Die Zahl der Menschen mit Demenz wird in den kommenden Jahrzehnten weltweit deutlich ansteigen. Da es derzeit keine wirksame Behandlung gibt, ist es von großer Bedeutung, die Entwicklung der Krankheit von leichten kognitiven Beeinträchtigungen bis hin zur Demenz zu verlangsamen. Kognitive Beeinträchtigungen sind oft mit erhöhten Homocystein- und niedrigen Folatspiegeln verbunden.
Homocystein, B-Vitamine und der C1-Stoffwechsel
Homocystein entsteht als Zwischenprodukt bei Methylierungsprozessen im C1-Stoffwechsel. Dort wird es B-Vitamin-abhängig zu Methionin recycelt oder zu Cystein und Glutathion metabolisiert. Ein Mangel an B-Vitaminen kann zu einer Hyperhomocysteinämie führen. Die Substitution mit B-Vitaminen kann sinnvoll sein, um die kognitive Leistungsfähigkeit älterer Menschen zu erhalten, insbesondere wenn erhöhte Homocystein- oder niedrige B-Vitaminspiegel sowie beginnende, milde kognitive Einschränkungen vorliegen.
Die Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit steht am Beginn einer Demenz. Diese chronische Erkrankung nimmt seit Jahren weltweit zu; aktuell sind etwa 55 Millionen Menschen betroffen. Die Alzheimer-Demenz ist die häufigste Form, gefolgt von vaskulärer Demenz und Mischformen. Hochrechnungen zufolge werden im Jahr 2030 etwa 80 Millionen Menschen und im Jahr 2050 etwa 140 Millionen Menschen von Demenz betroffen sein. Die jährlichen Kosten für Demenz werden aktuell bereits auf 1,3 Billionen US-Dollar geschätzt, für Deutschland mindestens 15 Milliarden Euro. Gelingt es, den Beginn einer Demenz um etwa fünf Jahre zu verzögern, würde die Gesamtprävalenz um etwa 35 % reduziert und die Gesamtkosten würden halbiert.
Ein Mangel an B-Vitaminen führt zu einer Vielzahl von Entwicklungs- und Funktionsstörungen in verschiedenen Zell- und Gewebetypen. Ursache hierfür sind Störungen im Homocystein-Methionin-Stoffwechsel, dessen Funktion unter anderem von den Vitaminen B6, B12 und Folat abhängig ist. Aus der Aminosäure Methionin entsteht ATP-abhängig S-Adenosylmethionin (SAM), das als wichtiger Methylgruppendonor mit etwa 150 bekannten biochemischen Reaktionen verknüpft ist und dadurch eine zentrale Rolle im Stoffwechsel einnimmt. Dies betrifft unter anderem die Synthese von Neurotransmittern und Zellmembranproteinen, die Myelinisierung des Zentralnervensystems sowie die Methylierung der DNA. In den Methylierungsprozessen bleibt nach Abgabe einer C1-Gruppe von SAM das S-Adenosylhomocystein (SAH) übrig, das dann weiter zu Homocystein hydrolysiert wird. Eine dauerhaft erhöhte SAH- und Homocysteinkonzentration im Blut stört verschiedene wichtige Stoffwechselprozesse und ist als eigenständiger Risikofaktor mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Nervensystems assoziiert.
Homocystein kann entweder zu Methionin recycelt oder zu der für das Redox-System wichtigen Aminosäure Cystein als Baustein von Glutathion weiterverarbeitet werden. Diese Prozesse sind unmittelbar abhängig von den B-Vitaminen: Für das Recycling von Homocystein zu Methionin sind Folat und Vitamin B12 notwendig, für die Metabolisierung zu Cystein Vitamin B6. Die Homöostase des zentralen Nervensystems ist also davon abhängig, dass SAM in ausreichender Menge zur Verfügung steht und gleichzeitig zu hohe Homocysteinspiegel vermieden werden. Die B-Vitamine sind hier entscheidende Faktoren.
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Homocysteinspiegel und Demenzrisiko
Erhöhte Homocysteinspiegel sind assoziiert mit verschiedenen neuropsychologischen Einschränkungen, bildgebenden Surrogatparametern wie einer globalen Hirnatrophie und einem erhöhten Risiko sowohl für die Alzheimer-Demenz als auch für die vaskuläre Demenz. Der Zusammenhang zwischen erhöhten Homocysteinspiegeln und einer erhöhten Prävalenz von Demenzerkrankungen wurde in mehreren Studien untersucht.
