Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, von der etwa 1 % der Bevölkerung betroffen ist. Ein einzelner Krampfanfall bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Person an Epilepsie leidet. Diese Übersicht soll Pflegekräften und medizinischen Fachangestellten (MFA) die wichtigsten Informationen über Epilepsie, ihre Anfallsformen, Behandlungsmöglichkeiten und pflegerische Maßnahmen vermitteln.
Berühmte Persönlichkeiten wie Sokrates, Charles Dickens, Albert Einstein und Vincent van Gogh litten an Epilepsie und erbrachten trotz ihrer Erkrankung außergewöhnliche Leistungen.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch vorübergehende übermäßige oder fehlerhafte Aktivität in beiden Gehirnhälften oder einzelnen Bereichen des Gehirns gekennzeichnet ist. Diese übermäßige Aktivität führt zu epileptischen Anfällen, deren genaue Erscheinungsform davon abhängt, welche Nervenzellgruppen im Gehirn betroffen sind und welche Funktionen diese haben. Die Symptome eines epileptischen Anfalls können vielfältig sein und reichen von Zuckungen einzelner Muskeln bis hin zu Krämpfen des gesamten Körpers mit Bewusstlosigkeit. Neben motorischen Symptomen können auch sensorische, vegetative und psychische Symptome auftreten.
Ein einzelner Krampfanfall bedeutet noch nicht, dass eine Person an Epilepsie leidet. Nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) liegt eine Epilepsie vor, wenn mindestens zwei epileptische Anfälle ohne erkennbare Auslöser im Abstand von mehr als 24 Stunden aufgetreten sind oder ein Anfall vorliegt, bei dem es Hinweise auf eine Neigung zu weiteren Anfällen gibt. Schätzungsweise 0,5 bis 0,9 % der deutschen Bevölkerung leiden an einer Form von Epilepsie, wobei die Erkrankung am häufigsten in der Kindheit und Jugend sowie im höheren Lebensalter auftritt.
Epilepsie muss nicht zwangsläufig eine lebenslange Erkrankung sein. Patienten, die mindestens 10 Jahre lang anfallsfrei sind und seit mindestens 5 Jahren keine Antiepileptika mehr einnehmen, gelten als von der Epilepsie geheilt. Allerdings ist in diesen Fällen das Rezidivrisiko (Rückfallrisiko) nicht bekannt.
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Anfallsformen: Von der Aura bis zum Status epilepticus
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen fokalen und generalisierten epileptischen Anfällen, die wenige Sekunden bis mehrere Minuten dauern können. Ein Anfall, der länger als 5 Minuten dauert, wird als "Status epilepticus" bezeichnet. Zwischen den Anfällen haben Menschen mit Epilepsie in der Regel keine körperlichen Beschwerden.
Aura
Manche Patienten berichten von einer sogenannten Aura, einem "Vorgefühl" vor dem eigentlichen Anfall. Diese Aura kann sich in Form eines bestimmten Gefühls, eines Geruchs, Geschmacks oder auch Lichtblitzen äußern.
Fokale Anfälle
Fokale Anfälle entstehen in einem bestimmten Bereich des Gehirns. Je nachdem, welcher Hirnbereich betroffen ist, kann es beispielsweise zu Zuckungen eines Arms (motorischer Anfall), einer Gefühlsstörung (sensorischer Anfall) oder einer Veränderung des Sehens (visueller Anfall) kommen. Fokale Anfälle können mit Zuckungen oder Krämpfen einhergehen und sich in einigen Fällen auf das gesamte Gehirn ausbreiten, wodurch der zunächst fokale Anfall zu einem generalisierten Anfall wird. Manchmal können fokale Anfälle das Bewusstsein einschränken.
Generalisierte Anfälle
Generalisierte Anfälle erfassen beide Gehirnhälften. Sie sind nicht unbedingt schwerer als fokale Anfälle, führen aber häufiger zu Bewusstlosigkeit und Krämpfen im ganzen Körper. Zu den motorischen generalisierten Anfällen zählen unter anderem:
- Tonisch-klonische Anfälle (Grand-Mal-Anfälle): Diese Anfälle beginnen meist mit einem Sturz zu Boden, eventuell mit einem Schrei und Bewusstlosigkeit. Es folgt die tonische Phase mit steif gestreckten Gliedmaßen, Atemstillstand (der Patient wird blau) und weiten, lichtstarren Pupillen. Anschließend kommt es zur klonischen Phase mit Zuckungen am ganzen Körper, eventuell Zungen- oder Wangenbiss (Schaum vor dem Mund) und Urin- oder Stuhlabgang. Die Zuckungen hören in der Regel nach wenigen Minuten auf, danach folgt eine Schlaf- und Orientierungsphase. Oft besteht später eine Amnesie (der Patient erinnert sich nicht).
