Hippocampus Sklerose: Ursachen, Symptome und Therapie

Die Hippocampus Sklerose, oft auch als Ammonshornsklerose bezeichnet, ist eine pathologische Veränderung des Hippocampus, einer Hirnstruktur, die eine entscheidende Rolle für das Gedächtnis spielt. Diese Sklerose ist häufig mit Epilepsie assoziiert, insbesondere mit der Temporallappenepilepsie.

Ursachen der Hippocampus Sklerose

Die genauen Ursachen der Hippocampus Sklerose sind nicht vollständig geklärt, aber es gibt mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen können:

  • Epilepsie: Chronische Epilepsie, insbesondere wenn sie in der Kindheit beginnt, kann zu einer Schädigung des Hippocampus führen. Wiederholte Anfälle können eine Exzitotoxizität verursachen, bei der Nervenzellen durch übermäßige Stimulation geschädigt werden.
  • Frühe Hirnschäden: Hirnschäden, die in der frühen Kindheit auftreten, wie z.B. durch Sauerstoffmangel bei der Geburt, können die Entwicklung des Hippocampus beeinträchtigen und zu einer späteren Sklerose führen.
  • Fieberkrämpfe: In einigen Fällen können komplizierte Fieberkrämpfe in der Kindheit, insbesondere wenn sie lange andauern oder einseitig auftreten, mit einer Hippocampus Sklerose in Verbindung stehen.
  • Genetische Faktoren: Es gibt Hinweise darauf, dass genetische Faktoren eine Rolle bei der Anfälligkeit für Hippocampus Sklerose spielen können, obwohl spezifische Gene noch nicht identifiziert wurden.
  • Entzündungen: Entzündliche Prozesse im Gehirn, beispielsweise durch Autoimmunerkrankungen, können zur Entstehung einer Hippocampus Sklerose beitragen.

Symptome der Hippocampus Sklerose

Die Symptome der Hippocampus Sklerose hängen stark von der zugrunde liegenden Ursache und dem Ausmaß der Schädigung ab. Das Hauptsymptom ist jedoch in der Regel:

  • Epilepsie: Insbesondere komplex-fokale Anfälle, die mit einer Bewusstseinsstörung einhergehen. Patienten reagieren nicht auf Ansprache und haben einen starren, leeren Blick. Es kann zum Schmatzen, unverständlichen Lautäußerungen und Fehlhandlungen kommen. Einfach fokale Anfälle, bei denen das Bewusstsein erhalten bleibt, sind ebenfalls möglich.
  • Gedächtnisprobleme: Schwierigkeiten beim Erlernen neuer Informationen und beim Abrufen von Erinnerungen, insbesondere des deklarativen Gedächtnisses (Fakten und Ereignisse).
  • Weitere Symptome: Je nach Ausmaß der Schädigung können zusätzliche Symptome auftreten, wie z.B. Angstzustände, Depressionen oder Veränderungen der Persönlichkeit.

Diagnose der Hippocampus Sklerose

Die Diagnose der Hippocampus Sklerose basiert auf einer Kombination von:

  • Anamnese und neurologische Untersuchung: Erhebung der Krankengeschichte und Beurteilung der neurologischen Funktionen.
  • Elektroenzephalographie (EEG): Aufzeichnung der Hirnströme, um epileptiforme Aktivität zu identifizieren. Ein Video-EEG-Monitoring mit Oberflächen- und Sphenoidalelektroden kann durchgeführt werden, um den Anfallsursprung zu bestimmen.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Bildgebung des Gehirns, um strukturelle Veränderungen des Hippocampus zu erkennen. Eine MRT kann eine Atrophie (Verkleinerung) des Hippocampus und ein erweitertes Temporalhorn zeigen.
  • Neuropsychologische Tests: Beurteilung der kognitiven Funktionen, insbesondere des Gedächtnisses.
  • Weitere Untersuchungen: In einigen Fällen können zusätzliche Untersuchungen erforderlich sein, wie z.B. eine Durchblutungsmessung im und nach einem Anfall (SPECT iktal und interiktal) oder der Wada-Test.