Gothenburg-Studie
Die Gothenburg-Studie begann im Jahr 1968. Insgesamt 1368 Frauen im Alter zwischen 38 und 60 Jahren (Mittelwert 46,8 Jahre) wurden in die Studie eingeschlossen und bis zum Jahr 2003 (über 35 Jahre) nachverfolgt. Zu Beginn der Studie wurden bei allen Teilnehmerinnen die Gesamthomocysteinspiegel (tHcy) im Plasma gemessen. Bei den insgesamt vier Follow-up-Terminen wurde mit standardisierten neuropsychologischen Tests untersucht, ob sich eine Demenz entwickelt hat. Das war bei insgesamt 151 Frauen der Fall. Frauen mit initial tHcy im höchsten Terzil hatten ein um 70 % erhöhtes Demenzrisiko (HR 1,7; 95%-KI 1,1- 2,6). In der Kaplan-Meier-Darstellung zeigte sich bezüglich der Demenzentwicklung eine Divergenz nach 22 Jahren Follow-up. Erhöhtes tHcy >12,6 µmol/l in den mittleren Lebensjahren ist nach den Ergebnissen dieser Studie ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz im Alter.
Framingham-Offspring-Studie
Eine weitere wichtige Studie ist die Framingham-Offspring-Studie. Die Gesamtkohorte bestand aus 5124 Teilnehmern, die 1971 rekrutiert wurden. Aus dieser Kohorte wurden die Teilnehmer ausgewählt, bei denen zwischen den Jahren 1991 und 2001 mindestens einmal tHcy gemessen und zwischen 1999 und 2002 eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirnes durchgeführt wurde. Das war bei 1965 Teilnehmern der Fall, davon 1050 Frauen. Das mittlere Alter betrug 62 Jahre. Patienten mit einem Schlaganfall, schon bestehender Demenz oder anderen neurologischen Erkrankungen, die den MRT-Befund des Gehirnes beeinflussen können, waren ausgeschlossen. Am Ende des Auswertungszeitraumes wurde bei allen Teilnehmern nochmals ein MRT des Gehirnes durchgeführt.
Für die Auswertung wurde die Beziehung zwischen den initial (1991 bis 1995) und nachfolgend (1998 bis 2001) gemessenem tHcy und dem Gesamthirnvolumen, den Volumina des Frontal- und Temporalhirns, der Anzahl von stillen Hirninfarkten und der Anzahl von Regionen mit einer Hyperintensität der weißen Hirnsubstanz analysiert, also MRT-Parameter als Indikatoren für einen Verlust von Neuronen, Demyelinisierung und zerebrale Mikroangiopathie. Das gemessene tHcy zu Beginn des Beobachtungszeitraumes wurde in alters- und geschlechtsspezifische Quartile eingeteilt. Die Teilnehmer mit initialem tHcy im höchsten Quartil hatten im Verlauf in der höchsten Altersgruppe ein geringeres Gesamthirnvolumen (-0,37 %, p=0-01), ein geringeres Volumen des Frontal- (-0,14 %, p=0.01) und Temporalhirns (-0,10 %, p=0.04) und eine höhere Prävalenz an stillen Hirninfarkten (RR: 1,5; 95%-KI 1,1-2,1, p=0.02). Ergebnis dieser Studie war, dass ein höheres tHcy bei gesunden Erwachsenen mittleren Alters mit zukünftig geringeren Hirnvolumina und einer höheren Rate an stillen Hirninfarkten assoziiert ist.
Hordaland-Homocystein-Studie
An der Hordaland-Homocystein-Studie nahmen insgesamt 2189 Menschen im Alter von 66 und 67 Jahren teil. Zum Studienbeginn und nach sechs Jahren wurden tHcy und Folat im Plasma bestimmt. Bei allen Teilnehmern wurde am Ende des Beobachtungszeitraumes die episodische Gedächtnisleistung mit dem Kendrick-Object Learning-Test ermittelt. Studienteilnehmer mit einem Gedächtnisdefizit (Testscore <25) hatten im Vergleich zu Teilnehmern ohne Defizit signifikant höhere tHcy- und niedrigere Folatspiegel.