- Klonische Anfälle: Rhythmische Muskelzuckungen, die oft langsamer werden.
- Tonische Anfälle: Muskelverkrampfungen (Streckung der Extremitäten), die teilweise über Minuten andauern.
- Atonische Anfälle: Sturz durch Tonusverlust der Muskulatur.
Status epilepticus
Ein Status epilepticus ist ein epileptischer Anfall, der länger als 5 Minuten dauert oder eine Serie von Anfällen, bei denen sich der Patient zwischendurch nicht erholt. Es handelt sich um einen lebensbedrohlichen Notfall, der schnell mit Medikamenten behandelt werden muss.
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Absencen
Absencen sind generalisierte Anfälle, die durch eine Bewusstseinspause, meist ein kurzes Innehalten, gekennzeichnet sind.
Postiktale Phase
Nach einem epileptischen Anfall befinden sich die Patienten häufig in einer Reorientierungsphase, der postiktalen Phase. Diese Phase kann einige Minuten bis mehrere Stunden dauern.
Diagnose von Epilepsie
Um die Diagnose Epilepsie zu stellen, ist vor allem die Krankengeschichte wichtig: Wann und unter welchen Umständen ist der Anfall aufgetreten? Wie hat er sich geäußert? Es ist hilfreich, wenn eine Person, die den Anfall miterlebt hat, den Anfall beschreiben kann. Bei Verdacht auf Epilepsie wird auch eine körperliche und neurologische Untersuchung durchgeführt und ein Elektroenzephalogramm (EEG) erstellt, das auf eine erhöhte Anfallsneigung hindeuten kann. Ein EEG allein reicht aber für die Diagnose Epilepsie nicht aus. Daher gehört eine Magnetresonanztomografie (MRT) grundsätzlich zur Absicherung einer Epilepsie-Diagnose. Dabei können Veränderungen im Gehirn entdeckt werden, die die Anfälle auslösen könnten.
Medikamentöse Behandlung der Grand-Mal-Epilepsie
In der Regel ist nach dem zweiten Anfall eine medikamentöse Behandlung mit Antiepileptika erforderlich, bei hohem Risiko auch schon nach dem ersten. Die Therapie muss über mindestens 2 Jahre durchgeführt werden, oft sogar lebenslang. Die Therapie erfolgt mit Antiepileptika (Arzneimittel, die epileptische Anfälle unterdrücken). Es sollte zunächst versucht werden, mit nur einem Antiepileptikum auszukommen (Monotherapie). Erst wenn die Dosis wegen starker Nebenwirkungen nicht mehr erhöht werden kann und die Person immer noch nicht anfallsfrei ist, sollte das Arzneimittel gewechselt oder eine Kombination unterschiedlicher Medikamente versucht werden. Das Ansetzen, Umstellen oder Absetzen der Antiepileptika erfolgt in der Regel schrittweise („Ein-, Ausschleichen“). Um die richtige Dosis zu finden, wird der Arzneimittelspiegel regelmäßig kontrolliert.
Auswahl des geeigneten Antiepileptikums
Die Wahl des geeigneten Antiepileptikums hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter:
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- Anfallsform: Bestimmte Medikamente sind bei bestimmten Anfallsformen wirksamer.
- Epilepsie-Syndrom: Manche Medikamente wirken nur bei bestimmten Epilepsie-Syndromen.
- Alter des Patienten: Einige Medikamente sind für bestimmte Altersgruppen besser geeignet als andere.
- Geschlecht: Hormonelle Faktoren können die Wirksamkeit bestimmter Medikamente beeinflussen.
- Begleiterkrankungen: Bestimmte Medikamente können bei bestimmten Begleiterkrankungen kontraindiziert sein.
- Verträglichkeit: Jeder Mensch reagiert anders auf Medikamente.
