Ganglion Stellatum Blockade: Durchführung, Indikationen und Risiken

Die Ganglion stellatum Blockade (GSB) ist eine interventionelle Schmerztherapiemethode, die zur Behandlung verschiedener Schmerzzustände eingesetzt wird. Sie beinhaltet die gezielte Injektion eines Lokalanästhetikums in das Ganglion stellatum, ein Nervengeflecht im Halsbereich. Dieser Artikel beleuchtet die Durchführung, Indikationen, Kontraindikationen, Risiken und den aktuellen Forschungsstand dieser Technik.

Was ist das Ganglion Stellatum?

Das Ganglion stellatum, auch Ganglion cervicothoracicum genannt, ist eine Ansammlung von Nervenzellkörpern (Ganglion) im Bereich des unteren Halses. Es liegt ventral der Querfortsätze des 6. und 7. Halswirbelkörpers (C6/C7) und versorgt Teile des Kopfes, des Halses, der oberen Extremitäten und des Brustkorbs mit sympathischen Nervenfasern. Diese Nervenfasern spielen eine Rolle bei der Regulation von Durchblutung, Schweißsekretion und Schmerzempfindung.

Wirkungsweise der Stellatumblockade

Die Stellatumblockade bewirkt eine zeitlich begrenzte Ausschaltung des Halssympathikus. Durch die Infiltration des Lokalanästhetikums werden die Nervenimpulse in diesem Bereich unterbrochen. Dies führt zu:

  • Schmerzlinderung: Durch die Blockade der Schmerzleitung können chronische Schmerzen reduziert werden.
  • Vasodilatation: Die Blockade der sympathischen Nervenfasern führt zu einer Erweiterung der Blutgefäße (Vasodilatation) im Versorgungsgebiet, was die Durchblutung verbessern kann.
  • Anhidrose: Eine verminderte Schweißsekretion (Anhidrose) im betroffenen Gebiet kann ebenfalls beobachtet werden.

Indikationen für eine Ganglion Stellatum Blockade

Die GSB wird bei verschiedenen Schmerzzuständen eingesetzt, insbesondere solchen, die mit einer Fehlregulation des Sympathikus einhergehen. Zu den häufigsten Indikationen gehören:

  • Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS): Nach Verletzungen im Bereich des Arms kann es durch Verwachsungen im Bereich des Nervengeflechts zur Fehlregulation des Sympathikus kommen. Die GSB kann hier zur Schmerzlinderung und Verbesserung der Funktion beitragen. Die Blockade des Ganglion stellatum ist laut S1-Leitlinie „Diagnostik und Therapie komplexer regionaler Schmerzsyndrome“ die Ultima Ratio bei der Therapie des komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) der oberen Extremität mit schwacher Evidenz.
  • Neuralgien: Die GSB kann bei chronischen Neuralgien, wie der Trigeminusneuralgie und der Post-Zoster-Neuralgie (Gürtelrose), zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
  • Raynaud-Syndrom: Bei diesem Syndrom kommt es zu Gefäßkrämpfen in den Fingern und Zehen. Die GSB kann helfen, die Durchblutung zu verbessern und die Schmerzen zu reduzieren.
  • Durchblutungsstörungen: Die GSB kann bei arteriovenösen Krämpfen (Gefäßspasmen) eingesetzt werden, da Blutgefäße sympathisch innerviert werden. Durch diese Blockade kommt es zu einer Vasodilatation im gesamten Einzugsgebiet.
  • Psychische Erkrankungen: Die Fragestellung nach der Wirksamkeit einer GSB bei Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und bei Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist ein sehr junges wissenschaftliches Thema. In der vorliegenden Studie soll die Wirksamkeit von zervikalen Sympathikusblockaden am Ganglion Stellatum zur Symptomreduktion bei Patienten mit BPS und PTBS erstmals systematisch untersucht werden.

