Epilepsie: Grand Mal, Petit Mal – Ein umfassender Überblick

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle sind kurzzeitige Störungen der elektrochemischen Signalübertragung im Gehirn. Umgangssprachlich wird Epilepsie auch als "Fallsucht" oder "Krampfleiden" bezeichnet. Bei einer Epilepsie treten die Anfälle in der Regel ohne erkennbaren Auslöser auf, also "aus heiterem Himmel". Es gibt jedoch auch seltene Formen wie die Reflexepilepsie, bei der normale Alltagssituationen wie flackerndes Licht, bestimmte Musik, warmes Wasser, Lesen oder Essen Anfälle auslösen können.

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, die sich durch Anfälle äußert, die meist bis zu zwei Minuten dauern. Diese Anfälle können in verschiedenen Formen auftreten, von kurzen, unauffälligen Bewusstseinsaussetzern (Absencen) über fokale Anfälle mit Missempfindungen, Sprachstörungen oder Zuckungen bis hin zu Krampfanfällen mit Stürzen. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und können genetisch bedingt, krankheitsbedingt, eine Folge von Unfällen oder unbekannter Natur sein.

Definition und Ursachen

Etwa 10 % aller Menschen erleiden im Laufe ihres Lebens einmalig einen epileptischen Anfall, der spontan oder durch besondere Einwirkungen provoziert wird. Wenn Anfälle jedoch wiederholt spontan auftreten oder nach einem einmaligen Anfall Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für weitere Anfälle vorliegen (z. B. in der Bildgebung des Gehirns oder im EEG), spricht man von Epilepsie. In Deutschland sind etwa 0,5-1 % der Bevölkerung von Epilepsie betroffen.

Wenn eine Ursache für die Epilepsie gefunden wird (z. B. ein alter Schlaganfall oder eine Raumforderung), spricht man von einer symptomatischen Form. Bei den meisten sogenannten idiopathischen Epilepsien konnte eine genetische Ursache festgestellt werden. In einigen Fällen bleibt die Ursache jedoch ungeklärt. Epileptischen Anfällen liegt ein Ungleichgewicht zwischen Erregung und Hemmung im Gehirn zugrunde. Dies führt zu nicht normalen, synchronen, rhythmischen Entladungen von Nervenzellverbänden.

Formen epileptischer Anfälle

Epileptische Anfälle dauern meist nur wenige Sekunden oder Minuten und können sehr unterschiedliche Formen annehmen. Die Klassifikation der Anfälle erfolgt nach dem Beginn der elektrischen Aktivität im Gehirn (fokal oder generalisiert) und den klinischen Symptomen.

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Motorische Anfälle:

  • Tonisch-klonische Anfälle mit generalisiertem Beginn (früher Grand-Mal-Anfall): Betroffene stürzen und werden bewusstlos. Der Körper verkrampft sich (tonische Phase), gefolgt von Zuckungen (klonische Phase). Weitere Symptome können bläuliche Hautverfärbungen, Einnässen, Speichelaustritt und Zungenbiss sein.
  • Fokal zu bilateral tonisch-klonisch: Anfälle beginnen in einer Gehirnhälfte (fokal) und breiten sich dann auf beide Gehirnhälften aus, was zu einem tonisch-klonischen Anfall führt.

Nicht-motorische Anfälle:

  • Absencen (früher Petit-Mal-Anfall): Kurze Bewusstseinsaussetzer, die oft als "Verträumtheit" verkannt werden. Betroffene halten in ihrer Tätigkeit inne, manchmal zucken die Augenlider leicht.
  • Fokale Anfälle: Können sich durch eigenartiges Verhalten, Halluzinationen, Missempfindungen, Muskelzuckungen oder Krämpfe in einzelnen Körperteilen äußern.

Grand Mal Anfälle: Der "große" Anfall

Der Grand-Mal-Anfall, auch tonisch-klonischer Anfall genannt, ist die bekannteste Form epileptischer Anfälle. Er ist der in der Bevölkerung wohl bekannteste zerebrale Krampfanfall. Nicht aus dem Grund, weil der Grand Mal der häufigste Anfall wäre - Absencen treten um ein Vielfaches häufiger auf - sondern weil der Grand Mal im Betrachter die größten Ängste schürt und daher weder übersehen, noch aus der Erinnerung verdrängt werden kann. Die Dramatik der Grand Mal Anfälle führten zu den Vorurteilen gegenüber Epilepsiepatienten, unter denen diese leider auch heute noch leiden müssen.

