Der Zusammenhang zwischen Gürtelrose und Demenz: Aktuelle Forschungsergebnisse und Implikationen

Herpes zoster (HZ), besser bekannt als Gürtelrose, ist eine Viruserkrankung, die durch die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV) verursacht wird. Nach der Erstinfektion mit Windpocken verbleibt das Virus lebenslang in den Nervenzellen und kann bei einer Schwächung des Immunsystems reaktiviert werden. Die Krankheit manifestiert sich durch schmerzhafte Hautausschläge und kann in einigen Fällen zu schwerwiegenden Komplikationen wie postherpetischer Neuralgie, Schlaganfall und Myokardinfarkt führen.

In den letzten Jahren hat die Forschung zunehmend den Zusammenhang zwischen HZ und dem Auftreten von Demenz untersucht. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass eine Impfung gegen HZ das Risiko, an Demenz zu erkranken, signifikant senken kann. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus aktuellen Studien zusammen und diskutiert die Implikationen für Impfempfehlungen.

Hintergrundinformationen zu Gürtelrose (Herpes Zoster)

Herpes zoster wird durch die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV) verursacht, dem gleichen Virus, das auch Windpocken auslöst. Nach einer Windpockenerkrankung verbleibt das Virus in den Nervenzellen der spinalen und kranialen Ganglien, wo es lebenslang latent persistiert. In Deutschland tragen etwa 95 % der Erwachsenen das VZV-Virus in sich, und etwa die Hälfte aller Menschen über 85 Jahre entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Gürtelrose.

Eine Schwächung des Immunsystems, beispielsweise durch Alterung, Stress oder Immunsuppression, kann zur Reaktivierung des Virus führen. Die Viren wandern dann entlang der sensorischen Nerven zur Haut und verursachen dort den charakteristischen Ausschlag mit Erythemen und pustulösen Hautveränderungen.

Zu den häufigsten Komplikationen von HZ gehören bakterielle Superinfektionen, der Befall verschiedener Körperregionen und die postherpetische Neuralgie, die sich in etwa 50 % der Fälle bei über 60-Jährigen entwickelt und mit langanhaltenden und starken Schmerzen verbunden ist. Darüber hinaus ist HZ mit einem zeitabhängig erhöhten Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) wie Schlaganfall und Myokardinfarkt assoziiert. Das MACE-Risiko ist im ersten Monat nach einer HZ-Erkrankung um 80 % erhöht, in den ersten drei Monaten um 43 % und nach einem Jahr um 20 %, bevor es sich nach drei Jahren wieder dem Ausgangsniveau annähert.

Lesen Sie auch: Gürtelrose als möglicher Risikofaktor für Demenz

Der Zusammenhang zwischen Gürtelrose und Demenz

Die Demenzforschung hat sich in den letzten Jahren intensiv mit den Ursachen und Risikofaktoren für Demenzerkrankungen auseinandergesetzt. Neben den bekannten Eiweißablagerungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten rückt auch die Rolle von Virusinfektionen immer stärker in den Fokus.

Es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte Virusinfektionen, darunter auch das Varizella-Zoster-Virus, das Demenzrisiko erhöhen könnten. Eine Hypothese ist, dass die Viren in den Nervenzellen des Gehirns persistieren und dort Entzündungen und Schäden verursachen können, die zur Entwicklung von Demenz beitragen.

Aktuelle Studien zum Thema Gürtelrose-Impfung und Demenzrisiko

Mehrere aktuelle Studien haben den Zusammenhang zwischen einer Impfung gegen Gürtelrose und dem Demenzrisiko untersucht. Die Ergebnisse dieser Studien deuten darauf hin, dass eine Impfung gegen Gürtelrose das Risiko, an Demenz zu erkranken, signifikant senken kann.

Studie aus Wales

Eine 2025 in Nature veröffentlichte Studie aus Wales untersuchte, ob die HZ-Lebendimpfung das Demenzrisiko reduziert. In Wales wurde die HZ-Impfung im Jahr 2013 eingeführt, jedoch nur für Personen, die nach dem 02.09.1933 geboren waren. Die Studienpopulation bestand aus 282.541 Erwachsenen, die zwischen dem 1.09.1925 und dem 01.09.1942 geboren wurden.

