Tiefe Hirnstimulation bei Parkinson: Ein umfassender Überblick

Die Tiefe Hirnstimulation (THS), im anglo-amerikanischen Raum als Deep Brain Stimulation (DBS) bekannt, ist eine etablierte Therapieoption zur Behandlung der Parkinson-Krankheit und anderer Bewegungsstörungen. Seit der ersten Anwendung in den späten 1980er Jahren hat sich die THS zu einer weltweit eingesetzten und hocheffektiven Behandlungsmethode entwickelt.

Einführung in die Tiefe Hirnstimulation

Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein neurochirurgisches Verfahren, bei dem Elektroden in bestimmte Hirnregionen implantiert werden, um elektrische Impulse abzugeben. Diese Impulse modulieren die Aktivität der Nervenzellen und können so die Symptome verschiedener neurologischer Erkrankungen, insbesondere der Parkinson-Krankheit, lindern.

Parkinson-Krankheit und ihre Behandlung

Morbus Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die durch den Verlust von dopaminproduzierenden Zellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff, der für die Steuerung von Bewegungen unerlässlich ist. Ein Mangel an Dopamin führt zu den typischen Parkinson-Symptomen wie Tremor (Zittern), Rigor (Muskelsteifheit), Akinese (Bewegungsverlangsamung) und posturaler Instabilität (Gleichgewichtsstörungen).

Medikamentöse Therapie

In den frühen Stadien der Parkinson-Krankheit können Medikamente, insbesondere Levodopa, die Dopaminproduktion im Gehirn erhöhen und die Symptome wirksam kontrollieren. Im Laufe der Zeit lässt die Wirkung der Medikamente jedoch oft nach, und es treten motorische Komplikationen wie Wirkfluktuationen (Wechsel zwischen "ON"- und "OFF"-Phasen) und Dyskinesien (unwillkürliche Bewegungen) auf.

Tiefe Hirnstimulation als Therapieoption

Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist eine alternative Behandlungsmöglichkeit für Parkinson-Patienten, bei denen die medikamentöse Therapie nicht mehr ausreichend wirkt oder zu unerträglichen Nebenwirkungen führt. Die THS kann die Symptome der Parkinson-Krankheit deutlich verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen erhöhen.

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Funktionsweise der Tiefen Hirnstimulation

Bei der THS werden feine Elektroden in spezifische Zielgebiete im Gehirn implantiert, meist in den Nucleus subthalamicus (STN) oder den Globus pallidus internus (GPi). Diese Elektroden sind über Kabel mit einem Neurostimulator verbunden, der unter der Haut im Brustbereich oder Bauchraum platziert wird. Der Neurostimulator sendet kontinuierlich elektrische Impulse an die Zielgebiete im Gehirn, wodurch die Aktivität der Nervenzellen moduliert wird.

Die genaue Wirkungsweise der THS ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass die hochfrequente elektrische Stimulation die Aktivität der überaktiven Nervenzellen in den Zielgebieten hemmt und so die Symptome der Parkinson-Krankheit reduziert. Die THS beeinflusst die Netzwerke der Basalganglien und ermöglicht eine bessere Bewegungssteuerung.

Indikationen für die Tiefe Hirnstimulation bei Parkinson

Die THS ist indiziert bei Parkinson-Patienten, die folgende Kriterien erfüllen:

  • Fortgeschrittene Parkinson-Krankheit mit motorischen Komplikationen (Wirkfluktuationen, Dyskinesien)
  • Unzureichende Symptomkontrolle mit Medikamenten
  • Akzeptable allgemeine Gesundheit und keine schwerwiegenden psychischen Erkrankungen
  • Realistische Erwartungen an die Behandlungsergebnisse

Vorteile der Tiefen Hirnstimulation

Die THS kann folgende Vorteile für Parkinson-Patienten bieten:

  • Reduktion von Tremor, Rigor und Akinese
  • Verbesserung der Beweglichkeit und Koordination
  • Verringerung von Wirkfluktuationen und Dyskinesien
  • Reduktion der Medikamentendosis und damit verbundener Nebenwirkungen
  • Erhöhung der Lebensqualität und Selbstständigkeit