Ablauf eines Grand Mal Anfalls

Ein Grand Mal Anfall kann in unterschiedlichen Formen auftreten:

Tonischer Anfall:

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Beim tonischen Anfall kommt es zu einer plötzlichen Versteifung aller Muskeln. Das Bewusstsein ist hierbei erloschen. Dies hat unterschiedliche Auswirkungen:

  • Befindet sich zu diesem Zeitpunkt die Zunge gerade zwischen den Zähnen, kann es zum Zungenbiß kommen. Der Zungenbiß ist zwar ein deutliches Zeichen für einen zerebralen Krampfanfall, kommt aber insgesamt seltener vor, als gemeinhin angenommen. Insbesondere schwere Verletzungen der Zunge sind eher die Ausnahme. Auch kann der Zungenbiß nicht durch einen Beißkeil verhindert werden, da er gleich zu Beginn des Anfalls erfolgt, wenn weder Patient noch mögliche Helfer mit einem Anfall rechnen.
  • Häufiger kommt es jedoch zum Sturz, da durch die Muskelanspannung und fehlende Gleichgewichtsreaktionen die Balance verloren wird und auch Schutzreflexe nicht mehr wirksam werden können. Durch diese Stürze besteht eine große Verletzungsgefahr, so dass Patienten mit tonischen Sturzanfällen auf das Tragen eines Schutzhelms angewiesen sind.
  • Die plötzliche Anspannung von Zwerchfell und Rippenmuskulatur führt zu einem Ausstoß von Luft durch die verkrampfte Stimmritze. Dies führt zu einer Lautgebung, die als Initialschrei bezeichnet wird. Im Gegensatz zum normalen Schreien, das meist ein Zeichen von Angst ist, ist der Initialschrei kein Ausdruck eines Gefühls, sondern ein mechanisches Phänomen. Der Patient selbst ist bereits ohne Bewusstsein und erlebt diesen Schrei nicht mehr.
  • Die Anspannung der Darmmuskulatur und Blasenmuskulatur kann zu Einkoten und Einnässen führen.
  • Die fehlende Atmung lässt die Lippen blau werden.

(Tonisch-)Klonischer Anfall:

Häufig geht ein tonischer Anfall in einen klonischen Anfall über. Wir sprechen dann von einem tonisch-klonischen Anfall. Die tonische Phase kann jedoch auch fehlen oder so verkürzt sein, dass wir sie nicht sehen, so dass dann nur von einem klonischen Anfall. gesprochen wird. Im klonischen Anfall kommt es zu rhythmischen Zuckungen der Muskulatur. Dies ist bedingt durch die Funktionsweise der Muskelfasern, die bei anhaltendem Impuls irgendwann nicht mehr mit einem Zusammenziehen reagieren und locker lassen um sich dann nach der Erholung wieder zusammenzuziehen. Dies erfolgt in gleichmäßiger Folge, so dass die Zuckungen einen Takt einhalten und erst gegen Ende des Anfalls, wenn die Impulse des Gehirns nachlassen, zu einem Auslaufen führen.

  • Folge der rhythmischen Muskelzuckungen sind die bekannten Zuckungen der Arme und Beine, die vom Betrachter deutlich wahrgenommen werden. Weniger beachtet werden die Zuckungen der Zunge, die jedoch den Speichel zu einem feinen Schaum schlagen und dadurch das Bild von „Schaum vor dem Mund“ erzeugen. Da dies im Tierreich vorzugsweise bei Tollwut beobachtet wird, führte diese Beobachtung zu einer negativen Betrachtungsweise der Grand Mal Anfälle.
  • Da die Zunge im Anfall angespannt ist, kommt es in dieser Phase weder zu einem Zungenbiss noch zu einem „Verschlucken“ der Zunge. Auch in dieser Phase des Anfalls kann es zu Einkoten und Einnässen kommen, sofern dies nicht bereits in der Eingangsphase erfolgt ist.
  • Am Ende eines Anfalls, kommt es zu einer tiefen Erschlaffung der Muskulatur. Da das gesamte Gehirn am Anfall beteiligt war, kommt es auch zu einer generellen Erschöpfung. Im EEG zeigen sich sehr langsame Wellen, wie sie im sehr tiefen Schlaf zu beobachten sind. Die Dauer des Nachschlafs ist abhängig von der Intensität des Anfalls, die nicht allein durch die Dauer des Anfalls bestimmt ist. Die Muskelarbeit kann auch zu Muskelkater nach dem Anfall führen.
  • Der Patient hat keine Erinnerung an den Anfall. Er kann ihn allenfalls an der Veränderung der Umwelt sowie an der Abgeschlagenheit und ggf. dem Muskelkater erkennen. Erfolgt ein Anfall im Schlaf, kann dieser unbemerkt bleiben. Bei Kindern wird häufig von Bettnässen gesprochen. Auffällig ist, dass sie an solchen Tagen auch häufig abgeschlagen und müde sind und scheinbar unruhig geschlafen haben (zerwühlte Kissen).

