Generalvollmacht widerrufen bei Demenz: Ein umfassender Leitfaden

Eine Generalvollmacht ist ein mächtiges Instrument, das einer Person weitreichende Befugnisse einräumt, im Namen einer anderen zu handeln. Doch was geschieht, wenn der Vollmachtgeber an Demenz erkrankt und Zweifel an seiner Geschäftsfähigkeit aufkommen? Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Aspekte des Widerrufs einer Generalvollmacht im Zusammenhang mit Demenz, unter Berücksichtigung aktueller Rechtssprechungen und praktischer Implikationen.

Einführung

Die Vorsorgevollmacht ermöglicht es einer Person, im Voraus festzulegen, wer im Falle einer Entscheidungsunfähigkeit ihre Angelegenheiten regeln soll. Dies ist besonders relevant bei altersbedingten Krankheiten wie Demenz. Der Widerruf einer solchen Vollmacht kann jedoch kompliziert sein, insbesondere wenn die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers in Frage steht.

Was ist eine Generalvollmacht?

Eine Generalvollmacht ist eine umfassende Vollmacht, die den Bevollmächtigten dazu berechtigt, nahezu alle rechtlichen Angelegenheiten für den Vollmachtgeber zu regeln, auch über dessen Tod hinaus. Sie deckt viele Bereiche ab.

Was ist eine Vorsorgevollmacht?

Eine Vorsorgevollmacht ist eine spezielle Form der Vollmacht, die es einer Person ermöglicht, eine andere Person zu bevollmächtigen, im Falle ihrer eigenen Entscheidungs- oder Handlungsunfähigkeit rechtliche und persönliche Angelegenheiten zu regeln. Diese Vollmacht tritt beispielsweise durch Krankheit oder Altersgebrechlichkeit in Kraft.

Die Bedeutung der Geschäftsfähigkeit

Die Geschäftsfähigkeit ist eine zentrale Voraussetzung für die Wirksamkeit sowohl der Erteilung als auch des Widerrufs einer Vollmacht. Gemäß § 104 BGB ist eine Person geschäftsunfähig, wenn sie sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet.

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Der Widerruf einer Vollmacht bei Demenz

Grundsätzliche Widerrufbarkeit

Grundsätzlich kann eine Vollmacht jederzeit widerrufen werden, solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist. Dies gilt auch für Vorsorgevollmachten. Der Widerruf sollte in der gleichen Form erfolgen wie die ursprüngliche Vollmachtserteilung. Bei einer notariellen Vollmacht ist es ratsam, den Widerruf ebenfalls notariell beurkunden zu lassen.

Formale Anforderungen an den Widerruf

Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht sollte immer schriftlich erfolgen. Obwohl ein Widerruf grundsätzlich formlos möglich ist, empfiehlt sich aus Beweisgründen die Schriftform. Der Widerruf wird erst wirksam, wenn er dem Bevollmächtigten oder dem relevanten Dritten zugegangen ist.

Widerruf trotz bestehender Vorsorgevollmacht

Eine Vorsorgevollmacht kann jederzeit widerrufen werden, solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist. Bei Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers kann ein Kontrollbetreuer den Widerruf vornehmen. Wenn Sie eine Vorsorgevollmacht widerrufen möchten, sollten Sie den Widerruf schriftlich erklären. Bei einer notariellen Vorsorgevollmacht ist es wichtig, den beurkundenden Notar über den Widerruf zu informieren. Der Widerruf wird erst wirksam, wenn er dem Bevollmächtigten zugeht.

Besonderheiten bei Demenz

Wenn der Vollmachtgeber an Demenz erkrankt ist, stellt sich die Frage, ob er zum Zeitpunkt des Widerrufs noch geschäftsfähig war. Ist dies nicht der Fall, ist der Widerruf unwirksam. In diesem Fall kann ein Kontrollbetreuer bestellt werden, der die Vollmacht widerrufen kann, wenn dies zum Wohl des Vollmachtgebers erforderlich ist.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt

Ein Fall vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verdeutlicht die Problematik. Eine Mutter entzog ihrer Tochter die Vorsorgevollmacht, doch die Tochter wehrte sich. Das Gericht entschied jedoch, dass die Tochter nicht berechtigt ist, gegen den Entzug der Vollmacht vorzugehen, da der Bevollmächtigte durch die Vollmacht keine eigenen Rechte erhält, sondern nur eine vom Vollmachtgeber abgeleitete Rechtsstellung.

