Trotz erheblicher Fortschritte in der Akutversorgung durch Thrombolyse, Thrombektomie und andere Maßnahmen bleibt der Schlaganfall die dritthäufigste Ursache lang anhaltender Behinderungen weltweit. Die absoluten Zahlen der schlaganfallbedingten, verlorenen Lebensjahre durch Mortalität oder Morbidität (krankheitsbereinigte Lebensjahre, disability-adjusted life years [DALY]) haben sich in den letzten 30 Jahren aufgrund der steigenden Lebenserwartung und des Bevölkerungswachstums fast verdoppelt. Bis 2050 wird zudem ein weiterer relevanter Anstieg dieser Zahlen prognostiziert. Bis zu 80 % der Patienten mit initial schweren Schlaganfallsymptomen weisen auch nach 5 Jahren relevante Beeinträchtigungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens auf. Daher ergibt sich eine dringliche Notwendigkeit im Hinblick auf eine Optimierung von Rehabilitationsansätzen zum Wiedergewinn verlorener Funktionen.
Motorische Reorganisation und Erholung nach Schlaganfall
Reorganisation und Funktionserholung nach einem Schlaganfall sind zeitabhängige Prozesse, welche einen nichtlinearen Verlauf aufweisen und mit der Schwere des initialen Defizits zusammenhängen. Bereits innerhalb der ersten Stunden nach Auftreten einer zerebralen Ischämie führt eine Kaskade von zellulären Mechanismen zu dendritischem Wachstum, axonaler Sprossung und der Bildung neuer Synapsen, die die Grundlage von Neuroplastizität bilden. Die größte funktionelle Verbesserung wiederum tritt charakteristischerweise innerhalb der ersten Wochen nach einem Schlaganfall auf. Aus tierexperimentellen Studien ist bekannt, dass dieser Zeitraum durch ein erhöhtes Maß an Neuroplastizität gekennzeichnet ist. Nach 3-6 Monaten wird insbesondere für motorische Defizite zumeist ein Plateau erreicht mit anschließend nur noch marginalem Funktionszugewinn. Dennoch ist auch für diese Phase gezeigt worden, dass Training oder andere therapeutische Interventionen das Outcome schlaganfallbedingter Defizite verbessern können.
Neuronale Aktivität ist auch in der nicht betroffenen Hirnhälfte verändert
Über den zeitlichen Einflussfaktor hinaus ist das Ausmaß der funktionellen Erholung nach einem Schlaganfall geprägt von einer hohen interindividuellen Variabilität. Neben bekannten Einflussfaktoren wie Alter, Komorbiditäten, Grad der Betroffenheit, Läsionsgröße und -lokalisation sowie Qualität und Quantität der nach dem Ereignis erhaltenen Rehabilitationsmaßnahme reichen interindividuelle Unterschiede in der Funktionserholung deutlich über diese Erklärungsmodelle hinaus. Ein tiefgreifendes Verständnis der neuronalen Veränderungen sowie der sich anschließenden Reorganisationsprozesse nach einem Schlaganfall und der Ursachen der individuellen Erholungsprofile ist jedoch von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung spezifischer Behandlungsmethoden zur Verbesserung der funktionellen Ergebnisse nach einem Schlaganfall.
In den vergangenen 20 Jahren hat es insbesondere die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) ermöglicht, Veränderungen der Aktivität und Konnektivität von Hirnregionen, die der Wiederherstellung von Funktionen nach einem Schlaganfall zugrunde liegen, nichtinvasiv zu messen. Ein über verschiedene Studien hinweg konsistentes Ergebnis ist es, dass die Aktivität nicht nur in der läsionierten Hemisphäre, sondern auch in der nicht betroffenen, kontraläsionellen Hemisphäre verändert ist. Eine Aktivitätssteigerung kontraläsionaler sensomotorischer Areale ist bereits innerhalb der ersten Tage nach einem Schlaganfall zu beobachten, insbesondere bei Patienten mit schwergradigen Defiziten. Demgegenüber ist die neuronale Aktivität der ipsiläsionalen Hemisphäre bei schwer betroffenen Patienten in den ersten Tagen nach einer zerebralen Ischämie in der Regel abgeschwächt. Während in der frühen Phase nach Schlaganfall eine Zunahme der Hirnaktivität sowohl in den ipsi- als auch in den kontraläsionalen Arealen mit funktioneller Erholung zusammenhängen, haben longitudinale Studien gezeigt, dass der Rückgang der initialen Überaktivität auf das Niveau von gleichaltrigen gesunden Kontrollprobanden mit guter Erholung assoziiert ist. Im Gegensatz dazu finden sich bei einigen Patienten mit einer über Monate persistierenden Überaktivität Hinweise, dass vor allem die Aktivitätssteigerungen in der nicht geschädigten Hemisphäre mit hemmenden Einflüssen einhergehen, insbesondere bei Patienten mit einem eher schlechten Outcome.
