Homöopathie und Schlaganfall: Wirksamkeit und Anwendung

Die Homöopathie erfreut sich in Deutschland großer Beliebtheit und viele Menschen interessieren sich für alternative Medizin. Dabei stellt sich die Frage, ob und inwieweit homöopathische Behandlungen bei schweren Erkrankungen wie einem Schlaganfall wirksam sein können. Dieser Artikel beleuchtet die Anwendung und Wirksamkeit von Homöopathie im Kontext von Schlaganfällen, basierend auf verschiedenen Quellen und Perspektiven.

Grundlagen der Homöopathie

Vor rund 200 Jahren entwickelte der deutsche Arzt, Apotheker und Chemiker Samuel Hahnemann die Therapieform der Homöopathie. Sie soll die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren. Dabei gilt die sogenannte Ähnlichkeitsregel: Ein Wirkstoff heilt die Beschwerden, die er bei einem gesunden Menschen auslösen würde. Die Homöopathie basiert auf der Annahme, dass der Körper durch stark verdünnte Substanzen zur Selbstheilung angeregt werden kann. Nach der Lehre von Samuel Hahnemann, dem Gründer der Homöopathie, entsteht erst durch diese Potenzierung mit einem Verschüttelungsakt die „Energie der arzneilichen Wirksamkeit“. In diese komplizierte Handhabung kommen mikrophysikalische, molekularchemische und durchaus auch esoterische Aspekte zur Geltung.

Rund 2.500 verschiedene homöopathische Arzneien sind heutzutage bekannt. Es gibt sie in Form von Kügelchen, den sogenannten Globuli, als Tropfen oder Tabletten. Sie bestehen meist aus tierischen, pflanzlichen oder mineralischen Substanzen, die stark verdünnt werden. Diese Annahme zieht viel Kritik auf sich: Wie sollen homöopathische Mittel helfen, wenn sie kaum bis gar keine Wirkstoffe enthalten? Auch zahlreiche wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis: Homöopathische Arzneien wirken nicht besser als ein Placebo (Medikament ohne Wirkstoffe).

Homöopathie bei Risikofaktoren für Schlaganfall

Hilfe verspricht die Homöopathie auch bei einigen Erkrankungen, die das Schlaganfall-Risiko erhöhen. So sollen homöopathische Mittel bei der Therapie von Bluthochdruck, Diabetes mellitus („Zucker-Krankheit“) und erhöhtem Cholesterin unterstützen können. Allerdings dürfen Betroffene verordnete Medikamente bei ernsten Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes oder einem erhöhten Cholesterinspiegel auf keinen Fall eigenmächtig durch homöopathische Mittel ersetzen.

Spezifische Mittel und ihre Anwendung

Einige homöopathische Mittel werden spezifisch bei bestimmten Symptomen oder Zuständen eingesetzt, die im Zusammenhang mit Schlaganfällen relevant sein könnten.

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Lachesis

Lachesis muta (südamerikanischer Buschmeister) ist eine Giftschlange und gehört zu den Grubenottern. Die homöopathische Aufbereitung des Gifts wird als Frauenmittel bei Beschwerden während der weiblichen Pubertät und den Wechseljahren eingesetzt. Gegen Beschwerden wie Blutungsstörungen, Entzündungen, Erkrankungen des Halses und der oberen Atemwege sowie Nervenkrankheiten soll es bei beiden Geschlechtern gut wirken. Viele der Krankheiten, die mit Lachesis behandelt werden können, sind schwerwiegend. Der Gang zum Arzt oder der Ärztin sollte den meisten Selbstbehandlungen deshalb vorausgehen.

Typische Symptome, die mit Lachesis-Homöopathie behandelt werden, treten zuerst links auf und bleiben oft auch linksseitig. Beispielsweise gehört dazu ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt. Auch Schilddrüsen-Probleme, die auf der linken Seite auftreten, fallen darunter. Betroffene klagen häufig über Schluckbeschwerden und ein Engegefühl im Hals. Außerdem sind die Beschwerden im Allgemeinen nach dem Schlafen am schlimmsten, so dass Sie sich morgens besonders schlecht fühlen. Bei allen Beschwerden, die durch Berührungen schlimmer werden und bei denen irgendwo im Körper ein Zusammenschnürungsgefühl entsteht, sollten Sie ebenfalls an Lachesis denken. Ganz besonders deutlich lässt sich die Lachesis-Wirkung angeblich spüren, wenn sich die Symptome durch Absonderungen wie Auswurf, Nasensekret, Schweiß, Menstruation oder Durchfall bessern. Auch eine psychische Wirkung wird Lachesis nachgesagt: Es soll bei Ängsten und Panikattacken den Betroffenen die gefühlte innere Enge nehmen.