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Metaanalysen
In eine Metaanalyse aus dem Jahr 2021 wurden 16 Studien einbezogen. Die Studien waren teils prospektiv, teils handelte es sich um einfache Querschnittsanalysen. In einer Gesamtkohorte von 12.665 Teilnehmern aus 16 Studien lag eine Assoziation zwischen hohem tHcy und einer Demenz vor (Odds Ratio (OR) 2,09; 95%-KI 1,60-2,74). In einer Metaanalyse von neun Studien mit einer Gesamtkohorte von 6654 Teilnehmern wurde die Assoziation zwischen niedrigen Folatspiegeln und einer Demenz bestätigt (OR 1,76; 95%-KI 1,24-2,5).
Pathomechanismen: Wie schädigen Homocystein und Folatmangel Nervenzellen?
Für die Schädigung von Nervenzellen durch erhöhtes tHcy und erniedrigtes Folat werden verschiedene Pathomechanismen diskutiert. Homocystein ist eine reaktive, nicht proteinogene Aminosäure, die bei erhöhten Konzentrationen die Funktion von verschiedenen Proteinen stören kann, indem sie an Proteine bindet und diese „homocysteinyliert“. Homocystein scheint direkt das Endothel zu schädigen und so über eine Mikroangiopathie zu Neurodegeneration und vaskulärer Demenz beizutragen.
In experimentellen Untersuchungen wurde gezeigt, dass Homocystein oxidativen Stress auslösen kann, der im Gehirn zu DNA-Schäden führen kann. Oxidativer Stress ist ein Pathomechanismus der Neurodegeneration und ist mit einer erhöhten Inzidenz von Demenzerkrankungen assoziiert. Ein wichtiger Faktor hierzu könnte die sogenannte exzitatorische Toxizität von Homocystein sein. Homocystein in der oxidierten Form als Homocysteinsäure wirkt als Agonist am N-Methyl-D-Aspartat-(NMDA-)Rezeptor, der den Calciumeinstrom in Neuronen reguliert. Homocystein führt so zu einem erhöhten Calciumeinstrom in die Neuronen und so zur Hyperexzitation als Mechanismus der Neurodegeneration.
Weitere mögliche Pathomechanismen hängen mit dem bereits beschriebenen C1-Stoffwechsel zusammen. Vitamin B12 und Folat sind essenzielle Faktoren für das Recycling von Methionin aus Homocystein. Methionin ist als S-Adenosylmethionin (SAM) eine wichtige Quelle für Methylierungsprozesse, zum Beispiel bei der Synthese von Neurotransmittern und beim Abbau von Presenilin. Presenilin stimuliert unter anderem den Aufbau von Amyloiden im Tau-Stoffwechsel, wodurch sich eine Verknüpfung zur Alzheimer-Demenz ergibt. Eine Hypomethylierung als Indikator einer reduzierten Methylierungskapazität könnte auch neurodegenerative Prozesse auslösen. Folat ist wichtig für die Thymidin- und Purinsynthese und damit auch für die Produktion von DNA- und RNA.
Experimentelle Untersuchungen
Zahlreiche der oben beschriebenen potenziellen Pathomechanismen der Neurodegeneration durch die Hyperhomocysteinämie sind experimentell untersucht worden. In einer Patch-Clamp-Untersuchung von kultivierten hippocampalen Neuronen der Maus wurde untersucht, wie sich Homocystein auf die Elektrophysiologie der Zellen auswirkt. Die Zellen wurden mit pathophysiologisch realistischen In-vivo-Konzentrationen von 100 µmol intra- und extrazellulär appliziertem Homocystein für 24 Stunden inkubiert. Durch vergleichende Messung einzelner Aktionspotenziale und Aktionspotenzialserien konnte in diesem Modell gezeigt werden, dass Homocystein zu einer Übererregbarkeit (Hyperexzitation) der Neurone führt.
