Die Osteopathie ist ein ganzheitlicher Ansatz, der den Körper als Einheit betrachtet und darauf abzielt, Dysfunktionen zu erkennen und zu behandeln, um die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren. Ein wichtiger Aspekt der osteopathischen Behandlung ist die Berücksichtigung des vegetativen Nervensystems, insbesondere des sympathischen Nervensystems, zu dem auch das Ganglion stellatum gehört.
Einführung in die Osteopathie und ihre Prinzipien
Als Physiotherapeutin habe ich gelernt, dass der Ort der Beschwerden nicht immer die Ursache sein muss. Meine fünfjährige Ausbildung in Osteopathie hat mir beigebracht, den Körper in seiner Gesamtheit zu analysieren und zu behandeln, wobei alle seine Komponenten und Verbindungen berücksichtigt werden. Durch kontinuierliche Weiterbildung und meine Tätigkeit als Dozentin am College Sutherland und an der ECOM-European College for Osteopathic Medicine vertiefe und erweitere ich mein Wissen und meine Arbeitsweise ständig. Mit dem Stillpunkt Hamburg habe ich mir einen Traum erfüllt.
In der osteopathischen Lehre werden Reflexionen über die dialektische Dynamik von Funktion und Dysfunktion sowie über Beziehungsgefüge verwendet, um das Verständnis für die Faktoren und Prozesse zu fördern, die zu Gesundheit und Krankheit führen. Auf diese Weise kann der Therapeut in Kommunikation mit dem Körpergewebe und im Verständnis der spezifischen Entstehung von Krankheitssymptomen die geeignete Herangehensweise für den jeweiligen Patienten wählen. Daher kann die osteopathische Behandlung bei zwei Patienten mit genau derselben Diagnose sehr unterschiedlich sein.
Das Ganglion stellatum: Anatomie und Funktion
Das Ganglion stellatum, auch Sternenganglion genannt, ist eine Ansammlung von Nervenzellkörpern des sympathischen Nervensystems, die paarweise rechts und links vor dem Querfortsatz des 6. Halswirbelkörpers liegen. Es ist eine wichtige Umschaltstelle des sympathischen Grenzstrangs in der Halsregion und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulation verschiedener Körperfunktionen.
Funktionen des Ganglion stellatum
Die Nervenfasern des Ganglion stellatum regulieren unter anderem:
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- Durchblutung: Sie beeinflussen die Weite der Blutgefäße und somit die Durchblutung des Kopfes, Halses, der Arme und des oberen Brustkorbs.
- Schmerzentstehung: Sie können an der Entstehung von Schmerzen in ihrem Versorgungsgebiet beteiligt sein.
- Schweißsekretion: Sie regulieren die Schweißproduktion in den entsprechenden Körperregionen.
- Temperaturregulation: Sie tragen zur Aufrechterhaltung einer konstanten Körpertemperatur bei.
Die Rolle des Ganglion stellatum in der Osteopathie
In der Osteopathie wird das Ganglion stellatum als wichtiger Knotenpunkt des sympathischen Nervensystems betrachtet, dessen Dysfunktion vielfältige Auswirkungen auf den Körper haben kann. Eine Überaktivierung des sympathischen Nervensystems, wie sie beispielsweise bei chronischem Stress oder posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) auftreten kann, kann zu einer anhaltenden Anspannung der Muskulatur, einer Beeinträchtigung der Durchblutung und einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit führen.
Mögliche Folgen einer Dysfunktion des Ganglion stellatum
Eine Dysfunktion des Ganglion stellatum kann sich in einer Vielzahl von Symptomen äußern, darunter:
- Kopfschmerzen und Migräne: Spannungen der Dura, die sich auf die venösen Blutleiter und die arteriellen Blutgefäße auswirken, können zu zerebralen Ödemen, Entzündungen und reflektorischen Muskelspannungen im Nacken führen. Auch Dysfunktionen der Schädelbasis (SSB) mit Blockierungen der Schädelnähte (Suturae) können eine Rolle spielen.
- Nacken- und Schulterschmerzen: Spannungen der Nackenmuskulatur und Restriktionen an den oberen Rippen können durch eine Dysfunktion des Ganglion stellatum verstärkt werden.
- Funktionelle Herzbeschwerden: Dysfunktionen im Bereich der Wirbelsäule, insbesondere im Bereich C0, Th4, L3 und L5, können in Verbindung mit einer Dysfunktion des Ganglion stellatum auftreten.
- Asthma: Die Sympathikusganglien, die die Bronchien innervieren, liegen vor den Rippenköpfchen der Brustwirbel Th2-Th6. Eine Beeinträchtigung dieser Strukturen kann sich auf die Atemwege auswirken.
- Schleudertrauma: Die Auswirkungen eines Schleudertraumas auf die BWS und LWS, das Os sacrum und Becken, die paravertebralen Muskeln, Ligamente, Faszien, Nerven, Gefäße sowie den Schädel mit den intrakranialen Membranen, zerebralen Gefäße, das Foramen jugulare, den LCS und das Nervensystem usw. sind nicht vorhersehbar.
- Verdauungsstörungen: Eine Stimulierung des linken Nervus vagus, der in enger Beziehung zum Ganglion stellatum steht, hat eine antientzündliche Wirkung und kann bei der Behandlung von Störungen des Verdauungstrakts helfen.
