Das menschliche Gehirn, das Denkorgan des Menschen, ist ein faszinierendes und komplexes Organ, das wie ein großer Computer arbeitet. Es verarbeitet nicht nur Sinneseindrücke und Informationen des Körpers, sondern ist auch die Wurzel der Intelligenz, des Denkens und Fühlens. Äußerlich ähnelt es durch Windungen und enge Spalten einer überdimensionalen Walnuss und wiegt etwa 1,5 Kilogramm. Es besteht aus dem Großhirn und dem Kleinhirn. Das Thema der Funktionen der beiden Gehirnhälften ist von großem Interesse, da es Einblicke in die Arbeitsweise unseres Gehirns und die Verteilung verschiedener Fähigkeiten und Zuständigkeiten bietet.
Anatomie des Gehirns: Zwei Hemisphären, vielfältige Funktionen
Das Großhirn, der obere und größte Teil unseres Gehirns direkt unter der Schädeldecke, besteht aus einer rechten und einer linken Gehirnhälfte, auch Hemisphären genannt. Diese beiden Hälften sind durch ein dickes Bündel aus Nervenfasern verbunden, dem Balken, der den Informationsaustausch ermöglicht. Jede Gehirnhälfte besteht wiederum aus sechs Bereichen (Lappen) mit unterschiedlichen Funktionen. Die Oberfläche der Gehirnhemisphären ist mit Windungen und Furchen bedeckt, welche man in der medizinischen Fachsprache als Gyri und Sulci bezeichnet. Diese Windungen und Furchen vergrößern die Oberfläche des Gehirns, wodurch mehr Neuronen und synaptische Verbindungen auf kleinem Raum wirken können.
Spezialisierung der Hemisphären: Ein Mythos?
Die Vorstellung, dass jede Gehirnhälfte ihre eigenen spezifischen Aufgaben hat, hält sich hartnäckig. Oft wird von der "emotionalen rechten Gehirnhälfte" und der "analytischen linken Gehirnhälfte" gesprochen. Es wird angenommen, dass bei analytisch denkenden und berechnenden Menschen die linke Gehirnhälfte ausgeprägter ist, während bei kreativen Menschen die rechte Gehirnhälfte dominiert. Sensorische und motorische Funktionen werden von beiden Gehirnhälften wahrgenommen. Die Muskeln der linken Körperhälfte werden von der rechten Gehirnhälfte gesteuert und umgekehrt, was den Eindruck erwecken kann, dass die beiden Hemisphären unabhängig voneinander arbeiten.
Die linke Gehirnhälfte wird oft mit logischem und rationalem Denken in Verbindung gebracht, während die rechte Gehirnhälfte eher intuitiv und emotional ist. Das bedeutet, dass es Persönlichkeiten mit „linker“ und „rechter Gehirnhälfte“ gibt, die eine Gehirnhälfte mehr nutzen als die andere. Diese Auffassung schreibt sogar die linke Gehirnhälfte den Männern und die rechte Gehirnhälfte den Frauen zu, die oft intuitiver sind. Dies ist jedoch ein Mythos, der sich nicht auf gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse stützt: Es ist nicht möglich, Persönlichkeiten durch eine Spezialisierung der einen Gehirnhälfte zu definieren, die Vorrang vor der anderen hätte.
Die Rolle der linken Hemisphäre
Die linke Gehirnhälfte ist bei den meisten Menschen auf Sprache und abstraktes Denken spezialisiert. Sie steuert die rechte Körperseite und ist für logisches Denken, Analyse, Detailwahrnehmung, verbale und mathematische Informationen, Grammatik und Wortstellung zuständig. Im Großhirn ist die Hirnrinde der linken Gehirnhälfte für die Sprache verantwortlich, insbesondere das Broca-Areal und das Wernicke-Areal. Das Broca-Areal ist hauptsächlich für die Sprachproduktion verantwortlich, während das Wernicke-Areal für das Sprachverständnis zuständig ist.
