Jährlich erkranken in Deutschland mehr als 300.000 Menschen an Gürtelrose, einer schmerzhaften Viruserkrankung, die durch die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV) verursacht wird. Dieses Virus, das beim Erstkontakt Windpocken auslöst, verbleibt nach der Erkrankung lebenslang in den Nervenzellen des Körpers. Bei einer Schwächung des Immunsystems kann es reaktiviert werden und als Gürtelrose (Herpes zoster) in Erscheinung treten. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Gürtelrose für Menschen ab 60 Jahren sowie für immungeschwächte Personen ab 50 Jahren. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass diese Impfung nicht nur vor Gürtelrose schützt, sondern auch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Schlaganfälle reduzieren kann.
Gürtelrose: Ursachen, Symptome und Risikogruppen
Herpes zoster, im Volksmund als Gürtelrose bekannt, äußert sich durch einen stark schmerzenden Hautausschlag mit Rötungen und Bläschen, der bandartig und meist halbseitig am Rumpf oder Brustkorb auftritt. Auslöser ist das Varizella-Zoster-Virus, das nach einer durchgemachten Windpocken-Erkrankung im Körper verbleibt. Nahezu jeder Erwachsene hat einmal Windpocken durchgemacht. Erst seit 2004 werden Kleinkinder in Deutschland flächendeckend gegen Windpocken geimpft.
Die Reaktivierung des Virus erfolgt meist bei einem geschwächten Immunsystem, das durch Krankheiten, Stress, bestimmte Medikamente, UV-Strahlung, Sonnenbrand oder Alter beeinträchtigt sein kann. Laut Robert Koch-Institut (RKI) erkranken jährlich 6 von 1.000 Menschen im Alter von 50 Jahren an Gürtelrose, bei 90-Jährigen sogar 13 von 1.000. Etwa 10 bis 20 Prozent der Betroffenen leiden anschließend an chronischen Schmerzen, der sogenannten Post-Zoster-Neuralgie. Je schwerer der Verlauf der Gürtelrose, desto höher ist das Risiko für diese Komplikation. Eine frühzeitige Behandlung ist daher entscheidend für den Heilungserfolg.
Erhöhtes Schlaganfallrisiko nach Gürtelrose-Erkrankung
Studien haben gezeigt, dass eine Erkrankung mit Herpes zoster bei älteren Menschen das Risiko eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls signifikant erhöht, insbesondere in den ersten Wochen nach der Erkrankung. Experten vermuten, dass eine gesteigerte Entzündungsreaktion im Rahmen der Zostererkrankung die Endothelfunktion schädigen, Plaqueabrisse in den Gefäßen begünstigen und die Gerinnbarkeit des Blutes erhöhen kann. Auch eine Zoster-induzierte Vaskulitis kann sich als Schlaganfall manifestieren. In den ersten sieben Tagen nach dem Auftreten der Gürtelrose ist das Schlaganfallrisiko um das Zwei- bis Zweieinhalbfache erhöht. Danach sinkt die erhöhte Gefahr sukzessive.
Die protektive Wirkung der Gürtelrose-Impfung
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt seit Ende 2018 eine Impfung mit dem Herpes-zoster-Totimpfstoff für Menschen ab 60 Jahren. Auf dem Markt sind zwei Impfstoffe gegen Gürtelrose verfügbar: ein Lebendimpfstoff und der seit 2018 verfügbare Totimpfstoff Shingrix. Die Impfung mit Shingrix wird in zwei Dosen verabreicht und führt zu einer erstaunlich guten Immunantwort. Der Immunschutz hält wahrscheinlich deutlich länger als 10 Jahre und ist sogar stärker als nach einer durchgemachten Zoster-Erkrankung.
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Eine umfassende, bevölkerungsbasierte Kohortenstudie aus Südkorea, veröffentlicht im Fachmagazin »European Heart Journal«, untersuchte den Zusammenhang zwischen der Lebendimpfung gegen Herpes zoster und dem Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen bei mehr als zwei Millionen Menschen im Alter ab 50 Jahren. Die Studie integrierte Daten aus nationalen Gesundheitsregistern, inklusive Angaben zu stationären und ambulanten Behandlungen, Arzneimittelverordnungen, Todesfällen, Gesundheitsuntersuchungen und Impfungen, die im Zeitraum von 2012 bis 2021 erhoben worden waren. Personen mit kardiovaskulärer Vorerkrankung vor der Impfung wurden ausgeschlossen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Impfung mit dem Zoster-Lebendimpfstoff mit einem signifikant geringeren Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse verbunden war. Der Hazard-Ratio (HR) betrug 0,77, was bedeutet, dass in der Gruppe der Geimpften das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse im Vergleich zu der Gruppe der nicht Geimpften um etwa 23 Prozent geringer war. Die stärkste Schutzwirkung zeigte sich zwei bis drei Jahre nach der Impfung, wobei die Effekte bis zu acht Jahre anhielten. Die Schutzwirkung war besonders ausgeprägt bei Männern, Menschen unter 60 Jahren, Bewohnern ländlicher Regionen, Personen mit niedrigem Einkommen sowie bei Individuen mit ungesundem Lebensstil (Raucher, Bewegungsmangel, hoher Alkoholkonsum).
Eine weitere Studie ergab, dass gegen Herpes zoster geimpfte Personen ein um 16 Prozent reduziertes Schlaganfallrisiko haben, verglichen mit nicht geimpften Kontrollpersonen.
Weitere positive Effekte der Gürtelrose-Impfung
Neben dem Schutz vor Gürtelrose und der Reduktion des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Gürtelrose-Impfung auch das Demenzrisiko senken kann. Studien aus Wales, Australien und den USA zeigten übereinstimmend, dass HZ-Impfungen das Risiko für Demenz signifikant senkten (um rund 20 %), wobei der Totimpfstoff gegenüber dem Lebendimpfstoff besser abschnitt. Interessanterweise war der Schutz vor Demenz bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern.
Einschränkungen und zukünftige Forschung
Es ist wichtig zu beachten, dass die bisherigen Studien gewisse Einschränkungen aufweisen. So basieren einige Ergebnisse auf asiatischen Kohorten und sind möglicherweise nicht auf alle Bevölkerungsgruppen übertragbar. Zudem wurde in einigen Studien nur ein Gürtelrose-Impfstoff untersucht, der eine lebende, aber abgeschwächte Version des Virus verwendet. Weitere Forschung ist erforderlich, um zu bestätigen, ob auch der Totimpfstoff den gleichen oder einen ähnlichen Schutz bietet.
Die Pharmaunternehmen Biontech und Pfizer haben angekündigt, gemeinsam einen mRNA-Impfstoff gegen Herpes zoster zu entwickeln. Zukünftige Impfstoffe auf Basis der mRNA-Technik könnten möglicherweise noch effektiver und besser verträglich sein.
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