Wadenkrämpfe sind ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Menschen betrifft, insbesondere nachts. Sie können sehr schmerzhaft sein und die Schlafqualität erheblich beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Ursachen von Wadenkrämpfen, insbesondere solche, die nachts auftreten, und bietet Informationen zu Vorbeugung und Linderung.
Was sind Wadenkrämpfe?
Wadenkrämpfe sind plötzliche, unwillkürliche und schmerzhafte Kontraktionen der Wadenmuskulatur. Diese Krämpfe treten in der Regel plötzlich und ohne Vorwarnung auf und können von wenigen Sekunden bis zu einigen Minuten dauern. Die Muskulatur fühlt sich hart an und schmerzt. Obwohl Wadenkrämpfe meist harmlos sind, können sie sehr unangenehm sein und den Schlaf stören.
Ursachen von Wadenkrämpfen in der Nacht
Die Ursachen für Wadenkrämpfe sind vielfältig und oft nicht eindeutig feststellbar. In vielen Fällen ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren verantwortlich.
Idiopathische Wadenkrämpfe
Die häufigste Art von Wadenkrämpfen sind idiopathische Beinkrämpfe, bei denen keine spezifische Ursache bekannt ist. Diese Krämpfe treten oft nachts im Ruhezustand auf. Mögliche Auslöser sind:
- Starke oder abnormale Belastung des betroffenen Muskels: Überanstrengung oder ungewohnte Belastung der Wadenmuskulatur kann zu Krämpfen führen.
- Verminderter Blutzufluss: Eine schlechte Durchblutung der Beine kann ebenfalls Krämpfe verursachen.
- Ungünstige Schlafposition: Eine ungünstige Schlafposition, die die Beinmuskulatur überanstrengt, kann zu Krämpfen führen.
Elektrolytstörungen
Eine Störung des Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalts, insbesondere ein Magnesiummangel, wird oft als Ursache für Wadenkrämpfe genannt. Magnesium ist wichtig für die Reizübertragung von Nerven auf Muskeln. Ein Mangel kann die Erregbarkeit der Muskelfasern stören und zu unkontrollierbaren Verkrampfungen führen. Allerdings wird allein die ausreichende Zufuhr an Magnesium wahrscheinlich nicht ausreichen, um deine Wadenkrämpfe dauerhaft in den Griff zu bekommen.
Lesen Sie auch: Umfassende Übersicht: Neurologen Kassel
Venenschwäche
Nächtliche Wadenkrämpfe können auch ein Symptom einer beginnenden Varikose bzw. Venenschwäche sein. Studien zeigen, dass etwa 30 % der Menschen mit nächtlichen Wadenkrämpfen tatsächlich unter einer nicht erkannten Venenschwäche leiden. Bei einer Venenschwäche werden die Venenwände durch den erhöhten Druck porös und durchlässig. Tagsüber tritt Flüssigkeit ins Gewebe aus und sammelt sich dort an. Nachts, wenn die Beine hochgelagert sind, fließt diese Flüssigkeit mitsamt Elektrolyten und anderen Stoffen plötzlich zurück in die Blutbahn. Diese rasche Verschiebung kann zu Krämpfen führen - unabhängig vom Magnesiumspiegel.
Erkrankungen
Bestimmte Erkrankungen können ebenfalls Wadenkrämpfe auslösen:
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit („Schaufensterkrankheit“): Durchblutungsstörungen in den Beinen können zu Krämpfen führen.
- Schilddrüsen- und Hormonstörungen: Stoffwechselstörungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion oder hormonelle Schwankungen können Krämpfe verursachen.
- Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus): Diabetes kann Nervenschäden (Polyneuropathie) verursachen, die Wadenkrämpfe auslösen können.
- Parkinson und Restless-Legs-Syndrom: Diese neurologischen Erkrankungen können ebenfalls mit Wadenkrämpfen einhergehen.
- Nierenerkrankungen: Eine Nierenschwäche oder ein Versagen der Nieren kann zu Krämpfen führen, da die Nieren für die Regulation des Flüssigkeitshaushaltes sehr wichtig sind.
- Muskelerkrankungen (Myopathien): Eine Muskelerkrankung (Myopathie) führt zu einer Schwächung der Muskeln, häufig auch zu krampfartigen Muskelschmerzen.
- Nervenerkrankungen: Ist die Übertragung von Nervenimpulsen auf die Muskeln gestört (Myasthenie), wie zum Beispiel beim Lambert-Eaton-Syndrom oder der Autoimmunerkrankung Myasthenia gravis, dann ist eine Muskelschwäche charakteristisch. Die Folge sind unter anderem Wadenkrämpfe.
- Dystonien: Diese Gruppe von Erkrankungen, zu der unter anderem Parkinson, Multiple Sklerose und Chorea Huntington gehören, ist durch Störungen im Bewegungsablauf gekennzeichnet.
- Polyneuropathien: Diese Erkrankungen beruhen auf Schädigungen der peripheren Nerven. Dabei können unwillkürliche Muskelkrämpfe ausgelöst werden.