Ablauf der Tiefen Hirnstimulation

Voruntersuchungen und Evaluation

Vor der THS-Operation sind umfangreiche Voruntersuchungen und eine sorgfältige Evaluation erforderlich, um die Eignung des Patienten für das Verfahren festzustellen. Dazu gehören:

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  • Neurologische Untersuchung zur Beurteilung der Parkinson-Symptome und des Ansprechens auf Medikamente
  • Bildgebung des Gehirns (MRT) zur Bestimmung der genauen Lage der Zielgebiete
  • Neuropsychologische Tests zur Beurteilung der kognitiven Funktionen
  • Psychiatrische Untersuchung zum Ausschluss von Kontraindikationen

Operation

Die THS-Operation wird in der Regel in zwei Schritten durchgeführt:

  1. Implantation der Elektroden: Unter örtlicher Betäubung und leichter Sedierung wird ein stereotaktischer Rahmen am Kopf des Patienten befestigt, um die präzise Positionierung der Elektroden im Gehirn zu gewährleisten. Anschließend werden kleine Löcher in die Schädeldecke gebohrt, und die Elektroden werden in die Zielgebiete im Gehirn eingeführt. Während der Operation wird die Wirkung der Stimulation auf die Parkinson-Symptome getestet, um die optimale Lage der Elektroden zu bestimmen.
  2. Implantation des Neurostimulators: In einer zweiten Operation unter Vollnarkose wird der Neurostimulator unter die Haut im Brustbereich oder Bauchraum implantiert. Die Elektroden werden mit dem Neurostimulator verbunden.

Nachsorge und Programmierung

Nach der Operation erfolgt eine mehrtägige stationäre Nachsorge, in der der Neurostimulator aktiviert und die Stimulationsparameter individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Die Programmierung des Neurostimulators erfordert viel Erfahrung und Geduld, da die optimale Einstellung der Stimulationsparameter von Patient zu Patient unterschiedlich ist.

Die Patienten erhalten eine Fernbedienung, mit der sie den Neurostimulator selbst ein- und ausschalten und die Stimulationsstärke anpassen können. Regelmäßige Nachuntersuchungen und Anpassungen der Stimulationsparameter sind erforderlich, um den langfristigen Therapieerfolg zu gewährleisten.

Risiken und Nebenwirkungen der Tiefen Hirnstimulation

Wie bei jedem chirurgischen Eingriff birgt auch die THS gewisse Risiken und Nebenwirkungen. Zu den möglichen Komplikationen gehören:

  • Hirnblutung
  • Infektion
  • Fehlplatzierung der Elektroden
  • Technische Defekte des Neurostimulators
  • Neurologische Nebenwirkungen (z. B. Sprachstörungen, Sensibilitätsstörungen, Bewegungsstörungen)
  • Psychiatrische Nebenwirkungen (z. B. Depressionen, Angstzustände, Verhaltensänderungen)

Die meisten Komplikationen sind jedoch selten und können durch sorgfältige Planung und Durchführung der Operation sowie durch eine engmaschige Nachsorge vermieden oder behandelt werden.

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Innovationen in der Tiefen Hirnstimulation

Die THS-Technologie hat sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Zu den neueren Innovationen gehören:

  • Direktionale Elektroden: Diese Elektroden ermöglichen eine gezieltere Stimulation der Zielgebiete und können Nebenwirkungen reduzieren.
  • Adaptive THS: Diese Systeme passen die Stimulation automatisch an die individuellen Bedürfnisse des Patienten an und können so die Therapieeffektivität verbessern.
  • Miniaturisierte Neurostimulatoren: Diese kleineren und leichteren Geräte sind angenehmer für die Patienten zu tragen.
  • Softwarebasierte Stimulationseinstellung: Eine von der Charité - Universitätsmedizin Berlin entwickelte Software namens StimFit berechnet auf Basis radiologischer Bilddaten des Gehirns der Patient:innen Vorschläge für eine individuelle Stimulationseinstellung, die zu einer Verbesserung der Symptome führen soll.

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