Führerschein und Epilepsie: Voraussetzungen und Regelungen

Nicht jeder Mensch erfreut sich bester Gesundheit, und chronische Erkrankungen wie Epilepsie werfen Fragen bezüglich der Fahrtauglichkeit auf. Ob Menschen mit Epilepsie ein Fahrzeug führen dürfen, hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Anfallsfreiheit und der ärztlichen Einschätzung.

Epilepsie und Fahrerlaubnis: Ein Überblick

Die Fahrerlaubnis wird bei der Diagnose von Epilepsie nicht automatisch entzogen. Allerdings müssen sich Betroffene bestimmten Regeln und Untersuchungen unterziehen, um ihre Fahrtauglichkeit nachzuweisen. Grundsätzlich gilt, dass wer an epileptischen Anfällen leidet, nicht in der Lage ist, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden, solange ein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven besteht.

Ärztliche Beratung und Begutachtungsleitlinien

Epilepsie-Patienten erhalten Unterstützung von ihrem Arzt, der sie über ihre Anfallsfreiheit bzw. ihre Tauglichkeit, ein Fahrzeug zu führen, informiert. Die Entscheidung des Arztes basiert auf den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, herausgegeben vom Bundesamt für Straßenwesen (BAST-Leitlinien). Diese Leitlinien dienen als Grundlage für die Beurteilung der Fahrtauglichkeit.

Neurologische Untersuchung und Meldepflicht

Haben Sie einen Anfall erlitten oder wurde bei Ihnen Epilepsie diagnostiziert, müssen Sie einmal im Jahr zum Arzt und sich neurologisch untersuchen lassen, um Ihre Fahrerlaubnis zu behalten. Ist seit dem letzten Vorfall schon einige Zeit vergangen, muss diese Untersuchung nicht mehr jährlich erfolgen. Gelangt Ihr Arzt an diese Information, kann er Ihr Fehlverhalten bei der Straßenverkehrsbehörde melden.

Fahrerlaubnisgruppen und ihre spezifischen Anforderungen

Die Begutachtungsleitlinien unterscheiden zwischen zwei Fahrerlaubnisgruppen:

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  • Gruppe 1: Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L und T (Motorräder und PKW)
  • Gruppe 2: Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF (LKW und Busse)

Für die Gruppe 1 ist Folgendes festgelegt: Bei erstmaligem Anfall ohne erkennbaren Auslöser: Nach frühestens sechs Monaten ohne weitere Anfälle darf die Fahrerlaubnis nach Prüfung wieder erteilt werden. Davor sind Untersuchungen von Fachärztinnen oder Fachärzten für Neurologie notwendig. Beispielsweise lässt sich durch eine Hirnstrommessung (Elektroenzephalogramm, EEG) einschätzen, inwieweit ein erhöhtes Risiko für weitere Anfälle oder eine Epilepsie besteht. Wenn es eine plausible Erklärung für den Anfall gegeben hat (beispielsweise bestimmte Medikamente), wird fachärztlich abgeklärt, ob ein generell erhöhtes Risiko epileptischer Anfälle besteht und ob die auslösenden Ursachen fortbestehen. Schlafentzug gilt hier in aller Regel nicht als Ursache.

Treten die Anfälle wiederholt auf, spricht man von Epilepsie. Bevor eine Patientin oder ein Patient wieder Auto fahren darf, muss nachgewiesen werden, dass sie oder er mindestens ein Jahr lang keinen Anfall hatte.

Für die Gruppe 2 gelten strengere Anforderungen. Hier kann die Fahreignung nach epileptischen Anfällen nur festgestellt werden, wenn die Betroffenen keine Medikamente gegen Epilepsie (anfallssuppressive Medikamente) einnehmen. Erstmaliger Anfall ohne erkennbaren Auslöser: Wie in Gruppe 1 ist auch hier eine fachärztliche Untersuchung notwendig, bei der kein erhöhtes Risiko für weitere Anfälle festgestellt wird. Außerdem wird die Kraftfahreignung frühestens nach zwei Jahren ohne Anfälle wieder erteilt.