Lesen Sie auch: Faszination Nesseltiere: Wie sie ohne Gehirn leben
Die Rolle der rechten Hemisphäre
Die rechte Gehirnhälfte kommt in der Regel dann zum Einsatz, wenn es um räumliches Denken oder bildhafte Zusammenhänge geht. Sie steuert die linke Körperseite und ist für bildhaftes Denken, Gefühle, Kreativität, Spontaneität, Körpersprache, Mimik, Gestik, Bewegungen, physische Aktivität, künstlerische Leistungen und Erlebnisse wie Musik, Zeichnen und Malen zuständig. Die Hirnrinde der rechten Gehirnhälfte vermittelt dem Gehirn die räumliche Stellung des Körpers. Die rechte Hemisphäre ist spezialisiert auf gefühlsmäßiges Denken, konkretes Denken, Anfassen und Begreifen, ganzheitliches Arbeiten, Integrieren, Musik, Geräusche, Farben, Gerüche, Formen, Bilder, Gestalten, räumliches Nebeneinander, Sehen, Fühlen, Deuten und Verstehen, Intuition und Kreativität.
Zusammenspiel der Hemisphären: Ein Orchester des Geistes
Die beiden Gehirnhälften funktionieren jedoch nicht isoliert voneinander, sondern arbeiten zusammen und stehen in ständigem Kontakt miteinander. Sie ergänzen sich und ermöglichen so komplexe kognitive Prozesse. Das rechte Zentrum lässt uns erst die volle Bedeutung von Sätzen, nicht nur das Gesagte, sondern das Gemeinte verstehen. Die Aufgaben des Gehirns verteilen sich nicht auf eine rechte und eine linke Seite, sondern auf verschiedene Areale, die meistens sowohl links als auch rechts über das Gehirn verteilt sind.
Lateralisierung und individuelle Unterschiede
Die Lateralisation, also die Tendenz, dass Hirnregionen Funktionen eher in der linken oder rechten Hirnhälfte verarbeiten, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägt. Selbst bei denjenigen, bei denen die Funktionen im Gehirn prinzipiell klassisch angeordnet sind, ist die Asymmetrie unterschiedlich stark ausgeprägt. Frühere Studien hatten gezeigt, dass sich das wiederum auf die Fähigkeiten selbst auswirken kann. Zu wenig asymmetrisch ausgebildete Sprachareale auf der linken Hirnseite werden zum Beispiel als eine mögliche Ursache für Legasthenie vermutet. Auch bei Krankheiten wie Schizophrenie und Autismus-Spektrum-Störungen oder Hyperaktivität bei Kindern wird mit einer zu schwachen Aufgabenteilung zwischen den beiden Hirnhälften in Zusammenhang gebracht.
Genetische und umweltbedingte Einflüsse
Die individuellen Unterschiede in der Anordnung der Hirnregionen sind vererbbar und somit zum Teil genetisch bedingt. Ein Großteil dieser Asymmetrie im menschlichen Gehirn lässt sich hingegen nicht durch genetische Faktoren erklären, was darauf hindeuten könnte, dass sie durch die persönliche Erfahrung einer Person, also durch Einflüsse aus ihrer Umwelt, geprägt ist. Das menschliche Gehirn ist asymmetrischer als das von Affen. Vermutlich ergibt sich die Asymmetrie unseres Gehirns aus genetischen Faktoren und solchen, die sich aus persönlichen Erfahrungen ergeben. Tatsächlich beobachtete das Forschungsteam bei älteren Menschen eine geringere Rechtsasymmetrie, was darauf hindeutet, dass sich das Phänomen im Laufe des Lebens verändern kann.
Gehirntraining: Die Vernetzung verbessern
Um die Zusammenarbeit und Synchronisation beider Gehirnhälften zu stärken, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Lesen Sie auch: Lesen Sie mehr über die neuesten Fortschritte in der Neurowissenschaft.
- Multisensorische Aktivitäten: Durchführen von Tätigkeiten, die mehrere Sinne ansprechen und somit beide Gehirnhälften gleichzeitig aktivieren.
- Kinesiologische Übungen: Übungen, die die Koordination zwischen beiden Gehirnhälften verbessern sollen.
Es ist wichtig zu beachten, dass Übungen, die angeben, lediglich eine Gehirnhälfte zu trainieren, wissenschaftlich nicht fundiert sind. Bei jeglicher Art von Gehirntraining werden immer beide Hälften aktiv, jedoch in unterschiedlicher Form.
Lesen Sie auch: Tinnitus und Gehirnaktivität: Ein detaillierter Einblick