Typische Lachesis-Anwendungsgebiete:

  • Halsschmerzen / Angina- oft mit Kopfschmerzen
  • Schnupfen (besonders Heuschnupfen)
  • Grippaler Infekt
  • Ohnmacht bei niedrigem Blutdruck
  • Aphten und Entzündungen im Mund
  • Hämorrhoiden
  • Krampfadern
  • Schmerzhafte Menstruation
  • Nagelbettenzündung
  • Wiederkehrendes Nasenbluten
  • Beschwerden der Wechseljahre
  • Schmerzen am Bewegungsapparat

Ferrum phosphoricum

Ferrum phosphoricum wird auch phosphorsaures Eisen genannt und ist eine chemische Verbindung der beiden Elemente Eisen und Phosphor. Es wird oft eingesetzt, wenn die Symptome überraschend auftreten. Das Mittel soll am besten in der Anfangsphase des Fieber- und Entzündungsprozesses helfen und sich auch gut für Kinder und Jugendliche eignen. Es ist für klassische Homöopathen oft schwierig, Ferrum phosphoricum anhand der Angaben des Kranken zu verordnen. Die Krankheiten, für die das Mittel eingesetzt wird, weisen häufig keine besonders charakteristischen Symptome auf. Es sind meist offensichtliche Entzündungen, die mit einem geschwächten Immunsystem, mit hohem Fieber und starker Entkräftung einhergehen. Diese Entzündungen können alle Organe betreffen, oft sind es Hals, Magen oder Lungen. Deshalb wird Ferrum phosphoricum in allen Fällen gegeben, in denen keine eindeutigen Symptome auf ein anderes homöopathisches Mittel hinweisen.

Typische Ferrum-phosphoricum-Anwendungsgebiete:

  • Erkältungen
  • Fieber
  • Halsschmerzen, Heiserkeit
  • Ohrenschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Nasenbluten
  • Magenprobleme

Die Rolle der Individualisierung in der Homöopathie

Es steht ferner außer Zweifel, dass es eine absolut individuell auf den Patienten maßgeschneiderte Behandlung nur in der Homöopathie gibt. Diese Individualität offenbart sich beispielsweise in der etwas zeitaufwendigen Abfrage der sogenannten Modalitäten. Dies sind sehr spezielle Einzelsymptome, welche auch manchmal eigenartig und skurril wirken können. Vielseitige Fragestellungen ergeben sich hierbei auch bei Allerweltssymptomen wie Husten, Kopfschmerzen oder Atemnot. Im Rahmen einer ärztlichen Standardbehandlung ist so eine detaillierte Beleuchtung der patiententypischen Krankheitserscheinungen aus Zeitgründen praktisch unmöglich. Es gilt die Universalformel „Hier Symptom mit Spontandiagnose, dort Medikament“.

Bei Studien zu schulmedizinischen Fragestellungen, z.B. ein Medikament wird gegen Placebo getestet, erhalten alle Patienten dasselbe Medikament oder Placebo. In der Homöopathie wird individualisiert und jeder Patient erhält eine Arznei, die eine möglichst große Ähnlichkeit zu den vorhandenen Symptomen aufweist.: Es ist in der Regel bei der Verordnung durch den homöopathischen Arzt nicht 100 %ig sicher, ob diese Arznei passend ist oder nicht. Kann der Patient seine Symptome sehr klar schildern und verfügt der verordnende Arzt über gute Arzneikenntnisse, ist ein "Treffer" sehr wahrscheinlich. In symptomarmen Fällen und bei Patient*innen, die sich mit der Beobachtung von Symptomen schwer tun, ist dies ganz anders: Eine nicht passende Arznei wirkt nicht über eine Placebowirkung hinaus. Eine statistisch signifikante Wirkung individualisierter Homöopathie schließt also auch zwangsläufige Fehlverordnungen mit ein, so dass bei - hypothetisch angenommener - korrekter Arzneiverordnung bei allen Patienten (in der Praxis nicht möglich, siehe unten!) die tatsächliche Effekt der Homöopathie noch deutlich größer sein müsste.

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In schulmedizinischen Studien spielt die Erfahrung und fachliche Kompetenz des Verordners von Medikamenten eine eher untergeordnete Rolle. Die Patienten werden nach bestimmten, festgelegten Kriterien ausgewählt, erhalten ein Medikament und die Wirkung, z.B. vor Studienbeginn festgelegte harte Endpunkte wie Tod durch Herzinfarkt oder Schlaganfall, werdem statistisch erfasst. Bei der homöopathischen Behandlung spielt die Erfahrung und Kompetenz des homöopathischen Arztes eine große Rolle. Auch die Mitarbeit und Schulung der Patient*innen durch mehr oder weniger genaue Beobachtung und Schilderung der Symptome ist von entscheidender Bedeutung. Denn nur die Erfassung der Totalität der Symptome und anschließende Gewichtung kann ein passendes Simile gefunden werden.

Die Arzneiwahl in der Homöopathie erfolgt nach bestimmten Methoden. Die Anwendung von verschiedenen Arten von Fallaufnahme und -analyse auch bei individualisierter Homöopathie zeigen höchst unterschiedliche Erfolgsquoten.