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Um die unterschiedlichen Konzentrationen verschiedener Metabolite des Homocysteinstoffwechsels bei Menschen mit Alzheimer-Demenz im Vergleich zu Gesunden darzustellen, wurden zahlreiche Blut- und Liquorproben analysiert. Die Folat- und Homocysteinspiegel im Blut korrelieren mit den Homocysteinspiegeln im Liquor. Das für das Methioninrecycling aus Homocystein zuständige 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF) korreliert im Liquor mit dem Neurodegenerationsmarker Phospho-Tau (p-Tau); Homocystein in Blut und Liquor korreliert mit Amyloid-Beta (Aβ) im Liquor und S-Adenosylmethionin (SAM), der wichtige Methylgruppenlieferant für die Produktion von Neurotransmittern, ist im Liquor von Menschen mit Alzheimer-Demenz reduziert. Diese einzelnen Ergebnisse und Zusammenhänge fügen sich in die Hypothese ein, dass niedrige Folatspiegel die Methylierungskapazität reduzieren und die dadurch erhöhten Homocysteinspiegel unmittelbar mit neurodegenerativen Stoffwechselprozessen verknüpft sind, die bei Menschen mit Alzheimer-Demenz beschrieben wurden.
Welche direkten Auswirkungen Homocystein auf die Vitalität von kultivierten Nervenzellen hat, wurde in einer Reihe von Experimenten untersucht, in denen der Effekt von Homocystein auf die Freisetzung von Reactive oxygen species (ROS) bzw. freien Sauerstoffradikalen als Parameter für oxidativen Stress und auf die Aktivität einzelner Elemente der Atmungskette als Parameter des zellulären Energiestoffwechsels analysiert wurde. Homocystein erwies sich in diesen Zellkulturen in steigenden Konzentrationen als toxisch. Der Komplex 1 der Atmungskette wird zwar durch Homocystein nicht beeinflusst, die Aktivität der Cytochrom-C-Oxidase (COX) wird allerdings dosisabhängig gehemmt. Im Laufe einer 24-stündigen Inkubation mit der LD50 (50 % der letalen Dosis) von Homocystein nimmt zunächst die Atmungskettenaktivität ab. Nach dem Zusammenbruch der Atmungskette kommt es zu einem Anstieg freier Sauerstoffradikale als Parameter für oxidativen Stress und schließlich zum Zelltod (Apoptose).
Um zu verstehen, wie genau Homocystein die Aktivität der Cytochrom-C-Oxidase (COX) beeinflusst, wurden Spektrumanalysen mit PC12-Zellen durchgeführt. Homocystein machte COX in diesen Zellen instabil, was zu einer Aktivitätsabnahme der Atmungskette führt. COX gehört zur Superfamilie der sogenannten Häm-Kupfer-Oxidasen, die bei allen atmenden Organismen den terminalen Elektronenakzeptor der Atmungskette darstellen. Zwei Kupferzentren sind im COX-Molekül für ein ordnungsgemäßes Funktionieren essenziell notwendig. Photometrische Messungen zeigten, dass Homocystein Kupfer effektiv binden kann. Dadurch wurde die Hypothese generiert, dass Homocystein in den Neuronen zu einem Mangel an verfügbarem Kupfer führt und dadurch die von Kupfer abhängigen Enzyme, wie zum Beispiel COX, empfindlich stört. Diese Hypothese wurde durch weitere experimentelle Untersuchungen bestätigt, indem Nervenzellen mit Homocystein, Kupfer und mit beiden Komponenten inkubiert wurden. Es stellte sich schließlich heraus, dass eine durch Homocystein (24h, LD50) induzierte Apoptose kultivierter Nervenzellen durch eine Präinkubation mit Kupfer (2 bis 10 mmol/l) verhindert werden kann.
In Experimenten mit transgenen Alzheimer-Mausmodellen wurden Antikörper gegen Homocystein und gegen Amyloid-Beta eingesetzt. Im Hirngewebe von Alzheimer-Mäusen wurde Homocystein vermehrt in Aggregation mit Amyloid-Beta beobachtet. Wie das Homocystein kann auch Amyloid-Beta Kupfer binden und dadurch möglicherweise den neuronalen Energiestoffwechsel negativ beeinflussen. Die Interaktion zwischen Homocystein, Kupfer und Amyloid-Beta wurde deshalb in einem weiteren In-vitro-Experiment untersucht. In einer Lösung aggregieren Amyloid-Beta-Moleküle kontinuierlich mit zunehmender Inkubationszeit. Diese Amyloid-Beta-Aggregation ist ein wesentlicher Pathomechanismus bei der Alzheimer-Demenz; dessen therapeutische Beeinflussung ist Gegenstand zahlreicher tierexperimenteller und klinischer Studien. Die Zugabe von Homocystein beeinflusste die Amyloid-Beta-Aggregation in vitro nicht, Kupfer verhinderte die Aggregation hingegen vollständig. Homocystein reduzierte diese Verhinderung der Amyloid-Beta-Aggregation durch Kupfer dosisabhängig. Je mehr Homocystein zur Lösung von Amyloid-Beta und Kupfer hinzugegeben wurde, desto mehr Amyloid-Beta-Aggregate entstanden.