Atonischer Anfall:

In einigen Fällen kommt es statt einer Anspannung der Muskulatur zu einer plötzlichen Erschlaffung. Die Betroffenen sinken in sich zusammen und liegen ohne Reaktion auf dem Boden. Meist kommt es hierbei nicht zu so schweren Verletzungen wie bei einem tonischen Anfall. Auch sind Zungenbiss und Einkoten in der Regel nicht zu beobachten. Atonische Anfälle werden daher auch zu den Petit mal Formen gerechnet.

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Sekundär generalisierter Grand mal:

Wenn fokale Anfälle generalisieren, d. h. sich über das gesamte Gehirn ausbreiten, kommt es immer zu einem Grand Mal Anfall, d.h. in der Regel zu einem tonisch-klonischen Anfall. Dieser unterscheidet sich von den primär generalisierten Grand Mal Anfällen lediglich durch den vorangehenden Anfall, d.h. in der Regel durch das Auftreten einer sog. Aura. Diagnostische Schwierigkeiten bereiten sehr kurze fokale Anfälle mit rascher Generalisierung, da hier der fokale Charakter übersehen werden kann und fälschlich von einem generalisierten Anfallsleiden ausgegangen wird. In Einzelfällen kommt es jedoch auch bei primär generalisierten Anfällen zu Symptomen wie Kopfwendung oder Blickwendung, die dann an einen fokalen Beginn denken lassen, obwohl dieser nicht existiert.

Symptome des Grand-Mal-Anfalls

Beim Grand-Mal-Anfall beginnt der Anfall häufig mit einem anfänglichen Schrei, gefolgt von einer krampfartigen Anspannung der Körpermuskulatur, die anschließend in Zuckungen übergeht. Zusätzlich leiden die Betroffenen an einem Bewusstseinsverlust, sodass sie sich anschließend nicht mehr an den Anfall erinnern können. In Verbindung mit dem Grand-Mal-Anfall tritt als weiteres typisches Epilepsie-Symptom eine Blaufärbung der Lippen auf. Während des Anfalls verkrampft die Atemmuskulatur, in deren Folge die Patienten keine Luft mehr bekommen. Die Unterversorgung mit Sauerstoff löst auch die Blaufärbung der Lippen aus. Ein solcher Atemstillstand dauert bis zu 30 Sekunden, führt in der Regel jedoch nicht zum Ersticken.

Petit Mal Anfälle: Die "kleinen" Anfälle

Die französische Bezeichnung "Petit mal" (= "kleines Übel") war früher für kleinere Anfälle üblich. Teils wurde es als Synonym für Absencen verwendet. Petit Mal bezeichnet eine Gruppe von Epilepsien, die aus generalisierten Anfällen besteht, denen die erschreckenden Symptome des Grand Mal Anfalls fehlen. Diese Anfälle werden auch oft übersehen oder nicht ernst genommen. In der Regel handelt es sich um idiopathische Epilepsien.

Petit Mal Anfälle zeigen eine tageszeitliche Bindung bzw. Bindung an den Schlaf auf. Die meisten Anfälle treten innerhalb der ersten Stunden nach dem Aufwachen auf sowie am Abend bei nachlassender Aktivität und Müdigkeit.

Absencen: Kurze Bewusstseinsaussetzer

Die bekanntesten Anfälle des Petit Mal Formenkreises sind die Absencen, insbesondere die Absencen des Schulkindes. Absencen sind kurze Bewußtseinspausen, die beim Schulkind meist nur bemerkt werden, da sie in Serien auftreten, d.h. mehrere Anfälle in kurzem Abstand aufeinander folgen. Sie können weniger als eine Sekunde anhalten. Beim Jugendlichen können die Absencen länger dauern und werden diesem dann durch die Lücke im Zeitgeschehen bewusst.