Unterstützung der Funktionserholung nach Schlaganfall mit rTMS
Die Erholung von schlaganfallbedingten Defiziten stellt eine Kombination spontaner und lernabhängiger Prozesse dar. Ein zentraler Pfeiler der Rehabilitation liegt in der Anwendung trainingsbasierter Interventionen wie Physio-, Ergo- und Sprachtherapie. Die (patho)physiologische Grundlage hierbei ist, dass durch regelmäßiges Beüben spezifischer Funktionen entsprechende Wachstumsfaktoren im Gehirn freigesetzt werden und die Synaptogenese fazilitiert wird, was wiederum zu Reorganisation und Neubildung von Netzwerken führt. Eine ergänzende Therapiestrategie liegt in der Behandlung veränderter Netzwerkstrukturen mittels nichtinvasiver Hirnstimulationsverfahren, um kortikale Erregbarkeit zu modulieren, neuronale Plastizität zu fördern und so defiziente Netzwerke zu verändern und letztlich die Funktionserholung zu verbessern.
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Die transkranielle Magnetstimulation (TMS) ist in diesem Rahmen ein in den letzten 20 Jahren sehr gut etabliertes Verfahren, um nichtinvasiv die kortikale Aktivität zu beeinflussen. Bei der TMS wird über eine auf dem Kopf aufliegende Spule ein starkes Magnetfeld generiert, welches ungehindert die Schädeldecke passieren und im Hirngewebe ein elektrisches Feld induzieren kann. Dieses führt zur Depolarisation von Neuronen und über Veränderungen des Nervenzellstoffwechsels zur Augmentation von Neuroplastizität. Hervorzuheben ist ferner, dass sich neben der Modifikation der lokalen Erregbarkeit TMS-induzierte Veränderungen auch auf zwischengeschaltete Hirnregionen ausbreiten und so die Aktivität innerhalb des gesamten funktionellen Netzwerkes einer lokal stimulierten Region beeinflussen. Die TMS ist eine schmerzfreie Behandlungsmethode für Schlaganfallpatienten. Eine TMS-Behandlungssitzung dauert bis zu 30 Minuten. Die TMS-Therapie kann eine Verbesserung von Schlaganfallsymptomen begünstigen; vorrangig die Funktionsfähigkeit von Armen und Händen. In wenigen Fällen können leichte Kopfschmerzen nach der Behandlung auftreten.
Bei der repetitiven TMS (rTMS) induziert und nutzt man therapeutisch Nacheffekte, welche durch eine Serie von in der Regel mehreren 100 TMS-Pulsen hervorgerufen werden und deren Wirkung die Zeit der reinen Stimulation überdauern. In Abhängigkeit von den Stimulationsparametern kann dabei eine die Erregbarkeit inhibierende oder fazilitierende Wirkung unterschieden werden. In der Regel wird davon ausgegangen, dass Pulsfrequenzen ≤ 1 Hz die kortikale Erregbarkeit reduzieren, während Frequenzen ≥ 5 Hz die Erregbarkeit steigern. Darüber hinaus existieren auch repetitive Protokolle, bei denen die Pulsfolgen in spezifischen Mustern appliziert werden und welche gegenüber den ‚klassischen‘ Protokollen vor allem einen deutlichen Zeitvorteil bieten und so für den klinischen Einsatz im rehabilitativ-therapeutischen Setting relevant sind. Das etablierteste Protokoll stellt die Theta-Burst-Stimulation (TBS) dar, die in wenigen Minuten eine Erregbarkeitsänderung hervorrufen kann. Hier führen kontinuierliche Pulsfolgen (cTBS) in der Regel zu einer Abnahme der kortikalen Erregbarkeit und intermittierende, von Pausen unterbrochene Pulsfolgen (iTBS) zur Steigerung kortikaler Erregbarkeit.