- Sehstörungen: Das Os sphenoidale und die SSB (aufgrund der Ansatzstellen der Augenmuskeln) und die Öffnungen am Os sphenoidale für den Sehnerv und die Augenmuskelnerven sowie intrakraniale Duralmembranen (insbesondere das Tentorium cerebelli), da die Augenmuskelnerven an ihnen entlangführen (insbesondere der N. abducens ist anfällig, da er unter dem Lig. petrosphenoidale verläuft), können bei Sehstörungen eine Rolle spielen.
- Tinnitus: Eine Stimulierung des linken Nervus vagus kann möglicherweise bei Tinnitus helfen.
- Vegetative Störungen: Nach Teilausschaltung des Sympathikus kann es zu einem anfallsartigem kompensatorischen übermäßigem lokalisiertem Schwitzen einzelner Körperteile in anderen Bereichen kommen.
Osteopathische Behandlung des Ganglion stellatum
Die osteopathische Behandlung zielt darauf ab, die Dysfunktion des Ganglion stellatum zu beheben und das Gleichgewicht des vegetativen Nervensystems wiederherzustellen. Dies kann durch verschiedene Techniken erreicht werden, die darauf abzielen, Spannungen im Bereich der Halswirbelsäule, der Schädelbasis und des Thorax zu lösen und die Durchblutung und Nervenfunktion zu verbessern.
Osteopathische Techniken zur Behandlung des Ganglion stellatum
Einige der häufig verwendeten osteopathischen Techniken zur Behandlung des Ganglion stellatum umfassen:
- Manuelle Therapie der Halswirbelsäule: Durch sanfte Mobilisation und Manipulation der Halswirbel können Blockaden gelöst und die Beweglichkeit der Wirbelsäule verbessert werden.
- Kraniosakrale Therapie: Diese Technik zielt darauf ab, Spannungen im Bereich der Schädelbasis und des Kreuzbeins zu lösen und den Fluss der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor) zu verbessern.
- Viszerale Therapie: Durch die Behandlung der inneren Organe und ihrer bindegewebigen Aufhängungen können Spannungen im Brust- und Bauchraum gelöst werden, die sich auf das Ganglion stellatum auswirken können.
- Fasziale Techniken: Die Behandlung der Faszien, des bindegewebigen Netzes, das den gesamten Körper durchzieht, kann helfen, Spannungen zu lösen und die Beweglichkeit zu verbessern.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Zusätzlich zu den osteopathischen Techniken können auch andere Behandlungsmethoden eingesetzt werden, um die Funktion des Ganglion stellatum zu verbessern, wie z.B.:
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- Stressmanagement: Techniken zur Stressreduktion, wie z.B. Meditation, Yoga oder progressive Muskelentspannung, können helfen, die Aktivität des sympathischen Nervensystems zu reduzieren.
- Ernährungsberatung: Eine ausgewogene Ernährung mit wenig zuckerhaltigen Speisen und Getränken kann dazu beitragen, Entzündungen im Körper zu reduzieren und die Nervenfunktion zu verbessern.
- Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Kräftigung der Nacken- und Schultermuskulatur können helfen, die Stabilität der Halswirbelsäule zu verbessern und Verspannungen zu reduzieren.
Ganglion stellatum Blockade
In der Schmerztherapie wird das Ganglion stellatum auch durch eine gezielte Injektion von Lokalanästhetika (Ganglion stellatum Blockade) behandelt. Ziel ist es, die Schmerzleitung in dem betroffenen Gebiet vorübergehend zu unterbrechen und so eine Schmerzlinderung zu erreichen. Die Lokalisation des Ganglion stellatum ist anhand anatomischer Landmarken möglich. Die Infiltration erfolgt mit Lokalbetäubungsmitteln und ggf. auch mit Opioiden.
Indikationen für eine Ganglion stellatum Blockade
Eine Ganglion stellatum Blockade kann bei verschiedenen Schmerzzuständen eingesetzt werden, darunter:
- Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS): Auch bekannt als Morbus Sudeck.
- Phantomschmerzen: Schmerzen nach Amputationen.
- Durchblutungsstörungen: Schmerzen aufgrund von Mangeldurchblutung in den Armen oder Beinen.
- Herpes Zoster (Gürtelrose): Postzosterische Neuralgie.
Risiken und Nebenwirkungen einer Ganglion stellatum Blockade
Wie bei jedem medizinischen Eingriff birgt auch die Ganglion stellatum Blockade gewisse Risiken und Nebenwirkungen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören:
- Horner-Syndrom: Vorübergehende Pupillenverengung, Herabhängen des Augenlids und leichtes Zurücksinken des Augapfels auf der behandelten Seite. Dies ist ein Zeichen für die erfolgreiche Blockade des Ganglion stellatum.
- Heiserkeit: Vorübergehende Beeinträchtigung der Stimmbandfunktion.
- Schluckbeschwerden: Vorübergehende Schwierigkeiten beim Schlucken.
- Blutergüsse: An der Injektionsstelle.
In seltenen Fällen kann es zu schwerwiegenderen Komplikationen kommen, wie z.B.:
- Pneumothorax: Verletzung der Lunge mit Luftansammlung im Brustraum.
- Verletzung von Blutgefäßen oder Nerven: In der Nähe des Ganglion stellatum.
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