Bei einer Absence hält der Betroffene plötzlich kurz inne, unterbricht den Redefluß. Es kann zu rhythmischen (3/s) Zuckungen der Augenbrauen kommen, die Augen zeigen eine Aufwärtsbewegung, ggf. auch einen Aufwärtsnystagmus. Oft wird der Kopf in den Nacken gelegt. Dies führte zu der Beschreibung des Hans-guck-in-die-Luft im Struwelpeter.

Absencen werden häufig nicht als zerebrale Krampfanfälle wahrgenommen. Die Kinder werden als verträumt beschrieben. Oft werden sie auch getadelt, weil sie unaufmerksam erscheinen. Beim Diktat fehlen Wörter oder Endungen, die im Verlauf der Aussetzer nicht bemerkt wurden.

Absencen des Schulkindes heilen in der Regel in der Pubertät aus. Bestehen die Absencen jedoch über längere Zeit, so kann es zum Auftreten von Grand Mal Anfällen kommen. Dies verschlechtert die Prognose, es besteht die Gefahr, dass die Epilepsie nicht ausheilt. Daher sollten auch die harmlos erscheinenden Absencen behandelt werden. So lange sich Veränderungen im EEG nachweisen lassen, muß davon ausgegangen werden, dass noch Anfälle auftreten, die auf Grund ihrer kurzen Dauer übersehen werden können.

Im EEG zeigen Absencen des Schulkindes ein typisches 3/s Spitze-Welle- Muster. D.h. eine spitze Zacke wird von einer Welle gefolgt. Das Muster ist sehr gleichmäßig über allen Ableitepunkten des EEG. Absencen des Jugendlichen können ausgestalteter sein, d.h. es kann zu Bewegungsmustern kommen. Auch zeigt das EEG nicht immer das typische Muster der 3/s.

Symptome von Absencen

Bei den Absencen kommt es zu einer Bewusstseinsstörung, bei denen der Patient seine aktuelle Tätigkeit während des Anfalls unterbricht. Solche Anfälle dauern meist mehrere Sekunden bis 30 Sekunden und können sich mehrmals am Tag wiederholen. An diesen Anfall können sich die Betroffenen nicht erinnern und führen ihre Tätigkeit nach dem Anfall unverändert fort. Bei den Absencen ist es besonders für Laien schwierig, diese als Symptome eines epileptischen Anfalls zu erkennen. Somit bleiben diese häufig unerkannt. Absencen treten vor allem im Kindes- und Jugendalter auf und werden anfangs meist als Träumerei oder Unkonzentriertheit wahrgenommen.

Diagnose von Epilepsie

Nach einer anfallsartigen Episode sind drei wichtige Fragen zu klären:

  1. Handelt es sich um einen epileptischen Anfall?
  2. Gibt es eine akut zu behandelnde Ursache?
  3. Besteht ein erhöhtes Risiko auf weitere Anfälle?

Ob es sich um einen epileptischen Anfall handelt, wird überwiegend anhand des Anfallhergangs beurteilt. Dabei sind die Angaben des Betroffenen wichtig, insbesondere bei eingeschränktem Bewusstsein. Angaben von Augenzeugen haben einen herausragenden Stellenwert. Akut zu behandelnde Ursachen werden mittels akuter Bildgebung (zumeist Computertomographie), Blut- und gegebenenfalls Nervenwasserentnahmen abgeklärt.

Nach einem ersten Anfall muss anhand durchgeführter Bildgebung (bevorzugt Magnetresonanztomographie) und den Ergebnissen des EEGs festgestellt werden, ob ein erhöhtes Risiko auf weitere epileptische Anfälle besteht. Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist die richtige Diagnose. Anhand der Anfallsbeschreibung und der Ergebnisse der Diagnostik wird die Zuordnung des Epilepsiesyndroms durchgeführt. Hieraus wird auf weitere Empfehlungen bezüglich Therapie und z. B. Fahreignung geschlossen.

Gerade bei einem ersten Epilepsieanfall stehen behandelnden Ärzten nur wenige Informationen über die Symptome des Anfalls zur Verfügung. Zwar beinhaltet eine erste körperliche Untersuchung u.a. technische Hilfsmittel wie die Elektroenzephalographie (EEG) und die Magnetresonanztomographie (MRT, besonders bei Kindern), aber es kann ratsam sein, das Gesicht des Betroffenen während des Anfalls zu fotografieren. Besonders die Augen des Betroffenen liefern wichtige Hinweise: Sind die Augen zu Beginn eines Anfalls geschlossen, stehen die Chancen gut, dass es sich nicht um einen epileptischen Anfall handelt. Auch Videoaufnahmen von Anfällen können helfen.

