Die Alzheimer-Krankheit, benannt nach ihrem Entdecker Alois Alzheimer, ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die zum Absterben von Nervenzellen im Gehirn führt. Weltweit sind mehr als 26 Millionen Menschen betroffen, wobei das Risiko mit zunehmendem Alter steigt. In Deutschland leiden etwa 1,2 Millionen Menschen an Demenz, wobei zwei Drittel von ihnen an Alzheimer erkrankt sind. Die Krankheit äußert sich durch Gedächtnisverlust, Orientierungsschwierigkeiten, Sprachstörungen sowie Beeinträchtigungen des Denk- und Urteilsvermögens.
Veränderungen im Gehirn bei Alzheimer
Bei Alzheimer-Patienten kommt es zu einer Reihe von Veränderungen im Gehirn. Dazu gehören:
- Absterben von Nervenzellen: Im Verlauf der Krankheit sterben Nervenzellen und ihre Verbindungen zunehmend ab. Dieser Abbau beginnt meist im höheren Lebensalter, etwa ab 65 Jahren, und verläuft schleichend.
- Plaques und Fibrillen: Im Gehirn von Alzheimer-Patienten finden sich Ablagerungen von Proteinen, sogenannte Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen. Diese Ablagerungen stören die Funktion der Nervenzellen und tragen zu ihrem Absterben bei.
- Mangel an Botenstoffen: Insbesondere Nervenzellen, die den Botenstoff Acetylcholin zur Signalübertragung nutzen, sind stark betroffen. Acetylcholin ist wichtig für das Erinnern, Denken, Lernen und die räumliche Orientierung.
Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen
Amyloid-beta (Aß)
Amyloid-beta ist ein Protein, das natürlicherweise im Gehirn vorkommt. Bei Alzheimer-Patienten reichert es sich jedoch übermäßig zwischen den Gehirnzellen an und bildet toxische Klumpen (Oligomere) und große Zusammenlagerungen (Plaques). Diese Ablagerungen werden seit Langem als eine Ursache für Alzheimer diskutiert.
Tau-Protein
Das Tau-Protein befindet sich im Inneren der Gehirnzellen und sorgt für Stabilität und Nährstoffversorgung. Bei Alzheimer ist das Tau-Protein chemisch verändert, wodurch es seine Funktion verliert und sich zu fadenförmigen Strukturen (Fibrillen) zusammenlagert.
Bedeutung von Amyloid und Tau
Obwohl Alois Alzheimer bereits vor über 120 Jahren Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen im Gehirn seiner Patientin Auguste Deter als Ursache der „Krankheit des Vergessens“ vermutete, gibt es bis heute keinen eindeutigen Beweis dafür, dass diese Ablagerungen die alleinige Ursache sind. Moderne Antikörper-Medikamente können zwar Amyloid-Plaques entfernen und den Krankheitsverlauf verzögern, den kognitiven Abbau aber nicht dauerhaft aufhalten. Die Wissenschaft weiß bis heute nicht, warum sich Oligomere, Plaques und Fibrillen bilden. Einige Forscher vermuten, dass die Ablagerungen ein Nebenprodukt anderer, noch unbekannter Prozesse sein könnten.
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Fehlfunktionen von Gehirnzellen
Neben den Ablagerungen von Amyloid und Tau kommen auch Fehlfunktionen bestimmter Zellen als mögliche Auslöser der Alzheimer-Krankheit in Frage.
Gliazellen
Gliazellen machen etwa 90 Prozent aller Gehirnzellen aus. Ihre Aufgabe ist es, die Nervenzellen zu schützen und zu unterstützen, damit die Signalübertragung reibungslos funktioniert. Es gibt verschiedene Arten von Gliazellen, die unterschiedliche Aufgaben haben:
- Mikrogliazellen: Sie spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem des Gehirns und sorgen dafür, dass schädliche Substanzen wie Krankheitserreger zerstört und abtransportiert werden.
- Astrozyten: Sie versorgen das Gehirn mit Nährstoffen, regulieren die Flüssigkeitszufuhr und helfen bei der Regeneration des Zellgewebes nach Verletzungen. Astrozyten stehen im Verdacht, an der Verbreitung der giftigen Amyloid-beta-Oligomere und Tau-Fibrillen beteiligt zu sein.