Vitamin B12 und Alzheimer-Behandlung
Forscher untersuchten, wie sich Vitamin B12 bei Alzheimer-Patienten auswirkt, die bereits mit Cholinesterase-Hemmern behandelt wurden. Dazu ermittelten die Wissenschaftler 165 taiwanesische Patienten mit milder bis moderater Alzheimerdemenz, die zwischen 2009 und 2016 über mindestens 2 Jahre mit Cholinesterase-Hemmern behandelt wurden. Vor Behandlungsbeginn wurde die Menge an Vitamin B12 im Blut der Patienten bestimmt. Auch ihre Denkleistung wurde zu Beginn und im Verlauf der Behandlung gemessen. Dazu wurden typische Tests wie beispielsweise der Mini-Mentalstatus-Test (MMST), aber auch weniger geläufige Tests wie der CASI zur Denkleistungs-Untersuchung eingesetzt. 122 der Patienten waren Frauen. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer war 76 Jahre (zwischen 54 und 91 Jahren). Die Denkleistung der Patienten mit optimalen Vitamin B12-Werten (im Schnitt mindestens 436 ng/l) sank jährlich um 0,78 Punkte im MMST-Test. In einem weiteren Test (CASI) sank die Denkleistung bei diesen gut versorgten Menschen um 2,84 pro Jahr. Bei Menschen, die eher zu wenig Vitamin B12 im Blut hatten, sank die Denkleistung schneller: um 1,42 Punkte pro Jahr im MMST-Test und um 4,94 Punkte im CASI-Test.
Weitere Faktoren neben der Vitaminversorgung, die die Denkleistung unterschiedlich beeinflussen könnten, könnten das jeweilige Alter oder Geschlecht der Patienten, der jeweilige Ausbildungsgrad, Bluthochdruck, eine Diabeteserkrankung oder ein früherer Schlaganfall sein. Die Forscher glichen die Ergebnisse rechnerisch mit Blick auf solche alternativen Erklärungen an, versuchten also, diese Faktoren herauszurechnen, um den Beitrag von Vitamin B12 allein betrachten zu können. Zusammenfassend fand die Studie damit, dass die Unterversorgung mit Vitamin B12 auch während einer Alzheimerbehandlung mit Cholinesterase-Hemmern wesentlich zum Abbau der Denkleistung beitrug. Weitere Studien sollten nun untersuchen, ob die Nahrungsergänzung mit Vitamin B12 dem schnelleren Abbau der Denkleistung gegenwirken kann und welche Patienten von einer ergänzenden Behandlung mit Vitamin B12 besonders profitieren könnten.
Andere Ursachen für Demenzsymptome
Es ist wichtig zu beachten, dass Gedächtnisstörungen oder Sprachprobleme, die auf eine Demenzerkrankung wie Alzheimer hindeuten könnten, auch andere, behandelbare Ursachen haben können.
Altershirndruck (Normaldruckhydrozephalus)
Gedächtnisprobleme, Blasenschwäche und Unsicherheit beim Gehen sind typisch für Menschen mit Altershirndruck. Dieser kann mit einer Magnetresonanztomographie (MRT) und einer Liquoruntersuchung festgestellt werden. Eine kleine Operation kann den Altershirndruck beheben und somit auch die Gedächtnisstörungen.
Delir
Ein Delir kann durch körperliche Stressfaktoren wie schwere operative Eingriffe, falsche Medikamente, Dehydrierung, Infektionen, Schlaganfall oder Herzinfarkt sowie durch emotionale Stressfaktoren wie Schmerzen oder ein Schockerlebnis ausgelöst werden. Da ein Delir lebensbedrohlich verlaufen kann, sollte bei Verdacht sofort der notärztliche Dienst gerufen werden.