Therapie der Hippocampus Sklerose

Die Therapie der Hippocampus Sklerose zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen:

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  • Medikamentöse Therapie: Antiepileptika können helfen, die Anfälle zu reduzieren oder ganz zu verhindern. Bei etwa 70 % der Patienten lässt sich die Epilepsie durch Medikamente so behandeln, dass keine Anfälle mehr auftreten.
  • Epilepsiechirurgie: Bei pharmakoresistenten Epilepsien, bei denen durch Medikamente keine Anfallsfreiheit erreicht werden kann, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Voraussetzung ist die Identifizierung der Anfallsursprungszone (Fokus), die operativ entfernt wird, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine postoperative Anfallsfreiheit ohne zusätzliche neurologische und psychische Defizite vorausgesagt werden kann.
    • Amygdalo-Hippocampektomie oder Corticoamygdalo-Hippocampektomie: Entfernung des Mandelkerns und des Hippocampus mit oder ohne angrenzende Schläfenlappenanteile.
    • Tumorentfernung: Wenn ein Tumor Ursache der Epilepsie ist, wird initial meist nur der Tumor entfernt.
    • Die Operationen werden meist mit computer-gestützter Neuronavigation durchgeführt, um den operativen Zugang und das Resektionsausmaß genau planen zu können. Während der Operation wird die Resektion des erkrankten Gewebes mit Hilfe der Navigation kontrolliert. Nachdem das erkrankte Hirngewebe entfernt worden ist, werden von den Rändern der angrenzenden Hirnrinde die Potentiale (Elektrocortikographie) abgeleitet, um eventuell verbliebenes epileptogenes Gewebe zu erkennen und dann zu resezieren.
  • Vagusnervstimulation (VNS): Bei Patienten, bei denen die Anfallsursprungszone nicht entfernt werden kann, kann die Implantation eines Vagusstimulators vorgenommen werden. Dabei wird eine Elektrode um den linken Nervus vagus gewickelt und dieser dann über einen Impulsgeber stimuliert. Durch diese Technik lässt sich bei ca. 40 % der Patienten die Anfallshäufigkeit dauerhaft um 50 % senken.
  • Kognitive Rehabilitation: Gedächtnistraining und andere kognitive Therapien können helfen, die Gedächtnisfunktion zu verbessern.
  • Psychologische Unterstützung: Psychotherapie kann helfen, mit den emotionalen und psychischen Auswirkungen der Epilepsie und der Gedächtnisprobleme umzugehen.

Fallbeispiele

  • Fall 1: Eine 36-jährige Patientin litt seit ihrem 14. Lebensjahr unter komplex fokalen Anfällen, die häufig in generalisierte Krampfanfälle übergingen. Zuletzt traten trotz ausgeschöpfter medikamentöser Therapie ca. 30 Anfälle pro Monat auf. Im MRT zeigten sich die typischen Zeichen einer Ammonshornsklerose mit Atrophie (Verkleinerung) des Hippocampus und erweitertem Temporalhorn. Die präoperative Epilepsiediagnostik bestätigte das Vorliegen eines Anfallursprungs in diesem Bereich. Der Mandelkern und Hippocampus wurde über eine kleine Schädeleröffnung mikrochirurgisch entfernt (Amygdalohippocampektomie). Dabei wurde über eine Hirnfurche zugegangen, so dass kein normales Hirngewebe entfernt werden musste, um zum Hippocampus zu gelangen. Die intraoperative Ableitung der Hirnströme nach der Hippocampusentfernung zeigte keine Anfallspotentiale. Postoperativ ist die Patientin anfallsfrei. Die Medikamente wurden zur Sicherheit belassen.
  • Fall 2: Die Patientin erlitt im 21. Lebensjahr erstmals einen generalisierten Krampfanfall. Außerdem bemerkte sie seit mindestens 2 Jahren mehrmals monatlich Zustände mit einem komischen Gefühl in der Magengegend (Aura = einfach fokaler Anfall), die häufig in einen etwa eine Minute dauernden Abwesenheitszustand übergingen. Die Mutter der Patientin berichtet, dass die Patientin dabei geschmatzt habe und einen leeren Blick hatte (komplex fokaler Anfall). Das MRT zeigte einen kleinen Tumor im inneren Anteil des rechten Schläfenlappens. Der Tumor wurde über eine kleine Schädeleröffnung mikrochirurgisch vollständig entfernt. Dabei wurde über eine Hirnfurche zugegangen, so dass kein normales Hirngewebe entfernt werden musste, um zum Tumor zu gelangen. Der Tumor ließ sich sehr gut vom normalen Hirngewebe abgrenzen. Die intraoperative Ableitung nach Tumorentfernung war ohne Hinweise auf eine Anfallsbereitschaft. Die feingewebliche Untersuchung zeigte, dass es sich um einen gutartigen Tumor handelt (Dysembryoplastischer neuroektodermaler Tumor). Postoperativ ist die Patientin seit 2 Jahren anfallsfrei. Es bestehen keine neurologischen oder psychischen Störungen.

