Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Krampfanfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn. Die Symptome und Anfallsformen können vielfältig sein, was die Diagnose oft erschwert.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie ist eine Neigung zu Krampfanfällen, die durch eine falsche oder vermehrte Erregung des Gehirns entstehen. Ein einzelner Anfall bedeutet jedoch nicht automatisch, dass eine Epilepsie vorliegt. Die Diagnose Epilepsie wird gestellt, wenn nach einem nicht provozierten Anfall die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Anfalls innerhalb der nächsten zehn Jahre bei über 60 % liegt.
Symptome der Epilepsie
Die Symptome eines epileptischen Anfalls können sehr unterschiedlich sein, abhängig davon, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Einige häufige Symptome sind:
- Unkontrollierte Muskelzuckungen: Diese können am ganzen Körper auftreten oder auf einzelne Muskelgruppen beschränkt sein.
- Verlust des Bewusstseins: In vielen Fällen fällt die betroffene Person plötzlich zu Boden und reagiert für kurze Zeit nicht auf ihre Umwelt.
- Abwesenheitszustände (Absencen): Manche Betroffene starren für einige Sekunden ins Leere, ohne auf äußere Reize zu reagieren.
- Plötzliches Verkrampfen: Einfrierende Bewegungen oder starre Haltungen können ebenfalls auf einen Anfall hindeuten.
- Aura: Manche Anfälle kündigen sich durch eine Aura an, die sich durch Übelkeit, seltsame Geschmäcker oder Gerüche oder Angst äußern kann.
- Verwirrtheit: Kurze Episoden von Verwirrtheit oder verminderter Reaktion auf Ansprache.
- Sehstörungen: Blitze sehen.
- Unkontrollierte Bewegungen oder Zuckungen.
- Missempfindungen: Kribbeln oder Taubheitsgefühle.
- Herzrasen, Schweißausbrüche, Speichelfluss und Übelkeit.
- Gefühls- und Verhaltensänderungen.
Fokale und generalisierte Anfälle
Grundsätzlich wird zwischen fokalen und generalisierten Anfällen unterschieden:
- Fokale Anfälle (partielle oder lokalisationsbezogene Anfälle): Diese gehen von einem bestimmten Bereich des Gehirns aus und betreffen in der Regel nur eine Gehirnhälfte. Die Symptome richten sich nach dem Ursprungsort im Gehirn. Es gibt fokale Anfälle mit und ohne Bewusstseinseinschränkung.
- Generalisierte Anfälle: Bei generalisierten Anfällen lässt sich keine bestimmte Hirnregion zuordnen, in der der Anfall entsteht. Während eines Anfalls kann die Ausbreitung unterschiedlich verlaufen und das gesamte Hirnareal betreffen. Beispiele sind Absencen, myoklonische und tonisch-klonische Anfälle.
Anfallsformen im Detail
- Absencen: Plötzliche Bewusstseinsstörung, bei der die betroffene Person ihre momentane Tätigkeit unterbricht und ins Leere starrt. Diese Anfälle können mehrere Sekunden dauern und sich stark gehäuft über den Tag wiederholen.
- Myoklonischer Anfall: Äußert sich mit Muskelzuckungen ohne Bewusstseinsstörungen.
- Tonisch-klonischer Anfall (Grand-mal-Anfall): Die Anfallsform, die am häufigsten mit der Krankheit Epilepsie in Verbindung gebracht wird. Die Symptome äußern sich meist in einem initialen Schrei des Betroffenen, gefolgt von einer Anspannung der Körpermuskulatur, die dann in Zuckungen des Körpers übergeht. Ferner kommt es zu einem Bewusstseinsverlust.
- Atonischer Anfall: Verlust der Muskelkraft.
Ursachen und Auslöser
Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig. So können zum Beispiel Stoffwechselstörungen, genetische Faktoren, Kopfverletzungen, gutartige und bösartige Tumore, Hirnhautentzündungen oder Schlaganfälle entsprechende Veränderungen im Gehirn verursachen, welche solche übermäßigen Entladungen der Neuronen begünstigen. Oft ist die genaue Ursache jedoch unbekannt.
Lesen Sie auch: Umfassende Informationen zu Epilepsie
Einige mögliche Auslöser für epileptische Anfälle sind:
- Schlafmangel
- Erhöhter Alkoholkonsum bzw. abrupte Abstinenz nach längerfristigem intensiven Alkoholkonsum
- Flackernde Lichter
- Elektrolyt-Verschiebungen im Blut
- Unter- oder Überzuckerung
- Hirnblutung oder Hirntumor
- Stress
Diagnose
Die Diagnose einer Epilepsie erfordert eine sorgfältige und umfassende Untersuchung. Dazu gehören:
- Ausführliche Anamnese: Die Patientin oder der Patient wird ausführlich befragt und körperlich untersucht. Es ist sehr hilfreich, wenn andere Personen einen Anfall beobachtet haben und bei der Untersuchung beschreiben können. Besonders nützlich sind Videoaufnahmen.
- Elektroenzephalogramm (EEG): Misst die Hirnströme. Die Hirnstromkurve zeigt an, ob eine Neigung zu epileptischen Anfällen besteht. Eine besondere Form des EEGs ist das Langzeit-Video-EEG, bei dem die Hirnströme über 72 Stunden oder länger dauerhaft aufgezeichnet werden.