Kontraindikationen

Es gibt bestimmte Situationen, in denen eine GSB nicht durchgeführt werden sollte. Zu den Kontraindikationen gehören:

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  • Gerinnungsstörungen: Bei Gerinnungsstörungen besteht ein erhöhtes Risiko für Blutungen im Bereich der Injektionsstelle. Thrombozytenaggregationshemmer (verhindern die Aggregation von Blutplättchen (Thrombozyten); blutverdünnende Medikamente) sollten ca. 5 Tage vor der Operation abgesetzt werden. Dies muss mithilfe einer Blutuntersuchung kontrolliert werden.
  • Infektionen im Injektionsbereich: Eine Infektion im Bereich der Punktionsstelle erhöht das Risiko für Komplikationen.
  • Parese der (kontralateralen) Nn. phrenicus und recurrens: Aufgrund der Gefahr einer lebensgefährlichen Stimmband- oder Atemlähmung (Recurrens- und Phrenicusparese), wird die Stellatumblockade ausschließlich einseitig durchgeführt.
  • Kontralateraler Pneumothorax: Besteht bereits ein Pneumothorax auf der Gegenseite oder liegt ein Atmenversagen vor, darf keine Stellatum Blockade durchgeführt werden!
  • Mäßig kompensierte pulmonale Insuffizienz:
  • Schweres Asthma bronchiale:
  • AV-Block II. und III. Grades:

Vorbereitung auf die Stellatumblockade

Vor der Durchführung einer GSB sind einige vorbereitende Maßnahmen erforderlich:

  • Ausführliche Anamnese und Aufklärung: Der Arzt muss den Patienten über den Ablauf der Behandlung, die möglichen Risiken und Komplikationen aufklären.
  • Körperliche Untersuchung: Eine gründliche klinische Inspektion ist wichtig, um die anatomischen Strukturen zu beurteilen und die Punktionsstelle festzulegen.
  • Blutuntersuchung: Eine Blutkontrolle dient zur Überprüfung der Blutgerinnung.
  • EKG: Vor dem Eingriff sollte ein EKG geschrieben werden, um mögliche Herzrhythmusstörungen, die eventuell eine Kontraindikation darstellen, aufzudecken.
  • Röntgenologische Untersuchung (optional): Eine röntgenologische Untersuchung der Wirbelsäule kann zur Planung der Operation sicherstellen.

Durchführung der Ganglion Stellatum Blockade

Die Durchführung der GSB erfolgt in der Regel ambulant. Der Patient liegt mit leicht erhöhtem Oberkörper auf dem Rücken mit leicht überstrecktem Hals und leichter Neigung des Kopfs zur kontralateralen Seite. Während des gesamten Prozedere werden kontinuierlich die Vitalparameter (Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung) gemessen, um einem möglichen Kreislaufabfall sofort entgegen zu wirken.

Es gibt verschiedene Zugangswege zum Ganglion stellatum. Am häufigsten wird der ventrale Zugang nach Herget verwendet.

  1. Palpation und Desinfektion: Der Anästhesist tastet zunächst die Halsschlagader (Arteria carotis externa). Nach sorgfältiger Desinfektion des Areals im unteren Bereich des Halses, wird die Halsschlagader etwas nach außen verschoben.
  2. Punktion: Mit dem Zeigefinger der einen Hand palpiert man den Unterrand des Krikoidknorpels und drückt lateral von diesem den Finger gegen die Halswirbelsäule. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Pulsation der A. carotis communis lateral des Fingers getastet wird! Über dem liegenden Finger wird eine feine 3-4 cm lange Kanüle nach dorsal durch die Haut gestochen. Die Punktion erfolgt senkrecht zwischen Arterie und Luftröhre, dabei wird die Kanüle bis zum Querfortsatz des 6. Halswirbels vorgeschoben. Bei Patienten mit größerem Weichteilmantel kann die Punktion auch durch einen Ultraschall kontrolliert werden.
  3. Knochenkontakt und Aspiration: Schon nach 2,5-3,5 cm fühlt man den knöchernen Kontakt mit dem Querfortsatz des sechsten Halswirbels. (Ohne Knochenkontakt keine Injektion!) Nach Zurückziehen der Kanülenspitze um 2-3 mm wird in zwei Ebenen (!) aspiriert, um mit Sicherheit eine intravasale Injektion auszuschließen.
  4. Injektion: Wurde die Nadel richtig platziert wird, nach Aspiration, 5-10ml des Lokalanästhetikums (Bupivacain, Mepivacain) gespritzt. Injiziert werden 5 ml eines Lokalanästhetikums (z. B. 0,25 % Bupivacain) für eine Blockade im Bereich des Kopfes. Die Injektion findet unter sterilen Bedingungen statt.
  5. Aufsetzen und Überwachung: Nach entfernen der Nadel wird der Patient sofort aufgesetzt, um ein Herabsinken des Lokalanästhetikums zu bewirken. Durch das Aufsetzen wird erreicht, dass das injizierte Lokalanästhetikum nach kaudal absinkt und das gesamte Ganglion stellatum infiltriert. Anschließend wird der Kreislauf und Neurologische Status des Patienten weiter streng überwacht.