Fazit

Die Hippocampus Sklerose ist eine komplexe Erkrankung, die häufig mit Epilepsie und Gedächtnisproblemen einhergeht. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind wichtig, um die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Therapie kann medikamentös oder chirurgisch erfolgen, abhängig von der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung.

Multiple Sklerose: Eine weitere wichtige Differentialdiagnose

Obwohl der Fokus dieses Artikels auf der Hippocampus Sklerose liegt, ist es wichtig, auch andere neurologische Erkrankungen in Betracht zu ziehen, insbesondere die Multiple Sklerose (MS), da einige Symptome ähnlich sein können.

Was ist Multiple Sklerose?

Die Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Sie ist eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Erkrankungen des Gehirns und Rückenmarks. Sie kann bereits im jungen Erwachsenenalter zu deutlichen neurologischen Behinderungen führen. Anzeichen sind Sehstörungen, Lähmungen, Gefühls-, Koordinations- und Blasenstörungen. Als Ursache wird eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems angenommen, die sich gegen Bestandteile der Markscheide, aber auch gegen die Nervenfasern und Nerven selbst richtet. Die frühe Erkennung und Behandlung der Erkrankung ermöglicht mit den neueren Therapien eine Verminderung der schubartig auftretenden Symptome und eine Verlangsamung des Fortschreitens der Behinderung.

Diagnosestellung bei Multipler Sklerose

Die Diagnosestellung bei Vorliegen passender klinischer Symptome erfordert zunächst eine multimodale Abklärung u.a. mittels typischer Veränderungen im Nervenwasser (Liquor), in der Kernspintomographie (MRT des Kopfes und gegebenenfalls Rückenmarks), in elektrophysiologischen Funktionsuntersuchungen (z.B. VEP) oder neuropsychologischen Tests. Eine andere Ursache der beklagten Beschwerden, wie z.B. eine Borreliose oder andere autoimmune Erkrankungen müssen vor Diagnosestellung ausgeschlossen worden sein. Zudem muss eine Einordnung des Krankheitsstadiums innerhalb des Formenkreises der Multiplen Sklerose erfolgen (u.a. RIS: Radiologisch isoliertes Syndrom, CIS: Klinisch isoliertes Syndrom, RRMS: schubförmige MS, SPMS: sekundär progrediente MS, PPMS: primär progrediente MS).

Therapie bei Multipler Sklerose

Je nach Stadium der Erkrankung kommen verschiedene Therapieoptionen in Frage:

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Bei schubförmigen Verlaufsformen hat sich eine hochdosierte Kortisonpulstherapie zur schnelleren Rückbildung von Beschwerden bewährt. Bei schweren Schüben und Nicht-Ansprechen stehen eine Plasmapherese oder ggf. Immunadsorption zur Verfügung. Innerhalb der letzten Jahre hat sich das Therapiespektrum der Multiplen Sklerose deutlich erweitert und es steht nun eine Reihe von neuen immunmodulatorischen Therapien zur Verfügung. Damit einhergehend ist allerdings auch der Beratungs- und Betreuungsbedarf zur Auswahl und Überwachung einer geeigneten Therapieoption gestiegen. Es werden sowohl die Einleitung, als auch Überwachung des kompletten Spektrum der zugelassenen Therapien angeboten. Unabhängig von diesen Langzeittherapiemöglichkeiten steht eine Reihe von Therapieoptionen zur Verfügung, um Symptome, wie z.B. Blasenstörungen, Spastik, Einschränkungen der Gehfähigkeit oder schmerzhafte Missempfindungen zu behandeln.