Elektroenzephalographie (EEG)

Das EEG ist ein wichtiges Instrument zur Diagnose von Epilepsie. Es misst die elektrische Aktivität des Gehirns und kann helfen, abnormale Muster zu erkennen, die auf epileptische Anfälle hindeuten. Bei häufigen Anfällen kann ein Langzeit-EEG die Hirnströme während des Anfalls messen und so bei der Abgrenzung helfen.

Differenzialdiagnose

Es ist wichtig, epileptische Anfälle von anderen Anfallsarten zu unterscheiden. Psychogene nichtepileptische Anfälle (PNEA) sind Anfälle, die epileptischen Anfällen ähneln, aber psychische Ursachen haben. Sie können auch zusätzlich zu einer Epilepsie auftreten. Anfall-Videos und Berichte von Angehörigen können wertvolle Hinweise über die Anfallsart liefern.

Therapie von Epilepsie

Als erste Therapieoption steht eine große Auswahl an Medikamenten zur Verfügung, die über Beeinflussung der Erregbarkeit des Gehirns das Auftreten von Anfällen unterdrücken können. Die Wahl des Medikaments richtet sich zum einen nach dem vorliegenden Epilepsiesyndrom sowie nach den persönlichen Merkmalen, die ein Patient mit sich bringt. Bei optimaler Therapie können circa 70 % der Patienten in Remission gebracht werden.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie wird in der Regel nach zwei unprovozierten epileptischen Anfällen eingeleitet. Ziel der Behandlung ist die Anfallskontrolle, da Epilepsie nicht heilbar ist. Diese ist oft nur durch eine lebenslange Einnahme der Anfallssuppressiva möglich, welche dann aber oft ein uneingeschränktes und selbstständiges Leben bis ins hohe Alter ermöglicht.

Nicht-medikamentöse Therapien

In einigen Fällen können nicht-medikamentöse Therapien wie die ketogene Diät oder die Vagusnervstimulation in Betracht gezogen werden.

Epilepsie-Überwachungsgeräte

Bei einem erkannten Anfall löst das Gerät einen Alarm aus, z.B. bei den Eltern, beim Partner, anderen Angehörigen oder in einer Notrufzentrale. So ist eine sichere Betreuung möglich. Der Anfall wird zudem aufgezeichnet und mit Dauer und Stärke dokumentiert. Epilepsie-Überwachungsgeräte können ärztlich verordnet und von der gesetzlichen Krankenversicherung als Hilfsmittel übernommen werden. Im Hilfsmittelverzeichnis haben sie die Pos.-Nr. 21.46.01 und heißen dort "Überwachungsgeräte für Epilepsiekranke".

Epilepsie-Assistenzhunde

Warnhunde haben die Fähigkeit, einen kommenden Anfall zu spüren und warnen dann den Betroffenen, sodass dieser Zeit hat, sich z.B. vor Verletzungen zu schützen. Anzeigehunde lernen, einen tatsächlichen Anfall zu erkennen und dann in vorher geübter Art und Weise zu helfen, z.B.

Erste Hilfe bei epileptischen Anfällen

Es ist wichtig zu wissen, wie man bei einem epileptischen Anfall Erste Hilfe leistet:

  1. Betroffene Person auf den Boden legen, um einem Sturz vorzubeugen.
  2. Alle Gegenstände entfernen, die zu Verletzungen oder Gefahren führen könnten.
  3. Seltsame Körperhaltungen und freie Zuckungen ermöglichen und möglichst Platz dafür schaffen.
  4. Nicht festhalten, keinen Beißkeil oder ähnliches zwischen die Zähne und Verletzungen verhindern.
  5. Es ist sinnlos und eventuell schädlich zu versuchen einen Anfall zu beeinflussen oder zu beenden, z.B. durch kaltes Wasser oder Schütteln.
  6. Auf die Uhr schauen und Notfallmedikamente erst nach der ärztlich angegebenen Zeit geben, weil sie erhebliche Nebenwirkungen haben.
  7. Dauer und Begleiterscheinungen des Anfalls beobachten. Auf die Augen achten: Sind sie geschlossen, offen, starr oder verdreht?
  8. 112) rufen - auch, wenn schon ein Notfallmedikament gegeben wurde!
  9. Unbedingt dabeibleiben, bis die betroffene Person wieder vollständig orientiert ist.

