Franz Beckenbauer: Sein Kampf mit Alzheimer und sein Vermächtnis

Die deutsche Fußballwelt trauerte am 7. Januar 2024 um Franz Beckenbauer, eine ihrer größten Legenden. Im Alter von 78 Jahren verlor er seinen letzten Kampf gegen eine Reihe von Krankheiten, darunter laut Medienberichten Parkinson mit einhergehender Demenz. Beckenbauer hinterlässt ein unvergessliches Vermächtnis als Spieler, Trainer und Organisator.

Eine Karriere voller Triumphe

Franz Beckenbauer, der 1976 Europameister, Europapokalsieger, Weltpokalsieger sowie Fußballer des Jahres in Deutschland und Europa wurde, begann seine einzigartige Karriere direkt vor seiner Haustür in Giesing. Dort, im Süden Münchens, lag der Sportplatz des SC 1906 München direkt vor der Haustür der Beckenbauers. Mit sechs Jahren fing Franz Beckenbauer dort mit dem Kicken an, ehe er mit 14 im Jahr 1959 zum FC Bayern München ging - dem Verein, mit dem er seine größten Erfolge feierte.

Mit 18 Jahren debütierte Beckenbauer 1964 in der ersten Mannschaft der Bayern und wurde schnell zum Leistungsträger - zu Beginn noch im Mittelfeld, später als Libero mit Offensivdrang. 1965 führte er die Bayern gemeinsam mit späteren Stars wie Gerd Müller oder Sepp Maier erstmals in die Bundesliga und später zu vier Meisterschaften. Von 1974 bis 1976 war Beckenbauer Kopf der Mannschaft, die dreimal in Folge den Europapokal der Landesmeister gewann.

1977 wechselte Beckenbauer dann in die USA zu den New York Cosmos, wo er gemeinsam mit Brasiliens Legende Pele spielte und bis 1980 drei Mal Meister wurde. 1980 kehrte Beckenbauer nach Deutschland zum Hamburger SV zurück, für den er bis 1982 in der Bundesliga 28 weitere Spiele bestritt, ehe er nach einer weiteren kurzen Stippvisite 1983 bei den New York Cosmos seine aktive Karriere beendete.

Auch in der Nationalmannschaft avancierte Beckenbauer nach seinem Debüt 1965 schnell zur Stammkraft und im weiteren Verlauf zum Kapitän. Er wurde mit Deutschland 1974 Weltmeister und 1972 Europameister. 1966 stand er zudem im WM-Finale, 1976 im EM-Finale.

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Als Teamchef der deutschen Nationalmannschaft von 1984 bis 1990 verpasste Beckenbauer zunächst große Titel, ehe er sich mit dem Triumph bei der Weltmeisterschaft 1990 in Italien im Finale gegen Argentinien und seinem legendären einsamen Spaziergang über das Feld in Rom als Weltmeister verabschiedete.

Seine Erfolge umfassen:

Als Spieler:

  • Weltmeister: 1974
  • Europameister: 1972
  • Weltpokal-Sieger: 1976
  • Europapokalsieger der Landesmeister (3): 1974, 1975, 1976
  • Europapokalsieger der Pokalsieger: 1967
  • Deutscher Meister (5): 1969, 1972, 1973, 1974, 1982
  • DFB-Pokal-Sieger (4): 1966, 1967, 1969, 1971
  • US-Meister in der North American Soccer League (3): 1977, 1978, 1980

Als Trainer:

  • Weltmeister: 1990
  • UEFA-Pokal-Sieger: 1996
  • Deutscher Meister: 1994
  • Französischer Meister: 1991

Ehrungen:

  • Ballon d’Or (Europas Fußballer des Jahres): 1972, 1976
  • Deutschlands Fußballer des Jahres: 1966, 1968, 1974, 1976
  • Ehrenspielführer der deutschen Fußballnationalmannschaft: 1982
  • Silbernes Lorbeerblatt: 1966, 1967
  • FIFA-Weltauswahl des 20. Jahrhunderts, 1998

Die letzten Jahre: Gesundheitliche Probleme und Rückzug

Beckenbauer litt in den letzten Jahren seines Lebens sehr. Vor allem der Tod seines Sohnes Stephan (†46), der 2015 an einen Gehirntumor gestorben war, erschütterte ihn bis ins Mark. Fast zeitgleich kamen Gerüchte um das Sommermärchen auf, die ihm ebenfalls schwer zusetzten. Seitdem bekam er immer öfter gesundheitliche Probleme. Er hatte einen Infarkt auf dem rechten Auge, Bypass-Operationen am Herzen und Parkinson mit einhergehender Demenz.

Viel ist nicht bekannt über den Gesundheitszustand des „Kaisers“. Seine Familie hat ihn weitgehend von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Er lebte zuletzt zurückgezogen in Österreich. In einem Interview mit dem Magazin „Bunte“ verriet er 2022, dass er einen Augeninfarkt erlitten habe und mit dem Herzen „aufpassen“ müsse. Die „Bild“ schreibt zudem, er hätte an Parkinson mit einhergehender Demenz gelitten.