Verlaufsformen der Multiplen Sklerose

  • Schubförmig remittierende MS (RRMS): Die schubförmig remittierende Multiple Sklerose (RRMS) ist die häufigste Verlaufsform. Sie ist durch Schübe gekennzeichnet, in denen plötzlich neue Symptome auftreten oder bestehende sich verschlimmern. Diese Schubphasen können Tage bis Wochen andauern. Anschließend folgt meist eine Remission, in der die Symptome wieder nachlassen oder ganz verschwinden. Die Dauer der Remission kann von Wochen bis zu Jahren reichen. Der Verlauf der schubförmig remittierenden MS ist unvorhersehbar und es gibt keine klaren Muster oder Zeitintervalle zwischen den Schüben. Manche Betroffene erleben nur wenige Schübe im Leben, andere deutlich mehr. Die genauen Auslöser sind unklar, doch Stress, Infektionen und Umweltfaktoren könnten eine Rolle spielen.
  • Sekundär progrediente MS (SPMS): Bei der sekundär progredienten Multiple Sklerose (SPMS) handelt es sich um eine Übergangsphase, die oft Jahre nach der Diagnose der schubförmig remittierenden MS beginnt. Es treten keine typischen Schübe mehr auf, stattdessen verschlechtern sich die Symptome langsam und kontinuierlich. Dies kann zu einer allmählichen Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Funktionen führen. Es ist wichtig zu betonen, dass der Übergang von der schubförmig remittierenden MS zur sekundär progredienten MS nicht bei allen Betroffenen eintritt. Manche bleiben viele Jahre in der RRMS-Phase, während andere früher oder später in die SPMS übergehen. Da der Verlauf meist schleichend ist, wird die Diagnose oft erst rückblickend gestellt.
  • Primär progrediente MS (PPMS): Die primär progrediente Multiple Sklerose (PPMS) ist eine seltenere Verlaufsform, die sich durch einen schleichenden und progressiven Verlauf auszeichnet. Bei der PPMS nehmen die Symptome von Beginn an stetig zu, ohne dass Schübe oder ausgeprägte Remissionen auftreten. Betroffen sind häufig Menschen, die erst später im Leben, meist nach dem 40. Lebensjahr, diagnostiziert werden. Die Beschwerden können vielfältig sein und hängen von den jeweils betroffenen Bereichen des zentralen Nervensystems ab. Durch das fortschreitende Krankheitsbild fällt es vielen Betroffenen schwer, ihren Alltag uneingeschränkt zu bewältigen.

Differentialdiagnostische Abgrenzung

Eine sorgfältige differentialdiagnostische Abklärung ist entscheidend, um die korrekte Diagnose zu stellen und die geeignete Therapie einzuleiten. Während die Hippocampus Sklerose primär durch Epilepsie und Gedächtnisprobleme gekennzeichnet ist und strukturelle Veränderungen im Hippocampus aufweist, präsentiert sich die Multiple Sklerose mit vielfältigen neurologischen Symptomen, die auf Entzündungsherde im gesamten ZNS zurückzuführen sind. Die MRT-Befunde und die Liquordiagnostik spielen eine wichtige Rolle bei der Unterscheidung dieser beiden Erkrankungen.

Andere Entzündungskrankheiten des zentralen Nervensystems

Zusätzlich gibt es ein breites Spektrum seltenerer Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Unterstützung bei der differentialdiagnostischen Einordnung und Auswahl von Therapieoptionen wird angeboten. Hierzu zählen unter anderem:

  • Neuromyelitis optica Spektrum Erkrankung
  • MOG-Enzephalomyelitis
  • Antikörpervermittelte Autoimmunenzephalitis
  • Chronisch rezidivierende Optikusneuritiden (CRION)
  • ZNS-Vaskulitis
  • Balo-Sklerose
  • Akut disseminierende Enzephalomyelitis (ADEM)
  • ZNS-Beteiligung von Kollagenosen und rheumatologischen Erkrankungen (z.B. Systemischer Lupus Erythematodes, Rheumatoide Arthritis)
  • Neurosarkoidose etc…

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