Die Ergebnisse zeigten, dass die HZ-Impfung das Risiko einer neuen Demenz-Diagnose während der siebenjährigen Follow-up-Dauer signifikant um 3,5 % senkte, was einer relativen Risiko-Reduktion von 20,0 % entsprach.

Lesen Sie auch: Gürtelrose und die Folgen: Chronische Nervenschmerzen

Studie aus Australien

Eine australische Studie mit ähnlichem Design bestätigte die Daten aus Wales. In Australien wurde die HZ-Lebendimpfung im Jahr 2016 eingeführt, wobei nur Personen, die nach dem 02.11.1936 geboren wurden, anspruchsberechtigt waren. Die Studie verglich zwei adjustierte Kohorten mit jeweils mehr als 100.000 Personen und fand heraus, dass die Impfung das Demenzrisiko signifikant senkte.

Studie aus den USA

In den USA wurde die HZ-Impfung im Jahr 2017 vom Lebendimpfstoff auf einen rekombinanten Totimpfstoff umgestellt. Eine Studie untersuchte das Demenzrisiko nach Lebend- vs. Totimpfung über sechs Jahre anhand von zwei adjustierten Kohorten mit jeweils mehr als 100.000 Personen. Der rekombinante Totimpfstoff senkte das Demenzrisiko gegenüber der Lebendimpfung signifikant um 17 %, was durchschnittlich 164 zusätzlichen Tagen ohne Demenz entsprach. Interessanterweise war dieser protektive Effekt bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern (222 vs. 101 zusätzliche Tage).

Zusammenfassende Ergebnisse der Studien

Die Ergebnisse der Studien aus Wales, Australien und den USA deuten darauf hin, dass HZ-Impfungen das Risiko für Demenz signifikant senken können (um rund 20 %). Darüber hinaus scheint der Totimpfstoff gegenüber dem Lebendimpfstoff besser abzuschneiden. Interessanterweise war der Schutz vor Demenz bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern.

Mögliche Mechanismen der Schutzwirkung

Die genauen Mechanismen, durch die die HZ-Impfung vor Demenz schützt, sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch mehrere Hypothesen:

  • Direkte antivirale Wirkung: Die Impfung verhindert die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus und reduziert somit die Viruslast im Körper. Dies könnte Entzündungen und Schäden im Gehirn reduzieren, die zur Entwicklung von Demenz beitragen.
  • Immunmodulation: Die Impfung stärkt das Immunsystem und verbessert die Immunantwort auf das Varizella-Zoster-Virus. Dies könnte dazu beitragen, die Viruslast zu kontrollieren und Entzündungen im Gehirn zu reduzieren.
  • Geschlechtsspezifische Unterschiede: Es gibt Hinweise darauf, dass Frauen eine stärkere Immunantwort auf die HZ-Impfung entwickeln als Männer. Dies könnte erklären, warum der Schutz vor Demenz bei Frauen stärker ausgeprägt ist.

Es ist auch möglich, dass die Impfung das Immunsystem auf andere Weise anregt und so ebenfalls gegen Demenz hilft, und zwar unabhängig von Herpes-Zoster-Viren.

Lesen Sie auch: Therapie bei Nervenschmerzen nach Gürtelrose

Implikationen für Impfempfehlungen

In Deutschland wird die HZ-Impfung mit dem rekombinanten Totimpfstoff seit 2018 für alle Personen ab 60 Jahren sowie für Risikopersonen ab 50 Jahren empfohlen. Laut Robert-Koch-Institut betrug die HZ-Impfquote im Jahr 2024 für die beiden genannten Gruppen jeweils 20,6 % und 17,5 %.

Die neuen Studiendaten sollten Anlass geben, einerseits die Anstrengungen zur Erhöhung der Impfquoten zu intensivieren, und andererseits über eine Ausweitung der Impfempfehlungen für jüngere Altersgruppen nachzudenken.

Weitere Forschung

Es bedarf weiterer Forschung, um die genauen Mechanismen der Schutzwirkung der HZ-Impfung auf das Demenzrisiko zu klären. Insbesondere sind randomisierte, kontrollierte Studien erforderlich, um die Kausalität zwischen Impfung und Demenzrisiko zu bestätigen. Darüber hinaus sollte die Forschung sich auf die Frage konzentrieren, ob der Totimpfstoff tatsächlich einen besseren Schutz vor Demenz bietet als der Lebendimpfstoff.

tags: #gurtelrose #demenz #zusammenhang