- Bildgebende Verfahren: Weitere neurologische Veränderungen im Gehirn lassen sich zum Beispiel mittels der Computertomografie (CT) oder der Magnetresonanztomografie (MRT) darstellen.
- Blutuntersuchung: Kann dabei helfen, mögliche Ursachen für einen Krampfanfall oder eine Epilepsieerkrankung aufzuspüren.
- Genetische Testung: Manchmal wird eine genetische Testung veranlasst.
Behandlung
Welche Behandlung sinnvoll ist, hängt von der Form der Epilepsie und dem Krankheitsverlauf ab.
Medikamentöse Behandlung (Antiepileptika)
Meist wird eine Epilepsie mit Medikamenten behandelt, sogenannten Antiepileptika. Es stehen unterschiedliche Medikamente aus verschiedenen Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Wenn ein Medikament in einer niedrigen Dosierung nicht wirkt, kann zunächst die Dosis erhöht werden. Zeigt sich kein Erfolg, probiert man ein Medikament aus einer anderen Wirkstoffgruppe oder kombiniert mehrere Wirkstoffe.
Antiepileptika können Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel haben. Manchmal bestehen spezielle Risiken, zum Beispiel während der Schwangerschaft für das ungeborene Kind. Eine ausführliche ärztliche Beratung ist dann besonders wichtig.
Lesen Sie auch: Umfassende Informationen über Alzheimer
Operation
Können die Medikamente Anfälle nicht verhindern, ist ein Eingriff eine Alternative. Wenn sich bei fokalen Anfällen feststellen lässt, welcher Bereich des Gehirns die Anfälle auslöst, kann er entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich.
Vagusnerv-Stimulation
Dabei wird ein Schrittmacher unter die Haut im Brustbereich implantiert, der elektrische Impulse abgibt. Er ist über Kontakte am Halsbereich mit dem Vagusnerv verbunden und soll die Überaktivität der Nervenzellen hemmen. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien. Daher wird die Vagus-Stimulation von den gesetzlichen Krankenkassen nur unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall erstattet.
Ketogene Ernährung
Bei Epilepsie kann eine ketogene Ernährung sinnvoll sein, besonders bei Kindern und Jugendlichen. Das heißt, sie sollten viel Fett und sehr wenige Kohlenhydrate (Brot, Nudeln, Kartoffeln) zu sich nehmen. Der Körper reagiert auf diese Ernährung mit Fettverbrennung.
Begleitende Maßnahmen
- Psychotherapie: Ergänzend kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Sie kann dabei unterstützen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
- Vermeidung von Triggern: Sind anfallsfördernde Faktoren Ursache der auftretenden Anfälle (Schlafentzug, Alkoholkonsum, Drogenkonsum und andere) so sind natürlich vorrangig die Einflüsse dieser anfallsfördernden Faktoren auszuschließen.
Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall
Bei einem epileptischen Anfall ist es am wichtigsten, dass Helferinnen und Helfer Ruhe bewahren und Betroffene vor Verletzungen schützen. Dauert der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle kurz hintereinander auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden.
Wichtige Maßnahmen:
Lesen Sie auch: Wie man nächtlichen Beinkrämpfen vorbeugt
- Weiche Unterlage unter den Kopf legen.
- Harte Gegenstände aus der Umgebung entfernen.
- Die Person während des Anfalls nicht festhalten.
- Nach dem Anfall in die stabile Seitenlage bringen.
- Bei einem erstmals aufgetretenen Anfall oder bei Anfällen über 5 Minuten den Rettungsdienst rufen.
Leben mit Epilepsie
Epilepsie kann eine große Belastung im Beruf und im Privatleben sein. Da jeder Anfall ein Risiko birgt und es unmöglich ist, Anfälle vorherzusagen, führt Epilepsie zu großer Verunsicherung. Aus Angst und Scham ziehen sich Betroffene zurück.
Es gibt jedoch viele Möglichkeiten, gut mit Epilepsie zu leben. Dazu gehören:
- Regelmäßige Einnahme von Medikamenten: Bis zu zwei Drittel der Patientinnen und Patienten werden durch die medikamentöse Therapie mit Antikonvulsiva anfallsfrei.
- Aufklärung und Vorbeugung: Aufklärung und Vorbeugung, sowie eine konsequente Einnahme der Medikamente, sind der beste Weg, Risiken zu reduzieren.
- Berufswahl: Menschen mit Epilepsie sollten einen Beruf ausüben, bei dem kein erhöhtes Risiko besteht, sich selbst oder andere zu gefährden.
- Freizeit und Reisen: Regelmäßig schlafen und Alkohol vermeiden. Bei Auslandsreisen eine Medikamentenliste in englischer Sprache mitführen.
- Führerschein: Das Autofahren bei Epilepsie ist nicht erlaubt. Eine Ausnahme gilt bei einer länger anhaltenden, dokumentierten Anfallsfreiheit.
- Kinderwunsch: Bestimmte Medikamente dürfen in der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Deshalb sollten Sie bei einem Kinderwunsch ärztlichen Rat einholen und die Schwangerschaft engmaschig überwachen lassen.