Bei wiederholten epileptischen Anfällen bleibt die Kraftfahreignung für die Gruppe 2 in der Regel langfristig ausgeschlossen. Hier bedarf es stets einer Einzelfallprüfung.

Anfall in der 1. Woche nach Schädel-Hirn-Trauma oder Operation

Gleiches gilt, wenn es nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einem chirurgischen Eingriff am Gehirn innerhalb einer Woche zu einem epileptischen Anfall gekommen ist, ohne dass es Hinweise auf eine Hirnschädigung gibt. Hier kann die Zeit der Fahruntauglichkeit auf drei Monate verkürzt werden.

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Schlafgebundene Epilepsie

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Mannes bestätigt, der ausschließlich an schlafgebundener Epilepsie leidet. Trotz ärztlicher Atteste und Medikation wurde entschieden, dass er nicht sicher Kraftfahrzeuge führen kann. Die Frage der Fahrerlaubnisentziehung bei bestimmten Gesundheitszuständen ist ein sensibles und bedeutsames Thema im Verkehrsrecht. Im Kern geht es darum, eine Balance zwischen der Notwendigkeit, die öffentliche Verkehrssicherheit zu gewährleisten, und dem Recht des Einzelnen auf Mobilität zu finden.

Was passiert bei einem Anfall am Steuer?

Wenn bei bekannter Epilepsiediagnose ein Anfall am Steuer auftritt, kann es zu einem Strafverfahren kommen, z.B. wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs durch Fahren ohne gesundheitliche Eignung.

Schwerbehinderung und Merkzeichen

Ab einer mittleren Anfallshäufigkeit mit einem Grad der Behinderung (GdB) ab 70 bekommen Menschen mit Epilepsie meist das Merkzeichen G und das Merkzeichen B und bei sehr häufigen Anfällen mit einem GdB von 100 das Merkzeichen H. Das Merkzeichen G steht für "erhebliche Gehbehinderung“ und ermöglicht unter anderem starke Ermäßigungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Merkzeichen B steht für "Begleitperson", die damit kostenfrei in öffentlichen Verkehrsmitteln mitfahren darf. Das Merkzeichen H steht für "Hilflosigkeit" und ermöglicht sogar kostenlose Fahrten im öffentlichen Nahverkehr.

Strafen bei fehlender Fahreignung

Solange die Fahreignung nicht sichergestellt werden kann, dürfen Betroffene kein Kraftfahrzeug fahren. Andernfalls liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Laut Fahrerlaubnisverordnung darf am Verkehr nur teilnehmen, wer ausreichend Sorge dafür getragen hat, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden.

Wenn es zu einem Unfall kommt und in diesem Zusammenhang bekannt wird, dass aufgrund einer epileptischen Erkrankung keine Fahreignung bestand, werden Strafverfahren gegen den Fahrer oder die Fahrerin eingeleitet. Je nach Unfallart kann dann zum Beispiel eine Straßenverkehrsgefährdung, eine Körperverletzung oder sogar ein Tötungsdelikt vorliegen. Das Führen eines Fahrzeugs unter dem bekannten Risiko eines epileptischen Anfalls gilt als grob fahrlässig. Das Strafmaß reicht bis zu mehreren Jahren Freiheitsstrafe.

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Die Rolle des Arztes

Für den Arzt besteht ein Melderecht, aber keine Meldepflicht. Er versteht sich grundsätzlich als Anwalt ihrer Interessen. Lediglich für den Fall, dass ein höheres Rechtsgut bedroht wird, wird er Meldung über das Fahrverhalten machen müssen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn er erfährt, dass ein Busfahrer oder LKW-Fahrer trotz mehrerer Anfälle weiterhin seiner Arbeit nachgeht und einen Bus oder LKW fährt.

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