Der Hypothalamus ist ein kleiner, aber äußerst wichtiger Teil des Gehirns, der eine Vielzahl lebensnotwendiger Funktionen steuert. Er ist nicht nur an der Regulation von Atmung, Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme beteiligt, sondern beeinflusst auch unser Sexualverhalten, die Körpertemperatur und den Kreislauf. Als Schaltzentrale zwischen dem Nerven- und Hormonsystem spielt er eine entscheidende Rolle für das Gleichgewicht im Körper.
Was ist der Hypothalamus?
Der Hypothalamus ist die medizinische Bezeichnung für die Hirnanhangsdrüse und ein lebensnotwendiger Bereich des Zwischenhirns (Diencephalon). Er bildet den Boden des Zwischenhirns und liegt direkt unterhalb des Thalamus.
Aufbau des Hypothalamus
Der Hypothalamus kann anhand seiner verschiedenen Kerngebiete in eine vordere, mittlere und hintere Gruppe unterteilt werden. Diese Kerngruppen beherbergen verschiedene Neuronen, die sich verteilt in nicht abgrenzbaren Kerngruppen im Hypothalamus befinden.
- Markreicher Hypothalamus: Dieser Bereich ist von einer Markkapsel umgeben.
- Markarmer Hypothalamus: Er enthält den vorderen und mittleren Anteil sowie die Area preoptica, die offiziell dem vorderen Bereich zugeordnet wird. Hier befindet sich auch der Nucleus suprachiasmaticus, der oberhalb des Chiasma opticums liegt.
Was bedeutet Nucleus? Der Begriff Nucleus stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Kern.
Funktionen des Hypothalamus
Der Hypothalamus übernimmt eine Vermittlerrolle zwischen dem vegetativen Nervensystem und dem Hormonhaushalt und reguliert somit praktisch alle periodischen Rhythmen. Er sammelt Informationen über Blutdruck, Blutzucker und Körpertemperatur und sendet entsprechende Signale aus. Vereinfacht gesagt sorgt der Hypothalamus dafür, dass sich unser Körper im Gleichgewicht befindet, was Fachleute als Homöostase bezeichnen. Das macht der neuronale Winzling aber nicht allein, sondern mithilfe von anderen Nervenzellen und Hirnregionen, etwa der Hypophyse, sowie einer Schar von Botenstoffen.
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Hypothalamus und Hypophyse: Eine funktionelle Einheit
Die Ausschüttung der meisten Hormone im menschlichen Organismus wird zentral durch die Funktionseinheit Hypothalamus und Hypophyse gesteuert. Als funktionelle Einheit vermitteln Hypothalamus und Hypophyse die vom zentralen Nervensystem ausgesandten Impulse an die hormonbildenden Organe wie Schilddrüse, Nebenniere, Eierstöcke oder Hoden und regeln deren Aktivität. Die kirschgroße Hypophyse ist durch einen Stil mit dem Hypothalamus verbunden, der wiederum zum Gehirn gehört.
Die Hormone des Hypothalamus
Die Hypothalamus-Hormone lassen sich in drei Gruppen einteilen:
- Effektorhormone: Zu den Effektorhormonen gehören Oxytocin und Adiuretin. Oxytocin regt die Wehentätigkeit bei der Geburt sowie das Einschießen der Muttermilch in die weibliche Brust an. Adiuretin ist für die Wasserrückresorption in der Niere zuständig. Beide Hormone werden in den Hypothalamus-Kernen synthetisiert, dann zum Hypophysenhinterlappen transportiert, von wo aus sie in den Körperkreislauf abgegeben werden.
- Steuerhormone: Die Steuerhormone werden in Releasing- und Inhibiting-Hormone unterschieden. Releasing-Hormone regen die Hypophyse zur Synthese und Sekretion diverser Hormone an. Beispielsweise stößt das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) die Freisetzung des Follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des Luteinisierenden Hormons (LH) an. Inhibiting-Hormone hingegen bremsen die Sekretion der Hypophysenhormone. So hemmt zum Beispiel das Prolaktin-Release-Inhibiting-Hormon (PIH) die Ausschüttung von Prolaktin.