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS, Lou-Gehring-Syndrom): Die unheilbare Krankheit wird von schmerzhaften Muskelkrämpfen begleitet.
- Radikulopathien (Schädigung oder Reizung einer Nervenwurzel): Ursache der Schädigung kann ein Bandscheibenvorfall, eine Nervenwurzelentzündung oder eine Verengung des Spinalkanals sein.
- Stiff-Man-Syndrom: Charakteristisch ist eine allmählich steigende Anspannung der Muskulatur, insbesondere in Rücken und Beinen. Dies führt zu Krämpfen und einer fortschreitenden Versteifung der Muskeln.
Medikamente und Gifte
Einige Medikamente können Wadenkrämpfe als Nebenwirkung verursachen:
- Cholesterinsenker mit dem Wirkstoff Fenofibrat
- Arzneimittel gegen Bluthochdruck wie Beta-Blocker, ACE-Hemmer, Diuretika oder Kalziumkanalblocker
- Hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille oder die Spirale
- Sprays gegen Asthma, die Salbutamol enthalten
- Wirkstoffe wie Insulin
- Chemotherapeutika
Auch Vergiftungen können sich durch Muskelkrämpfe äußern.
Weitere Risikofaktoren
- Hohes Alter: Mit zunehmendem Alter nimmt die Häufigkeit von Muskelkrämpfen zu, insbesondere in den Beinen.
- Schwangerschaft: Schwangere haben aufgrund des erhöhten Bedarfs an Mineralstoffen und der veränderten Durchblutungssituation ein höheres Risiko für Wadenkrämpfe.
- Überlastung der Muskeln am Tag: Überanstrengung der Beinmuskulatur kann zu Krämpfen führen.
- Einseitige Belastung: Längeres Verharren in einer bestimmten Körperhaltung (z.B. langes Sitzen) kann Krämpfe begünstigen.
- Unbequeme Schuhe: Unbequeme, gerade auch hohe Schuhe, da sie eine übermäßige Anspannung der Beinmuskulatur begünstigen.
- Bewegungsmangel: Bewegungsmangel, der zu mangelnder Durchblutung und Nährstoffversorgung führt.
- Neuaufnahme von Sport und körperliche Aktivität nach längeren Ruhepasen bzw. mit verkürzten Muskeln.
- Fehlstellungen an Fuß oder Bein, z.B.
Diagnose von Wadenkrämpfen
In den meisten Fällen sind Wadenkrämpfe harmlos und bedürfen keiner speziellen Diagnose. Bei häufigen oder starken Krämpfen, die den Schlaf beeinträchtigen oder mit anderen Symptomen einhergehen, sollte jedoch ein Arzt aufgesucht werden.
Lesen Sie auch: Bonn: Experten für Neurologie
Der Arzt wird zunächst die Krankengeschichte erheben und eine körperliche Untersuchung durchführen. Dabei werden unter anderem die Muskel- und Nervenfunktionen überprüft. Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen erforderlich sein:
- Blutuntersuchung: Zur Bestimmung der Elektrolytwerte, des Blutzuckers sowie der Leber- und Nierenwerte. Bei Verdacht auf eine Fehlfunktion der Schilddrüse kann ein Hormonspiegel bestimmt werden.
- Elektromyografie (EMG): Messung der elektrischen Muskelaktivität, um Muskelerkrankungen oder Nervenstörungen zu erkennen.
- Elektroneurografie: Messung der Leitfähigkeit der Nerven, um Nervenschädigungen festzustellen.
- Dopplersonografie: Zur Untersuchung der Blutgefäße und zum Nachweis von Thrombosen.
- Bildgebende Verfahren (CT oder MRT): Bei Verdacht auf Rückenbeschwerden als Ursache der Wadenkrämpfe.
Was tun bei akuten Wadenkrämpfen?
Es gibt verschiedene Sofortmaßnahmen, die bei akuten Wadenkrämpfen helfen können:
- Dehnen: Die meisten Menschen reagieren instinktiv richtig. Sie dehnen die schmerzende Wadenmuskulatur, indem sie die Zehenspitzen im Liegen oder Sitzen in Richtung des Körpers strecken. Im Stehen kann man das betroffene Bein nach hinten strecken und die Ferse fest auf den Boden drücken. Das Bein muss dafür gestreckt und die Zehen zum Schienbein gezogen werden.
- Massieren: Die verkrampfte Muskulatur vorsichtig mit den Händen massieren. Ein leichtes Massieren des verkrampften Muskels bringt Linderung - die Muskulatur wird gelockert, die Durchblutung gesteigert.
- Wärme: Eine warme Dusche oder eine auf die betroffene Stelle gelegte Wärmflasche können hilfreich sein. Wärme regt die Durchblutung an und löst die Verspannung des verkrampften Muskels.
- Aktive Bewegung: Aufstehen und ein paar Schritte laufen kann helfen, den Krampf zu lösen.
