Galactose, ein Einfachzucker, der eng mit Glukose verwandt ist, wird zunehmend für seine potenziellen positiven Auswirkungen auf das Gehirn untersucht. Studien deuten darauf hin, dass Galactose die Gedächtnisleistung verbessern und bei leichten Formen von Demenz hilfreich sein kann. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkungsweise von Galactose, ihre potenziellen Vorteile für das Gehirn, insbesondere im Hinblick auf Demenz und Insulinresistenz, sowie die Risiken und Anwendungsempfehlungen.
Was ist Galactose?
Galactose, auch Schleimzucker genannt, ist ein Einfachzucker, der in der Natur hauptsächlich im Milchzucker (Lactose) vorkommt. Lactose besteht aus Galactose und Glukose. Der Körper benötigt Galactose für den Aufbau und die Funktion der Zellen sowie für die Herstellung lebenswichtiger Hormone und Gerinnungsfaktoren im Blut. Einmal in die Zelle gelangt, kann Galactose in Glukose umgewandelt und zur Energiegewinnung verbrannt oder als Baumaterial für Zellen verwendet werden.
Die Wirkung von Galactose auf das Gehirn
Insulinunabhängige Energiequelle
Unser Gehirn ist für seine Arbeit auf Glukose angewiesen und benötigt täglich etwa 150 Gramm davon. Unter bestimmten Umständen kann es jedoch schwierig sein, Glukose ins Gehirn zu transportieren, beispielsweise bei Diabetes oder Insulinresistenz. In solchen Fällen kann Galactose eine wichtige Rolle spielen, da sie im Gegensatz zu Glukose unabhängig von Insulin in die Zellen gelangen kann.
Dr. Hasso Thalmann betont, dass Galactose über andere Transportsysteme als Glukose in die Zelle gelangt. Während Glukose Insulin benötigt, um für die Zellen verfügbar zu sein, kann Galactose insulinunabhängig aufgenommen werden. Dies ist besonders vorteilhaft für Diabetiker und Menschen mit Insulinresistenz, die Schwierigkeiten haben, Glukose im Gehirn richtig zu verwerten.
Schutz vor Gedächtnisverlust
Experimente haben gezeigt, dass Galactose eine wohltuende Wirkung auf das Lernen und das Gedächtnis haben kann. In einer Studie, in der die Insulinrezeptoren von Ratten blockiert wurden, verloren die Tiere ihr Gedächtnis aufgrund von chronischem Zuckermangel im Gehirn. Wenn sie jedoch anschließend Galactose erhielten, wirkte sich dies positiv auf ihr Gedächtnis aus.
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Mögliche Vorteile bei Demenz
Die Forschung deutet darauf hin, dass Galactose bei der Behandlung von Demenz eine Rolle spielen könnte. Werner Reutter und sein Team glauben, dass defekte Insulinrezeptoren im Gehirn eine Ursache für Demenz sein könnten. Da Galactose unabhängig von Insulin in die Gehirnzellen gelangen kann, könnte sie als alternative Energiequelle dienen und die Symptome der Demenz lindern.
Reutter führte zusammen mit der Pharmakologin Melitta Salkovic-Petrisic von der Universität Zagreb Experimente an Ratten durch, bei denen die Insulinrezeptoren im Gehirn chemisch blockiert wurden. Die Tiere, die Galactose über das Trinkwasser erhielten, verloren ihr Erinnerungsvermögen nicht. Erste Versuche mit an Demenz erkrankten Menschen verliefen ebenfalls vielversprechend. Reutter berichtete von Verbesserungen in Bezug auf Orientierung, Erinnerung und soziale Kommunikation bei Patienten, die Galactose einnahmen.
Weitere positive Effekte
Galactose kann auch bei anderen neurologischen Erkrankungen und Energieproblemen von Vorteil sein. Es hat sich gezeigt, dass es bei der Behandlung von Kindern mit AD(H)S hilft, indem es den hohen Zuckerkonsum reduziert, ohne Insulinschwankungen oder Unterzuckerung zu provozieren. Darüber hinaus wird Galactose von Sportlern geschätzt, da es die übersäuerte Muskulatur schnell mit neuer Energie versorgt.
Anwendung und Dosierung
Die im Handel befindliche D-Galactose wird aus einem eiweißfreien Destillat aus Molke und Milchzucker gewonnen und hochrein angeboten. Es wird empfohlen, Galactose 1,5 Stunden vor oder nach den Mahlzeiten einzunehmen, um die Effektivität zu steigern.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) schätzt, dass Erwachsene typischerweise zwischen 3 und 14 g Galactose pro Tag über eine Mischkost aufnehmen. Studien haben gezeigt, dass eine tägliche Aufnahme von bis zu 0,5 g Galactose pro Kilogramm Körpergewicht für Erwachsene verträglich ist, wobei eine maximale Aufnahme von 50-60 g Galactose pro Tag als akzeptabel gilt.
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Risiken und Nebenwirkungen
Galactose gilt allgemein als sicher, solange sie in moderaten Mengen konsumiert wird. Menschen mit Galaktosämie, einer seltenen erblichen Stoffwechselstörung, sollten Galactose jedoch meiden, da sie diese Zuckerform nicht abbauen können.
In Tierversuchen wurden bei sehr hohen, parenteral verabreichten Dosen negative Auswirkungen wie Alterungsprozesse, Entzündungen und oxidativer Stress beobachtet. Diese Ergebnisse sind jedoch nicht direkt auf die orale Einnahme von Galactose übertragbar.
Galactose im Alltag
Galactose kann auf verschiedene Weise in den Alltag integriert werden. Es kann als Süßungsmittel in Getränken, Desserts, Müslis, Smoothies oder Shakes verwendet werden. Für therapeutische Zwecke oder zur Verbesserung des Wohlbefindens kann Galactose auch als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Galactose nicht so süß wie Rohrzucker ist. Um die Süßkraft zu erhöhen, kann es mit anderen Süßungsmitteln wie Goviosid (einer Mischung aus Stevia und Erythrit) kombiniert werden.
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