Lipidstoffwechselstörung als möglicher Auslöser
Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine Störung im Lipidstoffwechsel ein neuer Auslöser für die charakteristischen Veränderungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten sein könnte. Zu viele Lipide in der Zellmembran von Neuronen können die Bildung von Alzheimer-Peptiden begünstigen. Wissenschaftler des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Degenerative Demenzen haben herausgefunden, dass Sphingolipide, bestimmte Bestandteile der Zellmembran, den natürlichen Prozess der Autophagozytose blockieren können, wenn sie übermäßig vorhanden sind. Die Autophagozytose ist ein Prozess, bei dem die Zelle eigene Bestandteile abbaut. Eine Störung dieses Prozesses führt zur Ansammlung von Beta-Amyloid. Zugleich aktivieren zu viele Sphingolipide ein Enzym, die y-Sekretase, die das gefährliche Beta-Amyloid vom C-terminalen Peptid abspaltet.
Autophagozytose
Die Autophagozytose ist ein zellulärer Prozess, bei dem die Zelle eigene Bestandteile, aber auch von außen eindringende Substanzen wie Viren oder Bakterien abbaut. Ist die Autophagozytose in Nervenzellen gestört, häuft sich Beta-Amyloid an. Eine Ursache für die Störung der Autophagozytose und somit für die vermehrte Entstehung von Beta-Amyloid ist eine Veränderung im Lipidstoffwechsel der Nervenzellen.
Sphingolipide
Sphingolipide sind Bestandteile der Zellmembran und an der Übertragung von Signalen und der Interaktion einzelner Zellen beteiligt. Zu viele Sphingolipide stören den kontrollierten Eiweißabbau in der Zelle. Sie reduzieren vor allem den Abbau des C-terminalen Peptids, sodass sich mehr schädliches Beta-Amyloid anhäufen kann.
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Risikofaktoren für Alzheimer
Obwohl die genauen Ursachen der Alzheimer-Demenz noch nicht vollständig geklärt sind, gibt es eine Reihe von Risikofaktoren, die das Auftreten der Krankheit begünstigen können.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
- Alter: Das Alter ist der größte Risikofaktor für die Entwicklung von Alzheimer. Die meisten Betroffenen sind älter als 80 Jahre.
- Genetische Faktoren: In weniger als zwei Prozent der Fälle sind genetische Faktoren die alleinige Ursache für Alzheimer. Es gibt jedoch einen genetischen Risikofaktor: Varianten im Gen für das Eiweiß Apo-Lipoprotein E (ApoE).
Beeinflussbare Risikofaktoren
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, erhöhter Cholesterinspiegel, Gefäßverkalkungen und schlecht eingestellter Blutzucker bei Diabetes-Patienten erhöhen das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung.
- Lebensstil: Bewegungsmangel, Übergewicht, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und soziale Isolation können das Risiko erhöhen.
- Weitere Faktoren: Schwere Kopfverletzungen, Infektionen, Depressionen, chronischer Stress und Hörminderung werden ebenfalls als mögliche Risikofaktoren diskutiert.
Prävention
Auch wenn die Alzheimer-Krankheit nicht heilbar ist, gibt es Möglichkeiten, das Risiko einer Erkrankung zu senken. Dazu gehören:
- Körperliche Aktivität: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung des Gehirns und kann den geistigen Abbau verlangsamen.
- Ausgewogene Ernährung: Eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Fisch kann das Gehirn schützen.
- Geistige Aktivität: Geistige Anregung durch Lesen, Lernen oder soziale Interaktion hält das Gehirn fit.
- Soziale Teilhabe: Kontakte zu anderen Menschen und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sind wichtig für die geistige Gesundheit.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Ein gesunder Lebensstil mit Vermeidung von Rauchen, übermäßigem Alkoholkonsum und Übergewicht kann das Risiko senken.
