Das PTEN-Hamartom-Tumorsyndrom (PHTS) ist eine komplexe Multisystemerkrankung, die zu gastrointestinalen Polypen, einem variablen Spektrum an weiteren Auffälligkeiten sowie verschiedenen gut- und bösartigen Tumoren (Hamartome, Karzinome) führen kann. PHTS-Betroffene zeigen in der Regel nur einen Teil der möglichen Krankheitsausprägungen. Die große Variabilität spiegelt sich auch in verschiedenen (historischen) Bezeichnungen für bestimmte Unterformen des PHTS, wie Bannayan-Riley-Ruvalcaba-, Cowden-, oder Lhermitte-Duclos-Syndrom, wider. Ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik ist die Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung der MRT bei der Diagnose von Hamartomen im Gehirn im Zusammenhang mit PHTS und anderen Erkrankungen.
Was ist ein Hamartom?
Ein Hamartom ist eine gutartige Geschwulst, die aus Zellen besteht, die normalerweise in dem betroffenen Organ vorkommen. Im Gegensatz zu Krebs wachsen Hamartome nicht invasiv und metastasieren nicht. Sie können jedoch aufgrund ihrer Größe oder Lage Symptome verursachen. Im Gehirn können Hamartome verschiedene Lokalisationen und Erscheinungsformen haben.
PTEN-Hamartom-Tumorsyndrom (PHTS)
Das PTEN-Hamartom-Tumorsyndrom (PHTS) ist eine genetisch bedingte Erkrankung, die durch Mutationen im PTEN-Gen verursacht wird. PTEN spielt eine zentrale Rolle bei Zellteilung, Zellwachstum und -differenzierung. Der Funktionsverlust von PTEN kann zu einer gesteigerten Tumorbildung und einer Störung der Hirnentwicklung führen.
Häufige Auffälligkeiten bei PHTS
Zu den sehr häufigen Auffälligkeiten bei PHTS zählen:
- Großer Kopfumfang (Makrozephalie)
- Dezente Veränderungen an Haut und Schleimhäuten (Papillome, Trichilemmome, akrale und plantare Keratosen)
- Primär gutartige Schilddrüsenknoten (Struma)
- Myome der Gebärmutter
- Polypen im Magen-Darm-Trakt (hamartomatös, juvenil, oder adenomatös), welche selten entarten können
- Gefäßfehlbildungen (Varizen, Malformationen) die am gesamten Körper und insbesondere im Gehirn auftreten und je nach Lage zu unterschiedlichen Beschwerden führen können.
- Variabel ausgeprägte Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung, oder eine Autismusspektrumsstörung
Vererbung von PHTS
PHTS wird autosomal-dominant vererbt, sodass Mutationsträgerinnen die krankheitsverursachende Veränderung geschlechtsunabhängig mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an alle Nachkommen weitergeben. In der Regel sind mit gleicher Wahrscheinlichkeit auch weitere erstgradige Angehörige (Geschwister, Eltern) von der Mutation betroffen. Weil nahezu jeder Mutationsträger*in auch Krankheitssymptome zeigt, spricht man von kompletter Penetranz. Das Ausmaß der Symptome kann jedoch variieren. Sofern eine ursächliche Mutation gefunden wurde, besteht für alle blutsverwandten Angehörigen (Risikopersonen) die Möglichkeit einer prädiktiven (vorhersagenden) Testung im Kindesalter, bei der die Veränderung entweder nachgewiesen oder ausgeschlossen wird.
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Früherkennung bei PHTS
Mutationsträger*innen und Risikopersonen, bei denen die ursächliche Genveränderung noch nicht ausgeschlossen wurde, wird die regelmäßige Teilnahme an einem engmaschigen Krebsfrüherkennungsprogramm und die interdisziplinäre Betreuung an einem Zentrum empfohlen.
Rolle der MRT bei der Diagnose von Hamartomen im Gehirn
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist ein bildgebendes Verfahren, das detaillierte Aufnahmen des Gehirns erzeugt. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnose von Hamartomen, da sie Größe, Lage und Struktur der Läsionen genau darstellen kann. Die MRT ist besonders nützlich, um Hamartome von anderen Arten von Tumoren oder Anomalien im Gehirn zu unterscheiden.
Hypothalamische Hamartome
Hypothalamische Hamartome sind seltene, gutartige Läsionen, die im Hypothalamus auftreten, einer Region des Gehirns, die wichtige Funktionen wie die Regulierung von Hormonen, Körpertemperatur und Schlaf steuert. Diese Hamartome können eine Reihe von neurologischen und endokrinen Symptomen verursachen, darunter:
- Gelastische Anfälle: Dies sind Anfälle, die durch unkontrolliertes Lachen oder Kichern gekennzeichnet sind.
- Vorzeitige Pubertät: Bei Kindern kann ein hypothalamisches Hamartom zu einer vorzeitigen Pubertät führen.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Lernschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme und Verhaltensstörungen können auftreten.
- Aggressivität: Einige Patienten entwickeln aggressive Verhaltensweisen.
Die Diagnose eines hypothalamischen Hamartoms basiert in der Regel auf einer Kombination von klinischer Untersuchung und MRT-Bildgebung. Die MRT ist das чувствительный Verfahren zur Darstellung dieser Läsionen.
MRT-Befunde bei Hamartomen
In der MRT zeigen sich Hamartome typischerweise als gut abgegrenzte, homogene Läsionen. Die Signalintensität kann je nach Zusammensetzung des Hamartoms variieren. Einige Hamartome enthalten Fettgewebe, das in der MRT eine charakteristische Signalintensität aufweist.
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Bei PHTS können MRT-Aufnahmen des Gehirns verschiedene Anomalien zeigen, darunter:
- Makrozephalie: Ein vergrößerter Kopfumfang.