Gängige Antiepileptika
Zu den gängigen Antiepileptika, die bei Grand-Mal-Epilepsie eingesetzt werden, gehören:
- Valproat: Valproat wird häufig zur Behandlung idiopathischer generalisierter Epilepsiesyndrome verschrieben.
- Lamotrigin: Lamotrigin wird oft als Mittel der ersten Wahl bei neu diagnostizierter fokaler Epilepsie empfohlen.
- Levetiracetam: Levetiracetam wird ebenfalls häufig als Mittel der ersten Wahl bei neu diagnostizierter fokaler Epilepsie empfohlen.
- Topiramat: Topiramat kann in bestimmten Fällen als erste Wahl in Betracht gezogen werden, obwohl es bestimmte Nachteile wie Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Schwindel, Sprachstörungen, Gewichtszunahme, Zittern oder Haarausfall haben kann.
- Carbamazepin: Carbamazepin kann in bestimmten Fällen als erste Wahl in Betracht gezogen werden, obwohl es bestimmte Nachteile wie Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Schwindel, Sprachstörungen, Gewichtszunahme, Zittern oder Haarausfall haben kann.
- Oxcarbazepin: Oxcarbazepin kann in bestimmten Fällen als erste Wahl in Betracht gezogen werden, obwohl es bestimmte Nachteile wie Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Schwindel, Sprachstörungen, Gewichtszunahme, Zittern oder Haarausfall haben kann.
- Ethosuximid: Ethosuximid wird vor allem bei Absencen im Schulkindalter eingesetzt, da es besser verträglich ist.
Monotherapie vs. Kombinationstherapie
In der Regel wird die Behandlung mit einem einzelnen Wirkstoff (Monotherapie) begonnen. Wenn diese nicht erfolgreich ist, kann ein zweiter Wirkstoff hinzugefügt werden (Kombinationstherapie). Die Entscheidung zwischen Mono- und Kombinationstherapie sollte immer individuell getroffen werden.
Ziele der medikamentösen Therapie
Oberstes Ziel einer jeden antiepileptischen Therapie muss Anfallsfreiheit oder doch wenigstens Anfallskontrolle sein und zwar mit möglichst geringen Nebenwirkungen.
Nebenwirkungen von Antiepileptika
Antiepileptika können verschiedene Nebenwirkungen haben, wie Müdigkeit, Schwindel, verlangsamtes Denken, Übelkeit und Hautausschlag. Es ist wichtig, diese Nebenwirkungen mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Antiepileptika können Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben. Daher ist es wichtig, alle Medikamente, die eingenommen werden, dem behandelnden Arzt mitzuteilen.
Cannabidiol in der Epilepsietherapie
Cannabidiol (CBD) ist ein Wirkstoff aus der Cannabispflanze, der in den letzten Jahren zunehmend zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt wird. CBD ist in Europa und den USA für bestimmte Epilepsie-Syndrome zugelassen. Eine wichtige Wechselwirkung besteht zwischen CBD und Clobazam, da CBD den Abbau von Clobazam blockiert und es dadurch zu einem Anstieg der Clobazam-Spiegel kommen kann.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Neben der medikamentösen Therapie gibt es weitere Behandlungsmöglichkeiten für Epilepsie, darunter:
- Epilepsiechirurgie: Bei fokalen Epilepsien, bei denen sich der Bereich des Gehirns, der die Anfälle auslöst, lokalisieren lässt, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden, um diesen Bereich zu entfernen.
- Neurostimulation: Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine Form der Neurostimulation, bei der ein Gerät implantiert wird, das elektrische Impulse an den Vagusnerv sendet.
- Ketogene Ernährung: Die ketogene Ernährung ist eine spezielle Diät, die reich an Fett und arm an Kohlenhydraten ist. Sie kann bei manchen Menschen mit Epilepsie die Anfallshäufigkeit reduzieren.
- Psychotherapie: Psychotherapie kann Menschen mit Epilepsie helfen, mit den psychischen und sozialen Auswirkungen der Erkrankung umzugehen.
- Neuropsychologie: Neuropsychologische Behandlungen und Übungen können bei kognitiven Einschränkungen helfen.
