Geschichten sind für Senioren und insbesondere für Menschen mit Demenz eine wertvolle und willkommene Beschäftigung. Sie bieten nicht nur einen angenehmen Zeitvertreib, sondern laden auch zum Erzählen, Erinnern, Schmunzeln und Nachdenken ein. Das Vorlesen wird oft als eine der ersten Tätigkeiten genannt, wenn es um die Freizeitgestaltung in Senioreneinrichtungen geht.
Die Bedeutung von Geschichten für Menschen mit Demenz
Menschen mit Demenz haben oft Schwierigkeiten, alltägliche Aufgaben zu bewältigen, da sie Dinge vergessen oder Handlungen nicht mehr ausführen können. Die gezielte Beschäftigung mit Geschichten kann hier Abhilfe schaffen und positive Erlebnisse ermöglichen. Es ist wichtig, dass die Beschäftigung Spaß macht und den Betroffenen nicht überfordert. Demenz lässt sich nicht "wegtrainieren", daher sollte der Fokus auf dem Wohlbefinden und der Aktivierung von Erinnerungen liegen.
Arten von Geschichten für Menschen mit Demenz
Es gibt verschiedene Arten von Geschichten, die sich für Menschen mit Demenz eignen:
Kurzgeschichten: Besonders in der Arbeit mit Senioren mit Demenz haben sich Kurzgeschichten bewährt. Viele kostenlose Geschichten für Senioren, finden Sie auf Mal-alt-werden.de.
Sprichwortgeschichten: Diese Geschichten sind besonders beliebt, da sie bekannte Sprichwörter enthalten, die von den Senioren vervollständigt werden können. Diese Sprichwörter werden durch den “Vorleser” jeweils nur zur Hälfte vorgelesen. Die andere Hälfte des Sprichwortes wird durch die Senioren vervollständigt.
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Bewegungsgeschichten und Fantasiereisen: Durch ihre Kürze und die bildhafte Sprache, haben sie sich ebenfalls in der Arbeit mit Menschen mit Demenz bewährt.
Minuten-Geschichten: Kurze Geschichten mit einer knackigen Pointe und Situationen, die an biografische Erfahrungen anknüpfen. Die Geschichten handeln von Sonnenbrand, vom Oktoberfest, von Perlenketten, den Bundesjungendspielen oder Fürst-Pückler-Eis (alle Geschichten finden Sie hier).
Beispiele für Geschichten und Themen
Mal-alt-werden.de bietet eine Vielzahl von kostenlosen Geschichten für Senioren an, darunter:
- Mit Händen und Füßen
- Fürst-Pückler mal anders
- Mein erster Erbseneintopf
- Lieblingsessen!
- Wir gehen einkaufen!
- Hermann ist krank!
- Und immer wieder Stau
Weitere Themen, die sich gut für Geschichten eignen, sind:
- Sonnenbrand
- Oktoberfest
- Perlenketten
- Bundesjugendspiele
- Fürst-Pückler-Eis
- Alltägliche Situationen in Reimen
- Märchen aus der Kindheit
- Der Jahresverlauf
Wie man Geschichten für Menschen mit Demenz einsetzt
Vorlesen: Das Vorlesen von Geschichten kann für Menschen mit Demenz genauso aktivierend sein wie Kopfrechnen für einen gesunden Menschen. Es fördert die Durchblutung im Gehirn und kann Erinnerungen wecken.
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Erinnerungsalben: Erinnerungsalben mit Fotos und Erinnerungsstücken aus dem Leben der demenzerkrankten Person können die Erinnerungspflege und die Beschäftigung fördern. Stellen Sie als Pflegender oder Angehöriger konkrete Fragen zur Kindheit oder Jugend des Demenzerkrankten. Zum Beispiel zu wichtigen historischen Ereignissen aus dieser Zeit.
Gespräche anregen: Geschichten können als Anlass für Gespräche dienen und Raum für persönliche Erzählungen und Erinnerungen schaffen.
Sinne anregen: Geschichten können für alle Sinne erzählt werden, z.B. durch das Zeigen von Bildern, das Abspielen von Musik oder das Anbieten von Gerüchen und Geschmäckern.
Weitere Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Demenz
Neben Geschichten gibt es viele andere Beschäftigungsmöglichkeiten, die für Menschen mit Demenz geeignet sind:
Spiele: Spiele, die von Kindheit an vertraut sind, wie Würfelspiele oder Mensch ärgere Dich nicht, können Freude bereiten und motorische Fähigkeiten trainieren. Achten Sie darauf, dass das Spielen nicht zu Leistungsdruck führt. Variieren Sie die Spielregeln lieber, als zu konsequent auf deren Einhaltung zu achten und Ihren demenzerkrankten Spielpartner damit zu verunsichern. Lassen Sie sich inspirieren, welche Spiele für die Beschäftigung von Demenzerkrankten besonders geeignet sind.
