Hemiparese Rechts: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Eine Hemiparese, auch Halbseitenlähmung genannt, ist eine motorische Störung, bei der eine Körperhälfte unvollständig gelähmt ist. Sie tritt als Folge einer Schädigung des Gehirns auf, wobei die betroffene Körperseite der geschädigten Hirnhälfte gegenüberliegt. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der Hemiparese, um Betroffenen und ihren Angehörigen ein besseres Verständnis dieser komplexen Erkrankung zu ermöglichen.

Was ist eine Hemiparese?

Der Begriff Hemiparese leitet sich vom griechischen "hemi" (halb) und "paresis" (Erschlaffung) ab und beschreibt eine unvollständige Lähmung einer Körperhälfte. Im Gegensatz zur Hemiplegie, bei der eine vollständige Lähmung vorliegt, sind bei der Hemiparese noch Restfunktionen der Muskeln vorhanden. Die Hemiparese ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung oder Schädigung des Gehirns.

Ursachen einer Hemiparese

Eine Hemiparese entsteht durch eine Schädigung einer Gehirnhälfte, wobei die Symptome auf der gegenüberliegenden Körperseite auftreten, da die Hirnhälften die jeweils andere Körperhälfte steuern. Die Ursachen für eine solche Schädigung können vielfältig sein:

Schlaganfall (Apoplex)

Ein Schlaganfall ist eine der häufigsten Ursachen für eine Hemiparese. Er tritt auf, wenn die Blutversorgung des Gehirns plötzlich unterbrochen wird, wodurch Gehirnzellen in den betroffenen Arealen absterben. Dies kann durch ein Blutgerinnsel (ischämischer Schlaganfall) oder eine Blutung im Gehirn (hämorrhagischer Schlaganfall) verursacht werden.

Hirnverletzungen

Verletzungen des Gehirns, beispielsweise durch einen Unfall oder einen Sturz, können ebenfalls zu einer Hemiparese führen. Ein Schlag auf den Kopf kann das Hirn verletzen und somit eine Halbseitenlähmung verursachen.

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Entzündliche Erkrankungen

Entzündungen des Gehirns oder der Hirnhäute (Meningitis, Enzephalitis) können ebenfalls eine Hemiparese verursachen. Diese Entzündungen können durch Viren oder Bakterien ausgelöst werden.

Multiple Sklerose (MS)

Diese Autoimmunerkrankung führt dazu, dass das Immunsystem die Schutzschicht der Nervenfasern angreift, was zu neurologischen Ausfällen, einschließlich einer Hemiparese, führen kann.

Angeborene Ursachen

Manche Hemiparesen treten bereits bei Neugeborenen oder in den ersten Lebensjahren auf. In diesen Fällen sind sie Folgen der Schädigung des Gehirns während der Schwangerschaft oder Geburt. Kommt es beim Embryo zu Entzündungen oder Blutungen, kann es ebenfalls zu einer einseitigen Lähmung kommen. Auch ein Sauerstoffmangel bei der Geburt kann für eine Hemiparese verantwortlich sein. In seltenen Fällen geht die Hemiparese auf eine angeborene Fehlbildung einer Gehirnhälfte zurück.

Andere Ursachen

Weitere mögliche Ursachen für eine Hemiparese sind Hirntumore, Stoffwechselstörungen und Komplikationen während der Schwangerschaft.

Symptome einer Hemiparese

Die Symptome einer Hemiparese können je nach Ausmaß und Lokalisation der Hirnschädigung variieren. Typischerweise äußert sich die Hemiparese in einer verminderten Muskelkraft und eingeschränkten Beweglichkeit auf einer Körperseite. Häufig sind Arm und Bein auf der gleichen Körperseite betroffen.

