Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen von einem Moment auf den anderen verändern kann. Neben den offensichtlichen körperlichen Einschränkungen wie Lähmungen und Sprachstörungen können auch Sehstörungen auftreten, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Eine dieser Sehstörungen ist der Herdblick, auch Neglect genannt. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Therapieansätze und Auswirkungen des Herdblicks nach einem Schlaganfall.
Schlaganfall: Ein Überblick
Ein Schlaganfall entsteht, wenn die Blutversorgung des Gehirns unterbrochen wird. Dabei verstopfen oder reißen die Arterien, die das Gehirn versorgen. Dadurch sterben Hirnzellen in einem Teil des Gehirns ab (Hirninfarkt). Die Symptome treten plötzlich auf und verschlimmern sich rasch.
Man unterscheidet zwei Hauptarten von Schlaganfällen:
- Ischämischer Schlaganfall: Er wird durch eine Blockierung einer Arterie verursacht, meist durch ein Blutgerinnsel.
- Hämorrhagischer Schlaganfall: Er entsteht durch das Reißen einer Arterie, was zu einer Blutung im Gehirn führt.
Transitorische ischämische Attacken (TIA), auch als "Mini-Schlaganfälle" bezeichnet, ähneln ischämischen Schlaganfällen, verursachen jedoch keine dauerhafte Hirnschädigung. Die Symptome sind innerhalb einer Stunde reversibel. Es ist wichtig zu erkennen, dass eine TIA ein Warnsignal für einen bevorstehenden Schlaganfall sein kann und sofortige ärztliche Abklärung erfordert.
Ursachen von Sehstörungen nach Schlaganfall
Sehstörungen gehören zu den häufigsten Störungen nach einem Schlaganfall. Etwa 60 % der Schlaganfallpatienten sind davon betroffen. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Augen selbst in den meisten Fällen nicht defekt sind. Vielmehr liegt das Problem in der Verarbeitung visueller Informationen im Gehirn.
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Es gibt zwei Hauptursachen für Sehstörungen nach einem Schlaganfall:
- Direkte Schädigung der Sehbahn oder des Auges: Wenn die Sehbahn oder das Auge direkt von der mangelnden Blutversorgung betroffen sind, kann dies zu einer Erblindung auf einem Auge führen.
- Störung der visuellen Wahrnehmung im Gehirn: Häufiger ist jedoch die Störung der Wahrnehmung. In diesem Fall ist das Auge intakt, aber die Verarbeitung der Informationen im Gehirn funktioniert nicht mehr richtig. Dies kann zu verschiedenen Sehstörungen führen, darunter Gesichtsfeldeinschränkungen, Doppeltsehen, Herdblick (Neglect) und visuell-räumliche Störungen.
Der Herdblick (Neglect): Eine spezielle Form der Sehstörung
Der Herdblick, auch Neglect genannt, ist eine Aufmerksamkeitsstörung, bei der Betroffene eine Raum- oder Körperhälfte nicht mehr wahrnehmen können. Sie können ihre Aufmerksamkeit einer Raum- oder Körperseite nicht mehr zuwenden. Der visuelle Neglect tritt am häufigsten auf.
Der Unterschied zwischen einem Gesichtsfeldausfall und einem visuellen Neglect ist manchmal schwierig auszumachen, teilweise tritt auch beides zusammen auf. Grundsätzlich ist ein Neglect eine Störung der Aufmerksamkeit auf eine Raumseite, ein Gesichtsfeldausfall ist eine Störung des Sehens. Bei einem Gesichtsfeldausfall ist dem Betroffenen in der Regel bewusst, dass die Raumhälfte existiert - er sie selbst allerdings nicht wahrnehmen kann. Bei einem visuellen Neglect lenkt der Betroffene seine Aufmerksamkeit nicht spontan auf die betroffene Seite. So bemerken die Betroffene oft selbst nicht, dass etwas „fehlt“.
Symptome des Herdblicks
- Der Blick "kippt" zur linken oder zur rechten Seite.