Erfahrene Anästhesisten benötigen für die Punktion und Injektion nur wenige Minuten. Mit Vorbereitung und anschließender Überwachung dauert eine Blockade ca. 1 Stunde.

Zeichen einer erfolgreichen Blockade

Das deutlichste Zeichen für eine erfolgreiche Stellatumblockade ist das Horner-Syndrom (Miosis, Enophthalmus und Ptosis der blockierten Seite). Andere Zeichen sind neben der Zunahme der Durchblutung von Wange, Gesicht, Nacken und Arm (Rötung) eine deutliche Injektion der Konjunktiven und Skleren, Anhidrosis von Gesicht und Nacken, Tränenfluss und Völlegefühl der Nase (Guttmann-Zeichen). Bei erfolgreicher Blockade der sympatischen Nervenfasern ist die Haut im betroffenen Bereich überwärmt, trocken und gut durchblutet.

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Therapieplan

Um den gewünschten Effekt zu erzielen wird in der Regel eine Blockadeserie von 5-10 Blockaden in einem Abstand von 1-3 Tagen durchgeführt. Zunächst sollte die Wirksamkeit der Nervenblockade getestet werden. Hierzu sollten mindestens zwei diagnostische Punktionen durchgeführt werden. Stellt sich nach 4 Tagen eine deutliche Schmerzreduktion ein, kann mit der therapeutischen Blockadeserie begonnen werden. Nach der 5. Um den Therapieerfolg aufzeigen zu können, kann es hilfreich sein ein Schmerztagebuch zu führen. Treten erneut Schmerzen auf, kann die Serie fortgesetzt werden.

Risiken und Komplikationen

Die Stellatumblockade ist ein komplikationsreicher Eingriff und darf wegen möglicher Komplikationen (z. B. hohe Spinal- oder Epiduralanästhesie, intraarterielle Injektion des Lokalanästhetikums mit Krampfanfall, Pneumothorax) nur in Narkose- und Reanimationsbereitschaft durchgeführt werden. Zu den möglichen Komplikationen gehören:

  • Hohe Spinal- oder Epiduralanästhesie: Durch unbeabsichtigte Injektion des Lokalanästhetikums in den Spinalkanal oder Epiduralraum kann es zu einer Lähmung der Atemmuskulatur und des Kreislaufs kommen.
  • Intraarterielle Injektion: Wird Lokalanästhetikum intravasal (ins Gefäß) gespritzt, wird sofort ein Krampfanfall ausgelöst. Ein mögliches Risiko ist das Spritzen des Lokalanästhetikums in die Wirbelarterie (Arteria vertebralis), die an der Rückseite der Querfortsätze vorbei läuft. Daher sollte der Eingriff unter Intubationsbereitschaft erfolgen.
  • Pneumothorax: Durch Einführung der Nadel kann die Spitze der Lunge verletzt und einen sogenannter Pneumothorax verursachen. Der betroffene Lungenflügel verkleinert sich und erschwert die Atmung.
  • Rekurrensparese: Durch die Ausbreitung des Lokalanästhetikums im Gewebe kann es zu einer Rekurrensparese kommen, also einer Schädigung des Rekurrensnervs (Nervus laryngeus recurrens). Die Folgen sind Heißerkeit, Husten bis hin zu Atemnot. Insbesondere darf wegen der Gefahr der Blockade des N. laryngeus recurrens und des N. phrenicus eine Stellatumblockade nur einseitig angelegt werden.
  • Plexus-Blockade: Des weiteren kann der Nervenplexus des Arms kurzzeitig mit betäubt werden. Betroffene können vorübergehend den Arm/Hand erschwert bewegen (siehe: Plexus brachialis Lähmung).
  • Blutergüsse: Nimmt ein Patient Blutverdünner oder leidet an einer Blutgerinnungsstörung, kann es zu Blutergüssen im Bereich des Stichkanals kommen.
  • Intravasale Applikation: (versehentlich Injektion in Gefäße mit systemischen Nebenwirkungen) - besonders gefährdet sind die A. carotis (Halsschlagader) sowie die A.