Pflegerische Maßnahmen während eines Anfalls
Während eines Krampfanfalls gilt es, den Betroffenen vor weiteren Gefahren zu schützen. Das umfasst:
- Atemwege sichern
- Gegenstände aus dem Weg räumen
- Betroffene zur Sturzprävention auf den Boden gleiten lassen
- Den Kopf abpolstern, um ihn vor Verletzungen zu schützen
Keinesfalls sollten die Betroffenen festgehalten werden oder ihnen ein Beißkeil in den Mund geschoben werden, weil dadurch Lippen, Zähne und Gaumen verletzt werden können. Auch sollten ihnen wegen der Aspirationsgefahr keine Flüssigkeiten oder Arzneimittel oral eingeflößt werden.
Pflegekräfte sollten während des Krampfanfalls unbedingt die Ruhe bewahren und beruhigend auf den Patienten einwirken. Sie sollten ihn nicht allein lassen und bei unklarer Diagnose sofort einen Arzt benachrichtigen. Auch sollten sie den Betroffenen gut beobachten, damit sie die Dauer, Uhrzeit, den Ablauf und die Besonderheiten des Krampfanfalls später genau dokumentieren können.
Nach dem Anfall sollten die Pflegenden die Betroffenen in die stabile Seitenlage bringen, bis sie ihr Bewusstsein vollständig wiedererlangt haben (Aspirationsprophylaxe) und ggf. Erbrochenes entfernen. Bei Bedarf: Mund- und Körperpflege durchführen, Wäsche nach unkontrolliertem Urinabgang wechseln, Mundraum auf Zungen- oder Wangenbiss kontrollieren, für Ruhe sorgen sowie Bewusstsein und Vitalzeichen engmaschig überwachen.
Grundsätzlich gilt: Ein epileptischer Anfall, der maximal 2 Minuten dauert, kann nicht medikamentös unterbrochen werden.
Was tun beim Status epilepticus?
Ein Status epilepticus (Anfall ≥ 5 Min. oder Serie von Anfällen ohne zwischenzeitliche Erholung) ist lebensbedrohlich und muss immer medikamentös unterbrochen werden. Ein Status epilepticus kann dazu führen, dass das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, sodass Herz und Lunge versagen.
Die Leitlinie „Status epilepticus im Erwachsenenalter“ empfiehlt zur Akuttherapie:
- Bei Vorhandensein eines venösen Zugangs sollte i.v.-Injektion zur Krampfunterbrechung gegeben werden: Lorazepam, Clonazepam, Midazolam oder Diazepam.
- Bei Patienten ohne i.v.-Zugang sollte Midazolam intramuskulär per Applikator oder intranasal (als Einzelgabe) appliziert werden.
- Alternativ zu Midazolam können bei fehlendem i.v.-Zugang Diazepam rektal oder Midazolam bukkal (in der Wangentasche) angewendet werden.
Die Vitalparameter müssen sichergestellt werden und die Betroffenen vor Selbstgefährdung geschützt werden. Eine Intubationsbereitschaft muss immer gesichert sein.
Prävention und Gesundheitsberatung
Ein wichtiger Aspekt in der Betreuung von Menschen mit Epilepsie ist die Prävention. Betroffene sollten einen regelmäßigen Tagesablauf einhalten und anfallsauslösende Faktoren meiden, z. B. Schlafentzug, Flackerlicht (Diskothek, Videospiele) oder Alkohol in größeren Mengen. Wird ein regelmäßiger Anfallskalender geführt, ist es möglich, Auslöser und Medikamentenwirkungen nachvollziehen zu können. Zudem sollten Betroffene immer einen Notfallausweis mit Erste-Hilfe-Maßnahmen mitführen und Kollegen bzw. Lehrer informieren.
Wichtig ist auch, die Betroffenen im Umgang mit Antiepileptika zu schulen: Diese dürfen nicht eigenmächtig umgestellt oder abgesetzt werden. Oft gibt es Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, z. B. gegen Schmerzen oder Fieber. Hier sollte der behandelnde Arzt gefragt werden, welche zusätzlichen Medikamente eingenommen werden können. Auch sollten die Betroffenen Kenntnis über mögliche Nebenwirkungen haben. Alle behandelnden Ärzte sollten über die Epilepsie informiert sein. Sinnvoll sind auch spezielle Schulungsprogramme.
Anzustreben ist ein selbstbestimmtes, weitgehend „normales“ Leben mit Epilepsie. Dennoch sollten die Betroffenen:
- sich mit Alkohol zurückhalten,
- keinen Beruf mit erhöhter Selbst- oder Fremdgefährdung (z. B. Kraftfahrer) oder unregelmäßiger Lebensführung (Schichtarbeit) wählen,
- keinen Sport mit erhöhter Selbst- oder Fremdgefährdung treiben.