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Motorische Einschränkungen

Ein zentrales Merkmal der Hemiparese ist die verminderte Muskelkraft auf einer Körperseite. Dies kann sich in Schwierigkeiten beim Gehen, Greifen oder Halten von Gegenständen äußern. Viele Betroffene entwickeln im Laufe der Zeit eine Spastik, eine krankhafte Erhöhung der Muskelspannung, die zu Verhärtungen und Versteifungen führen kann. Die Bewegungen finden dann überschießend oder unkoordiniert statt, da die Muskelspannung der betroffenen Körperhälfte durch die Störungen der Reizweiterleitung zu schwach oder zu stark ausgeprägt ist.

Sensibilitätsstörungen

Neben den motorischen Einschränkungen sind viele Patient*innen von Sensibilitätsstörungen auf der entsprechenden Körperhälfte betroffen. Sie können Schmerzen, Berührungen oder Temperaturen nur vermindert oder verändert wahrnehmen.

Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen

Viele Betroffene haben Schwierigkeiten, gezielte Bewegungen zu kontrollieren oder ihr Gleichgewicht zu halten. Dies kann zu Unsicherheit beim Gehen und einem erhöhten Sturzrisiko führen.

Fazialisparese

Falls die Hemiparese durch eine Schädigung der Hirnhälfte entstanden ist, die das Gesicht mitsteuert, kann es zu einer Fazialisparese kommen. Dabei erschlaffen die Gesichtszüge und die Sprachfähigkeit kann beeinträchtigt werden. Dies kann sich zum Beispiel äußern, indem der Mundwinkel auf der betroffenen Seite herab hängt, was das Sprechen oder Essen beeinträchtigen kann. Sind auch die Lippen und die Zunge beteiligt, können Probleme in der Artikulation die Folge sein.

Weitere Symptome

Je nach Ausmaß der Hirnschädigung können weitere Symptome auftreten, wie z.B. Sprachstörungen, Sehstörungen, kognitive Beeinträchtigungen und psychische Veränderungen.

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Diagnose einer Hemiparese

Bei Verdacht auf eine Hemiparese ist eine umfassende neurologische Untersuchung erforderlich. Diese umfasst in der Regel:

Anamnese und körperliche Untersuchung

Zunächst erhebt der Arzt oder die Ärztin die Krankengeschichte und fragt nach dem Auftreten der Symptome, möglichen Begleiterscheinungen wie Sprach- oder Sehproblemen sowie bestehenden Vorerkrankungen. Anschließend wird die Muskelkraft getestet, indem der oder die Patient*in Arm und Bein auf der betroffenen Seite anheben soll.

Bildgebende Verfahren

Zur Abklärung der Ursache kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) zeigt mögliche Durchblutungsstörungen oder Entzündungen im Gehirn und wird häufig zur Schlaganfalldiagnose genutzt. Auch eine Computertomographie (CT) kann eingesetzt werden, um Blutungen oder andere Veränderungen im Gehirn darzustellen.

Elektrophysiologische Tests

Ergänzend können elektrophysiologische Untersuchungen die Nerven- und Muskelaktivität messen. Diese können helfen, die Art und das Ausmaß der Nervenschädigung zu beurteilen.

Behandlung einer Hemiparese

Die Behandlung einer Hemiparese zielt darauf ab, die Funktionalität der betroffenen Körperseite zu verbessern, die Lebensqualität zu steigern und die Selbstständigkeit der Patient*innen zu fördern. Die Therapie hängt von der Ursache, dem Schweregrad und dem Zeitpunkt der Schädigung ab.

Akutbehandlung

Bei einer plötzlich auftretenden Hemiparese, beispielsweise durch einen Schlaganfall, ist eine schnelle medizinische Versorgung entscheidend. In diesem Fall versuchen Ärzt*innen, das blockierte Hirngefäß wieder freizulegen, um Folgeschäden zu minimieren. Dies kann medikamentös durch Thrombolyse (Gerinnselauflösung) oder mechanisch durch eine Thrombektomie (Entfernung eines Blutgerinnsels) erfolgen.