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Die Rolle des Gerichts

Das Gericht betonte, dass die Kraftloserklärung einer Vollmachtsurkunde kein gerichtliches Aufgebotsverfahren darstellt, sondern ein privates Gestaltungsgeschäft des Vollmachtgebers ist. Die Rolle des Gerichts beschränkt sich darauf, über die öffentliche Bekanntmachung der vom Vollmachtgeber abgegebenen Kraftloserklärung zu entscheiden.

Konsequenzen für den Bevollmächtigten

Wenn ein Bevollmächtigter nach dem Widerruf einer Vollmacht weiterhin im Namen des ehemaligen Vollmachtgebers handelt, wird er zum Vertreter ohne Vertretungsmacht (falsus procurator). Die nach dem Widerruf getätigten Rechtsgeschäfte sind schwebend unwirksam und der ehemalige Vollmachtgeber kann diese nachträglich genehmigen oder ablehnen.

Was tun bei Zweifel an der Geschäftsfähigkeit?

Wenn Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers bestehen, ist es ratsam, ein ärztliches Gutachten einzuholen. Dieses kann Aufschluss darüber geben, ob der Vollmachtgeber zum Zeitpunkt des Widerrufs in der Lage war, die Tragweite seiner Entscheidung zu verstehen.

Die Kraftloserklärung einer Vollmacht

Was ist eine kraftlose Vollmacht?

Eine Kraftloserklärung ist ein rechtliches Instrument, mit dem eine Vollmachtsurkunde ihre Legitimationswirkung verliert. Die Kraftloserklärung erfolgt durch eine öffentliche Bekanntmachung, die nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung veröffentlicht werden muss. Das Amtsgericht ist für die Bewilligung der Veröffentlichung zuständig.

Rechtsfolgen der Kraftloserklärung

Durch die Kraftloserklärung erlischt der Rechtsschein der Vollmachtsurkunde vollständig. Das bedeutet, dass das Vertrauen Dritter in den Bestand der Vollmacht nicht mehr geschützt wird.

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Anzeige des Widerrufs gegenüber Dritten

Notwendigkeit der Anzeige

Bei einer Außenvollmacht, die gegenüber Dritten erteilt wurde, bleibt die Vollmacht diesen gegenüber so lange in Kraft, bis ihnen das Erlöschen vom Vollmachtgeber angezeigt wird. Bei einer reinen Innenvollmacht, die nur zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem besteht, genügt der Widerruf gegenüber dem Bevollmächtigten.

Vorgehensweise bei der Anzeige

Bei Bankvollmachten sollten Sie den Widerruf der Bank unmittelbar mitteilen. Die Anzeige sollte nachweisbar erfolgen, etwa durch ein Einschreiben oder persönliche Vorsprache bei der Bank.

Die Rolle des Betreuungsgerichts

Anordnung einer Betreuung

Wenn keine oder keine wirksame Vorsorgevollmacht vorhanden ist oder aber der Eindruck besteht, dass eine solche Vollmacht erst zu einer Zeit erteilt worden ist, als die Demenz bereits so weit fortgeschritten war, dass keine wirksame Vollmachterteilung mehr möglich war oder aber eine vorhandene Vollmacht zum Nachteil des Betroffenen verwendet wird, kann beim zuständigen Betreuungsgericht die Bestellung einer Betreuung angeregt werden.

Aufgaben des Betreuers

Ein Betreuer wird vom Betreuungsgericht eingesetzt und hat die Aufgabe, die Interessen des Betreuten zu wahren. Er kann unter anderem die Vollmacht widerrufen, wenn dies zum Wohl des Betreuten erforderlich ist.

Kontrollbetreuung

In bestimmten Fällen kann auch eine Kontrollbetreuung eingerichtet werden, um die Handlungen des Bevollmächtigten zu überwachen und gegebenenfalls die Vollmacht zu widerrufen.

Rechte und Pflichten des Bevollmächtigten

Keine eigenen Rechte

Mit der Vollmacht erhält der Bevollmächtigte keine eigenen, sondern nur eine vom Vollmachtgeber abgeleitete Rechtsstellung. Er ist verpflichtet, im Interesse des Vollmachtgebers zu handeln und dessen Willen zu berücksichtigen.

