Herpes-simplex-Enzephalitis: Symptome, Diagnose und Therapie

Die Herpes-simplex-Enzephalitis (HSE) ist eine schwerwiegende Entzündung des Gehirns, die meist durch das Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) verursacht wird. Sie stellt die häufigste virale Enzephalitis in nicht-tropischen Ländern dar und kann, unbehandelt, zu schweren neurologischen Schäden oder sogar zum Tod führen. Ein frühzeitiger Therapiebeginn ist daher entscheidend.

Epidemiologie und Ursachen

Die Inzidenz der HSV-1-Enzephalitis liegt bei etwa 0,2 bis 0,4 Fällen pro 100.000 Einwohnern. In ca. 90 % der Fälle ist HSV-1 die Ursache, seltener HSV-2. Letzteres kann insbesondere bei Neugeborenen und immungeschwächten Patienten eine Enzephalitis verursachen.

Das Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) ist weit verbreitet. Schätzungsweise 67 Prozent der Weltbevölkerung tragen das Virus in sich. Meist verursacht es Lippenherpes, aber in seltenen Fällen kann es ins Gehirn wandern und dort eine Entzündung auslösen.

Symptome

Die Symptome einer Herpes-simplex-Enzephalitis können vielfältig sein und sich schleichend über Tage entwickeln, aber auch fulminant beginnen. Typische Anzeichen sind:

  • Unspezifisches Prodromalstadium: Fieber, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen
  • Bewusstseinsstörungen: Im Verlauf zunehmend
  • Neuropsychologische Symptome: Wesensveränderung, Verwirrtheit, Aggressivität, Gedächtnisstörungen
  • Neurologische Defizite: Fokale neurologische Ausfälle sind möglich
  • Gelegentlich Meningismus: Nackensteifigkeit (Hinweis auf eine Beteiligung der Hirnhäute)

Diagnose

Die Diagnose der Herpes-simplex-Enzephalitis basiert auf einer Kombination verschiedener Untersuchungsmethoden:

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  1. Anamnese und klinische Untersuchung: Erhebung der Krankheitsgeschichte und Beurteilung der neurologischen Symptome.

  2. Liquoruntersuchung (Lumbalpunktion):

    • Zytologie: Erhöhte Zellzahl (10-1000 Zellen/μl), anfänglich möglicherweise granulozytäres Zellbild, initial normale oder nur leicht erhöhte Zellzahl möglich. Gegebenenfalls Nachweis von Erythrozyten (bei hämorrhagischer Enzephalitis) oder Siderophagen.
    • Eiweiß: Erhöht (50-150 mg/dl)
    • Glukose: In der Regel normal, selten leichte Verminderung
    • Laktat: Meist normal, selten leichte Erhöhung
    • PCR-Nachweis: Hochspezifischer (>95%) und sensitiver (100%) Nachweis von Herpesviren im Liquor. Cave: In den ersten Krankheitstagen kann die PCR noch negativ sein, daher bei Verdacht auf HSE Wiederholung der PCR nach 3-4 Tagen.
    • Liquor-Serum-Antikörper-Index: Initial häufig negativ, Anstieg ab dem 10. Krankheitstag, nach 4 Wochen fast ausnahmslos positiv. Hohe Sensitivität (>97%), Spezifität >75%. Die Diagnose sollte sich nicht alleine auf den Index stützen!
  3. Zerebrale Bildgebung:

    • Magnetresonanztomographie (MRT): Methode der Wahl. Typische Veränderungen nach 36-48 Stunden: Uni- oder bilaterale Hyperintensitäten in T2-gewichteten Bildern (in T1 hypointens) im mesialen Temporallappen, Inselkortex, Hippocampus und Amygdala, Gyrus frontalis inferior. Einbeziehung des limbischen Systems (Gyrus Cinguli). Früheste Veränderungen in T2-Wichtung sichtbar. In diffusionsgewichteten Bildern (DWI) eingeschränkte Diffusion ("landkartenartig").
    • Computertomographie (CCT): Während der ersten 4 Tage in der Regel unauffällig, dann Hypodensitäten und Hämorrhagien frontoorbital und temporal.
  4. Elektroenzephalographie (EEG):

    • In Frühphase unspezifisch: Frontal und temporal Theta-Delta-Verlangsamung.
    • Im Verlauf (typischerweise Tag 2-15): Epilepsietypische Aktivität nachweisbar. Initial meist einseitig, im Verlauf auch beidseitig möglich.
    • Cave: EEG in der Frühphase ggf. unauffällig.

