Halbseitige Spastische Lähmung: Ursachen, Symptome und Therapieansätze

Eine halbseitige Lähmung, auch Hemiparese oder Hemiplegie genannt, stellt für Betroffene und ihre Angehörigen oft einen einschneidenden Einschnitt in das Leben dar. Sie beeinträchtigt die Motorik und kann die Lebensqualität erheblich mindern. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Ursachen, Symptome und Therapieansätze der halbseitigen spastischen Lähmung, um Betroffenen und ihren Angehörigen ein umfassendes Verständnis der Erkrankung zu ermöglichen und ihnen Wege zur Verbesserung ihrer Lebensqualität aufzuzeigen.

Was ist eine Hemiparese/Hemiplegie?

Die Begriffe Hemiparese und Hemiplegie beschreiben eine Lähmung einer Körperhälfte. Während die Hemiparese eine unvollständige Lähmung mit Kraftminderung darstellt, handelt es sich bei der Hemiplegie um eine vollständige Lähmung. Oftmals ist die Ursache in einer Schädigung des Gehirns zu finden, beispielsweise durch einen Schlaganfall. Da die Gehirnhälften die jeweils gegenüberliegende Körperhälfte steuern, manifestiert sich die Lähmung auf der Körperseite, die der betroffenen Hirnhälfte entgegengesetzt ist. Ist beispielsweise die linke Gehirnhälfte geschädigt, kommt es zu einer Lähmung der rechten Körperhälfte.

Ursachen einer Halbseitenlähmung

Es gibt verschiedene Ursachen, die zu einer Hemiparese führen können. Grundsätzlich liegt der Lähmung eine Nervenschädigung zugrunde.

Schädigung des Gehirns:

  • Schlaganfall: Durchblutungsstörungen im Gehirn, die zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff führen, sind eine häufige Ursache. Sowohl Erwachsene als auch (selten) Kinder können betroffen sein.
  • Schädel-Hirn-Trauma: Unfälle oder Misshandlungen können zu Verletzungen des Gehirns führen.
  • Entzündungen: Hirn- und Hirnhautentzündungen (Meningitis, Enzephalitis, Myelitis) können das Gehirn schädigen.
  • Blutungen: Blutungen im Gehirn können ebenfalls eine Hemiparese verursachen.
  • Tumore: Tumore im Gehirn oder Rückenmark können Nervenbahnen schädigen.
  • Multiple Sklerose (MS): Diese chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems kann ebenfalls zu einer Spastik führen.
  • Angeborene Fehlbildungen: In seltenen Fällen liegt eine angeborene Fehlbildung einer Gehirnhälfte vor.
  • Sauerstoffmangel bei der Geburt: Bei Neugeborenen kann Sauerstoffmangel während der Geburt zu Hirnschädigungen und Hemiparese führen.
  • Genetische Ursachen: Auch genetische Erkrankungen können eine Rolle spielen.

Schädigung des Rückenmarks:

  • In seltenen Fällen kann eine halbseitige Schädigung des Rückenmarks die Ursache sein.
  • Spinalkanalstenose: Durch Druck auf Nerven und Rückenmark kann es je nach Lokalisation zu Lähmungserscheinungen in Armen und Beinen kommen.

Formen der Halbseitenlähmung

Je nach Ausprägung der Lähmung unterscheidet man:

  • Hemiplegie: Vollständige Lähmung einer Körperhälfte.
  • Hemiparese: Unvollständige Lähmung einer Körperhälfte mit Kraftminderung.

Zudem wird zwischen schlaffen und spastischen Lähmungen unterschieden:

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  • Schlaffe Lähmung: Geringe oder keine Muskelspannung (Muskeltonus).
  • Spastische Lähmung: Erhöhte Muskelspannung (Spastizität), gesteigerte Muskelreflexe und ruckartige Zuckungen.

Die häufigste Form der Halbseitenlähmung ist die spastische Hemiparese, die durch eine krankhafte Erhöhung der Muskelspannung gekennzeichnet ist.

Symptome einer Spastischen Hemiparese

Die Symptome einer Hemiparese können vielfältig sein und hängen von der Lokalisation und dem Ausmaß der Hirnschädigung ab. Neben den typischen Bewegungsstörungen im Arm und/oder Bein können auch Koordinationsstörungen auftreten. Viele Patienten mit Hemiparese sind nicht nur motorisch eingeschränkt. Die krankhafte Erhöhung der Muskelspannung bzw. Muskelaktivität führt zu dauerhaften Verhärtungen und Versteifungen, was mit einer eingeschränkten Beweglichkeit einhergeht.

