich aber um statistische Wahrscheinlichkeiten handelt. Die konkreten Folgen für eine Einzelperson stünden auf einem anderen Blatt, "dafür ist der Mensch zu komplex“. Außerdem wird das individuelle Erkrankungsrisiko von vielen Faktoren beeinflusst.

Lesen Sie auch: Bewertungen zu Schmidt Staub Frank

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Korrelationen zwischen Risikofaktoren und Demenz eine Kausalität bedeuten. Neuere genetisch inspirierte Methoden haben die postulierten Risikofaktoren im Allgemeinen als nicht kausal betätigt.

Prävention ist möglich

Trotz der Herausforderungen gibt es Hinweise darauf, dass Prävention möglich ist. Die Forschungsliteratur zeigt eine 13-prozentige Verringerung der Demenzinzidenz pro Jahrzehnt in diesem Jahrhundert. Die wahrscheinlichste Erklärung dafür ist der allgemein bessere Gesundheitszustand der nachkommenden Altersjahrgänge, möglicherweise durch die Einwirkung größeren Wohlstands, besserer Geburtshilfe und Gesundheitspflege.

Lesen Sie auch: Überblick: Frank Elstners Kampf gegen Parkinson

tags: #frank #jessen #ernährung #demenz #studien