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Kreative Tätigkeiten: Der Umgang mit unterschiedlichen Materialien aus der Natur oder dem Bastelladen kann Demenzerkrankten viel Freude bereiten. Nehmen Sie den Wechsel der Jahreszeiten als Anlass, um passende Dekoration zu basteln. Bringen Sie dafür ein paar Dinge aus der Natur mit (Tannenzapfen, Blumen, Kastanien, usw.). So stellen Sie beim Basteln einen Bezug zur Außenwelt her und fördern gleichzeitig die biografische Erinnerung.
Musik: Bekannte Schlager aus der Jugendzeit stimulieren fröhliche Erinnerungen und können die Stimmung aufhellen. Bekannte Lieder zu singen, dazu zu musizieren oder den Takt zu schlagen funktioniert selbst dann, wenn der Betroffene nicht mehr sprechen kann. Außerdem stellt sich beim Tanzen und gemeinsamen Singen schnell ein Gemeinschaftsgefühl ein. Der Isolation und dem Rückzug wird so Einhalt geboten.
Bewegung: Bewegung regt den Kreislauf an, fördert Sinneserfahrungen und bringt Freude. Deshalb sind Spaziergänge und Ausflüge immer eine sinnvolle Beschäftigung. Chaotische, laute Umgebungen sind ungeeignet, weil sie zu Verwirrung und Stress führen. Ideal sind hingegen Orte, die dem Demenzerkrankten immer schon gefallen haben oder einen biografischen Bezug bieten.
Berührung: Menschen mit Demenz, die Sie über Worte und Gesten nur noch schwer erreichen können, lassen sich manchmal leichter durch Berührung aktivieren. Sehr bekannt ist auch das „Snoezelen“. Dabei werden gezielt unterschiedliche Sinne aktiviert und stimuliert.
Tipps für den Umgang mit Menschen mit Demenz
- Beachten Sie das Stadium der Demenz: Überforderung bewirkt negative Reaktionen.
- Gehen Sie auf persönliche Vorlieben und Abneigungen ein: Die Beschäftigung sollte Spaß machen.
- Respektieren Sie die Entscheidung des Demenzerkrankten: Lassen Sie es zu, wenn der Erkrankte nicht selbst aktiv werden möchte, sondern lieber beobachtet.
- Tolerieren Sie „Fehler“: Schimpfen Sie auf keinen Fall, wenn etwas nicht funktioniert.
- Schaffen Sie eine ruhige und vertraute Umgebung: Chaotische, laute Umgebungen sind ungeeignet, weil sie zu Verwirrung und Stress führen.
Ressourcen und Unterstützung
- Mal-alt-werden.de: Bietet eine Vielzahl von kostenlosen Geschichten für Senioren.
- Deutsche Alzheimer Gesellschaft: Versorgt mit Informationsmaterial und bietet Unterstützung für Angehörige.
- Selbsthilfegruppen: Bieten die Möglichkeit, sich mit anderen Angehörigen auszutauschen.
- Beratungsstellen: Bieten Hilfe und Unterstützung für Betroffene und Angehörige.
Fallbeispiele und persönliche Erfahrungen
Viele Angehörige von Menschen mit Demenz berichten von positiven Erfahrungen mit dem Einsatz von Geschichten und anderen Beschäftigungsmöglichkeiten. So erzählt beispielsweise eine Tochter, wie das Vorlesen von Gedichten ihrer Mutter half, sich an ihre Kindheit zu erinnern und Freude zu empfinden. Ein anderer Angehöriger berichtet, wie das gemeinsame Singen von Liedern aus der Jugendzeit seines Vaters eine Verbindung herstellte und ihm ein Gefühl von Geborgenheit vermittelte.
Die Geschichte von Emilie zeigt, wie eine Geschichte aus dem eigenen Leben für Emilie zum Sonnenstrahl wurde. Ihr Sohn hat einmal von einer Geschichte aus Emilies Leben berichtet. P wie Portrait. „Ihre Brennnesseln sind ja schon höher als unser Gartenzaun. Da reichte es Frau Braun. Das erfahren Sie in meinem gedruckten Buch „Applaus für Doktor Klaus“. Ich habe beim Erzählen dieser Geschichte auch gerne die seelsorgerliche Komponente genutzt.
Die Geschichte von Frau Seiler und ihrem Mann, dem Kinderarzt Dr. Seiler, zeigt, dass es für Betroffene und Angehörige nicht leicht ist, ein Ehe- oder Liebespaar zu bleiben anstelle in eine Pflege-Beziehung zu geraten.
Ein weiterer Bericht schildert die Erfahrungen einer Tochter, deren Mutter an Demenz erkrankte. Die Rollen haben sich verändert: Meine Mutter wurde zu meinem Kind und ich wurde ihre Beschützerin. Ich habe gelernt, dass es essentiell ist, sich von überall Hilfe zu holen und ein Unterstützungsnetzwerk auszubauen. Je mehr Unterstützung man erhält, desto mehr Entlastung erfährt man selbst. Als Naturwissenschaftlerin möchte ich, dass meine Mutter trotz ihrer Krankheit ein menschenwürdiges Leben führen kann. Ich probiere vieles aus und finde meistens eine Lösung.