- Flüssigkeitszufuhr: Ausreichend Wasser oder isotonische Getränke trinken, um den Elektrolythaushalt auszugleichen.
Vorbeugung von Wadenkrämpfen
Es gibt verschiedene Maßnahmen, um Wadenkrämpfen vorzubeugen:
- Regelmäßige Bewegung und Dehnung: Regelmäßige Bewegung und Dehnung der Waden verschaffen oft schon Linderung und sind zugleich eine gute Präventionsmaßnahme. Gezieltes Stretching mehrmals in der Woche, hält die Muskeln fit und beugt Verkürzungen vor.
- Ausgewogene Ernährung: Auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Mineralstoffen wie Magnesium, Kalzium und Kalium achten. Magnesiumreiche Lebensmittel sind grünes Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen sowie Fisch und Meeresfrüchte.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Genug trinken, am besten stilles Wasser oder Saftschorlen.
- Vermeiden von Überanstrengung: Trainingsspitzen und eine Überlastung der Muskulatur vermeiden und dem Körper nach jedem Training eine angemessene Regenerationszeit gönnen.
- Bequeme Schuhe: Bequeme Schuhe tragen, die den Füßen guten Halt geben und nicht drücken.
- Günstige Schlafposition: Auf eine bequeme Schlafposition achten, die die Beinmuskulatur nicht überanstrengt.
- Kalte Wadenwickel: Kalte Wadenwickel oder Wechselduschen sind bewährte Hausmittel bei venös bedingten Wadenkrämpfen. Die Kälte bewirkt eine Kontraktion der Venen, wodurch die Venenklappen besser schließen und der Blutrückfluss zum Herzen verbessert wird.
- Venengymnastik: Regelmäßige Venengymnastik kann bei Venenschwäche helfen.
- Kompressionsstrümpfe: Das Tragen von Kompressionsstrümpfen tagsüber kann bei Venenschwäche die Beschwerden lindern.
- Vermeiden von Alkohol: Regelmäßiger Alkoholkonsum erhöht das Risiko eines Magnesiummangels und damit die Gefahr von Wadenkrämpfen.
Medikamentöse Behandlung
Bei starken oder häufig wiederkehrenden Muskelkrämpfen kann eine medikamentöse Therapie sinnvoll sein. Häufig werden Magnesiumpräparate eingesetzt, obwohl die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist. In einigen Fällen kann der Arzt Chininsulfat verschreiben, ein Krampflöser, der jedoch nur nach sorgfältiger Abwägung der Risiken und Nutzen eingesetzt werden sollte.
Hausmittel und alternative Therapien
Neben den genannten Maßnahmen gibt es noch weitere Hausmittel und alternative Therapien, die bei Wadenkrämpfen helfen können:
Lesen Sie auch: Gute Neurologen für Potsdam
- Homöopathie: In der Homöopathie kennt man verschiedene Mittel, die bei Muskelkrämpfen entspannend und auch schmerzlindern wirken.
- Akupunktur: Nach der Vorstellung der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) sind für eine ausgewogene Muskelfunktion vor allem die beiden Organe Leber und Milz zuständig. Akupunktur kann helfen, die Energieflüsse im Körper zu harmonisieren und Muskelkrämpfe zu lindern.
- Massage mit Latschenkiefernöl: Ein sanftes Massieren mit Latschenkiefernöl wirkt beim Wadenkrampf besonders wohltuend. Das ätherische Öl fördert die Durchblutung, wärmt und lindert Muskel- und Gelenkbeschwerden.
- Gurkenwasser: Es gibt einzelne Studien, die einen Effekt von Gurkenwasser bei Wadenkrämpfen bei Menschen mit Leberzirrhose zeigen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
In den meisten Fällen sind Wadenkrämpfe harmlos und bedürfen keiner ärztlichen Behandlung. Es gibt jedoch Situationen, in denen ein Arztbesuch ratsam ist:
- Häufige oder starke Krämpfe: Wenn die Krämpfe sehr häufig auftreten oder so stark sind, dass sie den Schlaf rauben oder den Alltag beeinträchtigen.
- Krämpfe trotz Dehnen und Massieren: Wenn sich die Krämpfe trotz Dehnen und sanfter Massagen nicht auflösen.
- Weitere Symptome: Wenn weitere Symptome wie Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Bewegungseinschränkungen hinzukommen.
- Bekannte Erkrankungen: Wenn eine chronische Stoffwechselerkrankung wie Diabetes mellitus oder eine Nierenschwäche vorliegt.
- Fieber oder Durchfall: Bei hohem Fieber und/oder Durchfall und Erbrechen, da der Wadenkrampf auf ein bedrohliches Ungleichgewicht im Elektrolythaushalt und Mineralstoffmangel hinweisen kann.
- Verdacht auf Thrombose: Wenn die Beschwerden ähnliche Symptome wie eine Thrombose verursachen (Schmerzen, Verhärtung der Wade).
tags: #wadenkrampf #ursachen #gute #nacht