Hirntumor
Ein Hirntumor ist eine Geschwulst im Gehirn, deren Zellen sich unkontrolliert teilen und vermehren. Symptome, die sowohl bei Hirntumoren als auch bei Demenzerkrankungen auftreten können, sind Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie Persönlichkeitsveränderungen, Apathie und Depressionen. Hirntumore können mittels MRT diagnostiziert und behandelt werden.
Vitaminmangel
Insbesondere ein Mangel an Vitamin B-12 kann Symptome hervorrufen, die denen einer Demenzerkrankung sehr ähnlich sind - wie Gedächtnisstörungen, Verhaltensänderungen oder Unruhe. Vitaminmangel lässt sich durch eine Laboruntersuchung (Bluttest) leicht feststellen und durch eine Anpassung der Ernährung, Tabletten oder Infusionen sehr gut behandeln.
Depressionen
Depressionen können Demenzsymptome auslösen.
Weitere Ursachen
Auch Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten, Dehydrierung, Erkrankungen der Schilddrüse, Nieren oder Leber sowie Hirnschädigungen durch Vergiftungen können demenzähnliche Symptome hervorrufen. Es ist wichtig, jeglichen Verdacht auf eine Demenzerkrankung abklären zu lassen.
Vitamin B12 in der Ernährung
Vitamin B12 kommt hauptsächlich in tierischen Lebensmitteln vor, also Fleisch, Fisch, Milch und Milchprodukten oder Eiern. Ein Coenzym von Vitamin B12, das Methylcobalamin, ist wesentlicher Teil der Homocystein-Umwandlung im Körper.
Vitamin B12-Mangel vorbeugen
Um einem Vitamin-B12-Mangel vorzubeugen, sollte man regelmäßig folgende Lebensmittel auf den Speiseplan setzen:
- Joghurt
- Eier
- Camembert
- Mageres Rindfleisch
- Frischkäse
- Gouda
Vitamin B12 ist ziemlich hitzestabil, geht also beim Erwärmen, Braten und Kochen kaum verloren.
Vitamin B12 für Vegetarier und Veganer
Vegetarier und Veganer sind stark gefährdet, einen Vitamin B12-Mangel zu bekommen, da es fast ausschließlich in Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten, Eiern und Milchprodukten vorkommt. Zwar liefern Sauerkraut und Algen tatsächlich Vitamin B12, doch entweder in so geringen Mengen, dass sie als Quelle kaum in Frage kommen - oder es handelt sich dabei um sogenannte Vitamin B12-Analoga. Diese Formen wirken nicht wie das Vitamin, sondern blockieren im Körper den B12-Transport und lösen damit sogar das Gegenteil aus: Der Körper kann das wenige wirksame Vitamin B12, das vielleicht vorhanden ist, nicht verwerten. Veganer sollten unbedingt und dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen und die Versorgung regelmäßig ärztlich überprüfen lassen. Auch Vegetarier, die einen erhöhten Nährstoffbedarf haben, etwa in Schwangerschaft und Stillzeit, sollten auf eine ausreichende Vitamin-B12-Zufuhr achten.
Ist ein Vitamin B12-Mangel nachgewiesen, sollte dieser durch entsprechende Nahrungsergänzungsmittel ausgeglichen werden. Das kann oral als Tabletten und Kapseln erfolgen. Verträglichkeit und Bioverfügbarkeit sind gut. Cyanocobalamin als kristalline Substanz, wie es oft in Nahrungsergänzungsmitteln vorkommt, wird sogar von Patienten mit Gastritis besser verwertet als Vitamin B12 aus Lebensmitteln. Überdosierungen mit den handelsüblichen Vitamin B12-Nahrungsergänzungsmitteln sind bei vernünftiger Handhabung kaum möglich. Bei dauerhafter Einnahme von Vitamin B12-Präparaten sollte der Vitamin B12-Status immer mal wieder kontrolliert werden.
Vitamin B12 als Injektion
Manchmal reicht die aktive Supplementierung nicht aus. Das kann der Fall sein, wenn Faktoren wie ein stark ausgeprägter Mangel, Aufnahmestörungen oder Medikamente, die die Aufnahme des Vitamins verhindern, vorliegen. Dann rät der Arzt zu einer Vitamin B12-Kur per Injektion. Dabei wird im Abstand von einigen Tagen oder einer Woche das Vitamin muskulär gegeben.