- Der Betroffene kann seine Blickrichtung nicht mehr kontrollieren.
- In manchen Fällen drehen sich nicht die Augen, sondern der ganze Kopf in eine Richtung.
- Betroffene übersehen Gegenstände oder Personen in der vernachlässigten Raumhälfte.
- Sie stoßen sich häufig an Gegenständen auf der betroffenen Seite.
- Sie vernachlässigen die betroffene Körperhälfte bei der Körperpflege.
- Sie essen nur die Hälfte des Tellers, die sich in der nicht betroffenen Raumhälfte befindet.
- Sie lesen nur die Wörter auf einer Seite einer Zeitung oder eines Buches.
Ursachen des Herdblicks
Der Herdblick wird in der Regel durch eine Schädigung einer bestimmten Region im Gehirn verursacht, meist im Bereich des Parietallappens oder des Frontallappens. Diese Bereiche sind für die Aufmerksamkeit und die räumliche Wahrnehmung zuständig. Ein Schlaganfall in diesen Bereichen kann dazu führen, dass die Aufmerksamkeit auf eine Raumhälfte vernachlässigt wird.
Weitere Sehstörungen nach Schlaganfall
Neben dem Herdblick gibt es noch weitere Sehstörungen, die nach einem Schlaganfall auftreten können:
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- Gesichtsfeldeinschränkungen: Die Einschränkung kann von kleinen blinden Flecken bis zum Tunnelblick reichen. Betroffene übersehen im Alltag Hindernisse und haben Schwierigkeiten, sich im Straßenverkehr zu orientieren. Die Lesegeschwindigkeit kann ebenfalls verringert sein.
- Doppeltsehen: Betroffene sehen Doppelbilder oder verschwommen. Dies kann zu Schwindel führen.
- Visuell-räumliche Störungen: Betroffene können Raumachsen nicht richtig wahrnehmen oder haben eine gestörte Tiefenwahrnehmung. Dies kann zu Schwierigkeiten beim Gehen, Fahrradfahren oder Steuern eines Rollstuhls führen.
Therapie von Sehstörungen nach Schlaganfall
Die Therapie von Sehstörungen nach Schlaganfall ist sehr individuell und hängt von der Art und dem Ausmaß der Störung ab. Eine Erblindung bildet sich in der Regel nicht zurück, während sich Wahrnehmungsstörungen teilweise oder vollständig zurückbilden können.
Es gibt verschiedene Therapieansätze, die zur Verbesserung der Sehstörungen eingesetzt werden können:
- Sehtherapie: Sie umfasst spezielle Übungen, um die Augenmuskulatur zu stärken, die Augenbewegungen zu verbessern und die Zusammenarbeit beider Augen zu fördern.
- Visuelles Explorationstraining: Es hilft Betroffenen, ihre Aufmerksamkeit auf die vernachlässigte Raumhälfte zu lenken und ihre visuelle Wahrnehmung zu verbessern.
- Kompensatorische Strategien: Sie helfen Betroffenen, mit ihren Sehstörungen im Alltag umzugehen. Dazu gehören beispielsweise das Drehen des Kopfes, um die vernachlässigte Raumhälfte zu erfassen, oder das Verwenden von Hilfsmitteln wie Prismenbrillen.
- Okklusionsbrille: Bei Doppelsichtigkeit kann eine Okklusionsbrille helfen, ein Auge abzudecken, um Doppelbilder zu vermeiden.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Verbesserung des Sehvermögens ein langsamer Prozess sein kann. Beharrlichkeit und Wiederholungen sind der Schlüssel zur Neuvernetzung des Gehirns.
Richtig handeln bei Schlaganfall: Zeit ist entscheidend!
Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute. Je schneller die Behandlung erfolgt, desto besser sind die Chancen auf eine vollständige Genesung.
Wie erkenne ich einen Schlaganfall?
Typische Symptome eines Schlaganfalls können Lähmungen und Taubheitsgefühle auf einer Körperseite sowie Sprachschwierigkeiten, Sehstörungen und Schwindel sein.
