Neurodegenerative Erkrankungen stellen eine vielschichtige Gruppe von Krankheiten dar, die das zentrale Nervensystem betreffen und zu einem fortschreitenden Verlust von Nervenzellen und Zellfunktionen im Gehirn führen. Zu diesen Erkrankungen zählen verschiedene Demenzformen, Parkinson sowie die Huntington-Krankheit. Obwohl alle drei Erkrankungen das Gehirn betreffen und ähnliche Symptome aufweisen können, gibt es wesentliche Unterschiede in Bezug auf Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten. Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede zwischen der Huntington-Krankheit und Parkinson, um ein besseres Verständnis dieser komplexen Erkrankungen zu ermöglichen.
Neurodegenerative Erkrankungen: Ein Überblick
Neurodegenerative Erkrankungen sind durch einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen und Zellfunktionen im Gehirn gekennzeichnet. Dieser Verlust kann so gravierend sein, dass das Gehirn nicht mehr in der Lage ist, die Schäden auszugleichen. Zu den bekanntesten neurodegenerativen Erkrankungen gehören Demenz (einschließlich Alzheimer), Parkinson, Chorea Huntington und ALS (amyotrophe Lateralsklerose). Diese Erkrankungen stellen eine massive Belastung für die Betroffenen und ihre Angehörigen dar.
Huntington-Krankheit: Eine seltene, vererbbare Erkrankung
Chorea Huntington, auch als Huntington-Krankheit oder Morbus Huntington bekannt, ist eine äußerst seltene und vererbbare Erkrankung des Gehirns. Sie wurde nach dem US-amerikanischen Arzt George Huntington benannt, der die Krankheit 1872 als erster wissenschaftlich beschrieb. Die Bezeichnung "Chorea" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Tanz", was sich auf die charakteristischen unwillkürlichen Bewegungsstörungen bezieht, die Teil der Krankheit sind.
Ursachen und Vererbung
Die Huntington-Krankheit wird durch eine Genmutation verursacht. Betroffen ist eine Region auf Chromosom Nummer vier, in der sich die DNA-Bausteine CAG (Cytosin, Adenin und Guanin) mehrfach wiederholen. Bei gesunden Menschen wiederholen sich diese Bausteine zwischen 10 und 30 Mal. Bei Menschen mit der Huntington-Krankheit ist diese Wiederholung jedoch deutlich erhöht, in der Regel ab etwa 36 Wiederholungen. Die Anzahl der Wiederholungen kann von einer Generation zur nächsten zunehmen, wobei eine höhere Anzahl von CAG-Wiederholungen tendenziell zu einem früheren Krankheitsbeginn und einem schnelleren Fortschreiten der Erkrankung führt.
Die Huntington-Krankheit wird autosomal dominant vererbt. Das bedeutet, dass jedes Kind eines Elternteils, das das veränderte Gen trägt, mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % ebenfalls erkrankt. In etwa 1 bis 3 % der Fälle tritt die Erkrankung ohne bekannte familiäre Vorbelastung auf, was auf eine neu aufgetretene Veränderung im Erbgut zurückzuführen ist.
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Der verlängerte DNA-Abschnitt führt dazu, dass ein Eiweißstoff namens Huntingtin nicht korrekt hergestellt wird. In seiner gesunden Form ist Huntingtin für den Körper lebensnotwendig. Die veränderte Form ist jedoch giftig und führt dazu, dass Nervenzellen absterben.
Symptome
Die ersten Symptome der Huntington-Krankheit zeigen sich meist im Alter von 35 bis 50 Jahren, können aber auch schon vor dem 20. Lebensjahr (juvenile Form) oder nach dem 60. Lebensjahr auftreten. Die Symptome sind vielfältig und können psychische, motorische und kognitive Bereiche betreffen.
Psychische Symptome
Zu Beginn des Krankheitsverlaufs stehen oft psychische Symptome im Vordergrund. Betroffene zeigen Anzeichen von Depression, Reizbarkeit und Aggressivität. Zudem können Zwangsstörungen, Teilnahmslosigkeit und ein erhöhtes Suizidrisiko auftreten. Im weiteren Verlauf entwickelt sich häufig eine Demenz.