Nachsorge

Nach der Stellatumblockade ist eine engmaschige Kontrolle des Patienten notwendig. Die Beobachtung des Herzkreislaufsystems des Patienten steht im Mittelpunkt. Weiterhin muss der neurologische Status des Patienten ebenfalls streng überwacht werden, um mögliche Komplikationen frühzeitig zu entdecken. Die Wegefähigkeit ist nach der Stellatumblockade für 24 Stunden aufgehoben. Der Patient sollte also an dem Tag, an dem er eine solche Blockade bekommt, nicht am Straßenverkehr aktiv teilnehmen und auch keine komplizierten Maschinen bedienen, also auch in aller Regel nicht mehr arbeiten. Daher stellen wir für berufstätige Patienten an diesem Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Patienten, die diese Behandlung erhalten, müssen sich demzufolge auch nach Hause transportieren lassen, da die mangelnde Verkehrstüchtigkeit auch den öffentlichen Personennahverkehr einschließt.

Alternative Behandlungsmethoden

Neben der GSB gibt es auch andere Methoden zur Behandlung von Schmerzen, die durch eine Fehlregulation des Sympathikus verursacht werden. Dazu gehören:

  • Medikamentöse Therapie: Schmerzmittel, Antidepressiva und Antikonvulsiva können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Funktion und Beweglichkeit des betroffenen Bereichs zu verbessern.
  • Psychotherapie: Psychologische Unterstützung kann bei der Bewältigung chronischer Schmerzen hilfreich sein.
  • Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Manchmal lässt sich eine Drosselung der Aktivität des o.g. Ganglions auch durch die „Transcutane elektrische Nervenstimulation“ (TENS) in der Technik nach Jenkner erreichen. In diese Technik wird der Patient bzw.

Aktuelle Forschung

Die Stellatum-Ganglion-Blockade (SGB) wird zunehmend als potenzielle Behandlungsmethode für Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bei US-Soldaten untersucht.

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  1. Multizentrische, randomisierte klinische Studie (2019): In dieser Studie erhielten aktive Dienstmitglieder mit PTBS-Symptomen zwei SGB-Behandlungen im Abstand von zwei Wochen.
  2. Fallserien und retrospektive Studien: Unkontrollierte Fallserien berichteten, dass 70-75 % der Patienten nach einer SGB eine schnelle klinische Verbesserung der PTBS-Symptome erfuhren.
  3. Kombinierte Therapieansätze: Eine Pilotstudie untersuchte die Kombination von SGB mit intensiver Expositionstherapie. Diese Kombination führte zu einer größeren Reduktion der PTBS-Symptome als jede der beiden Behandlungen allein.
  4. Laufende Forschung: Das US-Militär führt derzeit weitere Studien durch, um die Wirksamkeit der SGB bei PTBS zu evaluieren.

SGB zeigt vielversprechende Ergebnisse zur schnellen Reduktion von PTBS-Symptomen. Erste randomisierte Studien bestätigen Wirksamkeit, aber weitere Forschung nötig. Besonders vielversprechend in Kombination mit Expositionstherapie.

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