Das Führen eines (Privat-)Fahrzeugs ist nur erlaubt, wenn Anfallsfreiheit von wenigen Monaten bis 2 Jahren (je nach Erkrankungsform) und ein unauffälliges EEG vorliegen. Schwangerschaften sind in aller Regel möglich. Frauen sollten vorher Rücksprache mit dem Arzt halten, um ggf.
Lebenserwartung und plötzlicher unerwarteter Tod bei Epilepsie (SUDEP)
Eine Epilepsie kann die Lebenserwartung verkürzen, muss es aber nicht. Das hängt stark von der Ursache und der Grunderkrankung ab. Hat die Epilepsie z. B. eine genetische Ursache haben die Betroffenen eine ähnliche Lebenserwartung wie Menschen ohne Epilepsie. Die Epilepsie selbst kann jedoch zum Tod führen, wenn jemand aufgrund eines Anfalls einen Unfall hat und sich lebensgefährlich verletzt oder es beim Status epilepticus zu Herz- und Lungenversagen kommt.
Extrem selten ist es, dass Menschen mit Epilepsie plötzlich und unerwartet sterben. Dieses Phänomen wird als „sudden unexpected death in epilepsy“ (kurz SUDEP) bezeichnet. Eine Aufklärung darüber sollte frühzeitig erfolgen - auch, um die Therapieadhärenz zu fördern.
Spezielle Epilepsie-Syndrome
Bei seltenen Epilepsien, wie dem Dravet-Syndrom, Lennox-Gastaut-Syndrom oder der Tuberösen Sklerose, werden die Betroffenen umfassend betreut.
Dravet-Syndrom
Das Dravet-Syndrom ist eine schwere Form der Epilepsie, die meist im frühen Kindesalter beginnt. Eines der Hauptprobleme beim Dravet-Syndrom ist die Entwicklungsverzögerung, die meist Hand in Hand geht mit der Anfallsfrequenz. Ein weiteres Problem, was sich dann im Laufe der Erkrankung ergibt, ist eine spezielle Gangstörung. Dravet-Patienten haben ein ganz bestimmtes Gangbild mit Knie gebeugt, Ellbogen gebeugt und nach vorne gebeugtem Oberkörper. Manchmal sind sie auch sturzanfälliger als andere Patienten. Zusätzlich ist bei Dravet-Patienten darauf zu achten, dass die Anfälle meist durch hohe Temperaturen oder höhere Temperaturen ausgelöst werden. Also: Fieber ist ein schlechter Zustand für einen Dravet-Patienten, da Fieber die Anfallsituation verschlechtern kann. Ganz, ganz wichtig ist beim Dravet Syndrom, dass man weiß, dass man kein Medikament, welches den Natriumkanal blockiert, einsetzen soll. Der Grund dafür liegt in der genetischen Ursache des Dravet Syndroms, weil dort der Natriumkanal blockiert ist. In letzter Zeit wurde mehr und mehr das Cannabidiol eingesetzt, mit guten Erfolg bei dieser Erkrankung. Dabei ist zu erwähnen, dass das Cannabidiol Wechselwirkungen machen kann mit Valproat und auch mit Clobazam. Die häufigsten Nebenwirkungen von Cannabidiol ist die Sedierung. Das heißt, dass die Kinder sehr müde werden. Dies bedeutet, dass die Cannabidiol-Therapie, wie schon vorhin erwähnt, in die Hände von Experten kommt und vor allem, dass regelmäßige Blutabnahmen durchgeführt werden. Aber auch hier ist zu erwähnen, dass erhöhte Leberparameter durchaus im ersten Monat vorkommen können. Für die Familien und die Eltern ist es ganz wichtig zu wissen, dass eben diese Anfälle temperaturempfindlich sind. Das bedeutet: Bitte die Kinder nicht zu heiß baden bzw. zu heiß soll man die Kinder ja sowieso nicht baden. Weiters ist es sehr, sehr wichtig, dass die Familien wissen, dass in diesem Fall eine frühe Fiebersenkung für den Patienten notwendig ist. Manche Patienten sind im Sommer auch sehr lichtempfindlich, also ist schon im kleinen Kindesalter eine Sonnenbrille zu empfehlen.