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Der FAST-Test kann helfen, einen Schlaganfall schnell zu erkennen:
- Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab?
- Arms (Arme): Kann die Person beide Arme mit den Handflächen nach oben nach vorne strecken?
- Speech (Sprache): Kann die Person einen einfachen Satz nachsprechen?
- Time (Zeit): Keine Zeit verlieren und sofort den Notruf wählen!
Schlaganfall-Therapie
Dank spezialisierter Schlaganfallstationen (Stroke Units) hat sich die Sterblichkeit in Deutschland in den letzten 15 Jahren halbiert.
- Lyse: Bei einer Durchblutungsstörung kann in den ersten 4,5 Stunden mit einer medikamentösen Therapie, die das Blutgerinnsel auflöst (Lyse), die Versorgung des Gehirns wiederhergestellt werden.
- Thrombektomie: Bei einer schweren Durchblutungsstörung kann ein Katheter bis vor den Thrombus geschoben werden, um das Gerinnsel zu entfernen.
- Früh-Reha: Direkt ab Tag eins auf der Stroke Unit beginnt die Früh-Reha mit Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie, um die Schäden zu minimieren.
Schlaganfallrisiko: Wir haben es in der Hand!
70 Prozent aller Schlaganfälle lassen sich durch Diagnostik, Behandlung und einen gesunden Lebensstil vermeiden.
Risikofaktoren:
- Bluthochdruck
- Rauchen
- Diabetes
- Herzrhythmusstörungen
- Hohe Cholesterinspiegel
- Übergewicht
- Bewegungsmangel
- Ungesunde Ernährung
- Übermäßiger Alkoholkonsum
Hämorrhagischer Schlaganfall: Symptome, Ursachen und Therapie
Ein hämorrhagischer Schlaganfall, auch bekannt als Hirnblutung, ist eine bedrohliche neurologische Erkrankung, die durch eine Blutung im Gehirn ausgelöst wird.
Ursachen und Formen
Die beiden wichtigsten Arten sind intrazerebrale Blutungen (ICB) und subarachnoidale Blutungen (SAB).
- Intrazerebrale Blutung: Ein Blutgefäß im Gehirn reißt, und Blut gelangt in das umliegende Gewebe. Oft durch starken Bluthochdruck verursacht.
- Subarachnoidale Blutung: Blut gelangt in den Raum zwischen den Hirnhäuten. Eine der häufigsten Ursachen ist das Platzen eines Hirnaneurysmas.
Symptome
Die Symptome können je nach Ort und Ausmaß der Blutung variieren. Häufige Symptome sind:
- Plötzlicher und starker Kopfschmerz
- Übelkeit und Erbrechen
- Beeinträchtigtes Bewusstsein
- Schwäche oder Lähmung
- Sprach-, Sprech- und Sehstörungen
Therapie
Die Behandlung erfordert eine schnelle medizinische Intervention.
- Chirurgische Eingriffe: Ziel ist, die Hirnblutung zu stoppen und eine zweite Blutung zu verhindern. Techniken wie endovaskuläres Coiling oder das Anbringen von Clips an das Aneurysma werden eingesetzt.
- Medikamentöse Behandlung und Rehabilitation: Medikamente werden eingesetzt, um den Blutdruck zu kontrollieren und den Hirndruck zu reduzieren. Die Rehabilitation umfasst physiotherapeutische, sprachtherapeutische und neuropsychologische Maßnahmen.
Prävention
- Bluthochdruckkontrolle: Regelmäßige Überwachung und konsequente Behandlung können das Risiko erheblich reduzieren.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung unterstützt die Gesundheit der Blutgefäße.
- Verzicht auf Rauchen und Alkohol: Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum erhöhen das Risiko von Gefäßschäden und Bluthochdruck.
- Regelmäßige Bewegung: Fördert die Durchblutung, stärkt das Herz-Kreislauf-System und senkt den Blutdruck.
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