- Weitere Hormone (Neuropeptide): Diese beeinflussen zusammen mit den beiden anderen Gruppen von Hypothalamus-Hormonen die Funktion des Hypophysenvorderlappens oder fungieren als Kommunikatoren zwischen dem Hypothalamus und anderen Bereichen des Gehirns. Zu diesen weiteren Neuropeptiden des Hypothalamus zählen beispielsweise Enkephaline und Neuropeptid Y.
Ganz allgemein sind Effektorhormone, auch Wirkhormone genannt, endokrine Stoffe, welche direkt auf ein Zielorgan beziehungsweise eine Zielzelle wirken und eine physiologische Reaktion auslösen.
Regelkreise: Die Orchestrierung der Hormone
Die Wirkungen der Hormone müssen immer genau an die Bedürfnisse des Organismus angepasst sein. Deshalb müssen die Systeme der Synthese, der Sekretion, des Rezeptors, des Transports an das Zielorgan und der Stoffwechsel des jeweiligen Hormons exakt aufeinander abgestimmt sein. Um das zu erreichen, gibt es Regelkreise, die all dies beeinflussen - wozu in besonderem Maße das Hypothalamus-Hypophysen-System gehört.
Beispiel: Thermoregulation
Neben vielen anderen Regelkreisen ist die Thermoregulation für den Organismus wichtig, um eine Kerntemperatur von etwa 37 Grad Celsius aufrecht zu erhalten. Diese muss - in gewissen Grenzen - immer konstant sein. Um das zu erreichen, hat der Körper in der Haut und in den Organen „Messfühler“ - freie Nervenendigungen sensibler Nervenzellen. Deren Informationen werden an den Thalamus und dann weiter an den Hypothalamus übermittelt.
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Sinkt die Körperkerntemperatur ab, setzt ein Regelkreis zur Temperaturregulation ein. Der Hypothalamus setzt das Hormon TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) frei. TRH animiert den Hypophysenvorderlappen, TSH (Thyroidea-stimulierendes Hormon) auszuschütten. TSH wiederum reguliert die Bildung des Schilddrüsenhormons Thyroxin (T4). Dieses gelangt in Fettgewebe und Skelettmuskulatur und wird dort in Trijodthyronin (T3) umgewandelt. T3 steigert den Grundumsatz, kurbelt die Energiebereitstellung aus der Leber an, erhöht die Herzfrequenz - mit dem Ergebnis einer Erhöhung der Temperatur.
Erhöht sich die Körperkerntemperatur, dann erfolgt durch den Hypothalamus eine Absenkung des Sympathikotonus, der die Gefäße in der Peripherie weitet und die Schweißsekretion fördert - mit dem Ergebnis einer Abkühlung des Körpers.
Die Rolle des Hypothalamus bei Stress
Was mit wenigen Hormonmolekülen im Hypothalamus beginnt, vervielfacht sich zu einer Cortisol-Flut, die unseren Körper überschwemmt. Im Hypothalamus sitzt mit dem suprachiasmatischen Nukleus die Schaltzentrale unserer inneren Uhr, die unseren Wach-Schlaf-Zyklus überwacht.
Klinische Bedeutung des Hypothalamus
Aufgrund seiner verschiedenen lebenswichtigen Funktionen und Beziehungen kommt dem Hypothalamus eine große klinische Bedeutung zu. Störungen in diesem Bereich können aufgrund der vielen Steuerungszentren einen erheblichen Einfluss auf das endokrine System haben. Genetische Erkrankungen, Entzündungen, Traumata oder auch raumfordernde Prozesse können diese Steuerzentrale beeinträchtigen, was oft mit einer Störung des Hormonhaushalts verbunden ist.