Lennox-Gastaut-Syndrom
Das Lennox-Gastaut-Syndrom ist eine schwere Form der Epilepsie, die meist im Kindesalter beginnt. Patienten mit Lennox-Gastaut-Syndrom haben auch atypische Absencen. Das sind Zustände, wo der Patient oder die Patientin nicht adäquat reagieren kann, sich in einer Art tranceartigem Zustand befindet. Was ist wichtig? Wichtig ist, dass man, was die Anfallsdauer betrifft, dass man registriert: Ist der Anfall jetzt in der Länge „normal“ unter Anführungszeichen oder ist er tatsächlich länger? Ein großer Anfall dauert nicht länger als 2 bis 3 Minuten. Bei Absencen ist die Gefahr für Leib und Leben nicht so groß. Das heißt: Für die Therapie ist es wichtig, einen Notfallplan zu schmieden und, dass Sie mit Ihrem Arzt immer darüber sprechen: Was tue ich, wenn der Anfall nicht aufhört? Oder was tue ich, wenn der Anfall bei meinem Schützling, meinem Kind, meiner Tochter oder meinem Sohn nicht aufhört? Also ein Notfallplan ist ganz wichtig, welches Medikament dann gegeben werden kann und wann der Notarzt gerufen wird. Der zweite wichtige Punkt ist, dass alle Medikamente, die im Gehirn wirken, auch das Verhalten beeinflussen können. Das Verhalten kann einerseits in die Richtung Apathie gehen, Reaktionslosigkeit, und andererseits aber auch Irritabilität und Überaktivität. Und die Balance zwischen diesen beiden Richtungen der Verhaltensänderungen sind ganz wichtig. Die dritte wichtige Information ist die Kognition. Sehr viele dieser Patientinnen und Patienten sind kognitiv, das heißt intellektuell eingeschränkt. Und es gibt Medikamente, die das zusätzlich verschlechtern. Und wenn eine solche Verschlechterung auftritt, dann muss man reagieren. Es gibt ein Medikament, das sehr gut wirkt, aber das leider diese unangenehme Wirkung relativ häufig hat. Das ist Topiramat, wo sich die sprachlichen Fähigkeiten, die sehr oft auch schon eingeschränkt sein können, noch einmal verschlechtern. Das ist eine Nebenwirkung, die man nicht akzeptieren kann. Und dann gibt es natürlich auch unter Anführungszeichen körperliche Symptome wie Übergewicht. Manche Medikamente fördern die Essenseinnahme. Man hat einen größeren Appetit, man nimmt zu und wird übergewichtig. Valproinsäure ist zum Beispiel so ein typisches Medikament, wo man zunimmt. Auch unter Cannabidiol kann man zunehmen. Und worauf man achten muss, ist natürlich die Funktion der Leber, die wieder versucht, diese Medikamente aus dem Körper herauszubringen, verstoffwechselt. Es können die Leberwerte ansteigen.
Tuberöse Sklerose
Die Tuberöse Sklerose ist eine Multiorganerkrankung. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Tuberösen Sklerose ist, dass das Auftreten der Veränderungen in den Organen altersabhängig ist. Die Nebenwirkungen der Therapien hängen natürlich ganz eindeutig davon ab, wie die Tuberöse Sklerose therapiert wird. Wird Everolimus gegeben, muss man wissen, dass dieses Medikament auch Einfluss auf das Immunsystem hat. Auf der anderen Seite machen unterschiedliche Medikamente auch bei dieser Erkrankung Wechselwirkungen. Hier sei wiederum das Cannabidiol zu erwähnen. Das Cannabidiol ist für die Tuberöse Sklerose zugelassen und ein sehr effektives Medikament in diesem Bereich, führt aber zum Beispiel dazu, dass der Medikamentenspiegel von Everolimus deutlich ansteigt. Ganz, ganz wichtig bei Patienten mit Tuberöser Sklerose sind die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen. Das bedeutet, dass in unterschiedlichen Abständen die einzelnen Organe untersucht werden müssen. Wann und wie oft dies stattfindet, hängt einerseits vom Organ ab, aber andererseits auch davon, wie sehr dieses Organ betroffen ist. Meistens werden regelmäßig MRT-Untersuchungen vom Gehirn gemacht.
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