Die Hirnhautentzündung (Meningitis) ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die durch Viren oder Bakterien ausgelöst werden kann. In schweren Fällen kann ein künstliches Koma als Teil der Behandlung notwendig sein. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnose und Behandlung der Hirnhautentzündung, wobei der Fokus auf der Rolle des künstlichen Komas liegt.
Was ist Hirnhautentzündung?
Hirnhautentzündung ist eine Entzündung der Hirnhäute, die das Gehirn und das Rückenmark umgeben. Die Erkrankung kann durch verschiedene Erreger verursacht werden, wobei bakterielle Infektionen als besonders gefährlich gelten. Eine bakterielle Meningitis kann innerhalb von 24 bis 48 Stunden tödlich verlaufen. Die Infektion kann auf verschiedenen Wegen zustande kommen: Verletzungen, verschleppte Krankheiten, oder durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion.
Meningitis-Alarm in Marzahner Klinik
Ein konkreter Fall aus dem Jahr 2000 verdeutlicht die Dringlichkeit bei Verdacht auf Hirnhautentzündung. Ein 15-jähriges Mädchen aus Köpenick wurde mit Verdacht auf Meningitis in das Marzahner Unfallkrankenhaus eingeliefert und isoliert auf der Intensivstation im künstlichen Koma behandelt. Da man sich auch an anderen Meningitis-Formen durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion anstecken könne, mussten alle Personen aus der Umgebung des Mädchens eine zwei bis viertägige Tabletten-Prophylaxe machen. Die Eltern und das behandelnde Klinikpersonal seien bereits informiert. Die Schule musste vom Köpenicker Gesundheitsamt alarmiert werden. Die junge Patientin lag wegen der Ansteckungsgefahr isoliert auf der Intensivstation im künstlichen Koma und wurde mit Antibiotika behandelt. Bisher konnten die Ärzte auch eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) nicht ausschließen. Bleibende Schäden wie Sprach- oder Gehstörungen konnten auch noch nicht ausgeschlossen werden.
Ursachen und Symptome
Die Ursachen einer Hirnhautentzündung sind vielfältig. Viren sind weit häufiger Grund einer Hirnhautentzündung als Bakterien. Ein häufiger Durchfallerreger, die Enteroviren, sind die häufigste virale Ursache einer akuten Meningitis. Als Komplikation einer Entzündung im benachbarten Gewebe („Durchwanderungsmeningitis“) zum Beispiel bei Ohr-, Stirn- oder Nasennebenhöhlenentzündung, einem Hirnabszess. Durch eine Streuung der Bakterien über das Blut (hämatogen) zum Beispiel bei Meningokokken oder als Streuung von einem andere Infektionsherd (Lungenentzündung, Herzklappenentzündung). Nach einer Operation (am Kopf) oder selten nach ärztlichem Eingriff zum Beispiel Injektionen entlang der Wirbelsäule.
Eine Hirnhautentzündung ist durch drei Kernbeschwerden gekennzeichnet (Trias):
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- Hohes Fieber
- Nackensteifigkeit (Meningismus)
- Kopfschmerzen
Weitere Symptome können Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörung und epileptische Anfälle sein.
Diagnose
Bei Verdacht auf Hirnhautentzündung ist eine rasche Abklärung entscheidend. Im Blut lassen sich regelhaft deutlich erhöhte Entzündungszeichen nachweisen (Anstieg von C-reaktivem Protein und Leukozyten). Bei Verdacht auf infektiöse Meningitis werden Blutkulturen abgenommen (in 60-70 Prozent fallen diese positiv für Bakterien aus) und Nervenwasser (Liquor) für die Erregerdiagnostik gewonnen. Im Nervenwasser findet sich eine typische Konstellation für eine bakterielle Entzündung: sehr viele Entzündungszellen (vornehmlich Granulozyten über 1000 Zellen/µl), ein deutlich erhöhter Eiweißgehalt (>120mg/dl) und Laktatgehalt (>4,5mmol/µl) sowie ein deutlich abgesenkter Zuckerspiegel (<5mg/dl). Mikroskopisch können durch eine Gramfärbung einer Liquorprobe Bakterien direkt nachgewiesen werden. Zudem stehen Antigennachweismethoden gegen die Bakterien zur Verfügung. Meningokokken können auch in vorliegenden Hautveränderungen mikroskopisch nachgewiesen werden.
Behandlung
Die notfallmäßige Gabe einer Kombination von Antibiotika ist entscheidend. Bei der Auswahl der Antibiotika ist es wichtig Substanzen zu wählen, die die sogenannte Blut-Hirn-Schranke überwinden können, d.h. in den Nervenwasserraum eindringen, den Erreger erreichen und abtöten. Hochdosiert wird bei bestimmten Formen der Hirnhautentzündung notfallmäßig über die Vene Kortison gegeben. Ist die Infektquelle bekannt, ist es wichtig diesen Herd chirurgisch zu sanieren. Weiter stehen Medikamente für die symptomatische Therapie zur Verfügung. Es erfolgt eine engmaschige Überwachung, in der Regel auf der Intensivstation, um weitere Komplikationen erkennen und behandeln zu können.
