Ein Schlaganfall ist eine plötzliche Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu Schäden an den Nervenzellen führt. Dabei ist ein hoher Blutzucker nach einem Schlaganfall ein häufiges und komplexes Problem, das sowohl Ursachen als auch Folgen hat, die das Ergebnis und die Rehabilitation des Patienten beeinflussen können.
Die Bedeutung der Blutzuckerkontrolle nach einem Schlaganfall
Ein hoher Blutzuckerwert bei einem akuten Schlaganfall geht mit einem schlechteren Ausgang einher. Aus diesem Grund wurden wiederholt Versuche unternommen, den Ausgang des Schlaganfalls durch eine strikte Blutzuckereinstellung unmittelbar nach dem Ereignis zu verbessern. Die SHINE-Studie untersuchte beispielsweise 1151 Patienten mit erhöhten Blutzuckerwerten innerhalb von 12 Stunden nach einem Schlaganfall. Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip über 72 Stunden entweder auf einen Blutzuckerbereich von 80-130 mg/dl oder auf einen Zielbereich von 80-179 mg/dl eingestellt. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Symptome in beiden Gruppen ähnlich verbesserten und es keinen Unterschied im Barthel-Index, einem Parameter für körperliche und geistige Beeinträchtigung, gab. Diese Studie deutet darauf hin, dass eine aggressive Blutzuckereinstellung bei Patienten mit akutem Schlaganfall nicht von Vorteil ist und das Risiko einer Unterzuckerung erhöht. Eine Unterzuckerung kann die Rehabilitation beeinträchtigen. Daher wird innerhalb der ersten drei Tage nach einem Schlaganfall ein Zielbereich von 80 bis 179 mg/dl (4,4-9,9 mmol/l) empfohlen.
Ursachen für erhöhten Blutzucker nach einem Schlaganfall
Mehrere Faktoren können zu einem erhöhten Blutzucker nach einem Schlaganfall beitragen:
- Vorhandener Diabetes mellitus: Patienten mit bekanntem Diabetes haben häufiger Schlaganfälle und ein höheres Risiko für Infektionskomplikationen. Diabetes mellitus, auch Zuckerkrankheit genannt, ist eine Stoffwechselerkrankung, die durch chronisch erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) charakterisiert ist. Bei Menschen mit Diabetes mellitus kommt es letztlich zu einer beschleunigten Entwicklung einer Arterienverkalkung (Arteriosklerose), d.h. durch Ablagerungen an den Gefäßwänden zur Verengung der Gefäße, was das Risiko eines Schlaganfalls erhöht. Menschen mit Diabetes haben ein zwei- bis dreifach erhöhtes Schlaganfallrisiko.
- Stressreaktion: Ein Schlaganfall stellt eine erhebliche Belastung für den Körper dar. Als Reaktion darauf können Stresshormone freigesetzt werden, die den Blutzuckerspiegel erhöhen.
- Medikamente: Einige Medikamente, die nach einem Schlaganfall eingesetzt werden, wie z. B. Kortikosteroide, können den Blutzuckerspiegel erhöhen.
- Inaktivität: Nach einem Schlaganfall kann die körperliche Aktivität eingeschränkt sein, was zu einer Insulinresistenz und einem erhöhten Blutzucker führen kann.
- Dysregulation des Glukosestoffwechsels: Das Vorherrschen von Störungen des Glukosestoffwechsels nach einem Schlaganfall wurde bis heute noch nicht hinreichend untersucht und gilt bis heute als unterschätztes Problem. In einer Studie wurden 238 Patienten nach einem Schlaganfall mittels oralen Glukose-Toleranz-Tests (oGTT) untersucht. Es zeigte sich, dass 20,2 Prozent der untersuchten Patienten einen bekannten Diabetes hatten, 23,1 Prozent eine verschlechterte Glukosetoleranz, bei 0,8 Prozent fand sich ein verschlechterter Nüchternglukosewert und nur 19,7 Prozent hatten normale Glukosewerte. Weitere 19,7 Prozent zeigten erhöhte Blutzuckerspiegel in der ersten Woche (eine so genannte transiente Hyperglykämie) oder konnten aufgrund fehlender Daten nicht zugeordnet werden.
Risiken von hohem Blutzucker nach einem Schlaganfall
Ein unkontrollierter hoher Blutzucker nach einem Schlaganfall kann verschiedene negative Auswirkungen haben:
- Verschlechterung der neurologischen Funktion: Hyperglykämie kann die Schädigung von Nervenzellen im Gehirn verstärken und die neurologische Funktion beeinträchtigen.
- Erhöhtes Risiko für Komplikationen: Hoher Blutzucker kann das Risiko für Infektionen, Wundheilungsstörungen und andere Komplikationen erhöhen.
- Verlängerte Krankenhausaufenthaltsdauer: Patienten mit hohem Blutzucker benötigen häufig eine längere Krankenhausbehandlung.