Motorische Symptome
Nach den psychischen Symptomen treten motorische Probleme auf, die sich durch plötzlich auftretende Bewegungsstörungen wie unkontrollierte Bewegungen der Extremitäten und des Rumpfes äußern. Diese unwillkürlichen Bewegungen, auch Chorea genannt, sind ein charakteristisches Merkmal der Huntington-Krankheit. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf wird es für die Betroffenen immer schwerer, Bewegungsabläufe des Alltags zu koordinieren und zu bewältigen. Bei einem kleinen Teil der Patienten kommt es statt der chaotischen Bewegungen zu Muskelsteifheit und Bewegungshemmung.
Weitere Symptome
Weitere typische Symptome der Huntington-Krankheit sind hastiges Essen, Schluckbeschwerden aufgrund des Verlusts der Kontrolle über die Zungen- und Schlundmuskulatur sowie Sprachstörungen. Mit fortschreitendem Verlust von Nervenzellen im Gehirn gehen auch geistige Fähigkeiten verloren, was sich individuell verschieden äußern kann, etwa durch Interessensverlust, Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit. Die Urteilsfähigkeit schwindet, und das Lernen und Planen fällt zunehmend schwer.
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Diagnose
Die Diagnose der Huntington-Krankheit erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus neurologischer Untersuchung, Familienanamnese und Gentest. Der Gentest, der aus einer Blutprobe durchgeführt wird, kann die Anzahl der CAG-Wiederholungen im Huntingtin-Gen bestimmen und somit die Diagnose bestätigen.
Behandlung
Bislang ist die Huntington-Krankheit nicht heilbar. Die Behandlung konzentriert sich daher auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen.
Medikamentöse Therapie
Überbewegungen (Hyperkinesen) werden mit Dopaminrezeptorantagonisten (z. B. Tiaprid), Dopamin-Entleeren (z. B. Tetrabenazin) oder atypischen Antipsychotika behandelt. Minderbewegungen können mit Parkinson-Medikamenten behandelt werden. Depressionen können mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern oder Dopamin-Rezeptorantagonisten behandelt werden. Bei vermehrter Reizbarkeit, Aggressivität oder Psychosen können atypische Neuroleptika helfen.
Weitere Therapien
Neben der medikamentösen Therapie sind regelmäßige Anwendungen von Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie wichtig, um die körperlichen Funktionen zu erhalten und zu verbessern. Eine hochkalorische Ernährung mit bis zu 6 bis 8 Mahlzeiten pro Tag wird empfohlen, um einem drohenden Gewichtsverlust entgegenzuwirken.
Zukünftige Therapieansätze
Da derzeit keine neuroprotektiven Wirkstoffe zur Behandlung der Huntington-Krankheit zur Verfügung stehen, wird an neuen Therapieansätzen geforscht, wie beispielsweise die Transplantation von Stammzellen in das Gehirn oder die Tiefe Hirnstimulation mit experimenteller Implantation eines Hirnschrittmachers. Zudem gibt es vielversprechende Therapieansätze im Bereich der Gentherapie, die darauf abzielen, die Genveränderungen zu korrigieren und die Krankheit zu bekämpfen.
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Psychologische und psychosoziale Unterstützung
Psychologische und psychosoziale Maßnahmen sind ein wichtiger Bestandteil der Behandlung, um den Betroffenen und ihren Familien bei der Bewältigung der Krankheit zu helfen. Selbsthilfegruppen wie die Deutsche Huntington Hilfe bieten Unterstützung und Austauschmöglichkeiten. Patienten und Angehörige können sich auch in das Europäische Huntington-Netzwerk einschließen lassen.
Parkinson: Eine häufige neurodegenerative Erkrankung
Das Parkinson-Syndrom ist die häufigste Bewegungsstörung des zentralen Nervensystems. Typisch sind eine Verlangsamung der Bewegungen (Bradykinese), eine Steifigkeit der Muskulatur (Rigor) und häufig ein Zittern in Ruhe (Ruhe-Tremor). Die Körperhaltung wird zunehmend gebückter, der Gang kleinschrittiger, und die Mimik wirkt maskenhafter.
Ursachen
Die häufigste Form ist die klassische Parkinson-Krankheit, bei der die Ursache in einem Mangel des Botenstoffs Dopamin liegt. Dieser Botenstoff wird in einem tief gelegenen Bereich des Gehirns, der Substantia nigra, gebildet. Neben diesen sogenannten primären Parkinson-Syndromen gibt es auch sekundäre Formen, bei denen ähnliche Symptome durch andere Ursachen entstehen können - etwa durch Schlaganfälle, Durchblutungsstörungen, Entzündungen oder bestimmte Medikamente wie Neuroleptika.