Erkrankungen und Störungen des Hypothalamus
Die häufigsten Erkrankungen, die zu Störungen im Regelkreislauf von Hypothalamus und Hypophyse führen, sind raumfordernde Prozesse. Die meist gutartigen Tumoren verdrängen entweder hormonproduzierende Zellen oder produzieren selbst Hormone, was analog zu einem Mangel oder zur Überproduktion eines Hormons führt.
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- Hypophysenadenom: Infolge eines gutartigen Tumors, den man als Hypophysenadenom bezeichnet, werden beispielsweise zu viele oder zu wenig Hormone produziert. Dies kann unter anderem zu einer Akromegalie, also einer Vergrößerung von Nase, Kinn, Fingern und Schädelknochen führen.
- Essstörungen: Eine Beeinträchtigung des Hypothalamus kann auch das Ess- und das Sättigungszentrum betreffen und zu einer pathologischen Gewichtszunahme beziehungsweise Abnahme führen. Ist beispielsweise das Esszentrum geschädigt, nehmen Betroffene dieser Erkrankungen keine oder kaum noch Nahrung zu sich und magern stark ab.
- Hypophyseninsuffizienz: Liegt ein teilweiser oder kompletter Ausfall der normalen Hypophysenfunktion vor, spricht man von einer Hypophyseninsuffizienz. Je nach Ausmaß hat dies Auswirkungen auf eines oder mehrere der hormonproduzierenden Organe, die ihrerseits die Hormonproduktion drosseln oder einstellen.
- Diabetes insipidus: Eine weitere mögliche Folge einer Hypothalamus-Störung ist der Diabetes insipidus. Bei dieser Erkrankung sind die Nieren aufgrund eines Mangels an zirkulierendem ADH nicht in der Lage, den Urin zu konzentrieren. Der niedrige ADH-Spiegel ist entweder auf eine verminderte Produktion im Hypothalamus oder eine verminderte Freisetzung aus dem Hypophysenhinterlappen zurückzuführen.
- Hypothalamische Amenorrhö: Das Ausbleiben der Menstruation (Menstruationszyklus länger als 3 Monate) resultiert aus der verminderten pulsatilen Freisetzung von GnRH aus dem Hypothalamus, die in Zeiten schwerer körperlicher oder psychischer Belastung auftritt. Die Erkrankung wird am häufigsten in Verbindung mit Essstörungen oder Überanstrengung (häufig bei Sportlerinnen) beobachtet.
- Hyperthermie: Eine Hyperthermie kann auftreten, wenn eine Läsion (Schlaganfall oder ZNS-Schädigung) im Ncl. anterior des Hypothalamus vorliegt, der an der Thermoregulation, insbesondere der Abkühlung des Körpers, beteiligt ist. Eine Schädigung dieser Region verhindert, dass sich der Körper selbst runterkühlen kann.
- Narkolepsie: Eine Narkolepsie tritt auf, wenn der laterale Hypothalamus nicht in der Lage ist, Orexin zu sekretieren, eine Substanz, die in vielen Bereichen des Gehirns die Wachheit fördert.
- Hyperprolaktinämie: Erhöhte Prolaktinspiegel im Blut können verschiedene Ursachen haben. Neben Hypophysenadenomen kann auch ein Verlust der hemmenden Dopamin-Sekretion durch den Hypothalamus eine Ursache sein. Dieser Zustand kann auftreten, wenn dopaminerge Neurone aus dem Hypothalamus beschädigt sind oder wenn das Infundibulum während einer suprasellären Operation durchtrennt wird.
Diagnose und Therapie von Hypothalamus-Erkrankungen
In der Regel werden Hypophysen-Erkrankungen, die mit einer gesteigerten Hormonproduktion einhergehen, aufgrund der Symptomatik schneller entdeckt als hormoninaktive. Die Beurteilung des hormonellen Regelkreises erfolgt zunächst über Blutabnahmen und spezielle endokrinologische Funktionstests.
Liegt ein behandlungsbedürftiger Hypophysentumor vor, wird dieser meist neurochirurgisch entfernt. Grundsätzliches Ziel ist es jedoch, den Hormonhaushalt wieder zu normalisieren.
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