Augeninfarkt

„Ich hatte auf einem Auge einen sogenannten Augeninfarkt. Rechts sehe ich leider nichts mehr“, erzählte Beckenbauer im Interview mit „Bunte“. Hinter einem Augeninfarkt steckt ein Gefäßverschluss am Sehnerv oder an der Netzhaut - ähnlich wie bei einem Schlaganfall oder Herzinfarkt, wie Experte Christoph Eckert FOCUS online erklärte. Die Ursache für die verengten oder verschlossene Blutgefäße sind meist Blutgerinnsel oder Ablagerung. Als Risikofaktoren für einen Augeninfarkt beziehungsweise für einen Gefäßverschluss gelten Vorerkrankungen wie Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, die mit erhöhten Cholesterinwerten einhergehen oder Bluthochdruck. Auch Stress kann laut Experten eine Rolle spielen. Als mögliche Folgen nennt Eckert eine Abnahme der Sehleistung (bis hin zur vollständigen Erblindung in schweren Fällen), der Verlust des Farbsinns und Gesichtsfeldausfälle.

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Herzprobleme

Beckenbauer litt auch unter Herzproblemen. Der ehemalige Bayern-Profi unterzog sich in den vergangenen Jahren zwei Operationen am Herzen. „Das hält das Herz nur noch ein halbes Jahr aus, dann bist du weg“, habe ihm der Arzt damals gesagt, berichtete er ebenfalls im Gespräch mit „Bunte“. Im Zuge der Operationen wurden ihm mehrere Bypässe gelegt. In einer Bypass-Operation wird ein körpereigenes Gefäß verpflanzt, um Engstellen in Herzkranzarterien zu überbrücken, schreibt das Deutsche Herzzentrum Berlin.

Parkinson mit einhergehender Demenz

Die „Bild“ schreibt heute, dass Beckenbauer auch unter Parkinson mit einhergehender Demenz litt. Die chronisch fortschreitende, neurodegenerative Erkrankung führt unter anderem zu steifen Muskeln, verlangsamten Bewegungen und unkontrollierbarem Zittern. Auch Demenz kann eine Folge sein. Zu den typischen Symptomen gehören das Zittern, weitere Bewegungsstörungen wie Steifheit der Muskeln, verlangsamte Bewegungen und Gleichgewichtsstörungen, schreibt die Deutsche Parkinson Gesellschaft. Zusätzliche Symptome können das „Einfrieren“ von Bewegungen, Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken, Störungen der vegetativen Funktionen (zum Beispiel Blutdruck und Verdauung), Schlafstörungen, Depressionen und geistige Beeinträchtigungen bis hin zur Demenz sein. Die Ursache für den Zelltod bei der Parkinson-Krankheit ist noch nicht eindeutig nachgewiesen. In den betroffenen Nervenzellen bilden sich Ablagerungen (Lewy-Körperchen), die hauptsächlich aus Verklumpungen des Eiweißmoleküls Alpha-Synuklein bestehen und als Ursache für den neurodegenerativen Prozess diskutiert werden. Daneben ist es wahrscheinlich, dass auch verschiedene andere Faktoren für die Entstehung von Parkinson eine wichtige Rolle spielen. Auch häufige Schläge auf den Kopf gelten als Risikofaktor.

Anfang 2023 wurde das neurologische Behandlungsangebot der Klinik um die Komplexbehandlung des Morbus Parkinson erweitert. Prof. Dr. Franz Beckenbauer war laut "Bild" in den letzten Wochen "bettlägerig und konnte kaum noch sprechen", er habe zudem "massiv an Gewicht" verloren.

Reaktionen auf seinen Tod

Der Tod von Franz Beckenbauer löste weltweit Trauer aus. Karl-Heinz Rummenigge will für den am Sonntag gestorbenen Franz Beckenbauer eine große Trauerfeier veranstalten. „Die ganze Welt des Fußballs und darüber hinaus trauert um unseren Freund Franz. Der FC Bayern sollte ihm zum Dank und Andenken eine Trauerfeier im Stadion ausrichten, das es ohne ihn nie gegeben hätte“, sagte der Ex-Bayern-Chef der „Bild“. Bayern-Ehrenpräsident Hoeneß meinte: „Franz Beckenbauer ist die größte Persönlichkeit, die der FC Bayern jemals hatte. Als Spieler, Trainer, Präsident, Mensch: unvergesslich. Niemand wird ihn jemals erreichen.“ Der FC Bayern eröffnet am Freitag das Bundesliga-Jahr mit einem Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim. Auch in diesem Rahmen wird um Beckenbauer getrauert.

Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, der langjährige Mannschaftsarzt des FC Bayern, sprach im "Blaue Couch Spezial" im Radiosender Bayern 1 über die Erkrankung Beckenbauers: "Ich habe erste Anzeichen schon vor langer, langer Zeit gesehen, hatte aber immer noch in die Hoffnung, dass es schon nicht so schlimm wird", sagte Müller-Wohlfahrt. Moderator Thorsten Otto fragte konkret nach, was die Krankheit anging: "Sie sprechen von Demenz, richtig?" Müller-Wohlfahrt antwortete: "Ja und Parkinson ist es. Da waren die ersten Anzeichen früh erkennbar, aber ich wollte es ja selbst nicht wahrhaben. Mein Franz Beckenbauer darf nicht krank werden. Das ist eine strahlende Persönlichkeit." Der "Doc" wirkte an dieser Stelle hörbar emotional.

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Marcel Reif, der legendäre Sportkommentator und Weggefährte Beckenbauers, sagte nach dessen Tod bei "Sky": "Ich bin froh, dass er erlöst ist. Er wollte am Ende niemanden mehr sehen und auch nicht gesehen werden."

Andreas Brehme, der Beckenbauer zuletzt noch im August gesehen hat, berichtete gegenüber t-online: „Ich habe ihn zuletzt im August persönlich gesehen. Dabei hat er einen etwas geschwächten Eindruck gemacht, war aber trotzdem noch relativ positiv und einigermaßen gut drauf.“

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