Symptome
Die typischen Symptome von Parkinson sind:
- Bradykinese: Verlangsamung der Bewegungen
- Rigor: Steifigkeit der Muskulatur
- Ruhe-Tremor: Zittern in Ruhe
- Posturale Instabilität: Gleichgewichtsstörungen und erhöhte Sturzgefahr
- Weitere Symptome: Verminderung der Mimik, leise und monotone Sprache, Schluckbeschwerden, Schlafstörungen, Depressionen, kognitive Beeinträchtigungen
Diagnose
Die Diagnose von Parkinson basiert auf einer ausführlichen neurologischen Untersuchung, bei der Beweglichkeit, Muskeltonus, Haltung und Gleichgewicht geprüft werden. In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie der DAT-Scan eingesetzt werden, um die Dopamin-Transportermoleküle im Gehirn darzustellen.
Behandlung
Eine Heilung von Parkinson ist bislang nicht möglich, aber es gibt viele Behandlungsmöglichkeiten, um die Beschwerden deutlich zu verbessern.
Medikamentöse Therapie
Mit gezielt eingesetzten Medikamenten, die den Dopaminspiegel erhöhen oder seine Wirkung verstärken, lässt sich die Beweglichkeit in der Regel spürbar bessern. In bestimmten Fällen kommen auch Dopamin-Pumpentherapien oder eine tiefe Hirnstimulation zum Einsatz.
Weitere Therapien
Ergänzend zur medikamentösen Therapie sind Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie wichtige Bausteine der Behandlung, um die körperlichen Funktionen zu erhalten und zu verbessern.
Unterschiede zwischen Huntington-Krankheit und Parkinson
Obwohl sowohl die Huntington-Krankheit als auch Parkinson neurodegenerative Erkrankungen sind, die Bewegungsstörungen verursachen können, gibt es wesentliche Unterschiede:
- Ursache: Die Huntington-Krankheit ist eine genetisch bedingte Erkrankung, die durch eine Mutation im Huntingtin-Gen verursacht wird. Parkinson hingegen ist in den meisten Fällen nicht genetisch bedingt, sondern wird durch einen Mangel an Dopamin im Gehirn verursacht.
- Vererbung: Die Huntington-Krankheit wird autosomal dominant vererbt, während Parkinson in den meisten Fällen nicht vererbt wird.
- Symptome: Obwohl beide Erkrankungen Bewegungsstörungen verursachen können, unterscheiden sich die Art und Weise, wie sich diese äußern. Bei der Huntington-Krankheit sind unwillkürliche, choreatische Bewegungen typisch, während bei Parkinson Zittern, Steifigkeit und Verlangsamung der Bewegungen im Vordergrund stehen. Zudem treten bei der Huntington-Krankheit häufiger psychische Symptome wie Depressionen und Verhaltensänderungen auf.
- Behandlung: Da die Ursachen der beiden Erkrankungen unterschiedlich sind, unterscheiden sich auch die Behandlungsansätze. Bei Parkinson wird versucht, den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen, während bei der Huntington-Krankheit die Symptome durch verschiedene Medikamente gelindert werden.
Reha bei neurodegenerativen Erkrankungen
MEDIAN Kliniken bieten zahlreiche Behandlungsmethoden für Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz, Parkinson oder Huntington. Ziel der Rehabilitation ist es, die körperlichen Funktionen zu verbessern, um die Aktivität und Teilhabe der Patienten zu fördern und zu ermöglichen. Im Bereich der Mobilität arbeiten die Therapeuten mit den Patienten an Strategien, um das Gleichgewicht, die Transferfähigkeiten und die Schrittlänge zu verbessern. In der Logopädie werden Strategien zur Steigerung der Lautstärke beim Sprechen, zur Verbesserung der Atemtechnik und zur Deutlichkeit der Aussprache entwickelt. Im Bereich der Neuropsychologie liegt der Schwerpunkt auf der Verbesserung der Stimmung, der Orientierung, dem Erlernen kognitiver Strategien, der Entwicklung psychosozialer Fähigkeiten sowie der Prävention und Behandlung von depressiven Störungen.
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