- Gefäßmalformationen: Fehlbildungen der Blutgefäße im Gehirn.
- Entwicklungsstörungen des Gehirns: Abnormale Entwicklungsmuster des Gehirns.
Neurofibromatose und MRT
Neurofibromatosen sind eine Gruppe genetischer Erkrankungen, die das Wachstum von Tumoren entlang der Nerven verursachen können. Es gibt drei Haupttypen: Neurofibromatose Typ 1 (NF1), Neurofibromatose Typ 2 (NF2) und Schwannomatose (SWN). Die MRT spielt eine wichtige Rolle bei der Diagnose und Überwachung von Neurofibromatosen.
Neurofibromatose Typ 1 (NF1)
NF1 ist die häufigste Form der Neurofibromatose. Sie wird durch Mutationen im NF1-Gen verursacht, das für das Protein Neurofibromin kodiert. NF1 ist ein genetisches Tumordispositions-Syndrom, das mit Fehlbildungen und Tumorwachstum des Nervensystems und weiterer Organsysteme assoziiert ist. Die Inzidenz beträgt circa 1:3 000 bei Neugeborenen, unabhängig von Geschlecht oder ethnischem Hintergrund. Die Diagnose wird klinisch anhand der Kriterien der National Institutes of Health (NIH) gestellt.
MRT-Befunde bei NF1
Bei NF1 können MRT-Aufnahmen des Gehirns folgende Befunde zeigen:
- Focal Areas of T2-Signal Intensity (FASI): Hyperintense Läsionen in MRT-T2-Wichtungen, die bei mindestens 60 % aller von NF1 betroffenen Kinder gefunden werden. Ihre klinische Signifikanz ist jedoch ungeklärt.
- Optikusgliome: Tumoren des Sehnervs, die bei etwa 15 % der Patienten auftreten.
- Gliome des Hirnstamms: Tumoren, die im Hirnstamm lokalisiert sind.
Klinische Manifestationen von NF1
- Neurofibrome: Kutane Neurofibrome (KNF) treten bei der Mehrzahl der NF1-Patienten auf. Neben KNF kommen bei circa 30-50 % aller NF1-Patienten auch subkutane und plexiforme Neurofibrome (PNF) vor.
- Weitere Tumoren: Kinder mit NF1 haben ein erhöhtes Lebenszeitrisiko für hämatopoetische Malignome (circa 7-fach erhöhtes Risiko), insbesondere für eine myeloische Leukämie. Das Brustkrebsrisiko ist speziell für Frauen unter 50 Jahren signifikant erhöht (circa 5-fach erhöhtes Risiko).
- Zentrales Nervensystem: Patienten mit NF1 haben ein erhöhtes Risiko, niedrig- und höhergradige Gliome zu entwickeln.
- Pigmentanomalien: Café-au-lait-Flecken sind oft das erste klinische Zeichen einer NF1.
- Muskuloskeletale Manifestationen: Typische Skelettabnormalitäten sind Skoliose, Keilbeinflügeldysplasie und kongenitale tibiale Dysplasie sowie Osteopenie.
Neurofibromatose Typ 2 (NF2)
NF2 ist eine seltenere Form der Neurofibromatose, die durch Mutationen im NF2-Gen verursacht wird. Dieses Gen kodiert für das Tumorsuppressorprotein Merlin. Die geschätzte Inzidenz liegt bei etwa 1:33 000 Geburten. Pathognomonisch ist das Wachstum von Schwannomen (Synonym: Neurinome) an beiden Nervi vestibulocochleares (Vestibularisschwannome), die historisch auch als Akustikusneurinome bezeichnet werden.
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MRT-Befunde bei NF2
Das pathognomonische Zeichen der NF2 sind bilaterale Vestibularisschwannome. Die MRT ist das чувствительный Verfahren zur Darstellung dieser Tumoren.
Klinische Manifestationen von NF2
- Vestibularisschwannome: Bilaterale Vestibularisschwannome (VS) entstehen bei 90-95 % der Patienten mit NF2.
- Andere Schwannome: Schwannome anderer Hirnnerven finden sich bei 24-51 % aller von NF2 Betroffenen. Schwannome peripherer Nerven, insbesondere paraspinal und subkutan, finden sich bei 70 % der Patienten mit NF2.
Differenzialdiagnose
Es ist wichtig, Hamartome von anderen Läsionen im Gehirn zu unterscheiden. Zu den Differenzialdiagnosen gehören:
- Tumoren: Gliome, Meningeome, Metastasen
- Entzündliche Erkrankungen: Multiple Sklerose, Enzephalitis
- Gefäßerkrankungen: Aneurysmen, Angiome
- Zysten: Arachnoidalzysten, Epidermoidzysten
Die MRT kann helfen, diese Läsionen anhand ihrer charakteristischen Merkmale zu unterscheiden.
Therapie
Die Behandlung von Hamartomen im Gehirn hängt von der Größe, Lage und den verursachten Symptomen ab. Einige Hamartome verursachen keine Symptome und erfordern keine Behandlung. Andere können mit Medikamenten, Operationen oder Strahlentherapie behandelt werden.
Bei hypothalamischen Hamartomen können folgende Behandlungen in Betracht gezogen werden:
- Medikamente: Antiepileptika können zur Kontrolle von Anfällen eingesetzt werden.
- Operation: Die chirurgische Entfernung des Hamartoms kann in einigen Fällen möglich sein.
- Stereotaktische Radiochirurgie: Diese nicht-invasive Technik verwendet hochdosierte Strahlung, um das Hamartom zu zerstören.
Bei NF1 und NF2 ist die Therapie symptomorientiert. Eine kausale Therapie existiert nicht.