Diagnose von Alzheimer
Die Diagnose von Alzheimer kann schwierig sein, da es keine einzelne Untersuchung gibt, mit der sich die Krankheit eindeutig feststellen lässt. In der Regel werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt:
- Anamnese: Der Arzt befragt den Patienten und seine Angehörigen ausführlich nach den Beschwerden und der Krankengeschichte.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht den Patienten, um andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen.
- Demenztests: Mit Hilfe von Demenztests wie dem Mini-Mental-Status-Test (MMST) oder dem DemTect kann festgestellt werden, ob eine Demenzerkrankung vorliegt.
- Apparative Untersuchungen: Mittels Magnetresonanztomografie (MRT) oder Positronen-Emissions-Tomografie (PET) kann das Gehirn untersucht werden, um Veränderungen wie eine Abnahme der Hirnsubstanz festzustellen.
- Labortests: Blut- und Urinproben können helfen, andere Erkrankungen auszuschließen, die die Demenz verursachen könnten.
- Liquordiagnostik: Eine Untersuchung der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) kann Hinweise auf Alzheimer liefern.
- Gentest: Bei Verdacht auf eine erbliche Form der Alzheimer-Krankheit kann ein Gentest durchgeführt werden.
Behandlung von Alzheimer
Bislang gibt es keine Heilung für Alzheimer. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.
Medikamentöse Behandlung
- Cholinesterasehemmer: Diese Medikamente (z.B. Donepezil, Rivastigmin) blockieren den Abbau des Nervenbotenstoffs Acetylcholin im Gehirn.
- Memantin: Dieser Wirkstoff kann den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit bei manchen Patienten verzögern.
- Ginkgo biloba: Extrakte aus Ginkgoblättern sollen die Durchblutung des Gehirns verbessern und die Nervenzellen schützen.
- Weitere Medikamente: Bei psychischen Beschwerden und Verhaltensänderungen können Neuroleptika oder Antidepressiva eingesetzt werden.
Nicht-medikamentöse Behandlung
- Realitäts-Orientierungs-Training: Dieses Training hilft den Patienten, sich räumlich und zeitlich zurechtzufinden.
- Kognitives Training: Es kann die Lernfähigkeit und das Denkvermögen trainieren.
- Verhaltenstherapie: Ein Psychologe oder Psychotherapeut hilft den Patienten, mit psychischen Beschwerden besser umzugehen.
- Autobiografische Arbeit: Angehörige oder Betreuer fragen Alzheimer-Patienten gezielt nach ihrem früheren Leben, um Erinnerungen wachzuhalten.
- Ergotherapie: Alltägliche Fähigkeiten werden erhalten und gefördert.
- Weitere Verfahren: Kunst- und Musiktherapie, Physiotherapie, Aromatherapie und Snoezelen können ebenfalls eingesetzt werden.
Verlauf und Prognose
Der Verlauf der Alzheimer-Krankheit ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Im Durchschnitt dauert es von den ersten Symptomen bis zum Tod etwa acht Jahre. Die Krankheit verläuft in verschiedenen Stadien, die fließend ineinander übergehen:
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- Frühstadium: Im Vordergrund stehen Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses, Wortfindungsstörungen und Orientierungsprobleme.
- Mittleres Stadium: Die Einschränkungen nehmen zu, und die Betroffenen benötigen zunehmend Hilfe bei alltäglichen Aufgaben. Verhaltensänderungen können auftreten.
- Spätstadium: Die Betroffenen sind vollkommen auf Pflege und Betreuung angewiesen. Die Sprache beschränkt sich auf wenige Wörter oder versiegt ganz.
Die Alzheimer-Krankheit selbst führt nicht zum Tod. Die Anfälligkeit für Infektionen steigt jedoch im Spätstadium.
Aktuelle Forschung
Überall auf der Welt arbeiten Forscher daran, Antworten darauf zu finden, wie Alzheimer entsteht, wie es verhindert oder geheilt werden kann. Aktuell sind Medikamente in der Entwicklung, die in einem sehr frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit den Krankheitsverlauf verzögern sollen. Im April 2025 wurde der Wirkstoff Lecanemab von der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) und der Europäischen Kommission zugelassen, derzeit wird aber noch geprüft, unter welchen Bedingungen er in Deutschland für Patientinnen und Patienten verfügbar gemacht werden kann.