Künstliches Koma in der Behandlung
Schwere Hirnschädigungen oder Hirnverletzungen sind zumeist lebensbedrohlich und bedürfen häufig einer Intensivtherapie. Betroffene Patienten sind unterschiedlich stark kompromittiert, zum Teil im Koma oder werden ins künstliche Koma versetzt. Dieser Zustand kann Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern. Eine konsequente Therapie beeinflusst das Ausmaß zukünftiger kognitiver und motorischer Defizite.
Wenn es die Behandlung erfordert, werden einige Patientinnen und Patienten in der Intensivmedizin in einen „künstlichen Tiefschlaf“, ein sogenanntes künstliches Koma, versetzt. So können die behandelnden Ärztinnen und Ärzte bei einer schweren Erkrankung oder nach einem Unfall den Stoffwechsel des Gehirns herunterfahren und weitere Schäden verhindern. Gleichzeitig erspart ein künstliches Koma den Betroffenen starke Schmerzen, denn das Schmerzempfinden ist während des Tiefschlafs ausgeschaltet. Hierzu erhalten sie starke Beruhigungs- und Schmerzmedikamente und müssen künstlich ernährt sowie beatmet werden. Sobald die Behandlung der Verletzung oder der zugrundeliegenden Erkrankung abgeschlossen ist, werden die Betroffenen durch ein „Ausschleichen“ der Medikamente langsam wieder aufgeweckt.
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Oberstes Ziel jeder Therapie von Erkrankungen, Gefäßprozessen und Traumata des Zentralen Nervensystems (ZNS) ist es, die Entwicklung eines sekundären Hirnschadens zu vermeiden. Hypotensionen und Hypoxämien gehen nachweislich mit einer Verschlechterung des Outcome einher.
Komplikationen und Prognose
Die schwerste Komplikation einer Hirnhautentzündung ist der Tod. In 10 Prozent der Meningokokkeninfektionen kommt es zu einem sehr rasanten Verlauf mit inneren Blutungen (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom), was zu einem Schock mit Multiorganversagen führen kann. In 10 Prozent der Fälle einer eitrigen Meningitis entsteht eine Hirnentzündung (Zerebritis) mit entsprechenden Ausfällen wie beispielsweise Lähmungen, Gesichtsfeldeinschränkung oder Sprachstörung.
Die Dauer eines Komas hängt vom Auslöser ab und kann von wenigen Tagen über Wochen bis hin zu einem dauerhaften Zustand reichen. Leichtes Fieber. Kopfschmerzen. Als Robert Rehmann an jenem Abend ins Bett geht, ahnt er nicht, wie schwer krank er ist.
Fallbeispiele
Der Fall von Robert Rehmann, der nach einer Hirnhautentzündung ins künstliche Koma versetzt wurde, zeigt, wie lebensbedrohlich die Erkrankung sein kann. Die schnelle Reaktion der Ärzte in Memmingen und Kempten rettete sein Leben. Nach einer Reha konnte Robert wieder zur Schule gehen.
Ein anderer Fall, der im Artikel "Arzt hielt Hirnhautentzündung für Magen-Darm-Infekt: Behindert auf Rezept" beschrieben wird, verdeutlicht die Bedeutung einer korrekten Diagnose. Der Junge wurde zwölf Tage ins künstliche Koma versetzt. Die Ärzte diagnostizierten eine schwere Sepsis, verursacht durch eine bakterielle Meningitis. Mit anderen Worten: eine Hirnhautentzündung und eine Blutvergiftung. Sein Leben können die Ärzte retten, Jeremys Gliedmaßen nicht. Durch die Sepsis wurden Beine und Finger nicht mehr durchblutet.
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Prävention
Impfungen gegen Haemophilus influenzae, Pneumokokken und bestimmte Meningokokken stehen zur Verfügung. Durch die Impfung gegen Haemophilus influenzae ist es bei Kindern in den letzten Jahren zu deutlich weniger Hirnhautentzündungen durch diesen Erreger gekommen.
Das Erkrankungsrisiko von engen Kontaktpersonen bei Infektion mit Haemophilus influenzae oder Meningokokken ist um 200 bis 1000fach erhöht. Daher ist dringend die Einnahme von Antibiotika als Chemoprophylaxe angeraten. Ideal ist eine Einnahme innerhalb der ersten 24 Stunden. Die Chemoprophylaxe ist aber bis zu 10 Tagen nach Kontakt mit dem Patienten sinnvoll.
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