Metaanalyse zeigt gute Effekte bei Anwendung in den ersten 3 Monaten
In den vergangenen Jahren konnte in einer Reihe von Primärstudien sowie in darauf basierenden systematischen Reviews und Metaanalysen nachgewiesen werden, dass rTMS, vor allem wenn sie mehrfach appliziert und in Kombination mit Physiotherapie eingesetzt wird, motorische Defizite reduzieren kann. So konnte innerhalb der ersten Wochen nach Schlaganfall wiederholt ein Vorteil der hochfrequenten rTMS beziehungsweise iTBS über dem ipsiläsionellen primär motorischen Kortex (M1) für die motorische Erholung gezeigt werden. Ähnliches gilt für den zweiten therapeutischen Ansatzpunkt, eine inhibitorische rTMS über dem kontraläsionellen M1. Hier konnte in der Arbeitsgruppe der Autoren beispielsweise gezeigt werden, dass 1- Hz-rTMS nicht nur die motorische Funktion der paretischen Hand verbesserte, sondern dass diese Verbesserung auch mit einer Reduktion der Überaktivität sowie mit pathologischen Inhibitionsphänomenen assoziiert war. Dementsprechend findet auch eine kürzlich erschienene Metaanalyse für den Effekt sowohl der hochfrequenten als auch der niedrigfrequenten rTMS innerhalb der ersten 3 Monate nach Schlaganfall auf der Basis von 33 Studien und 1 459 Patienten signifikante Effektgrößen für eine Verbesserung der Funktion der oberen Extremität.
Studienlage zum langfristigen rTMS-Effekt ist heterogen
Dagegen ist die Datenlage hinsichtlich der rTMS-Wirkung im Zeitfenster von 3-6 Monaten nach dem Schlaganfall-Onset deutlich heterogener: Für die frühe chronische Phase nach Schlaganfall hatten erste Studien in kleinen Patientenkollektiven ebenfalls einen Effekt einer niedrigfrequenten inhibitorischen rTMS über dem kontraläsionalen Motorkortex auf die motorische Erholung gezeigt. Doch konnten diese Ergebnisse 2018 in der NICHE-Studie mit einer für das Forschungsfeld hohen Patientenanzahl (199 Patienten) nicht bestätigt werden. Damit übereinstimmend konnten Hofmeijer und Kollegen in der Metaanalyse für die Anwendung von rTMS mehr als 3 Monate nach Schlaganfall keinen eindeutigen Befund hinsichtlich der Unterstützung der motorischen Erholung finden. Während in 13 Studien mit insgesamt 583 Patienten kein Effekt auf die Funktionsverbesserung der oberen Extremität gefunden werden konnte, verbesserten sich die Muskelsynergien des Armes in 467 Patienten aus 8 Studien. Explizit hervorzuheben ist, dass die evidenzbasierten Leitlinien für den therapeutischen Einsatz der rTMS 2020 der inhibitorischen kontraläsionalen rTMS eine Level-A- und der hochfrequenten ipsiläsionalen rTMS eine Level-B-Wirksamkeit für die Unterstützung der motorischen Erholung innerhalb der subakuten Phase nach Schlaganfall ausgesprochen hat. Des Weiteren bestätigte auch die S3-Leitlinie „Rehabilitative Therapie bei Armparese nach Schlaganfall“ den Nutzen beider Stimulationsprotokolle in der subakuten Phase nach Schlaganfall mit Evidenz 1 a.
Die obigen Studien werden limitiert durch die in der Regel sehr kleinen Stichprobengrößen, die in den meist eher technisch aufwendigen Designs sowie vielen Ein- und Ausschlusskriterien begründet sind. Zudem werden Effekte durch eine große interindividuelle Variabilität beeinflusst. Bereits bei gesunden Personen finden sich relevante Unterschiede hinsichtlich der durch die rTMS induzierten Nacheffekte auf die kortikale Erregbarkeit sowie motorische Performanz, welche durch Faktoren wie beispielsweise genetische Polymorphismen im Glutamat-Rezeptor oder Unterschiede in der anatomischen und funktionellen Struktur der stimulierten Region beeinflusst werden. So wurde beispielsweise gezeigt, dass das Theta-Burst-Protokolle nur circa bei der Hälfte der Probanden die erwarteten Nacheffekte auslösen kann.