- Schlechtere Rehabilitation: Ein unkontrollierter Blutzucker kann die Fortschritte in der Rehabilitation behindern.
- Erhöhtes Demenzrisiko: Seit den 90iger Jahren ist bekannt, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko aufweisen. Hohe Blutzuckerspiegel schädigen die Hirngefäße und führen zu Ablagerungen an den Gefäßwänden, die die Gefäße verengen und die Blutzufuhr und damit die Versorgung der Gehirnzellen mit Nährstoffen drosseln. Das kann zu verschiedenen Einschränkungen führen - je nachdem welcher Teil des Gehirns „unterversorgt“ ist - und am Ende sogar eine vaskuläre Demenz nach sich ziehen.
Prävention von Schlaganfällen durch Blutzuckerkontrolle
Da Diabetes mellitus sowie die typischen Begleiterscheinungen wie Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen die Blutgefäße und damit die Funktion vieler Organe schädigen, ist es wichtig, den Blutzucker zu kontrollieren, um Schlaganfällen vorzubeugen. Die richtige Diabetes-Behandlung kann einen Schlaganfall verhindern und ist somit eine sehr effektive Präventionsmaßnahme. Der normale Blutzuckerspiegel soll dabei nüchtern zwischen 60 und 110 mg/dl (3,3 bis 6,1 mmol/l) liegen. Hierzu stehen dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin entsprechende Medikamente wie orale Antidiabetika, aber auch Insuline und Inkretinmimetika zur Verfügung. Zusätzlich ist auf eine ausgewogene Ernährung mit Vermeidung von regelmäßigem und übermäßigem Kohlenhydratkonsum sowohl präventiv wie auch kurativ zu achten. Auch regelmäßige Bewegung (Schwimmen, Radfahren, Jogging, Walking etc.) gehört unbedingt zu einer ganzheitlichen Therapie des Diabetes. Blutzuckerkontrollen sowie die Einstellung der Blutzuckerwerte erfolgen durch den behandelnden Arzt bzw. die behandelnde Ärztin. Zusätzlich sollen die Patientinnen und Patienten im Umgang mit ihrer Erkrankung geschult werden (Blutzuckerselbstkontrollen, Medikamenteneinnahme, Ernährungsschulung etc.).
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Prädiabetes als Risikofaktor
Bereits leicht erhöhte Blutzuckerwerte bei der Vorstufe von Diabetes schaden den kleinen und großen Blutgefäßen. Deswegen ist auch schon bei Prädiabetes die Gefahr von Schlaganfällen erhöht. Prädiabetes bezeichnet ein Diabetes-Vorstadium, bei dem die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist, der Blutzuckerwert aber bereits erhöht ist. Per Definition liegen dann die morgendlichen Blutzuckerwerte zwischen 100 und 125 mg/dl und der HbA1c zwischen 5,7 und 6,4 Prozent. Wenn Prädiabetes vorliegt, ist das Risiko an Typ-2-Diabetes zu erkranken deutlich erhöht. Außerdem ist die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall größer. Das liegt an Schädigungen an den kleinen und großen Blutgefäßen aufgrund der erhöhten Zuckerwerte.
Eine Studie hat die Bedeutung von Prädiabetes für ischämische Schlaganfälle untersucht. Dabei zeigte sich, dass über sechs von zehn der Teilnehmer entweder Diabetes oder Prädiabetes hatten. Diejenigen mit Prädiabetes erlitten vor allem sogenannte lakunäre Infarkte. Damit sind kleinere Hirninfarkte gemeint, die auf Veränderungen der kleinen Blutgefäße beruhen. Häufig waren auch atherosklerotische Infarkte, bei denen Kalkablagerungen in den Gefäßen vorliegen. Die Wissenschaftler schlagen deswegen vor, Prädiabetes nicht nur als Vorstufe von Diabetes zu sehen, sondern auch als einen bislang unterschätzten Risikofaktor für Schlaganfälle.
Maßnahmen zur Vorbeugung von Prädiabetes und Diabetes Typ 2
Die Entstehung des Typ-2-Diabetes wird jedoch durch verschiedene Risikofaktoren gefördert, die teilweise mit den Lebensgewohnheiten in Verbindung stehen:
- falsche Ernährung
- Übergewicht
- mangelnde körperliche Aktivität
- höheres Lebensalter
- genetische Veranlagung
Bereits kurze Sparziergänge von wenigen Minuten nach dem Essen können den Blutzuckerspiegel kontinuierlich senken. Die Forschenden vermuten, der Effekt beruhe darauf, dass die Muskeln beim Gehen verstärkt aktiv seien. Hierfür benötigen sie Energie in Form von Glukose. Werden die Muskeln innerhalb von 90 Minuten nach einer Mahlzeit angespannt, nehmen sie einen Teil des Zuckers aus der Mahlzeit auf und reduzieren so den Glukosespitzenwert.
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