Rechenschaftspflicht

Grundsätzlich ist ein gesetzlicher Betreuer dem Gericht rechenschaftspflichtig. Das heißt, dass die Aktivitäten dem Betreuungsgericht gegenüber offengelegt werden müssen.

Missbrauch der Vollmacht

Erkennen von Missbrauch

Wenn der Verdacht besteht, dass der Bevollmächtigte die Vollmacht missbraucht, sollte ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Anzeichen für Missbrauch können beispielsweise sein:

  • Unklare finanzielleTransaktionen
  • Veräußerung von Vermögenswerten ohne Zustimmung des Vollmachtgebers
  • Interessenkonflikte zwischen Bevollmächtigtem und Vollmachtgeber

Konsequenzen bei Missbrauch

Verstößt ein Betreuer gegen seine Pflichten, indem er zum Beispiel finanzielle Mittel missbraucht, so wird er dafür haftbar gemacht. Dies dient dem Schutz des Betroffenen und stellt sicher, dass die Betreuung verantwortungsvoll und im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben geführt wird.

Alternativen zur Vollmacht

Betreuungsverfügung

Eine Betreuungsverfügung ist weniger weitreichend als eine Vorsorgevollmacht. Sie greift erst, wenn das Betreuungsgericht eine Betreuung anordnen muss, weil keine Vollmacht erteilt wurde. Darin wird festgehalten, wen das Gericht zum Betreuer bestellen soll. Oder wen nicht.

Patientenverfügung

Die Patientenverfügung ist ein Vorsorgedokument, das im späteren Stadium einer Demenzerkrankung sehr wichtig werden kann. Die Demenz beeinträchtigt mit der Zeit die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen und eigene Wünsche zu äußern. In späteren Stadien der Erkrankung können Betroffene oft nicht mehr klar kommunizieren, welche medizinischen Behandlungen sie wünschen oder ablehnen.

Praktische Tipps für den Umgang mit Demenzkranken

Kommunikation

Im Umgang mit Demenzerkrankten ist es wichtig, ihren aktuellen Willen zu verstehen und die Selbstbestimmung trotz Demenz zu respektieren. Selbst wenn die Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt ist, sollten die Wünsche und Bedürfnisse erfasst werden. Dies kann beispielsweise durch Körpersprache, Mimik oder Verhaltensänderungen geschehen.

Selbstbestimmung

Menschen mit Demenz sind oft noch lange in der Lage, in bestimmten Lebensbereichen eigene Entscheidungen zu treffen. Solange sich der Betroffene damit nicht selbst schadet, ist seine Entscheidung zu respektieren.

Gesetzliche Grundlagen

  • § 176 BGB: Diese Bestimmung regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Kraftloserklärung einer Vollmacht.
  • § 59 Abs. 1 FamFG: Hier wird das Beschwerderecht im Familienverfahrensgesetz definiert.
  • § 104 BGB: Diese Vorschrift beschreibt die Voraussetzungen der Geschäftsunfähigkeit, insbesondere auch im Zusammenhang mit geistigen Beeinträchtigungen wie Demenz.
  • § 1902 BGB: Dieser Paragraph regelt die Vertretung einer geschäftsunfähigen Person durch einen Betreuer.
  • § 125 BGB: Dieser Paragraph betrifft die Formvorschriften von Verträgen und erklärt, dass bestimmte Formen auch für die Wirksamkeit von Vollmachten erforderlich sind.
  • § 168 BGB: Dieser Paragraph besagt, dass der Vollmachtgeber die erteilte Vollmacht jederzeit widerrufen kann, solange er nicht aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung oder einer gesetzlichen Regelung zur Fortgeltung der Vollmacht verpflichtet ist.

Fazit

Der Widerruf einer Generalvollmacht bei Demenz ist ein komplexes Thema, das eine sorgfältige Abwägung der rechtlichen und persönlichen Umstände erfordert. Es ist wichtig, die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zu prüfen, die formalen Anforderungen an den Widerruf zu beachten und alle relevanten Stellen zu informieren. Im Zweifelsfall sollte rechtlicher Rat eingeholt werden, um die Interessen des Vollmachtgebers bestmöglich zu schützen.

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