Die Funktion des vorderen linken Bereichs des Gehirns: Eine detaillierte Analyse

Das menschliche Gehirn ist ein komplexes und faszinierendes Organ, das als zentrale Steuerungseinheit des Körpers fungiert. Es steuert nicht nur grundlegende Lebensfunktionen, sondern ermöglicht auch höhere kognitive Prozesse wie Denken, Fühlen, Lernen und Gedächtnis. Der Frontallappen, insbesondere der vordere linke Bereich, spielt eine entscheidende Rolle bei diesen Funktionen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Struktur, Funktion, Blutversorgung und klinische Bedeutung des Frontallappens, wobei der Schwerpunkt auf dem linken vorderen Bereich liegt.

Anatomie des Frontallappens

Der Frontallappen, lateinisch Lobus frontalis, auch Stirnlappen genannt, ist der größte und am weitesten entwickelte Teil des menschlichen Gehirns. Er befindet sich im vorderen Bereich des Schädels, hinter der Stirn, und macht etwa ein Drittel des gesamten Gehirnvolumens aus. Der Frontallappen ist Teil des Großhirns, das durch tiefe Furchen, die Sulci, in vier Hauptlappen unterteilt wird: Frontallappen, Parietallappen, Temporallappen und Okzipitallappen.

Struktur und Organisation

Der Frontallappen besteht aus mehreren Windungen, den Gyri, die durch Furchen, die Sulci, voneinander getrennt sind. Diese Gyri und Sulci erhöhen die Oberfläche des Frontallappens und ermöglichen so eine größere Anzahl von Nervenzellen. Die Großhirnrinde, die äußere Schicht des Großhirns, besteht aus grauer Substanz, die reich an Zellkörpern von Nervenzellen ist. Unterhalb der Großhirnrinde befindet sich die weiße Substanz, die hauptsächlich aus Nervenfasern besteht, die von einer Myelinscheide umgeben sind.

Der Frontallappen kann anhand seiner Windungen in verschiedene Bereiche unterteilt werden, darunter der Gyrus frontalis superior, medius und inferior. Der Gyrus frontalis inferior lässt sich weiter in drei Anteile unterteilen: die Pars orbitalis über der Augenhöhle, die Pars triangularis (dreieckig, in der Regel nur auf einer Seite vorhanden) und die Pars opercularis, welche deckelartig ist.

Grenzen des Frontallappens

Der Frontallappen wird durch verschiedene Furchen von den anderen Hirnlappen abgegrenzt. Seitlich erstreckt er sich bis zum Sulcus lateralis, auch Sylvische Fissur genannt. Nach hinten wird er durch den Sulcus centralis (Zentralfurche) vom Parietallappen getrennt. Unterhalb des Sulcus lateralis schließt sich der Temporallappen an. Direkt unter dem Frontallappen befinden sich die Augenhöhlen.

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Das Großhirn wird durch die Fissura longitudinalis (Hirnlängsfurche) in zwei Hälften geteilt, die jedoch durch den Balken (Corpus callosum) miteinander verbunden sind. Diese Verbindung ermöglicht die Kommunikation zwischen den beiden Gehirnhälften.

Funktionen des Frontallappens

Der Frontallappen spielt eine entscheidende Rolle bei einer Vielzahl von Funktionen, die in drei Hauptkategorien unterteilt werden können: Motorik, Sensibilität und komplexe kognitive Funktionen. Diese Funktionen sind spezifischen Bereichen des Frontallappens zugeordnet.

Motorische Funktionen

Der primäre motorische Kortex, der sich im Gyrus praecentralis befindet, ist für die Steuerung willkürlicher Bewegungen verantwortlich. Er enthält eine somatotope Karte des Körpers, wobei bestimmte Bereiche des Kortex für die Steuerung spezifischer Körperteile zuständig sind. Interessanterweise nehmen das Gesicht, insbesondere Lippen und Zunge, sowie die Hand einen unverhältnismäßig großen Raum im motorischen Kortex ein, was die Bedeutung dieser Körperteile für komplexe Bewegungen und Kommunikation widerspiegelt.

Der prämotorische Kortex und der supplementär-motorische Kortex, die sich vor dem Gyrus praecentralis befinden, sind an der Planung und Ausführung komplexer Bewegungsabläufe beteiligt. Der prämotorische Kortex scheint stärker auf sensorische Signale aus der Außenwelt zu reagieren, während der supplementär-motorische Kortex stärker an der Planung von Bewegungen beteiligt ist.

Das frontale Augenfeld, das sich im prämotorischen Kortex befindet, steuert die willkürlichen Augenbewegungen. Das Broca-Areal, das sich in der Regel in der linken Hemisphäre befindet, ist für die motorische Sprachproduktion zuständig.

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Komplexe Kognitive Funktionen

Der präfrontale Kortex (PFC), der den vordersten Teil des Frontallappens bildet, ist für höhere kognitive Funktionen wie Planung, Entscheidungsfindung, Arbeitsgedächtnis, abstraktes Denken und Persönlichkeit verantwortlich. Er integriert sensorische Informationen, entwirft entsprechende Reaktionen und reguliert Emotionen. Der PFC ist massiv vernetzt und wird gemeinhin mit den exekutiven Funktionen assoziiert. Damit spielt er für Persönlichkeit und Charakter eine tragende Rolle.

Der PFC ist die Struktur im menschlichen Gehirn, die am längsten für ihre Entwicklung benötigt. Es dauert bis zu 25 Jahre, bis er vollständig ausgereift ist. Seine Entwicklung (Myelinisierung) braucht bis zu 30 Jahren und ist selbst dann noch nicht ganz abgeschlossen.