Nach einem Anfall ist es wichtig dabei zu bleiben, bis das Bewusstsein wieder klar ist. Auf einen Anfall folgt in der Regel eine kurze Schlaf- bzw. Erholungsphase. Dies ist durch einfache Fragen, wie z.B. "Wie heißt du? Wo bist du? Wenn möglich den Anfall dokumentieren: Wann ist er passiert? Wie lange hat er gedauert? Wie ist er abgelaufen? Waren die Augen offen, geschlossen, starr oder verdreht? Wenn der Mensch vorher noch nie einen epileptischen Anfall hatte, nach dem 3. Anfall einer Anfallsserie (siehe oben) und/oder bei Verletzungen bzw.

Leben mit Epilepsie: Risiken und Sicherheitsmaßnahmen

Epileptische Anfälle können zu Verletzungen und sogar zum Tod führen. Außerdem besteht ein gewisses Risiko, bei einem Status epilepticus oder durch SUDEP (siehe unten) zu versterben oder Langzeitschäden davon zu tragen.

Risikomanagement

Es ist wichtig, sich aus mehreren Quellen über die tatsächlichen Risiken zu informieren, um weder übervorsichtig die Lebensqualität einzuschränken, noch fahrlässig die Gesundheit und das Leben aufs Spiel zu setzen. Angehörigen können Sie offen sagen, dass Sie deren Sorgen verstehen, aber über Ihre Sicherheit und Ihre Lebensqualität selbst entscheiden.

Beim Autofahren mit Epilepsie geht es nicht nur um Ihre eigene Sicherheit, sondern auch um die Sicherheit anderer Menschen. Als Elternteil mit Epilepsie können Anfälle Ihre Kinder gefährden, vor allem wenn diese noch sehr klein sind, z.B. bei einem Sturz mit dem Kind auf dem Arm. Deshalb können Sie eine sog. Elternassistenz beantragen.

Sicherheitsmaßnahmen im Alltag

Ein epileptischer Anfall kann Betroffene in gefährliche Situationen bringen. Epileptische Anfälle können sogar in der Badewanne zum Ertrinken führen. Beim Rauchen besteht bei einem Anfall Brandgefahr. Scharfe Kanten und Gegenstände in der Wohnung sichern bzw. Einen Anfallskalender verwenden, um ggf. vorhandene Anfallsauslöser zu erkennen und die Behandlung zu verbessern.

SUDEP (Sudden Unexpected Death in Epilepsy)

SUDEP ist die Abkürzung für "sudden unexpected death in epilepsy". Übersetzt heißt das "plötzlicher unerwarteter Tod bei Epilepsie". Wie auch beim sog. plötzlichen Kindstod können Menschen mit Epilepsie plötzlich und unerwartet versterben. Meistens werden Betroffene morgens tot im Bett gefunden. Die Todesursache lässt sich oft nicht klären. Das passiert zwar nur sehr selten, aber bei Menschen mit Epilepsie häufiger als bei Menschen ohne Epilepsie. Bei tonisch-klonischen Anfällen (Grand-mal-Anfällen) ist das Risiko besonders hoch, besonders wenn diese im Schlaf kommen. Wahrscheinlich lässt sich SUDEP oft verhindern, wenn Betroffene nach einem tonisch-klonischen Anfall nicht allein bleiben. Anwesende können den Menschen nach dem Anfall ansprechen, berühren, rütteln, umdrehen und in die stabile Seitenlage bringen. Bei Atemaussetzern und Herzstillstand können sie einen Notruf absetzen und Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen.

Ursachen und Vorbeugung von Epilepsie

Epilepsie kann verschiedene Ursachen haben, darunter:

  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Komplikationen in der Schwangerschaft und bei der Geburt
  • Durchblutungsstörung
  • Akute Krankheit

Zur Vorbeugung von Hirnhautentzündungen und Gehirnentzündungen und daraus folgenden Epilepsien sind einige Schutzimpfungen möglich. Das Epilepsie-Risiko wird außerdem geringer, wenn Menschen den Konsum von Alkohol und Drogen einschränken, einen gesunden Lebensstil pflegen.

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