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Für eine therapeutische Applikation zur Förderung der Funktionserholung ist daher davon auszugehen, dass sich die interindividuellen Unterschiede der TMS-Effekte mit der Heterogenität, welche der Erkrankung des Schlaganfalls hinsichtlich Läsionsgröße oder -lokalisation immanent ist, sowie der zuvor ausgeführten Variabilität der neuronalen Reorganisation durch individuelle Faktoren potenzieren. Dies unterstreicht, dass die Entwicklung eines personalisierten Stimulationsprotokolls das übergeordnete Ziel sein sollte, bei der die aktuelle Netzwerkpathologie ausgelesen werden kann, sodass darauf basierend dann das geeignete Hirnstimulationsverfahren ausgewählt werden kann.
Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) als Alternative
Neben der rTMS existiert eine weitere nicht-invasive Hirnstimulationsmethode, die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS). Hierbei wird ein schwacher, konstanter Gleichstrom über Elektroden auf der Kopfhaut appliziert, um die Erregbarkeit von Hirnarealen zu modulieren. Studien zur tDCS bei Schlaganfallpatienten haben vielversprechende Ergebnisse gezeigt, insbesondere in Kombination mit Robotersystemen und virtueller Realität.
Anwendung von tDCS in Kombination mit Robotersystemen
Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig, der Universitätsmedizin Halle und der Charité - Universitätsmedizin Berlin haben herausgefunden, dass eine nicht-invasive Stimulation des Gehirns mit Gleichstrom über Elektroden, die auf dem Kopf angebracht werden, deutliche Effekte auf die beeinträchtigte Motorik hat. In ihrem Labor setzten sie ein speziell auf die PatientInnen anpassbares Robotersystem (Exoskelett) ein, mit dem es ihnen möglich war, den gelähmten Arm zu bewegen und Aufgaben in einer virtuellen Umgebung auszuführen. Während die Testpersonen mit den virtuellen Objekten interagierten, wurde über Elektroden auf der Kopfhaut ihr Gehirn stimuliert. Die Daten zeigen, dass sensomotorische Funktionen des gelähmten Arms deutlich durch tDCS beeinflusst werden. Die Veränderungen in den Hirnbereichen variierten jedoch in Abhängigkeit von der Aufgabe und der Elektrodenanordnung. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer genauen Untersuchung und individualisierten Anwendung der Hirnstimulation vor der Behandlung.
tDCS zur Verbesserung der Sprachfähigkeit bei Aphasie
Auch im Bereich der Sprachtherapie gibt es erste Anhaltspunkte dafür, dass der Einsatz von tDCS bei Aphasie-Patienten zu Verbesserungen beim Benennen von Gegenständen führt. Prof. Agnes Flöel von der Charité Berlin erforschte mit ihrem Team einen neuen Therapieansatz - die transkranielle Gleichstromstimulation. Die Ergebnisse sind vielversprechend: „Die elektrischen Hirnstimulationen verbessern die Fähigkeit, Gegenstände zu benennen und einzuordnen. Das hilft den Patientinnen und Patienten, Alltagssituationen besser zu bewältigen - in der Familie, aber auch beim Einkaufen oder im Austausch mit Ärztinnen und Ärzten“, so Flöel. Die transkranielle Gleichstromstimulation funktioniert wie eine Starthilfe für die Reorganisation des Sprachzentrums: „Intakte Hirnregionen übernehmen die Aufgaben zerstörter oder geschädigter Areale und kompensieren so die Funktionsverluste im Sprachzentrum. Der Stromfluss stimuliert diese Kompensation, ist also eine Hilfe zur Selbsthilfe für das Gehirn“, erläutert Flöel.