Tabelle der Funktionen des Frontallappens

ArealLageFunktion
Broca-ArealNur auf einer Seite, bei Rechtshändern meist links im Gyrus frontalis inferiorMotorische Sprachproduktion
Primär motorischer KortexGyrus praecentralisUrsprung motorischer Bewegungen (Pyramidenbahn) hinsichtlich Schnelligkeit, Kraft und Richtung
Prämotorischer und Supplementär Motorischer KortexDirekt vor dem Gyrus praecentralisPlanung und Ausführung komplexer Bewegungsabläufe
Frontales Augenfeld / BlickzentrumPrämotorischer KortexÜbergeordnete Steuerung der willkürlichen Augenbewegungen
Präfrontaler KortexVom frontalen Pol bis zum Prämotorischen KortexHöhere kognitive Leistungen (z. B. Rechnen, Schreiben, Planen) Moralisches & ethisches Verhalten Emotionen, Anstand, Scham, Taktgefühl Zielstrebigkeit, Konzentration, Affektkontrolle Kurzzeitgedächtnis (Speicherung von 7 Informationseiheiten für max. 20 Sek.)

Blutversorgung des Frontallappens

Der Frontallappen wird von zwei der drei großen Arterien im Gehirn versorgt: der vorderen und der mittleren Hirnarterie. Die vordere Hirnarterie (Arteria cerebri anterior) versorgt die zur Mitte hin gelegenen Anteile des Lobus frontalis mit nährstoffreichem Blut, während die äußeren Gebiete von der mittleren Hirnarterie (Arteria cerebri media) versorgt werden.

Das Gehirn erhält jede Minute etwa 750 ml Blut, was etwa 15 % des Herzzeitvolumens entspricht. Die Blutversorgung des Gehirns wird aus zwei Quellen gewonnen: den Arteriae carotis internae und dem vertebrobasilären System. Diese Quellen verbinden sich zum Circulus Willisii, der aus fünf Komponenten besteht: der Arteria communicans anterior, den Arteriae cerebri anteriores, den Arteriae carotis internae, der Arteria communicans posterior und den Arteriae cerebri posteriores (PCA).

Der Abtransport von venösem Blut aus dem Frontallappen geschieht hauptsächlich über oberflächliche Gehirnvenen (Venae superficiales cerebri). Diese durchstoßen die beiden Hirnhäute (Spinnenhaut und harte Hirnhaut) und verlaufen dann in den Sinus durae matris. Bei diesem Sinus handelt es sich sozusagen um ein Abflussbecken des gesamten Kopfes, von wo aus das venöse Blut weiter in die innere Drosselvene gelangt und von dort aus zurück zum Herz.

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Klinische Bedeutung des Frontallappens

Schäden des Frontallappens können zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die als Frontallappensyndrom oder Frontalhirnsyndrom bezeichnet werden. Diese Symptome können je nach betroffenem Bereich des Frontallappens variieren.

Ein Funktionsverlust des prämotorischen Kortex kann zu einer spastischen Lähmung führen, bei der die Muskeln des betroffenen Gebiets dauerhaft verkrampft sind. Eine Schädigung des primären motorischen Kortex kann zu einer schlaffen Lähmung führen, bei der ein betroffener Arm beispielsweise nicht mehr willentlich bewegt werden kann.

Schäden des präfrontalen Kortex können zu Veränderungen der Persönlichkeit, des Verhaltens und der kognitiven Fähigkeiten führen. Betroffene können Schwierigkeiten haben, Pläne zu machen, Entscheidungen zu treffen, sich zu konzentrieren oder ihr Verhalten zu kontrollieren. Sie können auch emotional instabil sein, impulsiv handeln oder ein unangemessenes Verhalten zeigen.

Ein Schlaganfall im primären Motorcortex kann zu einer Schwächung oder Lähmung der gegenüberliegenden Körperseite führen. Eine Schädigung des supplementär-motorischen Cortex kann dazu führen, dass Bewegungen nicht mehr initiiert werden, was zu Bewegungsarmut (Hypokinese) führt.

Fallbeispiele

  • Phineas Gage: Ein berühmtes Beispiel für die Auswirkungen einer Frontallappenverletzung ist der Fall von Phineas Gage, einem Eisenbahnarbeiter, der 1848 bei einem Unfall eine schwere Schädigung des Frontallappens erlitt. Obwohl er den Unfall überlebte, veränderte sich seine Persönlichkeit dramatisch. Er wurde impulsiv, unzuverlässig und zeigte ein unangemessenes Verhalten.
  • Lobotomie: In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Lobotomie, ein chirurgischer Eingriff, bei dem die Nervenverbindungen zum präfrontalen Kortex durchtrennt werden, als Behandlung für verschiedene psychische Erkrankungen eingesetzt. Obwohl einige Patienten von ihren Symptomen profitierten, führte die Lobotomie oft zu schweren Persönlichkeitsveränderungen und kognitiven Beeinträchtigungen.

Die Rolle des linken Frontallappens

Der linke Frontallappen spielt eine besonders wichtige Rolle bei der Sprachverarbeitung und -produktion. Das Broca-Areal, das sich in der Regel in der linken Hemisphäre befindet, ist für die motorische Sprachproduktion zuständig. Schäden in diesem Bereich können zu einer Broca-Aphasie führen, einer Sprachstörung, bei der Betroffene Schwierigkeiten haben, flüssig und grammatikalisch korrekt zu sprechen.

Darüber hinaus ist der linke Frontallappen an anderen kognitiven Funktionen beteiligt, wie z. B. logischem Denken, mathematischen Fähigkeiten und sequentieller Verarbeitung.

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