Rehabilitation

Sobald die akute Phase überstanden ist, beginnt die Rehabilitation, die darauf abzielt, verlorene Fähigkeiten wiederzuerlangen oder zu kompensieren. Ein interdisziplinäres Rehabilitationsteam, bestehend aus Ärzten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Psychologen, erarbeitet einen individuellen Behandlungsplan.

Physiotherapie

Die Physiotherapie spielt eine zentrale Rolle bei der Behandlung der Hemiparese. Durch gezielte Übungen werden die Muskelkraft, die Koordination und das Gleichgewicht trainiert. Ziel ist es, die Bewegungsfähigkeit zu verbessern und die Selbstständigkeit im Alltag zu fördern. Das ganzheitliche und interdisziplinäre Bobath-Konzept ist heute die Therapieform erster Wahl. Es bewirkt bei vielen Patienten eine Anbahnung angepasster beidseitiger Bewegungsabläufe, eine Normalisierung des Muskeltonus und der Wahrnehmung der eigenen Körperfunktionen sowie die Wiederherstellung einer intakten Mund-, Schluck-, Zungen- und Gesichtsmotorik.

Ergotherapie

Die Ergotherapie konzentriert sich auf die Verbesserung derHandlungsfähigkeit im Alltag. Betroffene lernen, alltägliche Aufgaben wie Essen, Anziehen, Waschen und Kochen trotz der Einschränkungen selbstständig auszuführen. Im Vordergrund steht das Trainieren der Feinmotorik, damit alltägliche Handlungen geübt und dadurch ein gewisses Maß an Selbständigkeit wiedererlangt werden.

Logopädie

Bei Sprachstörungen, die im Zusammenhang mit der Hemiparese auftreten können, ist eine logopädische Behandlung angezeigt. Ziel ist es, die Kommunikationsfähigkeit zu verbessern und Schluckbeschwerden zu behandeln. Eine intensive logopädische Betreuung ermöglicht den Patienten, die Lippen- und Zungenmuskulatur wieder gezielt zu nutzen, um Laute zu bilden und sich sprachlich verständigen zu können.

Medikamentöse Therapie

Um die Muskelspannung zu regulieren, können Medikamente eingesetzt werden. Bei einer spastischen Hemiparese helfen Muskelrelaxantien, um Verkrampfungen zu lösen und Bewegungen zu erleichtern. In manchen Fällen können die behandelnden Ärzte Botox in die betroffenen Muskelregionen injizieren. Dies führt zu einer Entspannung der Muskulatur, bewirkt eine Linderung der spastischen Schübe und erleichtert die Arbeit der Ergotherapeuten.

Hilfsmittel

Viele Betroffene profitieren von Hilfsmitteln, die ihre Mobilität und Selbstständigkeit unterstützen. Dazu gehören beispielsweise:

  • Orthesen: Orthesen können durch das Schienen von Armen und Beinen Gelenke stabilisieren und Bewegungen erleichtern. Beispielsweise kann man bei einer schlechten Unterarmfunktion eine myoelektrische Orthese nutzen. Diese kann auch in Kombination mit einer Oberarmschiene zur mechanischen Ellenbogenunterstützung genutzt werden. Durch die Unterarmschiene kann der Oberarm stabilisiert und das Ellenbogengelenk unterstützt werden. Bewegungsabläufe werden dadurch erleichtert. Claire nutzt eine Handorthese, um ihre gelähmte Hand, für mehr Lebensqualität wieder bewusster nutzen zu können.
  • Rollstühle und Scooter: Bei erheblichen Gehschwierigkeiten können Rollstühle oder Scooter die Mobilität im Alltag verbessern. Bei verletzungs- oder krankheitsbedingten Gehschwierigkeiten unterstützt Sie der Scooter im Alltag. Für Personen ab 15 Jahren ist er somit ein wertvolles Hilfsmittel! Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch, dass Sie den das Elektromobil selber bedienen können. Neben einer gesteigerten Mobilität im Alltag ermöglicht der Scooter, oder auch Elektroscooter, eine aktive Teilnahme am Leben. Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Scooter-Modelle, sowohl für den Indoor- als auch für den Outdoorbereich. Da sie zur Kategorie der Krankenfahrstühle gehören, dürfen Sie einen E-Scooter ohne Führerschein fahren. Ein individuell angepasster Rollstuhl kann die Funktion der Beine quasi ersetzen. Je nach persönlichen Wünschen und Anforderungen, gibt es verschiedene Rollstuhl-Modelle, zu denen Sie sich im Sanitätshaus beraten lassen können. Beim Beratungsgespräch werden die persönlichen Ziele herausgearbeitet, sowie der gewünschte Komfort und die Anforderungen des Umfelds. Wussten Sie, dass es ganz verschiedene Arten von Rollstühlen gibt? Neben dem leichten und wendigen Aktiv-Rollstuhl gibt es den Multifunktions-Rollstuhl mit besonders vielen Einstellungsmöglichkeiten.
  • Treppenlifte: Wenn das Überwinden von Treppen aufgrund der Hemiparese schwierig ist, kann ein Treppenlift eine wertvolle Hilfe sein. Wenn Sie nur schwer Stufen überwinden können, weil Sie beispielsweise im Rollstuhl sitzen, kann ein Treppenlift oder Treppensteiger ein geeignetes Hilfsmittel sein. Ein Treppenlift ist mit einem vorhandenen Sitzteil fest an der Treppe installiert. Ein Steiger ist transportabel und kann somit auch an anderen Treppen genutzt werden, indem er an den Rollstuhl montiert wird. Einen Treppenlift können Sie selber steuern, während ein Treppensteiger von einer Begleitperson bedient werden muss.

Psychologische Betreuung

Eine Hemiparese kann erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Betroffenen haben. Depressionen, Angstzustände und soziale Isolation sind häufige Begleiterscheinungen. Eine psychologische Betreuung kann helfen, diese Probleme zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern. Menschen, die aufgrund einer Hemiparese Depressionen oder Ängste entwickeln, werden zusätzlich psychotherapeutisch betreut. Dies ist nicht nur für die Wiederherstellung der seelischen Gesundheit notwendig, sondern fördert auch die Motivation der Patienten und beeinflusst dadurch den Erfolg des interdisziplinären Therapie-Konzeptes.

Leben mit Hemiparese

Ein Leben mit Hemiparese bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Sie sind jedoch nicht alleine! Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen hilft, neue Lösungen und Perspektiven zu finden. Es ist wichtig, die Einschränkung zu akzeptieren und nicht zu versuchen, gegen sie zu arbeiten. Investieren Sie Ihre Kraft besser für die Suche nach geeigneten Strategien und Hilfsmitteln wie Rollstühle, Treppenlifte oder Lagerungsschienen.

Tipps für den Alltag

  • Anpassung des Wohnraums: Entfernen Sie Stolperfallen, installieren Sie Haltegriffe im Badezimmer und passen Sie die Höhe von Möbeln an.
  • Unterstützung im Alltag: Nehmen Sie Hilfe von Angehörigen, Freunden oder professionellen Pflegekräften in Anspruch.
  • Regelmäßige Bewegung: Bleiben Sie aktiv und nehmen Sie an regelmäßigen Physiotherapie- oder Sportprogrammen teil.
  • Gesunde Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, um Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden zu fördern.
  • Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und nehmen Sie an Aktivitäten teil, die Ihnen Freude bereiten.

Prognose

Die Prognose bei Hemiparese variiert je nach Ursache, Schweregrad und Zeitpunkt der Behandlung. Frühzeitige Rehabilitation und interdisziplinäre Betreuung kann die Funktionalität verbessern und Komplikationen vorbeugen. In manchen Fällen können die Lähmungserscheinungen spontan zurückgehen oder sich verbessern, in anderen Fällen bleiben sie dauerhaft bestehen.

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