Die Rolle der Neuroplastizität und individuellen Faktoren
Das alte und geschädigte Gehirn des Menschen besitzt ein Potential zur Plastizität und Anpassung, das sich für die Rehabilitation nutzen lässt. Die neuronale Reorganisation ist der entscheidende Faktor für die funktionelle Erholung nach einem Schlaganfall. Diese Reorganisation hängt sowohl von zellulären als auch von Netzwerkfaktoren innerhalb des Gehirns ab. Die Analyse von Neuroimaging-Daten ermöglicht es, die spezifischen Beiträge einzelner Hirnareale zu diesem Prozess in vivo zu bewerten. Konnektivitätsanalysen spielen dabei eine wichtige Rolle, um die Auswirkungen des Schlaganfalls auf zerebrale Netzwerke zu untersuchen und zu verstehen, warum sich einige PatientInnen besser erholen als andere. Durch die Nutzung einer stetig wachsenden Menge an patientenbezogenen Daten mithilfe der künstlichen Intelligenz (KI) können Algorithmen-basierte Ergebnisvorhersagen zum individuellen Verlauf eines Schlaganfalls berechnet werden.
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Fazit und Ausblick
Auch wenn die Datenlage weiterhin als heterogen anzusehen ist, verdichten sich die Befunde, dass die Anwendung der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) einen Vorteil für die Funktionserholung der Patienten, insbesondere in den ersten Monaten nach einem Schlaganfall, bewirken kann. Ebenso zeigen Studien zur transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS) in Kombination mit Robotersystemen und virtueller Realität vielversprechende Ergebnisse.
Es fehlt weiterhin an großen prospektiven Studien, um einen breiten flächendeckenden Einsatz zu rechtfertigen. Daher bleibt die rTMS hinsichtlich des klinischen Einsatzes in der Schlaganfallrehabilitation spezialisierten Zentren, idealerweise im Rahmen von Studien, vorbehalten.
Dennoch ist mittelfristig wegen der zunehmend positiven Datenlage und dem insgesamt günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis davon auszugehen, dass die rTMS einen festen Bestandteil in der Therapie von Schlaganfallpatienten darstellen wird, ähnlich wie sie bereits im stationären Setting bei der Depression eingesetzt und über Zusatzentgelte vergütet wird. Auch bieten bereits verschiedene medizinische Fachgesellschaften Ausbildungscurricula und Zertifikate für den therapeutischen Einsatz der repetitiven TMS an, unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN).
Aktuelle Studien arbeiten an der Personalisierung basierend auf Biomarkern oder sogenannten „Closed-Loop-Stimulation“, bei der in Echtzeit mit Elektroenzephalografie der optimale Stimulationszeitpunkt bestimmt wird und darauf abgestimmt eine individuell abgestimmte Stimulation erfolgt. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob durch diese auf den Patienten zugeschnittene Hirnstimulation die Therapieeffekte verbessert werden können und somit ein breiter Einsatz dieses Verfahrens gerechtfertigt werden kann.
Künstliche Intelligenz und personalisierte Therapieansätze
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Kombination mit neurophysiologischen Daten oder Neuroimaging könnte zukünftig maßgeblich dazu beitragen, die Behandlungsergebnisse nach einem Schlaganfall zu verbessern. Die Präzisionsmedizin profitiert zunehmend von immer genaueren KI-Ansätzen, die Faktoren offenlegen, welche eine schnelle Regeneration oder einen komplizierten Verlauf begünstigen können. „Diese Informationen ermöglichen es, die Therapien individuell anzupassen und die Rehabilitationszeit zu verkürzen, ohne dabei Abstriche bei den Behandlungsergebnissen machen zu müssen“, wie Grefkes-Hermann erklärt.
Die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit
Die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten erfordert einen interdisziplinären Ansatz, der Ärzte, Therapeuten und Angehörige einbezieht. Die Dauer einer Schlaganfall-Rehabilitation ist abhängig von vielerlei Faktoren wie Ort der Schädigung, Schweregrad der Symptome, dem Auftreten von Neglect (Aufmerksamkeitsstörung), von Begleiterkrankungen und Risikofaktoren sowie von dem sozialen Netzwerk des Patienten, d.h. der Unterstützung durch sein Umfeld und der Vorbildung. Viele Patienten und auch ein Teil der Angehörigen entwickeln im Verlauf der Rehabilitation eine Depression, die behandelt werden muss.
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