Mögliche Symptome:

  • Bewegungsstörungen: Schwierigkeiten beim Gehen, Greifen oder anderen Bewegungen.
  • Koordinationsstörungen: Probleme bei der Koordination von Bewegungsabläufen.
  • Spastik: Erhöhte Muskelspannung, die zu Steifheit und Verkrampfungen führen kann.
  • Eingeschränkte Beweglichkeit: Schwierigkeiten, Gelenke vollständig zu bewegen.
  • Schmerzen: Aufgrund der Muskelverspannungen und Fehlhaltungen können Schmerzen auftreten.
  • Sprachstörungen (Aphasie): Wenn das Sprachzentrum im Gehirn betroffen ist, kann es zu Schwierigkeiten beim Sprechen oder Verstehen von Sprache kommen.
  • Schluckstörungen (Dysphagie): Probleme beim Schlucken können auftreten, wenn die für das Schlucken zuständigen Muskeln betroffen sind.
  • Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln oder andere Empfindungsstörungen können auftreten.
  • Gesichtslähmung (Fazialisparese): Hängender Mundwinkel, Schwierigkeiten beim Sprechen oder Essen.
  • Sehstörungen: Doppelbilder oder andere Sehstörungen können auftreten, wenn die Augenmuskulatur betroffen ist.
  • Blasen- und Darmfunktionsstörungen: Bei Querschnittslähmung können auch die Blasen- und Darmfunktion beeinträchtigt sein.
  • Psychische Belastung: Die Einschränkungen durch die Hemiparese können zu Angst, Depressionen oder anderen psychischen Problemen führen.

Diagnose einer Halbseitenlähmung

Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um die Ursache der Hemiparese zu ermitteln und eine geeignete Therapie einzuleiten.

Diagnostische Maßnahmen:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Beschwerden.
  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung von Kraft, Reflexen, Koordination, Sensibilität und anderen neurologischen Funktionen.
  • Bildgebende Verfahren:
    • Computertomographie (CT): Darstellung der Hirnstruktur und Erkennung von Blutungen oder anderen Auffälligkeiten.
    • Magnetresonanztomographie (MRT): Detailliertere Darstellung des Hirngewebes und Erkennung von Entzündungen, Tumoren oder anderen Schädigungen.
    • Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT): Darstellung der Hirnaktivität bei bestimmten Aufgaben.
  • Elektroenzephalographie (EEG): Messung der elektrischen Hirnaktivität.
  • Laboruntersuchungen: Blutuntersuchungen zur Abklärung von Entzündungen oder anderen Erkrankungen.
  • Lumbalpunktion: Entnahme von Nervenwasser zur Untersuchung auf Entzündungen oder andere Auffälligkeiten.
  • Muskelbiopsie: Entnahme einer Muskelprobe zur Untersuchung des Muskelgewebes.

Zur Beurteilung der Spastizität wird häufig die Ashworth-Skala oder die modifizierte Ashworth-Skala verwendet. Diese Skalen dienen dazu, den Grad der Muskelspannung zu beurteilen und den Therapieerfolg zu dokumentieren.

Therapieansätze bei Spastischer Hemiparese

Die Therapie der spastischen Hemiparese zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern, Folgeschäden zu vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen. Da eine spastische Lähmung nicht heilbar ist, liegt der Fokus auf der Behandlung der Symptome und der Verbesserung derFunktionsfähigkeit.

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Wichtige Therapiebausteine:

  • Physiotherapie:
    • Mobilisierung der Gelenke.
    • Dehnung verkürzter Muskeln.
    • Kräftigungsübungen zur Verbesserung der Muskelkraft und Balance.
    • Krankengymnastik nach Bobath (spezielles Therapiekonzept bei neurologischen Erkrankungen).
    • Manuelle Therapie.
    • Krankengymnastik an Geräten.
  • Ergotherapie:
    • Training von Alltagsaktivitäten (z.B. Anziehen, Essen, Körperpflege).
    • Anpassung der Wohnumgebung.
    • Hilfsmittelberatung.
  • Logopädie:
    • Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen.
  • Medikamentöse Therapie:
    • Muskelrelaxanzien: Entspannung der Skelettmuskulatur (z.B. Baclofen, Tizanidin).
    • Botulinumtoxin (Botox): Injektion in die betroffenen Muskeln zur Reduzierung der Muskelspannung. Die Wirkung hält etwa drei bis sechs Monate an.
    • Schmerzmittel: Bei Bedarf zur Linderung von Schmerzen.
  • Hilfsmittel:
    • Rollstuhl oder Elektroscooter: Zur Unterstützung der Mobilität.
    • Schienen: Zur Stabilisierung von Gelenken und Korrektur von Fehlstellungen.
    • Funktionelle Elektrostimulation (FES): Stimulation von Muskeln zur Verbesserung der Beweglichkeit.
    • Treppenlift oder Treppensteiger: Zur Überwindung von Treppen.
    • Anpassung der Wohnumgebung: Barrierefreies Wohnen zur Erleichterung des Alltags.
  • Psychologische Betreuung:
    • Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung.
    • Bewältigung von Ängsten und Depressionen.
    • Stärkung der Selbstwirksamkeit.
  • Operative Maßnahmen:
    • In seltenen Fällen können operative Eingriffe zur Korrektur von Fehlstellungen oder zur Reduzierung der Spastik erforderlich sein.

Die Wahl der geeigneten Therapie hängt von der individuellen Situation des Patienten ab und sollte in enger Abstimmung mit den behandelnden Ärzten und Therapeuten erfolgen.

Hilfsmittel zur Unterstützung im Alltag

Für Patienten mit Halbseitenlähmung ist es wichtig, trotz der Einschränkungen mobil zu sein und am aktiven Leben teilnehmen zu können. Hier können verschiedene Hilfsmittel eine wertvolle Unterstützung bieten:

  • Scooter (Elektromobil): Unterstützt bei verletzungs- oder krankheitsbedingten Gehschwierigkeiten im Alltag und ermöglicht eine aktive Teilnahme am Leben.
  • Rollstuhl/Elektrorollstuhl: Kann die Funktion der Beine ersetzen und ermöglicht eine individuelle Anpassung an die Bedürfnisse des Nutzers.
  • Treppenlift/Treppensteiger: Erleichtert das Überwinden von Stufen, insbesondere für Rollstuhlfahrer.

Diese Hilfsmittel sind im Sanitätsfachhandel erhältlich.

Leben mit einer Spastischen Hemiparese

Eine spastische Hemiparese kann den Alltag der Betroffenen und ihrer Angehörigen erheblich beeinträchtigen. Es ist wichtig, sich realistische Ziele zu setzen und die eigenen Möglichkeiten und Grenzen zu akzeptieren.

Tipps für den Alltag:

  • Aktiv bleiben: Regelmäßige Bewegung und Sport können die Beweglichkeit verbessern und die Lebensqualität erhöhen.
  • Hilfe annehmen: Scheuen Sie sich nicht, Hilfe von Angehörigen, Freunden oder professionellen Helfern anzunehmen.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann hilfreich sein und neue Perspektiven eröffnen.
  • Barrierefreiheit: Passen Sie Ihre Wohnumgebung an, um den Alltag zu erleichtern.
  • Positive Einstellung: Versuchen Sie, eine positive Einstellung zu bewahren und sich auf die Dinge zu konzentrieren, die Sie noch tun können.

Schwerbehinderung und Pflegegrad

Da eine spastische Lähmung nicht heilbar ist und Betroffene dadurch dauerhaft im Alltag eingeschränkt sind, liegt eine chronische Erkrankung vor, die als Schwerbehinderung gilt. Der Grad der Behinderung (GdB) liegt bei mindestens 50. Je nach Schwere kann vom Versorgungsamt oder der örtlich zuständigen Behörde jedoch auch ein höherer Grad der Behinderung anerkannt werden.

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Zudem haben Betroffene je nach Ausmaß der Beeinträchtigungen Anspruch auf einen Pflegegrad. Mit einem anerkannten Pflegegrad stehen verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zu, wie z.B. finanzielle Unterstützung für die häusliche Pflege, Tagespflege oder stationäre Pflege.

Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass Ihre medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so Ihre Selbstbestimmung. Sie greift in Situationen, in denen Sie aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht in der Lage sind, sie selbst auszudrücken. Dieses Dokument entlastet zudem Ihre Angehörigen von schwierigen Entscheidungen, vermeidet Missverständnisse und schützt vor unerwünschter Über- oder Unterbehandlung.

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