Differentialdiagnosen

Bei der Diagnose einer Enzephalitis müssen andere mögliche Ursachen in Betracht gezogen werden. Dazu gehören:

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  • Virale Enzephalitiden: FSME, Herpes-Zoster-Enzephalitis, Japanische Enzephalitis, Cytomegalievirus-Enzephalitis, PML
  • Andere zerebrale Infektionskrankheiten: Bakterielle Meningitis
  • Autoimmunenzephalitis

Therapie

Die Therapie der Herpes-simplex-Enzephalitis muss umgehend begonnen werden, noch bevor alle diagnostischen Ergebnisse vorliegen. Unbehandelt verläuft die Erkrankung in 70-80% der Fälle letal. Die Letalität bei frühzeitiger Behandlung liegt bei ca. 20-30%.

  • Antivirale Therapie: Aciclovir ist das Mittel der Wahl. Bei Aciclovir-Resistenz kommen alternative Medikamente zum Einsatz.
  • Zusätzliche Therapieansätze: Eine neue Studie legt nahe, dass eine Kombinationstherapie aus einem antiviralen und einem entzündungshemmenden Mittel die Prognose der Patient*innen verbessern könnte. In einem dreidimensionalen Gehirn-Modell konnte gezeigt werden, dass die zusätzliche Gabe eines TNF-α-Inhibitors die Schädigung des Gewebes reduzieren kann.

Prognose

Auch bei frühzeitiger Behandlung bleiben leichte bis schwere residuale Defizite häufig. Dazu gehören:

  • Gedächtnisverlust
  • Krampfanfälle
  • Kognitive Probleme
  • Neurologische Defizite
  • Verhaltensänderungen

Herpesviren allgemein

Die Familie der Herpesviren umfasst über 200 bekannte Mitglieder, von denen neun für den Menschen spezifisch sind (Humane Herpesviren, HHV). Zu diesen gehören:

  • Herpes simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) und Typ 2 (HSV-2)
  • Varizella-Zoster-Virus (VZV)
  • Epstein-Barr-Virus (EBV)
  • Cytomegalievirus (CMV)
  • Humane Herpesviren 6A (HHV-6A), 6B (HHV-6B) und 7 (HHV-7)
  • Kaposi-Sarkom-assoziiertes Herpesvirus (KSHV)

Herpesviren begleiten den Menschen seit Millionen von Jahren. Nach der Erstinfektion, die oft unbemerkt bleibt, verbleiben die Viren lebenslang im Körper in einem Zustand der Latenz. Bei Reaktivierung, z.B. durch ein geschwächtes Immunsystem, können Krankheitssymptome auftreten.

Prävention

Da es bisher nur gegen wenige Herpesviren Impfstoffe gibt, ist die Vorbeugung von Infektionen schwierig. Wichtig sind:

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  • Hygiene: Regelmäßiges Händewaschen kann die Übertragung von HSV-1 reduzieren.
  • Vermeidung von Kontakt: Bei akutem Lippenherpes oder Genitalherpes sollte direkter Kontakt vermieden werden.
  • Impfung: Gegen Varizellen (Windpocken) und Herpes Zoster (Gürtelrose) stehen Impfstoffe zur Verfügung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Varizellenimpfung für Kinder, Jugendliche und ungeimpfte Frauen im gebärfähigen Alter. Für Personen ab 50 Jahren wird die Impfung gegen Herpes Zoster empfohlen.

Forschung

Die Forschung im Bereich der Herpesviren konzentriert sich auf die Entwicklung effektiver Impfstrategien und antiviraler Therapien. Wissenschaftler untersuchen, wie Herpesviren das Immunsystem beeinflussen und wie sie es schaffen, lebenslang im Wirt zu verweilen. Das Verständnis der molekularen Prozesse, die der antiviralen Reaktion zugrunde liegen, ist der Schlüssel zur Behandlung oder Vorbeugung schwerer Virusinfektionen.

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