Wissenschaftliche Bewertung der Homöopathie

Die wissenschaftliche Bewertung der Homöopathie ist weiterhin Gegenstand von Diskussionen. Eine aktuelle Studie der Donau-Universität Krems zeigt: Viele Untersuchungen, die eine vermeintliche Wirkung von Homöopathie zeigen, weisen Mängel auf. Eine Metaanalyse, die verschiedene Studien zur Wirksamkeit der Homöopathie zusammenfasst, kam zu dem Ergebnis, dass die individualisierte homöopathische Behandlung besser wirkt als eine Homöopathie nach sogenannten bewährten Indikationen. Es lässt sich wissenschaftlich nachweisen, dass die individualisierte homöopathische Behandlung besser wirkt als eine Homöopathie nach sogenannten bewährten Indikationen.

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Der Bremer Gesundheitswissenschaftler Norbert Schmacke kritisiert, dass der Gesetzgeber die Homöopathie für die Behandlung von Erkrankungen bereits dann legitimiert, wenn ihre Vertreter dies für ausreichend begründet halten und eine ent­sprechende Nachfrage unter Kranken besteht. Die Argumente dafür, diese Therapieart zu schützen, seien also nicht methodisch anerkannte Belege für den Nutzen des Verfahrens, sondern lediglich ein Binnenkonsens unter den Anbietern und Akzeptanz beziehungsweise Nachfrage bei den Nutzern. „Derart unterschiedliche Maßstäbe im Vergleich zur so genannten Schulmedizin sind unter dem Gesichtspunkt des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ethisch nicht verantwortbar“, sagte Schmacke. Er kritisiert, dass Homöopathen sogar so weit gingen, alleinige Heilungserfolge durch Homöopathika auch bei gravierenden Erkrankungsbildern wie Krebs und Schlaganfall zu versprechen. Nur der Gesetzgeber könne diese überkommene Tradition der Sonderbehandlung besonderer Therapieverfahren beenden.

Es dürfte auch die Erkenntnis nicht unwichtig sein, dass die Homöopathie in der Notfallmedizin (Herzinfarkt , Schlaganfall) nichts zu suchen hat.

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Ergänzende Therapien und Rehabilitation

Neurologische Rehabilitationskliniken sind schulmedizinisch orientiert. Viele Einrichtungen bieten jedoch heute begleitend komplementäre Verfahren an. Ein Beispiel dafür ist Yoga.

Moxibustion

Moxibustion zur Unterstützung der körperlichen Genesung nach Schlaganfall. Synergieeffekte durch Kombination von Reha-Training mit Moxa-Therapie: Die Wirksamkeit von Rehabilitationsmaßnahmen für Schlaganfallpatienten mit spastischer Hemiplegie konnte in einer chinesischen Studie durch zusätzliches Moxen gesteigert und dadurch den Patienten mehr Eigenständigkeit und Lebensqualität gegeben werden.

Moxibustion oder auch Moxa-Therapie ist eine Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin, um ein energetisches Ungleichgewicht im Körper zu behandeln. Wissenschaftler der Zhengzhou University in China stellten die Hypothese auf, dass Moxibustion zusätzlich zu Rehabilitationsmaßnahmen den Genesungsprozess von Schlaganfallpatienten mit spastischer Hemiplegie (Verkrampfung und Lähmung von Gliedmaßen) verbessern kann. Sie teilten 84 Patienten nach dem Zufallsprinzip einer reinen Reha-Gruppe und einer Reha+Moxibustions-Gruppe zu. Alle Teilnehmer erhielten vier Einheiten (fünf Tage/Woche) Therapie nach der Bobath-Technik. Die Probanden beider Gruppen erzielten bereits nach zwei Wochen Behandlungsphase bessere Messwerte als vor Beginn. Eine weitere Steigerung wurde beim dritten Messzeitpunkt sechs Monate nach Behandlungsende konstatiert. Im Vergleich mit der Reha-Gruppe erreichten die Teilnehmer der Moxibustions-Gruppe jedoch signifikant bessere Ergebnisse, sowohl nach zwei Wochen Therapie als auch sechs Monate danach.

Anthroposophische Medizin

Anthroposophische Medizin widerspricht nicht den Naturwissenschaften. Seele und Geist spielen in ihrer Theorie eine wichtige Rolle für die Entstehung von Krankheiten. Sie sind Folge eines Ungleichgewichtes im Organismus. Die Aufgabe von Heilenden ist demnach, dem Organismus die Wiederherstellung des Gleichgewichts zu ermöglichen. Dabei spielen die Patientinnen und Patienten eine zentrale Rolle, denn Anthroposophische Medizin setzt stark auf die Selbstheilungskräfte des Organismus. Anthroposophische Therapien erfolgen mit Arzneimitteln, äußeren Anwendungen und Heilmitteln. In der Arzneikunde gibt es Überschneidungen mit der Naturheilkunde und der Homöopathie. Äußere Anwendungen sind teilweise verwandt mit alten Hausmitteln wie Wickeln oder Auflagen. Bei den Heilmitteln spielen gestalterische, künstlerische Therapieansätze eine wesentliche Rolle.

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